Science Busters Podcast

Science Busters Podcast

Wer nichts weiß, muss alles glauben.

Transkript

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Martin Puntigam : Ausgabe 102 des Science-Wassers-Podcasts ist auch insofern eine besondere,

Martin Puntigam : weil es die Live-Version ist, rund um Folge 100.

Martin Puntigam : Anlässlich der 50. Ausgabe haben wir zum ersten Mal den Podcast live aufgenommen,

Martin Puntigam : damals im To the Sky der TU Wien, gemeinsam mit der Sprachwissenschaftlerin

Martin Puntigam : Lisa Kramer und Richard Hemmer und Daniel Messner von Geschichten aus der Geschichte,

Martin Puntigam : Professor Peter Ertel, Biotechnologe und Chemiker von der TU Wien und Stefan

Martin Puntigam : Plattner-Deisenberger.

Martin Puntigam : Diesmal 50 Ausgaben später waren wir im Literaturhaus der Uni Graz zu Gast.

Martin Puntigam : Florian Freisteth und ich haben vor vollem Haus begrüßt Nicole Streitler-Kastberger,

Martin Puntigam : Literaturwissenschaftlerin und unter anderem Spezialistin für Ödin von Horvath

Martin Puntigam : und Gilbert Prelasnik, ehemaligen Fußball-Nationalspieler und Master in klinischer Linguistik.

Martin Puntigam : Aufgezeichnet wurde die Veranstaltung am 31. März im Literaturhaus Graz von Christian Lach.

Martin Puntigam : Und jetzt geht's los.

Florian Freistetter: Vielen Dank.

Florian Freistetter: Vielen Dank für den Namen.

Martin Puntigam: Herzlich willkommen zu einer besonderen Ausgabe des Science Passers Podcasts.

Martin Puntigam: Anlässlich der hundertsten Ausgabe feiern wir heute live vor Publikum im Literaturhaus

Martin Puntigam: Graz. Herzlich willkommen.

Martin Puntigam: Wir machen das in alle heiligen Zeiten. Einen Podcast live vor Publikum.

Martin Puntigam: Ausgabe 50 war im To the Sky oder wie das raffinierterweise dort ausgesprochen

Martin Puntigam: wird, auch gern TU the Sky. an der TU

Martin Puntigam: Wien und heute freuen wir uns in der Literatur aus Graz zu Gast zu sein.

Martin Puntigam: Danke für die Einladung, danke an die TU Wien und die Uni Graz,

Martin Puntigam: sie den Podcast tatsächlich seit Beginn unterstützen. Herzlich willkommen.

Martin Puntigam: Heute Florian Freistetter, Astronom, selber Podcaster seit 2012 mit Sternengeschichten.

Martin Puntigam: Die erste Folge ist schon am 30.11.

Martin Puntigam: 2012 erschienen. Bis jetzt gibt es 640 Folgen, Live-Shows seit 2024.

Martin Puntigam: Also er tourt auch und es gibt,

Martin Puntigam: Wenn man es nachhören möchte, seit jetzt, seit März 2025, schönen guten Abend, hallo.

Florian Freistetter: Hallo.

Martin Puntigam: Und als Gäste für die Jubelausgabe, deretwegen Sie unter anderem ja da sind,

Martin Puntigam: sitzen neben mir auf der Bühne Nicole Streitler-Kastberger, Literaturwissenschaftlerin,

Martin Puntigam: Literaturkritikerin, Autorin im Literaturhaus, natürlich keine Unbekannte,

Martin Puntigam: die sich unter anderem 20 Jahre mit dem Gesamtwerk von Öden von Horvath auseinandergesetzt hat.

Martin Puntigam: Was das genau im Einzelnen bedeutet für ein Leben, wird sie uns heute Abend auch erzählen. Hallo.

Florian Freistetter: Hallo.

Martin Puntigam: Und Gilbert Brelasnik von Fans, liebevoll Schilly genannt, ehemaliger Fußball-Nationalspieler

Martin Puntigam: mit Sturm Graz in den 90er Jahren, Ein dreimal Meister, dreimal Cupsieger,

Martin Puntigam: eine sogenannte Klub-Legende. Hallo.

Gilbert Prilasnig: Hallo.

Martin Puntigam: Aber weil er das offenbar nicht ausgelastet hat, unter Hannes Kartnik auch Champions

Martin Puntigam: League zu spielen, hat er daneben schon Linguistik studiert, seit ein paar Tagen.

Martin Puntigam: Ganz frisch ist er Master in klinischer Linguistik.

Martin Puntigam: Was das ist, klinische Linguistik, ob das einfach nur bedeutet,

Martin Puntigam: dass wenn man verletzt ist, Dass man klug scheißt im Krankenhaus oder ganz was

Martin Puntigam: anderes, wird er heute Abend auch erklären, wenn wir einen Bogen versuchen zu spannen.

Martin Puntigam: Von einer Kindheit in Vorarlberg, Wellness in Nizza und Bari,

Martin Puntigam: nach Paris gehen, von Musil zu Horvath, von einem Volkstheater zur Volkskultur,

Martin Puntigam: von Krimi zur Kriminalität,

Martin Puntigam: vom Wiesnfußball mit der Oma über die Schülerliga mit Schopp,

Martin Puntigam: Zur Champions League, Sprachwissenschaft und Theologie, zu Traumtoren,

Martin Puntigam: Frauenfußball, das Fische-Zeitalter, die Grausamkeit von französischen Baumästen.

Martin Puntigam: Die große steirische Chauvinismusfrage beantworten. Sturm oder GERK?

Martin Puntigam: Wenn wir das denn alles schaffen, in dem Zeitrahmen, den wir vorgenommen haben,

Martin Puntigam: also fangen wir an mit Nicole Streitler-Kastberger.

Martin Puntigam: Hallo, du bist geboren in Dornbirn und es ist ganz frisch, deshalb eine Frage zum Wahlergebnis.

Martin Puntigam: Jetzt seit, glaube ich, 80 Jahren das erste Mal, das erste Mal in der Zweiten

Martin Puntigam: Republik hat es einen Wechsel gegeben in Dornbirn.

Martin Puntigam: Bis dahin war das ÖVP dominiert. Es gibt einen SPÖ-Bürgermeister.

Martin Puntigam: Berührt dich das noch oder bist du schon zu lang weg?

Nicole Streilter-Kastberger: Nein, das berührt mich sehr, weil das eigentlich eine Enttäuschung meiner Kindheit

Nicole Streilter-Kastberger: war, dass immer die ÖVP gewonnen hat.

Nicole Streilter-Kastberger: Das war einfach nicht auszuhalten.

Martin Puntigam: Also du hast einen Luftspunk gemacht wie in der Steiermark, ähnlich ein FPÖ-Landeshauptmann gekommen.

Nicole Streilter-Kastberger: Nein, ich glaube, es spricht dafür, dass die Wähler inzwischen mobiler geworden

Nicole Streilter-Kastberger: sind und flexibler. Und in Dornbirn hat es natürlich die Komplikation gegeben,

Nicole Streilter-Kastberger: dass beide Spitzenkandidaten Fessler geheißen haben.

Nicole Streilter-Kastberger: Jetzt weiß man nicht genau, ob sie beim richtigen Fessler das Kreuz gemacht haben.

Nicole Streilter-Kastberger: Also dazu kann ich auch eine kleine Horvath-Story anfügen. Vom Horvath gibt

Nicole Streilter-Kastberger: es eine lustige Geschichte, die heißt Aus den Weißblauen Kalkalpen.

Nicole Streilter-Kastberger: Da geht es um eine Wahl und bei dieser Wahl haben 67 von 68 Mitbürgern des kleinen

Nicole Streilter-Kastberger: Ortes Mittersöching die Bayerische Volkspartei gewählt und einer oder eine hat

Nicole Streilter-Kastberger: die Kommunisten gewählt.

Nicole Streilter-Kastberger: Und jetzt hat man sich auf die Suche begeben nach diesem roten Hund und hat

Nicole Streilter-Kastberger: ihn im Underbauer vermutet, der schon des Öfteren aufgefallen ist durch irgendwelche Abartigungen.

Nicole Streilter-Kastberger: Hobbys oder so. Und dann ist man aber draufgekommen, dass diese rote Stimme

Nicole Streilter-Kastberger: von der Schwester, von der 80-jährigen Schwester des Pfarrers stammte,

Nicole Streilter-Kastberger: die leider beim Wahlgang ihre Brille zu Hause vergessen hatte und deshalb das

Nicole Streilter-Kastberger: Kreuz an der falschen Stelle gemacht hat.

Martin Puntigam: In Dornbirn bist du aufgewachsen. Dornbirn ist ja die Point eines berühmten

Martin Puntigam: Jesus-Witzes, nämlich Dornbirn, wie man Jesus auf Vadelbergerisch nennt, bekanntlich.

Martin Puntigam: Wenn du dort aufgewachsen bist und der ÖVP-Patronant und dann später Literaturwissenschaftlerin,

Martin Puntigam: Kritikerin, Autorin geworden bist, hast du ganz klassisch, wie man das denn so vermuten würde,

Martin Puntigam: vom Stereotyp her als Kind viel gelesen, um dir deine eigene Welt abseits der

Martin Puntigam: ÖVP-Dominanz zu erfinden?

Nicole Streilter-Kastberger: Nein, ich war eigentlich keine große Leserin in meiner Jugend,

Nicole Streilter-Kastberger: weil wir haben am Stadtrand von Dornbirn gewohnt und umgeben von Wiesen,

Nicole Streilter-Kastberger: die niemanden gehört haben scheinen und irgendwie sind wir ständig in den Wiesen

Nicole Streilter-Kastberger: unterwegs gewesen, haben Spiele gespielt.

Nicole Streilter-Kastberger: Es war auch so, dass ich eigentlich die Älteste war von diesen Nachbarskinder,

Nicole Streilter-Kastberger: die rund um uns gewohnt haben.

Nicole Streilter-Kastberger: Also nicht wesentlich älter, aber ein bisschen älter. Und dann sind sie oft

Nicole Streilter-Kastberger: zu mir gekommen und haben gefragt, was sollen wir spielen, was können wir spielen.

Nicole Streilter-Kastberger: Und ich musste mir immer Spiele ausdenken.

Nicole Streilter-Kastberger: Und wir haben dann wirklich aus Langeweile im Sommer auch Schule gespielt.

Nicole Streilter-Kastberger: Also in den Sommerferien Englisch, Deutsch, Mathe gepaukt.

Martin Puntigam: Und was war besser, Schule spielen oder in die Schule gehen?

Nicole Streilter-Kastberger: Also ich bin nicht ungern in die Schule gegangen, aber die Ferien waren mir

Nicole Streilter-Kastberger: schon auch recht prinzipiell.

Nicole Streilter-Kastberger: Wir haben auch sehr viel im Garten gewerkelt, also den Eltern geholfen,

Nicole Streilter-Kastberger: freiwillig oder unfreiwillig.

Nicole Streilter-Kastberger: Manchmal mussten wir Ribiesel brocken, also bei uns heißen die Johannisbär.

Nicole Streilter-Kastberger: Dabei haben wir meistens Ö3 gehört, auf so einem kleinen Transistorradio,

Nicole Streilter-Kastberger: den wir uns mit in die Wiese genommen haben.

Nicole Streilter-Kastberger: Mit Batterien bestückt natürlich, so wie man das damals hatte.

Nicole Streilter-Kastberger: Manchmal sogar aufgenommen währenddessen auf diesen Kassetten,

Nicole Streilter-Kastberger: die wir damals noch hatten.

Nicole Streilter-Kastberger: Ja und zum Lesen bin ich relativ wenig gekommen im Sommer, muss ich sagen und

Nicole Streilter-Kastberger: das Lesen ist bei mir von der Familie auch nicht unbedingt weitergegeben worden,

Nicole Streilter-Kastberger: also meine Eltern haben auch wenig gelesen,

Nicole Streilter-Kastberger: es gibt keine Lesekultur in meiner Familie, aber irgendwo bin ich dann über

Nicole Streilter-Kastberger: die Schule eigentlich zur Literatur gekommen,

Nicole Streilter-Kastberger: vor allem über das Gymnasium und da muss ich sagen, war nicht der Deutschlehrer

Nicole Streilter-Kastberger: schuld, sondern eigentlich die Französisch- und die Englischlehrerin,

Nicole Streilter-Kastberger: die nämlich wirklich tolle Texte mit uns gelesen haben.

Martin Puntigam: Die haben nicht gesagt, du bist so schlecht in Englisch und Französisch,

Martin Puntigam: konzentriert ihr auf Deutsch, sondern die haben interessante Texte in ihren

Martin Puntigam: Unterrichtsfächern gemacht.

Nicole Streilter-Kastberger: Genau, zum Beispiel Antigon von Jean Ennuy oder The Catcher in the Rye.

Nicole Streilter-Kastberger: Der Deutschlehrer hat interessanterweise die Devise gehabt, er will mit uns

Nicole Streilter-Kastberger: keine Literatur machen, Und er hat nur Faust 1 mit uns gemacht.

Nicole Streilter-Kastberger: Und dann hat er gesagt, so, und jetzt ist es vorbei mit der Literatur,

Nicole Streilter-Kastberger: weil es interessiert euch eh nicht und ich lasse mir sicher nicht die tollen

Nicole Streilter-Kastberger: Texte von euch verderben.

Nicole Streilter-Kastberger: Der ist dann später Direktor geworden, aber in einer anderen Schule, in Pregens dann.

Martin Puntigam: Ja, aber da muss man sagen, da ist ja Außenunterricht in die Verwaltung abgezogen

Martin Puntigam: worden. Das war ein Win-Win für beide Seiten.

Nicole Streilter-Kastberger: Möglicherweise, ja, genau.

Martin Puntigam: Catch in the Rye und Antigone oder Antigone, das sind eigentlich klassische

Martin Puntigam: Schullektürebücher, also so außergewöhnlich ist das ja gar nicht,

Martin Puntigam: nur weil der Deutschprofessor so widerwillig war. Bist du dann tatsächlich zum Lesen gekommen?

Nicole Streilter-Kastberger: Ich habe dann, also Deutsch hat mich trotzdem fasziniert, weil er ein toller

Nicole Streilter-Kastberger: Lehrer war prinzipiell, also er hat auch wenig Grammatikunterricht gemacht,

Nicole Streilter-Kastberger: er hat überhaupt wenig unterrichtet.

Nicole Streilter-Kastberger: Wir haben eigentlich die ganze Zeit diskutiert und geredet und wir hatten dann

Nicole Streilter-Kastberger: schon raus, wenn wir mit irgendeinem politischen Thema gleich kommen am Beginn

Nicole Streilter-Kastberger: der Stunde, dann fällt die Grammatik wieder aus.

Martin Puntigam: Das gibt es ja eigentlich aus jeder Biografie. Wir haben so einen Geografie-Professor

Martin Puntigam: gehabt, der noch im Zweiten Weltkrieg war als Soldat.

Martin Puntigam: Wenn man den richtig erwischt hat, war die Stunde auch vorbei.

Nicole Streilter-Kastberger: Ja, auch die Lehrer haben es gern gemütlich. Auf jeden Fall habe ich dann beschlossen,

Nicole Streilter-Kastberger: dass ich in Deutsch maturieren werde und dafür musste ich dann doch eine Literaturliste

Nicole Streilter-Kastberger: von circa 30 Titeln vorlegen und habe dann in der sechsten,

Nicole Streilter-Kastberger: siebten und achten Klasse doch sehr viel deutschsprachige Literatur gelesen.

Martin Puntigam: Das hat er dann gemacht, weil das bei der Matura halt üblich war,

Martin Puntigam: wenn man das doch machen hat müssen, aber weil er gesehen hat,

Martin Puntigam: dass das was für die sein könnte.

Nicole Streilter-Kastberger: Nein, das ist das Übliche eigentlich, ja.

Martin Puntigam: Und dann hast du maturiert und hast dann zu studieren begonnen, was?

Nicole Streilter-Kastberger: Genau, habe dann zuerst Biologie studiert. Dann habe ich aber gesehen,

Nicole Streilter-Kastberger: dass Biologie mir eigentlich dann an der Uni doch zu langweilig war,

Nicole Streilter-Kastberger: weil man so viel auswendig lernen musste und ich hatte darauf überhaupt keine Lust mehr.

Nicole Streilter-Kastberger: Also jeder kennt ja diese Ziegel, Botanik und Zoologie, diese blau-dunkelblau-hellblau-weiß

Nicole Streilter-Kastberger: gestreiften Bücher, die auch alle Mediziner in den Regalen stehen haben und

Nicole Streilter-Kastberger: irgendwie, ich wollte nicht mehr auswendig lernen, keine Ahnung.

Nicole Streilter-Kastberger: Und dann habe ich umgesattelt auf Germanistik und dann war da der Professor

Nicole Streilter-Kastberger: Schmidt-Dengler, ich weiß nicht, ob der hier noch bekannt ist,

Nicole Streilter-Kastberger: der war einfach faszinierend und hat mich wirklich, dann habe ich gewusst,

Nicole Streilter-Kastberger: Im richtigen Studium. Ich habe zwar nicht gewusst, was ich dann damit später

Nicole Streilter-Kastberger: anfangen sollte, weil Germanistik zu studieren, nicht auf Lehramt,

Nicole Streilter-Kastberger: sondern auf Diplom, ist natürlich eine riskante Sache.

Nicole Streilter-Kastberger: Und ich hatte auch eine ältere Studienkollegin oder eigentlich hat sie was anderes

Nicole Streilter-Kastberger: studiert, was viel Gescheiteres, nämlich Politikwissenschaften.

Nicole Streilter-Kastberger: Aber die hat mir gesagt, was willst du mit Germanistik machen?

Nicole Streilter-Kastberger: Da habe ich gesagt, keine Ahnung, aber ich will ein Studium haben,

Nicole Streilter-Kastberger: das mich fasziniert und das mich begeistert und das war es dann auch.

Martin Puntigam: Ja, aber Lehramt wäre nicht so gefährlich gewesen. Du hättest ja gewusst,

Martin Puntigam: wie man einfach einen Unterricht hält.

Nicole Streilter-Kastberger: Ja, offensichtlich hat dann dieser Lehrer, mein Deutschlehrer den Effekt gehabt,

Nicole Streilter-Kastberger: dass ich nicht Deutschlehrerin werden wollte.

Martin Puntigam: Aber immerhin Germanistik studiert hast und die dann an deiner Dissertation,

Martin Puntigam: am großen Brocken der österreichischen Literatur, der deutschsprachigen Literatur

Martin Puntigam: abgearbeitet hast, nämlich Robert Musil.

Nicole Streilter-Kastberger: Genau. Musil, das war wirklich eine unglaubliche Leidenschaft von mir.

Nicole Streilter-Kastberger: Also als ich den Mann ohne Eigenschaften gelesen habe, habe ich gedacht,

Nicole Streilter-Kastberger: okay, das ist jetzt echt das beste Buch, das ich jemals gelesen habe.

Nicole Streilter-Kastberger: Habe den dann unglaublich durchgeackert und bin dann zu Schmidt-Engler gegangen

Nicole Streilter-Kastberger: und habe gesagt, ich würde gerne über Musil promovieren.

Nicole Streilter-Kastberger: Und dann hat er gemeint, oh, da suchen sie sich aber was Schweres aus.

Nicole Streilter-Kastberger: Dann habe ich gesagt, ja, weiß ich nicht, das interessiert mich einfach.

Nicole Streilter-Kastberger: Und was mich besonders interessiert hat, waren seine Literatur- und Theaterkritiken.

Nicole Streilter-Kastberger: Und das ist ein Feld, das eigentlich wenig beackert war zu dem Zeitpunkt noch.

Nicole Streilter-Kastberger: Also da gab es kaum Forschungsarbeiten dazu.

Nicole Streilter-Kastberger: Und so etwas eignet sich natürlich für eine Dissertation dann besonders,

Nicole Streilter-Kastberger: weil man was Neues vorlegen kann und einen neuen Bereich aufarbeiten.

Nicole Streilter-Kastberger: Und das habe ich dann gemacht.

Martin Puntigam: Robert Musil, eben der Mann ohne Eigenschaften, gilt ja als besonders umfangreiches

Martin Puntigam: Werk, schwer zu lesen. Ganz viele Leute trauen sich nicht drüber.

Martin Puntigam: Oder Florian hat im Vorfeld gesagt, er hat ihn aus anderen Gründen nicht gelesen.

Florian Freistetter: Ja, nein, ich habe tatsächlich auch natürlich von Musil gehört.

Florian Freistetter: Ich habe einen ganz anderen Deutschlehrer gehabt.

Florian Freistetter: Nein, wir haben Sachen gelesen in Deutsch, aber bei uns war man nur dann Einser-Schüler

Florian Freistetter: in Deutsch, wenn man Tennis gespielt hat, weil der Deutschlehrer auch letztendlich

Florian Freistetter: der Chef der Schultennismannschaft war.

Florian Freistetter: Und wenn man gut im Tennis war, hat man immer einen Einser bekommen und wenn

Florian Freistetter: nicht, dann nicht. Und ich war nicht so gut im Tennis.

Martin Puntigam: Also hauptsächlich Sätze, oder?

Florian Freistetter: Ja, ja, genau. Das war das Problem mit den Sätzen. Aber tatsächlich hat er am

Florian Freistetter: Ende doch noch dazu beigetragen, dass er mich sehr auch für die deutschsprachige

Florian Freistetter: Literatur interessiert hat, weil ich habe auch in Deutsch maturiert,

Florian Freistetter: sogar vertiefend, glaube ich.

Florian Freistetter: Da muss man ein Spezialthema aussuchen. Ich habe gesagt, ich mache irgendwas

Florian Freistetter: Fentes Literatur. Er hat gesagt, das geht schon gar nicht.

Florian Freistetter: Aber ich soll die Prager deutschen Literaten lesen. Und von denen habe ich überhaupt

Florian Freistetter: nichts gewusst. Und habe ich gelesen und die fand ich absolut großartig.

Florian Freistetter: Und finde ich immer noch großartig.

Florian Freistetter: Leo Perutz, mein großer Fan. Ja, über Umwege habe ich dann angefangen,

Florian Freistetter: alles andere, deutschsprachige Literatur, so Kanon, zu lesen.

Florian Freistetter: Und bin dann auch auf Musel gestoßen und dachte, das fange ich jetzt an,

Florian Freistetter: weil da erzählen alle, das ist so super.

Florian Freistetter: Und dann habe ich irgendwo gelesen, das ist nicht zu Ende geschrieben, das Buch.

Florian Freistetter: Und da habe ich gedacht, nee, dann lese ich es auch nicht. Weil ich lese es

Florian Freistetter: jetzt nicht, ohne dass ich dann, dann hört das auf und ich weiß nicht,

Florian Freistetter: wie es ausgeht, das mache ich nicht.

Florian Freistetter: Also vielleicht fange ich es nochmal irgendwann an, aber damals hat mir das abgeschreckt.

Florian Freistetter: Und dann bis jetzt, das steht immer noch irgendwo zu Hause bei mir,

Florian Freistetter: aber ich habe noch keinen zweiten Anlauf genommen bis jetzt.

Martin Puntigam: Spielsatz Siegprägung aus dem Deutschunterricht. Das war bei dir aber anders.

Martin Puntigam: Eine Dissertation über Musil, das wollte ich eigentlich erzählen, ist ja sehr lustig.

Martin Puntigam: Also wenn man sich abschrecken lässt, weil er nicht fertig geschrieben ist,

Martin Puntigam: ist ja ausgesprochen unterhaltsames und lustiges Buch.

Martin Puntigam: Also ich habe oft lachen, war noch sehr viel jünger damals und habe jetzt nicht

Martin Puntigam: einen einfacheren Humor gehabt, aber noch mehr Zeit zum Lesen.

Martin Puntigam: Aber war erstaunt, weil alle gesagt haben, das ist dieses arge Buch und Bruno

Martin Puntigam: Kreisky hat das ja als Flagship vor sich her getragen, dass das das super Buch

Martin Puntigam: sei und alle anderen haben gesagt, es ist so dick, kann man nicht lesen,

Martin Puntigam: es ist so schwierig und kompliziert, aber es ist eigentlich ein sehr lustiges Buch.

Nicole Streilter-Kastberger: Ja, lustig. Es ist halt ironisch vieles.

Nicole Streilter-Kastberger: Und es gibt sehr witzige Figuren drin, zum Beispiel diesen Generalsturm von Bordwehr.

Nicole Streilter-Kastberger: Das ist so ein typischer General der K- und K-Monarchie, der halt ziemlich komische

Nicole Streilter-Kastberger: Sprüche dauernd ablässt.

Nicole Streilter-Kastberger: Und generell würde ich sagen, ist es halt so ironisch im Sinne auch von Thomas

Nicole Streilter-Kastberger: Mann, den ich auch relativ gerne lese, allerdings nicht so häufig wie Musil.

Nicole Streilter-Kastberger: Und Musil, also den Mann ohne Eigenschaften, kann man inzwischen relativ gut

Nicole Streilter-Kastberger: lesen, in einer schönen Ausgabe lesen, die im Jung und Jung Verlag vor ein paar Jahren erschienen ist.

Nicole Streilter-Kastberger: Und da fasst dieser Mann ohne Eigenschaften sechs Bände der zwölfbändigen Werkausgabe.

Nicole Streilter-Kastberger: Allerdings sind die ersten beiden Bände schon vergriffen, also muss man sich

Nicole Streilter-Kastberger: irgendwie anders besorgen, entweder antiquarisch oder in der Bibliothek oder als E-Book.

Florian Freistetter: Vielleicht kann man das Buch von der KI fertig schreiben lassen,

Florian Freistetter: die kann doch sowas heutzutage.

Nicole Streilter-Kastberger: Davon rate ich ab.

Nicole Streilter-Kastberger: KI in Ehren. Ich weiß gar nicht, ob die den Mann ohne Eigenschaften überhaupt kennt.

Florian Freistetter: Die haben durch die ganzen Bibliotheken gebraucht.

Martin Puntigam: Doch, da ist ja alles bestohlen worden. Das wird schon drinnen sein.

Nicole Streilter-Kastberger: Ja, ja. Gut. Also Musil hat an einer Stelle notiert, alle Linien führen zum Krieg.

Nicole Streilter-Kastberger: Das Buch spielt ja eigentlich 1912, 1913.

Nicole Streilter-Kastberger: Das heißt, es mündet dann eigentlich in den Ersten Weltkrieg hinein.

Nicole Streilter-Kastberger: Aber er wollte das selber eigentlich nicht mehr ausführen. aber es war sowohl

Nicole Streilter-Kastberger: die Idee für den Schluss eventuell.

Martin Puntigam: Das sind ja, Thomas Mann hat dicke Bücher geschrieben, Robert Musil hat unter

Martin Puntigam: anderem dicke Bücher geschrieben, Thomas Mann auch Novellen,

Martin Puntigam: aber Öden von Horvath, der eigentlich den Großteil deines erwachsenen Berufslebens

Martin Puntigam: dominiert hat, hat dünne Bücher geschrieben.

Nicole Streilter-Kastberger: Ja, zum Glück.

Martin Puntigam: Also es war ein Buch, das in der Schule, ich habe es ja ungern gelesen,

Martin Puntigam: als Jugendlicher gern gelesen habe, wenn wir es lesen haben müssen,

Martin Puntigam: Jugend ohne Gott, weil man war einfach sehr schnell fertig.

Nicole Streilter-Kastberger: Ja, also Jugend ohne Gott hat er scheinbar auch wirklich in wenigen Monaten,

Nicole Streilter-Kastberger: möglicherweise sogar in nur zwei Monaten geschrieben.

Nicole Streilter-Kastberger: Es ist trotzdem ein Buch, das literarisch extrem toll ist und ausgearbeitet

Nicole Streilter-Kastberger: ist, weil es so komponiert ist. Ich habe es neulich wieder gelesen zum zigten Male.

Nicole Streilter-Kastberger: Man hat es auch schnell gelesen und ich finde, es ist unglaublich faszinierend,

Nicole Streilter-Kastberger: wie viel Stoff eigentlich drin ist, jetzt abseits dieser Handlung,

Nicole Streilter-Kastberger: der man natürlich mit einer gewissen Spannung folgt, weil es letztlich eine Kriminalhandlung ist.

Nicole Streilter-Kastberger: Und er hat da auch sehr unterschiedliche Genres eigentlich kombiniert in diesem Roman.

Nicole Streilter-Kastberger: Es ist eigentlich auch ein Gerichtssaal-Roman, was ein eigenes Genre auch sein

Nicole Streilter-Kastberger: könnte, ähnlich den Gerichtssaal-Filmen, die es gibt, Zeugen der Anklage oder was auch immer.

Nicole Streilter-Kastberger: Und das ist schon ein spezielles Genre, mit dem man natürlich relativ viele

Nicole Streilter-Kastberger: Leute auch ködern konnte.

Nicole Streilter-Kastberger: Ein Kapitel heißt auch Der Köder. Es geht auch sehr viel ums Ködern in diesem Buch, finde ich.

Martin Puntigam: Jetzt bist du maßgebliche Mitarbeiterin der historisch-kritischen Gesamtausgabe.

Martin Puntigam: Gesamtausgabe kann man sich schon ein bisschen beschrecken von jemandem,

Martin Puntigam: auch wenn er nur so kurz gelebt hat wie den von Horvath, aber er hat sehr viel geschrieben.

Martin Puntigam: Aber was bedeutet denn historisch-kritisch?

Nicole Streilter-Kastberger: Die historisch-kritische Ausgabe zeigt, wie Texte entstanden sind.

Nicole Streilter-Kastberger: Die versucht, die ganze Entstehungsgeschichte von Texten nachzuzeichnen.

Nicole Streilter-Kastberger: Da hat man also, Horvath war jemand, der ab einem gewissen Zeitpunkt sehr viel

Nicole Streilter-Kastberger: Material zu seinen Werken aufgehoben hat, da können wir nachher noch drüber sprechen.

Nicole Streilter-Kastberger: Über diesen Punkt, wieso er das dann ab einem gewissen Zeitpunkt gemacht hat.

Nicole Streilter-Kastberger: Und anhand dieses ganzen literarischen Nachlasses, der in Wien liegt,

Nicole Streilter-Kastberger: in der Nationalbibliothek und in der Wien-Bibliothek im Rathaus,

Nicole Streilter-Kastberger: das sind zusammen etwa 5000 Manuskript- und Typoskriptblätter.

Nicole Streilter-Kastberger: Anhand dieses Nachlasses haben wir diese historisch-kritische Ausgabe gemacht

Nicole Streilter-Kastberger: und haben eben zu jedem fertiggestellten Werk oder auch zu den Fragmenten alle

Nicole Streilter-Kastberger: Manuskripte und Typoskripte, die dazu überliefert waren,

Nicole Streilter-Kastberger: in eine chronologische Reihe gebracht.

Nicole Streilter-Kastberger: Das ist gar nicht so einfach, weil diese genetischen Zusammenhänge,

Nicole Streilter-Kastberger: wie man das auch nennt, oft verwischt sind durch die Ablage dieser Blätter in den Archiven.

Nicole Streilter-Kastberger: In jedem Archiv werden diese Textträger, die Manuskripte und Typoskripte gereiht,

Nicole Streilter-Kastberger: in Mappen abgelegt, in Boxen abgelegt.

Nicole Streilter-Kastberger: Und dann muss der Editor, der Herausgeber oder die Herausgeberin eben versuchen,

Nicole Streilter-Kastberger: diese ursprüngliche Chronologie wiederherzustellen und damit zu zeigen,

Nicole Streilter-Kastberger: wie ein Text von den frühesten Entwürfen bis zur Endfassung dann sich weiterentwickelt

Nicole Streilter-Kastberger: hat oder entstanden ist.

Martin Puntigam: Jetzt ist Herr Öden von Horvath, das werden die meisten wissen,

Martin Puntigam: nicht sehr alt geworden, sehr jung gestorben, er ist verunglückt.

Martin Puntigam: Josef Hader hat das in einem Programm prominent erwähnt, ich glaube unter anderem

Martin Puntigam: deshalb wissen das viele Menschen heute auch noch, von einem Ast erschlagen

Martin Puntigam: worden, ich glaube 37-jährig.

Nicole Streilter-Kastberger: 36 war es sogar erst, ja.

Martin Puntigam: Das ist natürlich ein besonderes Unglück, aber ich glaube, der war da nicht

Martin Puntigam: allein unter dem Ast, oder?

Nicole Streilter-Kastberger: Nein, es waren neun Menschen in diesen Unfall verwickelt.

Nicole Streilter-Kastberger: Also das war ein Gewittersturm auf den Champs-Élysées in Paris und der Blitz

Nicole Streilter-Kastberger: hat in diesen Ast oder in diesen Baum, in diese Platane eingeschlagen und es

Nicole Streilter-Kastberger: ist ein Ast runtergebrochen.

Nicole Streilter-Kastberger: Neun Menschen waren verwickelt in diesen Unfall, aber der Einzige,

Nicole Streilter-Kastberger: der verstorben ist, war Horvath selber.

Florian Freistetter: Das ist übrigens fast das Einzige, glaube ich, was mich mit Öden von Horvath verbindet.

Florian Freistetter: Also es gibt natürlich nichts, was mich mit verbindet, aber ich wäre auch fast

Florian Freistetter: mal vom Aster schlagen worden. Ich

Florian Freistetter: weiß nicht, ob schon mal jemand die Uni-Sternwarte in Wien besucht hat.

Florian Freistetter: Mittlerweile ist der öffentlich zugänglich. Also der Park ist öffentlich zugänglich.

Florian Freistetter: Zu meiner Studienzeit war der nur für die Leute zugänglich, die da gearbeitet und studiert haben.

Florian Freistetter: Und da gab es die Hauptwege und dann so einen Nebenwegerl, wunderschöner,

Florian Freistetter: verwilderter Waldpark. und überall standen Schilder, bitte auf den markierten

Florian Freistetter: Wegen bleiben oder diese Wege nicht begehen, wegen Gefahr herbstürzende Äste.

Florian Freistetter: Und uns hat das halt bis einmal immer die Abkürze genommen oder so im Wald rumgelaufen.

Florian Freistetter: Und dann sind wir eh immer geschimpft worden von den zuständigen Professorinnen

Florian Freistetter: und Professoren, dass man da nicht irgendwie absetzte Wege gehen soll,

Florian Freistetter: weil sonst fällt uns der Ast am Kopf. Aber wir haben es nicht gemacht.

Florian Freistetter: Und dann ist mal einmal ein Ast direkt vor der Nase runtergekommen.

Florian Freistetter: Also war kein großer Ast, wahrscheinlich wäre er nicht gestorben,

Florian Freistetter: aber er hätte mich zumindest leicht irritiert oder leicht verletzt.

Florian Freistetter: Also dann hätte ich ja noch mehr.

Martin Puntigam: Hättest du im Krankenhaus Öden von Horvath?

Florian Freistetter: Ja, also ich habe gerade überlegt, ob es noch mehr gäbe, was sich mit Öden von

Florian Freistetter: Horvath verbindet, aber ich glaube, das war es.

Gilbert Prilasnig: Mir ist gerade eingefallen, dass ich auch deine Verbindung zum Öden von Horvath habe.

Martin Puntigam: Du hast viel trainiert und hast dann einen Aust gehabt?

Gilbert Prilasnig: Nein, ich war vor knapp zwei Jahren in Sacramento, in Kalifornien,

Gilbert Prilasnig: in der Sacramento State University, bei seinem Fußball-Sozialprojekt,

Gilbert Prilasnig: der hat dort stattgefunden.

Gilbert Prilasnig: Und es war kein Sturm und es war kein Wind und es war wunderschönes, heißes Wetter.

Gilbert Prilasnig: Ich bin dort entlang spaziert, an der Straße, wo viele Äste waren.

Gilbert Prilasnig: Und da ist auch ein Ast runtergekommen, plötzlich wie aus heiterem Himmel,

Gilbert Prilasnig: ohne Vorwarnung. Der war scheinbar so trocken.

Gilbert Prilasnig: Aber das war ein Ast, der sicher ähnlich groß war, wie der der Oedon von Harvard getroffen hat.

Gilbert Prilasnig: Gott sei Dank war ich ungefähr 10 bis 15 Meter davon entfernt.

Gilbert Prilasnig: Also das Auto, das er begraben hat, das war schwer beschädigt.

Martin Puntigam: Das scheint eine österreichische Tradition zu sein.

Nicole Streilter-Kastberger: Ja, und weil man natürlich zu Harvard arbeitet und an Harvard so lange geforscht

Nicole Streilter-Kastberger: hat, hat man diesen Tod natürlich auch ständig im Kopf.

Nicole Streilter-Kastberger: Also ich habe bei Gewitterstürmen Parks immer gemieden, weil ich wollte nicht

Nicole Streilter-Kastberger: die Schlagzeile meiner Nachwelt hinterlassen, Horvath-Forscherin von Aster schlagen.

Martin Puntigam: Aber ich glaube, dann würden sich sehr viel mehr Menschen sehr viel länger an

Martin Puntigam: dich erinnern, als es sonst vielleicht der Fall wäre.

Nicole Streilter-Kastberger: Könnte sein, ja, ja.

Martin Puntigam: Und da ranken sie ja viele Anekdoten rund um diesen tragischen Unfalltod,

Martin Puntigam: nämlich dass Öden von Horvath von einer Wahrsagerin, zumindest steht es im Wikipedia-Artikel drinnen,

Martin Puntigam: gewarnt worden sei, dass um die Zeit, wo er dann tatsächlich verunglückt ist,

Martin Puntigam: was Besonderes auf ihn warten würde.

Martin Puntigam: Und er war selber so abergläubisch, dass er nach einer Regiebesprechung mit

Martin Puntigam: Robert Siertmack, oder Siertmack, wie man ihn dann später genannt hat,

Martin Puntigam: nicht mit dem Auto ins Hotel gefahren ist, weil es zu gefährlich war.

Nicole Streilter-Kastberger: Genau. Also genau an diesem Tag, an seinem letzten Lebenstag,

Nicole Streilter-Kastberger: hat er sich mit Robert Siodmec in einem Café in Paris getroffen,

Nicole Streilter-Kastberger: um über eine mögliche Verfilmung von Jugend ohne Gott zu sprechen.

Nicole Streilter-Kastberger: Und es war schon sehr bewölktes Wetter, sage ich jetzt einmal,

Nicole Streilter-Kastberger: oder der Himmel war schon relativ stark bewölkt.

Nicole Streilter-Kastberger: Und die Siodmecs haben ihm angeboten, ihn mit dem Auto zurückzukehren.

Nicole Streilter-Kastberger: Und er hat das abgelehnt, weil

Nicole Streilter-Kastberger: er eben Angst hatte vor dieser Wahrsagerei oder vor dieser Wahrsagung,

Nicole Streilter-Kastberger: dass er eben in den ersten Junitagen des Jahres 1938, je nach Kolportage heißt es,

Nicole Streilter-Kastberger: das größte Erlebnis seines Lebens haben würde oder dass die für sein Leben entscheidend sein würden.

Nicole Streilter-Kastberger: Und er hat sich da alles Mögliche dazu gedacht und auch keine Aufzüge mehr verwendet.

Nicole Streilter-Kastberger: Also in dem Hotel, in dem er gewohnt hat, im Paris Hotel Univers hat das damals

Nicole Streilter-Kastberger: geheißen, hat er auch den Aufzug nicht benutzt, obwohl er im sechsten Stock gewohnt hat.

Martin Puntigam: Eigentlich wäre es gesund gewesen, die Stiegen zu nehmen.

Nicole Streilter-Kastberger: Es wäre gesünder gewesen, mit dem Auto zu fahren, auf jeden Fall.

Martin Puntigam: Wie wir erfahren haben, kann das für Autos auch sehr schlecht sein,

Martin Puntigam: wenn es nicht von oben kommt.

Nicole Streilter-Kastberger: Genau, das stimmt.

Martin Puntigam: Jetzt hast du vorher erwähnt, es gibt aber am gewissen Zeitpunkt viele Aufzeichnungen

Martin Puntigam: von ihm, weil er ist sehr unerwartet gestorben, ein Nachlass,

Martin Puntigam: wenn man meinetwegen sehr eitel ist und sie denkt, die Nachwelt soll bitte unbedingt

Martin Puntigam: mich im Gedächtnis behalten, dann fängt man irgendwann an zum Sammeln,

Martin Puntigam: aber er hat ja nicht mit seinem Ableben gerechnet.

Martin Puntigam: Warum gibt es da so viel aufzuarbeiten?

Nicole Streilter-Kastberger: Ja, also es gab ein einschneidendes Erlebnis sozusagen wieder mal und zwar hat

Nicole Streilter-Kastberger: er als junger Autor von 1922 bis 1930, hat er immer alle Erlebnisse.

Nicole Streilter-Kastberger: Bruchstücke oder Entstehungsstufen zu einem fertigen Werk weggeschmissen.

Nicole Streilter-Kastberger: Wenn dieses Werk endlich fertig war.

Nicole Streilter-Kastberger: Also alles, was an Vorstufen da war, an Skizzen, an Entwürfen,

Nicole Streilter-Kastberger: hat er dann für nicht aufhebenswürdig betrachtet und hat das weggeschmissen.

Nicole Streilter-Kastberger: Dann hat er aber im Jahr 1930, nachdem bereits sein Stück die Bergbahn relativ

Nicole Streilter-Kastberger: erfolgreich in Berlin gespielt worden war, hat sich ein Archivleiter,

Nicole Streilter-Kastberger: nämlich der Hans-Ludwig Held von der Münchner Stadtbibliothek bei ihm gemeldet

Nicole Streilter-Kastberger: und hat ihn um ein Manuskript für sein Archiv gebeten, weil das war damals schon sehr üblich,

Nicole Streilter-Kastberger: dass man eben Manuskripte von berühmten Autorinnen und Autoren gesammelt hat,

Nicole Streilter-Kastberger: um die dann ausstellen zu können oder überhaupt um das Archiv aufzuwerten.

Nicole Streilter-Kastberger: Und dann hat ihm Horvath zurückgeschrieben, leider hat er die schlechte Angewohnheit,

Nicole Streilter-Kastberger: alles zu verbrennen, sobald ein Werk in einer Endfassung vorliegt,

Nicole Streilter-Kastberger: also alles Entstehungsmaterial.

Nicole Streilter-Kastberger: Und das ist sozusagen der Zeitpunkt, an dem er dann darüber nachzudenken begonnen

Nicole Streilter-Kastberger: hat offensichtlich, dass das, was er dann vorstufen, angesammelt hat,

Nicole Streilter-Kastberger: auch von einem gewissen Wert sein könnte.

Nicole Streilter-Kastberger: Und er hat dem Herrn Held versprochen, dass er ihm irgendwann sicher ein Manuskript

Nicole Streilter-Kastberger: zur Verfügung stellen kann.

Nicole Streilter-Kastberger: Und von diesem Zeitpunkt an kann man sagen, hatte er ein Nachlassbewusstsein,

Nicole Streilter-Kastberger: wie man das heutzutage nennt.

Nicole Streilter-Kastberger: Nämlich eben die Vorstellung, dass das, was er da an Materialien ansammelt,

Nicole Streilter-Kastberger: an Entstehungsgeschichtlichen, dass das auch durchaus für die Nachwelt noch

Nicole Streilter-Kastberger: interessant sein könnte.

Martin Puntigam: Das heißt, er war mehr oder weniger, kann man davon ausgehen,

Martin Puntigam: Vorläufer für heutige Autoren, Autorinnen, die einen Teil ihrer Zeit schon darauf

Martin Puntigam: verwenden, damit etwas übrig bleibt von Ihnen?

Nicole Streilter-Kastberger: Ja, inzwischen ist ja der Nachlass- oder Vorlasshandel, wie man eigentlich sagen

Nicole Streilter-Kastberger: muss, weil das machen die Autorinnen und Autoren jetzt schon zu Lebzeiten,

Nicole Streilter-Kastberger: dass sie ihre Manuskripte verkaufen an die Archive.

Nicole Streilter-Kastberger: Das ist so wie der Ablasshandel im Mittelalter, ein sehr einträgliches Geschäft.

Martin Puntigam: Also da sammelt man absichtlich, da schaut man, dass man… Genau.

Nicole Streilter-Kastberger: Man legt auch schon eine Ordnung an, damit die Archivare dann nicht so schludern

Nicole Streilter-Kastberger: wie bei Horvath, sondern dann ist alles schön geordnet, was zu jedem Werk gehört

Nicole Streilter-Kastberger: und dann kann man das wunderbar nachvollziehen.

Martin Puntigam: Das ist eine seltsame Form von Eitelkeit, weil wenn man dann tot ist,

Martin Puntigam: ist man ja eh tot oder ist das so wichtig für einen Vorlasshandel?

Nicole Streilter-Kastberger: Ich glaube, man hat dann das Gefühl, dass man eben nicht tot ist,

Nicole Streilter-Kastberger: auch wenn man tot ist, wenn die eigenen Manuskripte weiterleben.

Nicole Streilter-Kastberger: Ja, also das ist eine Form, sich die Ewigkeit zu erkaufen eigentlich,

Nicole Streilter-Kastberger: beziehungsweise wird man eigentlich noch dafür bezahlt.

Florian Freistetter: Dass man die Ewigkeit bekommt. Man kann, wenn man Geld dafür kriegt,

Florian Freistetter: dass ich das Zeug, was ich gescheit fertig geschrieben habe,

Florian Freistetter: auch noch mitverkauf, dann kann ich das einem Buch kann ich dann dreimal verkaufen.

Florian Freistetter: Also das würde ich auch machen, wenn es jemanden interessieren würde dafür.

Martin Puntigam: Also alle Vorlasshändler, der Welt, die den Podcast hören, Florian Freistädter,

Martin Puntigam: hat zu wenig Platz in seiner Wohnung und wird gern was loswerden.

Martin Puntigam: Wenn du sagst, die Archivare, Archivarinnen haben geschludert beim Horvath.

Nicole Streilter-Kastberger: Genau.

Martin Puntigam: Das ist natürlich ein harsches Urteil, dass die Leute, die das gemacht haben,

Martin Puntigam: wahrscheinlich gar nicht so gern hören würden, aber du bist ja doch Fachkraft.

Martin Puntigam: Wenn du so ein Urteil fällst, wie kommst du drauf?

Nicole Streilter-Kastberger: Ja, es gibt eine lange Geschichte, was diesen Horvath-Nachlass betrifft.

Nicole Streilter-Kastberger: Ich werde sie relativ kurz fassen.

Nicole Streilter-Kastberger: Also folgendermaßen ist das wahrscheinlich abgelaufen. Man weiß es ja nicht genau.

Nicole Streilter-Kastberger: Aber Horvath hat dann eben diese Bruchstücke seines Werks gesammelt,

Nicole Streilter-Kastberger: die Manuskripte und Typoskripte und hat die immer wieder, nachdem er selber

Nicole Streilter-Kastberger: ein sehr unstetes Leben geführt hat und eigentlich fast nie einen festen Wohnsitz hatte,

Nicole Streilter-Kastberger: hat er dieses Material dann immer bei seinen Eltern deponiert.

Nicole Streilter-Kastberger: Und dort ist dann so über die Jahre ein relativ großes Horvath-Archiv entstanden, könnte man sagen.

Nicole Streilter-Kastberger: Nach seinem Tod hat dann sein Bruder Lajosch von Horvath, der ein berühmter

Nicole Streilter-Kastberger: Zeichner und Illustrator war, hat dann sich gedacht, mit diesem Nachlass muss

Nicole Streilter-Kastberger: man eigentlich was anfangen.

Nicole Streilter-Kastberger: Er wollte auch die Erinnerung an seinen Bruder irgendwie wachhalten und hat

Nicole Streilter-Kastberger: dann diesen Nachlass, der den Zweiten Weltkrieg in einem Münchner Banksafe überdauert hat,

Nicole Streilter-Kastberger: der der Akademie der Künste in Berlin vermacht oder geschenkt.

Martin Puntigam: Soweit hat Ödin von Horat vorgesorgt, dass er nicht nur sortiert hat und aufgehoben

Martin Puntigam: hat, sondern dann ist auch dafür gesorgt worden, dass das nicht verschwindet in einem Banksafe?

Nicole Streilter-Kastberger: Genau, das haben die Eltern in einem Banksafe deponiert, zum Glück.

Nicole Streilter-Kastberger: Nach dem Krieg eben kam das dann an die Akademie der Künste in Berlin und dort

Nicole Streilter-Kastberger: wurde das, wie das üblich ist in Archiven, wurde dieser Nachlass bearbeitet.

Nicole Streilter-Kastberger: Und bearbeiten heißt vorrangig einmal, es wird alles verzeichnet,

Nicole Streilter-Kastberger: alles bekommt sogenannte Signaturen, damit man es wieder finden kann.

Nicole Streilter-Kastberger: Und es gibt so ein Nachlassverzeichnis auch, wo man sich erkundigen kann,

Nicole Streilter-Kastberger: wenn man zu einem bestimmten Text was sucht.

Nicole Streilter-Kastberger: Jetzt ist aber dort dann, ich werde jetzt den Namen vielleicht besser nicht

Nicole Streilter-Kastberger: nennen, aber es gab eine Bearbeiterin und die hat gesehen, dieser Horvath hat

Nicole Streilter-Kastberger: immer wieder Blätter zerschnitten und neu zusammengeklebt.

Nicole Streilter-Kastberger: Das wurde dann später in der Literaturwissenschaft als Cut-and-Paste-Methode bezeichnet.

Martin Puntigam: Also das, was man heute mit Copy-and-Paste am Computer machen kann,

Martin Puntigam: hat er noch ausschneiden müssen, wenn ihm etwas gelungen war und woanders drüber gelegt?

Nicole Streilter-Kastberger: Mit Schreibmaschine getippt und das Tippen war ihm aber auch relativ mühselig offensichtlich.

Nicole Streilter-Kastberger: Und dann habe ich gedacht, naja, die halbe Seite hier kann ich weiterverwenden,

Nicole Streilter-Kastberger: die ist gut, aber das untere gefällt mir nicht, schneide ich weg.

Nicole Streilter-Kastberger: Tipp was Neues und klebe das dann wieder dran. Also Klebstoff gab es auch schon

Nicole Streilter-Kastberger: und so hat er dann teilweise ganz lange Blätter produziert, die einen halben

Nicole Streilter-Kastberger: Meter teilweise lang waren, weil er so viel aneinander geklebt hat.

Nicole Streilter-Kastberger: Die Frau, die Bearbeiterin in Berlin,

Nicole Streilter-Kastberger: beim nächsten Mal wird es mir rausrutschen, der Name, hat dann gesehen,

Nicole Streilter-Kastberger: da gibt es so Schnittkanten, die sehr unregelmäßig sind, also nicht schön gerade geschnitten.

Nicole Streilter-Kastberger: Horvath war offensichtlich kein guter Bastler, hatte wahrscheinlich im Basteln

Nicole Streilter-Kastberger: so schlechte Noten wie in Deutsch, was er wirklich hatte nämlich.

Martin Puntigam: Das weiß man, dass er im Basteln, also in Werkerziehung schlechte Noten gehabt hat?

Nicole Streilter-Kastberger: Nein, in Deutsch meine ich jetzt. Jedenfalls hat sie dann im Nachlass auch so

Nicole Streilter-Kastberger: kleine Schnipsel entdeckt, die vielleicht so zwei Zentimeter lang nur waren

Nicole Streilter-Kastberger: und hat dann gesehen, okay, da gibt es so unregelmäßige Schnittgarten.

Nicole Streilter-Kastberger: Und hat dann begonnen, diese Schnittkanten an diese überlieferten Blätter wieder

Nicole Streilter-Kastberger: dran zu halten und zu schauen, welche Schnittkanten zusammenpassen,

Nicole Streilter-Kastberger: um zu rekonstruieren, wie diese Blätter wohl ursprünglich ausgeschaut haben.

Martin Puntigam: Aber das ist ja noch nicht ehrenrührig.

Nicole Streilter-Kastberger: Aber dann kam das Ehrenrührige. Dann hat sie nämlich Buntstifte genommen in schönen Farben,

Nicole Streilter-Kastberger: rot, gelb, grün, blau und hat mit diesen Buntstiften in die originale Zierleisten hineingemalt,

Nicole Streilter-Kastberger: um sich da festzuhalten, welche Schnittkanten zusammengehören,

Nicole Streilter-Kastberger: damit sie das später dann wieder nachvollziehen kann und nicht neuerlich auf

Nicole Streilter-Kastberger: die Suche nach den Schnittkanten gehen muss.

Martin Puntigam: Das heißt, diese Kugelschreiber, die man wieder ausradieren kann,

Martin Puntigam: wären Hilfe für Sie gewesen?

Nicole Streilter-Kastberger: Definitiv, ja. Oder vielleicht ein Bleistift wenigstens nur.

Nicole Streilter-Kastberger: Aber Buntstift ist schon krass. Ja, auf jeden Fall haben die Erben.

Martin Puntigam: Dass dann… Also das ist Archivarienfrevel.

Nicole Streilter-Kastberger: Das ist Archivarienfrevel, genau. Und inzwischen muss man auch Handschuhe tragen,

Nicole Streilter-Kastberger: wenn man Manuskripte in die Hand nimmt in solchen Archiven.

Nicole Streilter-Kastberger: Wobei die Handschuhe, das ist auch so eine Sache, die sind eigentlich auch umstritten

Nicole Streilter-Kastberger: inzwischen, weil die ja auch Schmutz ansammeln. und damit übertragen.

Nicole Streilter-Kastberger: Den Schmutz dann vom einen Manuskriptblatt auf das andere.

Martin Puntigam: Kann ja die Handschuhe waschen oder wechseln dazwischen oder ist das unüblich?

Martin Puntigam: Wenn man schon Handschuhe anhat, dann wascht man sie nicht auch noch.

Nicole Streilter-Kastberger: Also ich will jetzt keine Betriebsgeheimnisse ausplaudern, aber im Literaturarchiv

Nicole Streilter-Kastberger: in Wien waren die Handschuhe schon in einem jämmerlichen Zustand und wir haben

Nicole Streilter-Kastberger: dann keine Handschuhe verwendet im Normalfall.

Martin Puntigam: Aber in Filmen sieht man das noch und das wird sich wahrscheinlich noch ganz

Martin Puntigam: lang halten, dass in Archiven Leute Stoffhandschuhe anhaben,

Martin Puntigam: So wie die Defibrillatoren noch immer zwei Bügeleisen sind, die aufgelegt werden,

Martin Puntigam: obwohl man das lange schon nicht mehr macht in der Medizin.

Nicole Streilter-Kastberger: Da kenne ich mich nicht so gut aus, aber die Handschuhe sind definitiv irgendwie

Nicole Streilter-Kastberger: ein Mangel in diesen Archiven.

Nicole Streilter-Kastberger: Da sind sie meistens nicht so gut ausgestattet wie Ärzte jetzt mit Handschuhen.

Martin Puntigam: Jetzt waren die farblich gekennzeichnet mit Buntstiften und das ist wahrscheinlich

Martin Puntigam: nicht nur gut angekommen bei den Menschen, die das gesehen haben, oder?

Nicole Streilter-Kastberger: Genau, also die Erben haben das dann irgendwann erfahren,

Nicole Streilter-Kastberger: also das war dann die Witwe schon von Lajos von Horvath und die hat das erfahren,

Nicole Streilter-Kastberger: dass da eben reingemalt wurde und das ist vom archivarischen Standpunkt wirklich

Nicole Streilter-Kastberger: ein absolutes No-Go, dass man in Maskekte reinschreibt.

Nicole Streilter-Kastberger: Aus diesem Grund wurde dann der Nachlass aus der Berliner Akademie rausgeklagt

Nicole Streilter-Kastberger: von den Erben und Österreich hat sich bereit erklärt,

Nicole Streilter-Kastberger: dafür relativ viel Geld aufzustellen und die Nationalbibliothek und die Wien-Bibliothek

Nicole Streilter-Kastberger: haben dann in einer Gemeinschaftsaktion diesen Nachlass erworben.

Martin Puntigam: Wann war das ungefähr?

Nicole Streilter-Kastberger: 1990.

Martin Puntigam: So spät?

Nicole Streilter-Kastberger: So spät, ja. Das war einer der ersten Nachlässe des Literaturarchivs der ÖNB,

Nicole Streilter-Kastberger: nämlich Nachlass Nummer drei und war wirklich natürlich ein riesen,

Nicole Streilter-Kastberger: Ankauf und eine tolle Sache, dass Horvath dann wieder nach Österreich gekommen

Nicole Streilter-Kastberger: ist, weil ja die Frage, welcher Nationalität Horvath ist, auch eine ständig

Nicole Streilter-Kastberger: akute Frage eigentlich ist.

Nicole Streilter-Kastberger: Geboren ist er ja in Fiume, im heutigen Rijeka, an der Adria, 1901.

Nicole Streilter-Kastberger: Sein Vater war ungarischer Herkunft. Er hat auch Edmund von Horvath,

Nicole Streilter-Kastberger: also Ödün von Horvath geheißen.

Nicole Streilter-Kastberger: Ödün ist ja die ungarische Form von Edmund.

Martin Puntigam: Wenn er in Wien aufgewachsen wäre, dann wäre er der Mundl Horvath gewesen?

Nicole Streilter-Kastberger: Wahrscheinlich, ja. Also er hatte einen ungarischen Pass und zwar sein ganzes

Nicole Streilter-Kastberger: Leben lang eigentlich ist er Ungar. Aber die Ungarn scheren sich nicht viel um ihn eigentlich.

Nicole Streilter-Kastberger: Die wollen ihn nicht für sich reklamieren. So gesehen war es für die Österreicher

Nicole Streilter-Kastberger: und die Deutschen leicht zu sagen, das ist ein österreichischer Auto oder ein deutscher Auto.

Martin Puntigam: Wenn man 20 Jahre lang daran arbeitet, weiß man ja am Anfang nicht,

Martin Puntigam: dass das 20 Jahre wären, sonst würden wir es ja vielleicht gar nicht machen.

Nicole Streilter-Kastberger: Ja, genau. Ich habe wirklich überhaupt nicht in Jahren gedacht.

Nicole Streilter-Kastberger: Diese ganze Horrath-Ausgabe wurde zum Glück nur deshalb ermöglicht,

Nicole Streilter-Kastberger: weil der FWF, der österreichische Forschungsfonds,

Nicole Streilter-Kastberger: immer wieder Projekte, die wir ausgearbeitet haben, akzeptiert hat und damit

Nicole Streilter-Kastberger: diese Ausgabe finanziell ermöglicht hat.

Martin Puntigam: Hast du zwischendurch schon mal die Daumen gedrückt, dass keine Bewilligung

Martin Puntigam: kommt, dass das endlich ein Ende hat?

Nicole Streilter-Kastberger: Nein, also ich habe dann schon auch in karrieretechnischen Schritten gedacht

Nicole Streilter-Kastberger: und habe mir gedacht, es ist schon gut, wenn die das wieder bewilligen.

Nicole Streilter-Kastberger: Also wir hatten immer so für drei bis vier Jahre eine Finanzierung und dann

Nicole Streilter-Kastberger: mussten wir ein neues Projekt einreichen, haben uns dafür auch immer wieder

Nicole Streilter-Kastberger: ein neues Feature, wie wir es dann genannt haben, ausgetauscht.

Nicole Streilter-Kastberger: Zum Beispiel eine digitale Ausgabe, zum Beispiel ein Horvathandbuch.

Nicole Streilter-Kastberger: Und mit diesen Features ist das dann immer wieder durchgegangen.

Nicole Streilter-Kastberger: Die Ausgabe ist auch von Anfang an in der Fachwelt sehr positiv besprochen worden.

Nicole Streilter-Kastberger: Und darauf konnten wir uns natürlich auch berufen.

Nicole Streilter-Kastberger: Ich habe dann ein Kind gehabt auch. Und dann braucht man irgendwie auch ein

Nicole Streilter-Kastberger: dauerhaftes Einkommen, wenn man Familie hat, besonders, finde ich.

Nicole Streilter-Kastberger: Und deshalb war es mir dann auch immer recht, da weiterzuarbeiten an Horvath.

Nicole Streilter-Kastberger: Man muss auch sagen, je mehr man sich natürlich mit seinem Autor beschäftigt

Nicole Streilter-Kastberger: oder einer Autorin, umso spannender wird es letztlich.

Nicole Streilter-Kastberger: Es wird nicht langweilig, im Gegenteil. Es wird immer spannender,

Nicole Streilter-Kastberger: weil man immer tiefer schürfen kann und es war auch jeder Band dieser Werkausgabe,

Nicole Streilter-Kastberger: die dann 19 Bände umfasst hat, nach 20 Jahren,

Nicole Streilter-Kastberger: war wirklich jeder Band wieder eine neue Herausforderung.

Nicole Streilter-Kastberger: Wir mussten unser Editionsprinzip, unser Konzept immer wieder adaptieren an die einzelnen Werke,

Nicole Streilter-Kastberger: weil die Nachlassmaterialien dann immer andere waren auch und wieder spezifische

Nicole Streilter-Kastberger: Herausforderungen gestellt haben an uns.

Nicole Streilter-Kastberger: Und so ist es eigentlich nie langweilig geworden.

Nicole Streilter-Kastberger: Und dann hat man dann 20 Jahre an Horvath gearbeitet.

Martin Puntigam: Nach 20 Jahren ist das Kind groß, da kann man dann aufhören und was anderes machen.

Martin Puntigam: Aber hast du da das Gefühl gehabt, nach 20 Jahren sich so intensiv mit jemandem

Martin Puntigam: zu beschäftigen, dass man den einerseits dann tatsächlich schon auf eine Art

Martin Puntigam: persönlich kennt und auf der anderen Seite, würdest du ihn gerne kennenlernen,

Martin Puntigam: hättest du die Möglichkeit dazu?

Nicole Streilter-Kastberger: Ja, beides. Also ich habe das Gefühl, ihn persönlich zu kennen und würde ihn

Nicole Streilter-Kastberger: aber, das hat man mich schon einmal gefragt, ob ich ihn gerne mal treffen würde, natürlich.

Nicole Streilter-Kastberger: Sehr gern.

Martin Puntigam: Um was zu fragen oder ist das eine zu intime Frage?

Nicole Streilter-Kastberger: Naja, es gibt so ein bisschen die Diskussion immer wieder, ob er nicht sehr

Nicole Streilter-Kastberger: publikumswirksam geschrieben hat.

Nicole Streilter-Kastberger: Und das ist eine Frage, die mich schon sehr beschäftigt, weil ich der Meinung

Nicole Streilter-Kastberger: bin, dass er doch auch eigentlich sehr literarisch geschrieben hat und nicht

Nicole Streilter-Kastberger: so aufs Publikum geschaut hat.

Nicole Streilter-Kastberger: Jetzt gibt es aber zum Beispiel in Geschichten aus dem Wiener Wald so ein paar Szenen,

Nicole Streilter-Kastberger: in denen die Marianne in einem Varieté arbeitet oder in einem Nachtclub und

Nicole Streilter-Kastberger: sich da nackt auf eine goldene Kugel stellen muss, als personifizierte Jagd

Nicole Streilter-Kastberger: nach dem Glück da figurieren muss.

Nicole Streilter-Kastberger: Und da gibt es in meiner Familie sogar mit meinem Mann immer die Diskussion,

Nicole Streilter-Kastberger: hat das Horvath nur geschrieben,

Nicole Streilter-Kastberger: weil er die Schauwerte solcher Szenen abräumen wollte oder genießen wollte oder

Nicole Streilter-Kastberger: hat das wirklich eine Funktion in dem Stück?

Martin Puntigam: Du sagst ja und er sagt nein, obwohl es eigentlich eher für ihn geschrieben gewesen wäre.

Nicole Streilter-Kastberger: Er sagt, Horvath hat das eigentlich nur geschrieben, weil er gewusst hat,

Nicole Streilter-Kastberger: dass er damit beim männlichen Publikum gut landen kann.

Nicole Streilter-Kastberger: Und ich sage, es hat eine starke Funktion in diesem Stück.

Nicole Streilter-Kastberger: Es muss einfach so sein, dass die Marianne ganz tief hinuntersteigen muss unter sich selbst.

Nicole Streilter-Kastberger: Und dazu musste sie halt nackt auf einer goldenen Kugel stehen.

Martin Puntigam: Das ist immer eine Inszenierungsfrage, was man dann genau sieht.

Nicole Streilter-Kastberger: Ja, wir haben zum Beispiel auch einmal eine Inszenierung gesehen von den Fischermänder-Spielleuten.

Nicole Streilter-Kastberger: Das ist so eine private Laienbühne in Niederösterreich, da an der Donau.

Nicole Streilter-Kastberger: Die haben sich dann etwas Besonderes ausgedacht. Die haben nämlich genau für

Nicole Streilter-Kastberger: diese Szene sich Pole-Dancerinnen aus Bratislava organisiert,

Nicole Streilter-Kastberger: die dann da auf der Bühne zu sehen waren.

Martin Puntigam: Und das natürlich ganz gut in die Gegenwart geholt haben damit.

Martin Puntigam: Fisch am Ende ist ein ganz gutes Stichwort, um dann auf den Florian überzuleiten.

Martin Puntigam: Der Fisch ist ja in dem umfangreichen Werk von Odin von Harvard,

Martin Puntigam: gibt es viele Theaterstücke, viele im Dialekt und dann auch in dieser künstlicheren

Martin Puntigam: Sprache später. Aber der Fisch

Martin Puntigam: und das Fische-Zeitalter fühlen eine große Rolle in Jugend ohne Gott.

Martin Puntigam: Und ich war erstaunt, wie ich gelesen und gehört habe, dass er tatsächlich selber

Martin Puntigam: bei Laber-Gläwisch gewesen sein dürfte, weil er dort nämlich einen Kollegen

Martin Puntigam: in einer Bar auftauchen lässt.

Martin Puntigam: Und der sagt dann, ich bin zwar nur ein Amateur-Astrolog.

Martin Puntigam: Und das ist einer dieser Witze, die wir in unserer Kindershow verwenden,

Martin Puntigam: wenn wir spielen und über Astrologie reden, dass wir sagen, in Astrolog ist

Martin Puntigam: die genaue Beschreibung dessen

Martin Puntigam: schon drinnen, was von Astrologie zu halten ist, nämlich der Astrolog.

Martin Puntigam: Aber er dürfte es offensichtlich geglaubt haben.

Nicole Streilter-Kastberger: Das ist eine gute Etymologie, finde ich. Aber ja,

Nicole Streilter-Kastberger: Horvath hat vor allem gegen Ende seines Lebens, also wie er älter geworden ist,

Nicole Streilter-Kastberger: sagen wir es so, weil er wusste ja nicht, dass er bald sterben würde oder hat

Nicole Streilter-Kastberger: das zumindest nur geahnt, ist er immer stärker eigentlich so einer Mystik auch verpflichtet gewesen.

Nicole Streilter-Kastberger: Es gibt zum Beispiel in dem Stück Der jüngste Tag gibt es so eine Zahlensymbolik,

Nicole Streilter-Kastberger: das hat jemand einmal aufgedröselt, da kommen ganz viele Zahlen vor und die

Nicole Streilter-Kastberger: kann man alle zahlensymbolisch deuten.

Nicole Streilter-Kastberger: Und möglicherweise hat Horvath das nicht unabsichtlich so reingestellt in dieses Stück.

Nicole Streilter-Kastberger: Und dann ist halt die Frage, hat er an Astrologie geglaubt? Also es gibt immer

Nicole Streilter-Kastberger: wieder Figuren auch, die sich aus der Hand lesen lassen oder die sich eben ein

Nicole Streilter-Kastberger: astrologisches Zertifikat erstellen lassen.

Nicole Streilter-Kastberger: Er selber hatte die Angewohnheit, in Briefen immer wieder zu schreiben,

Nicole Streilter-Kastberger: wenn er irgendwas hingeschrieben hatte, dann als Abschluss unberufen, toi, toi, toi.

Nicole Streilter-Kastberger: Also was so viel heißt wie, du musst nicht verschreien oder so.

Nicole Streilter-Kastberger: Er hatte offensichtlich so eine gewisse Neigung dazu, abergläubisch zu sein,

Nicole Streilter-Kastberger: aber erwiesen ist das auch nicht.

Nicole Streilter-Kastberger: Das ist so ein bisschen eine Horvath-Mythologie, die halt weiter transportiert wurde.

Nicole Streilter-Kastberger: Aber eben die Tatsache, dass er zur Wahrsagerin auch gegangen ist,

Nicole Streilter-Kastberger: lässt schon ein bisschen darauf schließen,

Nicole Streilter-Kastberger: dass er ein Bedürfnis nach Sinndeutung für sein Leben hatte und irgendwie sich

Nicole Streilter-Kastberger: an pseudoreligiöse, aber auch wirklich religiöse Menschen auch gewandt hat,

Nicole Streilter-Kastberger: um mehr über sein Leben zu erfahren.

Nicole Streilter-Kastberger: Also so eine gewisse Sinnsuche, auch eine Regression und eine Hinwendung zum

Nicole Streilter-Kastberger: Religiösen kann man im Spätwerk durchaus feststellen.

Nicole Streilter-Kastberger: Und möglicherweise geht das auf biografisch eigenes Empfinden zurück.

Martin Puntigam: Also das Gefühl gehabt hat, es gibt ja dieses Sprichwort alte Huren wären fromm.

Martin Puntigam: Jetzt war er kein Hure in dem Sinn. Wie du sagst, er hat nicht fürs Publikum

Martin Puntigam: absichtlich geschrieben, aber da ist durch den Aststurz vielleicht Schlimmeres

Martin Puntigam: im Alterswerk uns erspart geblieben.

Nicole Streilter-Kastberger: Ja, ich weiß nicht. Also wenn man sich diese späten Texte anschaut,

Nicole Streilter-Kastberger: also so wirklich fromm ist er ja nicht und wenn es in Jugend ohne Gott geht es eigentlich,

Nicole Streilter-Kastberger: da wird die Chiffre Gott eigentlich verwendet.

Nicole Streilter-Kastberger: Ja, da ist nicht irgendein religiöser Gott gemeint, sondern Gott als Symbol

Nicole Streilter-Kastberger: für die Wahrheit, für Gerechtigkeit, für unser eigenes Gewissen vielleicht auch.

Nicole Streilter-Kastberger: Und das ist, glaube ich, die entscheidende Rolle auch, die das Wort Gott oder

Nicole Streilter-Kastberger: die Chiffre Gott in dem Text spielt.

Nicole Streilter-Kastberger: Für mich ist es schon so, Horvath hat sich ja in der Zwischenkriegszeit,

Nicole Streilter-Kastberger: also in den Jahren 1933 bis 1935, schon ein bisschen opportunistisch verhalten.

Nicole Streilter-Kastberger: Er wollte sich eigentlich noch im Deutschen Reich in irgendeiner Form aufhalten

Nicole Streilter-Kastberger: können und dort auch mit seinem Schreiben weiterhin leben können.

Nicole Streilter-Kastberger: Hat dann für den Film geschrieben, weil er von den Nationalsozialisten,

Nicole Streilter-Kastberger: also von der Reichsschriftungskammer.

Nicole Streilter-Kastberger: Eigentlich eher für die Fachschaft Film angeworben wurde und dafür eine Mitgliedskarte bekommen hat.

Nicole Streilter-Kastberger: Deshalb hat er dann auch für den Film geschrieben, aber er hat sich dann 1935

Nicole Streilter-Kastberger: relativ dezidiert dann auch abgewandt von den Nationalsozialisten und von Deutschland,

Nicole Streilter-Kastberger: ist dann nach Österreich übersiedelt und hat dann wieder versucht,

Nicole Streilter-Kastberger: an sein antifaschistisches Frühwerk eigentlich anzuschließen.

Nicole Streilter-Kastberger: Die Suche nach Gott oder auch diese Rehabilitierung, die Jugend ohne Gott dann

Nicole Streilter-Kastberger: eigentlich darstellt, weil da wird ja eigentlich ein Lehrer gezeigt,

Nicole Streilter-Kastberger: der sich dann gegen dieses Regime, dieses Autoritäre, das da im Roman auch dargestellt ist, wendet.

Nicole Streilter-Kastberger: Da hat er eben sich als, glaube ich, auch biografisch eigentlich wieder freigeschrieben,

Nicole Streilter-Kastberger: und nicht so sehr, dass er jetzt seiner religiösen Tendenz gefolgt wäre, sondern eben,

Nicole Streilter-Kastberger: dass er das eigene Gewissen entdeckt hat und für das geschrieben hat.

Martin Puntigam: Es klingt heute komisch, dass man aus Deutschland weggeht, wenn einem die Rechtsradikalen

Martin Puntigam: zu unangenehm sind und nach Österreich sie wendet.

Martin Puntigam: Danke vielmals, Michael. Applaus Applaus Applaus,

Martin Puntigam: Jetzt habe ich es schon kurz angesprochen, das Fischezeitalter,

Martin Puntigam: das schon vorher angesprochen, das Fische-Zeitalter in der Astronomie.

Martin Puntigam: Astronomie wird ja im Alltag sehr gern mit Astrologie verwechselt.

Martin Puntigam: Ich war schon einige Male daneben, wo Leute jetzt,

Martin Puntigam: Aus der Astrologie, was dir dann empört dagegen gewährt, ich muss das nicht

Martin Puntigam: den Unterschied herausarbeiten, der ist eh eindeutig, aber das Fische-Zeitalter

Martin Puntigam: spielt in beiden Neigungsrichtungen eine Rolle.

Florian Freistetter: Naja, es spielt in der Astrologie mehr eine Rolle als in der Astronomie,

Florian Freistetter: aber ich weiß jetzt nicht, ob ich jetzt als Astronom der Horvath-Forschung Dinge

Florian Freistetter: sagen kann, die sie noch nicht weiß, aber vielleicht ist es so.

Florian Freistetter: Also zumindest aus astronomischer Sicht kann ich sagen, aus astronomischer Sicht,

Florian Freistetter: wenn ich das Buch Jugend ohne Gott beurteile, kann ich sagen,

Florian Freistetter: dass Horvath sich offensichtlich nicht ausführlich mit Astrologie beschäftigt

Florian Freistetter: hat, weil das Fischezeitalter, so wie es da dargestellt wird,

Florian Freistetter: ist aus astronomischer und aus astrologischer Sicht Unsinn.

Florian Freistetter: Also das hat er da entweder absichtlich, da kennen wir ja doch nicht aus mit

Florian Freistetter: Literatur, also entweder er hat es absichtlich so verwendet,

Florian Freistetter: falsch oder es war ihm wurscht.

Florian Freistetter: Aber im Buch geht es dann darum, dass der Fisch das Symbol für diese emotionsfremden

Florian Freistetter: Kinder und alles, der Mörder mit den Fischaugen und so weiter.

Florian Freistetter: Es wird dieses Fischezeitalter angesprochen und der ehemalige Kollege von ihm,

Florian Freistetter: der Julius Cäsar genannt wird in dem Buch, sagt, jetzt kommt bald das Fischezeitalter

Florian Freistetter: und deswegen wird die Jugend dann immer verroter.

Florian Freistetter: Und egal, ob man jetzt diese Sachen mit dem Fischezeitalter astronomisch oder

Florian Freistetter: astrologisch versteht, es ist definitiv nicht so, dass das Fischezeitalter kommt,

Florian Freistetter: wenn dann geht es höchstens. Also das ist das, was man aus astrologischer und

Florian Freistetter: astronomischer Sicht sagen kann.

Florian Freistetter: Und damit man es versteht, sage ich vielleicht kurz, was gemeint ist mit dem ganzen Zeug.

Florian Freistetter: Weil man trifft es wirklich meistens in der Astrologie.

Florian Freistetter: Da heißt es dann ja meistens das Wassermann-Zeitalter. Das ist das,

Florian Freistetter: von dem gesprochen wird im Musical Hair.

Florian Freistetter: 68 kam das, glaube ich, raus. Da ist es ja ganz berühmt mit dem Dawning of the Age of Aquarius und so.

Florian Freistetter: Also das Wassermann-Zeitalter, das ist das, was das Fische-Zeitalter ablösen

Florian Freistetter: soll. Und das ist erstens mal alles esoterischer Humbug und Quatsch,

Florian Freistetter: aber es hat einen wissenschaftlichen Hintergrund.

Florian Freistetter: Gut, das müsst ihr jetzt mit sehr vielen Bildern sehr ausführlich erklären,

Florian Freistetter: aber das mache ich nicht. Ich probiere es ohne Bilder kurz.

Florian Freistetter: Wir wissen, dass es Jahreszeiten gibt.

Martin Puntigam: Obwohl im Alltag immer wieder behauptet wird, es gibt keine Jahreszeiten.

Florian Freistetter: Ja, aber es gibt sie. Einer der Hauptgründe oder der Hauptmerkmal der Jahreszeiten

Florian Freistetter: ist, dass es im Sommer länger hell ist als im Winter.

Florian Freistetter: Das muss man merken. Im Sommer ist es hell und das liegt daran,

Florian Freistetter: dass die Sonne im Sommer höher am Himmel steht zum Mittag als im Winter.

Florian Freistetter: Das heißt, sie braucht länger, bis oben ist, länger bis unten ist.

Florian Freistetter: Das heißt, sie verbringt mehr

Florian Freistetter: Zeit am Himmel als im Winter, wo sie weniger Zeit am Himmel verbringt.

Florian Freistetter: Und es gibt genau zwei Tage im Jahr, wo die Sonne genauso viel Zeit am Himmel

Florian Freistetter: wie unterm Horizont verbringt. Das haben wir jetzt gerade gehabt.

Florian Freistetter: Frühlingsanfang und Herbstanfang, die Tag- und Nachtgleichen, die Äquinoxien.

Florian Freistetter: Und wenn man sich jetzt anschaut, wo von der Erde aus gesehen die Sonne am Himmel

Florian Freistetter: steht an diesen beiden Tagen.

Florian Freistetter: Die Sonne ist immer am selben Punkt in echt.

Florian Freistetter: Die Erde umkreist die Sonne. Aber jetzt aus unserer erdzentrierten Sicht können

Florian Freistetter: wir von der Erde zur Sonne schauen.

Florian Freistetter: Und da können wir schauen, vor welchem Sternenhintergrund steht die Sonne.

Florian Freistetter: Das ändert sich ja im Lauf des Jahres, weil wir bewegen uns mit der Erde um

Florian Freistetter: die Sonne rundherum und schauen immer aus einem anderen Winkel auf die Sonne

Florian Freistetter: und sehen die Sonne immer von einem anderen Hintergrund an Sternen.

Florian Freistetter: Das heißt, wir können jetzt schauen am Tag des Frühlingsbeginns,

Florian Freistetter: an dieser Tag- und Nachtgleiche, wo steht die Sonne, vor welchem Sternenhintergrund steht die Sonne.

Florian Freistetter: Und wenn wir das derzeit tun, dann sehen wir, dass die Sonne dort steht,

Florian Freistetter: wo wir uns das Sternbild Fische ausgedacht haben.

Florian Freistetter: Und das ist aber nicht konstant, weil dieser Punkt, wenn man das jetzt so entlang

Florian Freistetter: der Erdbahn denkt, da bräuchte ich jetzt die Bilder dafür, aber dieser Punkt

Florian Freistetter: ändert sich im Laufe des Jahres.

Florian Freistetter: Der rennt quasi einmal um die ganze Erdbahn entlang herum und nicht einmal im

Florian Freistetter: Jahr, sondern einmal in 25.800 Jahren.

Florian Freistetter: Das liegt daran, dass die Erdachse schief steht und nicht wild schwankt,

Florian Freistetter: aber sich im Kreis dreht.

Florian Freistetter: Das hat Gründe, liegt an der Form der Erde, liegt am Mond, aber die Erdachse

Florian Freistetter: bewegt sich einmal in 26.000 Jahren rundherum und das führt dazu,

Florian Freistetter: dass dieser Punkt, an dem die Sonne scheinbar am Himmel steht,

Florian Freistetter: zu Frühlingsbeginn eben auch sich verschiebt im Laufe von 26.000 Jahren.

Florian Freistetter: Wie gesagt, damals, als man sich das ausgedacht hat, also als man das gemessen

Florian Freistetter: hat, dass das passiert, das war vor über 2000 Jahren, da hat das der griechische

Florian Freistetter: Forscher Hippar festgestellt, der war der Erste, der festgestellt hat,

Florian Freistetter: dass er das alles so verschiebt.

Florian Freistetter: Und da war das alles irgendwo so im Wider im Sternbild damals.

Florian Freistetter: Darum ist auch das astronomische Symbol für diesen Punkt, ist immer noch das Wider-Symbol.

Florian Freistetter: Wenn man das mal sehen sollte in der Literatur, ist auch in der astronomischen Literatur drin.

Florian Freistetter: Heute sehen wir es im Sternbild Fischer und als nächstes käme dann das Sternbild Wassermann.

Florian Freistetter: Und das ist das, was die Astrologie eben gesagt hat. Früher war das Zeitpunkt

Florian Freistetter: Wider, dann sind wir ins Zeitalter der Fischer gekommen.

Florian Freistetter: Das hat man dann interpretiert, ja, Christen, Fische, Symbol.

Florian Freistetter: Jetzt ist das Zeitalter des Monotheismus vom, wie heißt das andere,

Florian Freistetter: Polytheismus davor abgelöst worden.

Florian Freistetter: Und dann kamen die Hippies und haben gesagt, ja, jetzt hier nach dem Monotheismus

Florian Freistetter: im Wassermann-Zeitalter Da kommt dann so die Zeit des göttlichen Menschen,

Florian Freistetter: wo der Mensch im Mittelpunkt steht und alles Mögliche passiert.

Florian Freistetter: Aber wie gesagt, das hängt, abgesehen davon, dass alles Quatsch ist,

Florian Freistetter: ist es auch noch in sich Quatsch, weil die Leute sich nicht einigen können,

Florian Freistetter: wie die Grenzen am Himmel sind.

Florian Freistetter: Weil die Astrologie hat sowieso ihren eigenen Himmel, der nicht mit dem realen Himmel übereinstimmt.

Florian Freistetter: Je nachdem, wo man diese Grenzen zieht zwischen den Sternbildern,

Florian Freistetter: ist der Übergang von einem Zeitalter zum nächsten komplett unterschiedlich.

Florian Freistetter: Also wenn wir die aktuell von der Astronomie festgelegten Sternbildgrenzen hernehmen,

Florian Freistetter: dann kommen wir irgendwann im Jahr 2600 vom Fische-Zeitalter ins Wassermann-Zeitalter.

Florian Freistetter: Wenn man irgendwelche anderen astrologischen Sternbildgrenzen hernimmt,

Florian Freistetter: dann kann das auch erst im Jahr 3600 sein.

Florian Freistetter: Oder war schon längst, also ich habe Zahlen gefunden, glaube ich, von 1900, 1950, 1967.

Florian Freistetter: 1998, 2005, also eh alles im Prinzip, was man sich also ausdenkt,

Florian Freistetter: weil man sich da halt beliebige Grenzen ziehen kann und das historisch beliebig

Florian Freistetter: interpretieren kann. Und am Ende ist es so oder so, wurscht mal,

Florian Freistetter: es passiert halt nichts.

Florian Freistetter: Also es ist einfach nur, wir sehen halt die Sonne von einem anderen Hintergrund,

Florian Freistetter: es tut nichts. Aber das ist die astronomische Grundlage von diesem Fischezeitalter.

Florian Freistetter: Und wie gesagt, wenn Horvath da nicht einen ganz besonderen Grund gehabt hat,

Florian Freistetter: das astrologisch falsch darzustellen, dann hat er es aus anderen Gründen falsch

Florian Freistetter: dargestellt, weil er es vielleicht doch nicht so genau gehabt hat mit der Astrologie.

Martin Puntigam: Und nur das Bild des Fisches haben wollten sie.

Florian Freistetter: Ja, aber ein Wassermann kann man auch, der kann auch grauslich sein.

Florian Freistetter: Hat auch einen Speer, der kann auch Leute umbringen. Das hätte er schon geschafft,

Florian Freistetter: der Horvath, oder? einen bösen Wassermann.

Martin Puntigam: Das wird ja wahrscheinlich literarisch schon hinbekommen, aber von der Literatur über die,

Martin Puntigam: Fische zum Fußball ist natürlich ein weiter Weg, glaubt man,

Martin Puntigam: aber man hört immer wieder,

Martin Puntigam: dass Spitzensportler, Spitzensportlerinnen besonders abergläubisch seien,

Martin Puntigam: unter anderem auch deshalb, weil halt schwere Verletzungen so unangenehm sind,

Martin Puntigam: dass man sich so schwer davon erholt, dass man halt jeden Hokus-Pokus gerne

Martin Puntigam: nimmt und in der Hoffnung, dass man schneller gesund wird. Kannst du das bestätigen?

Gilbert Prilasnig: Zum Teil schon, ja, weil es auch mich selbst natürlich betroffen hat.

Gilbert Prilasnig: Also es ist ja so, wenn man jeden Tag, so wie es in meinem Fall der Fall war,

Gilbert Prilasnig: dass ich jeden Tag Höchstleistungen im Sport bringen musste,

Gilbert Prilasnig: das sind Verletzungen, die man im Alltag überhaupt nicht spürt,

Gilbert Prilasnig: plötzlich ein großes Problem.

Gilbert Prilasnig: Also du stehst ganz normal in der Früh auf, du spürst gar nichts.

Martin Puntigam: Das geht ja oft ohne Spitzensport. Ja, weniger.

Gilbert Prilasnig: Also der ganze Tag, also absolut uneingeschränkt, es ist nicht irgendwo ein Anzeichen davon,

Gilbert Prilasnig: dass man eine Verletzung hätte und sobald man dann also den Sport versucht auszuüben,

Gilbert Prilasnig: dann merkt man, oh, hier oder hier oder wo auch immer, das stört mich und behindert mich.

Gilbert Prilasnig: Und ich hatte selbst eine Erfahrung, dass ich ein Jahr lang,

Gilbert Prilasnig: ich glaube über ein Jahr, an einer sehr hartnäckigen Verletzung gelitten habe.

Gilbert Prilasnig: Das war so im Adduktorenbereich, in der Leiste, was natürlich ein Bereich ist,

Gilbert Prilasnig: der im Fußball sehr belastet ist und sehr stark belastet wird.

Gilbert Prilasnig: Und bin dann von Arzt zu Arzt gelaufen, habe schon alle möglichen Injektionen,

Gilbert Prilasnig: Spritzen bekommen und kam dann aber zu einem Arzt,

Gilbert Prilasnig: der über Freundevermittlung, der auf der Uniklinik Graz gearbeitet hat und auch

Gilbert Prilasnig: das Diplom für anthroposophische Medizin hatte.

Gilbert Prilasnig: Und der hat mich dann kurz angeschaut und sehr selbstbewusst und überzeugend

Gilbert Prilasnig: gewirkt und gesagt, okay, ich glaube, ich weiß schon, was du hast.

Gilbert Prilasnig: Und ich dachte, ich kriege jetzt, ich weiß nicht, was für eine Therapie und

Gilbert Prilasnig: wieder, was ich überhaupt noch nie erlebt habe, der hat mir nur einen Salben

Gilbert Prilasnig: und auch Loboli verschrieben,

Gilbert Prilasnig: und hat gemeint, in 14 Tagen sollte das eigentlich schon deutlich besser sein.

Gilbert Prilasnig: Und es war tatsächlich so, dass es nach einer Woche geschieht.

Gilbert Prilasnig: Und nie mehr gekommen ist.

Martin Puntigam: Und du bist jetzt an die sogenannte Alternativmedizin verloren oder bist dann

Martin Puntigam: schon wieder zu Sinnen gekommen?

Gilbert Prilasnig: Also Fakt ist, dass ich den natürlich sofort zu meinem Hausarzt gemacht habe.

Gilbert Prilasnig: Auch wenn er auf der Uniklinik gearbeitet hat.

Martin Puntigam: Er hat ja eine ordentliche Ausbildung gehabt, sonst wäre er nicht auf der Uniklinik

Martin Puntigam: gewesen und hat halt mit dem Hokus-Pokus Nebengeschäfte gemacht.

Martin Puntigam: Vorlasshandel gibt es ja auch in der Literatur.

Gilbert Prilasnig: Ich sage dazu, ich muss dir nichts bezahlen. Also ich musste nichts extra bezahlen.

Martin Puntigam: Aber die Wahrscheinlichkeit, dass das nach einem Jahr auch schon langsam wieder

Martin Puntigam: von selber gut geworden sein könnte, akzeptierst du als Erklärung?

Gilbert Prilasnig: Nein, weil es wurde dann eigentlich stärker schon und habe dann eben nach diesem

Gilbert Prilasnig: Arztbesuch zwei, drei Tage später ein Spiel gehabt und dachte mir,

Gilbert Prilasnig: okay, ich habe das Gefühl, es ist schon ein wenig besser geworden.

Gilbert Prilasnig: Und eine Woche später war es weg.

Gilbert Prilasnig: Aber ich habe auch diesen Fall erlebt natürlich, weil ich die Weltmeisterschaft 1998,

Gilbert Prilasnig: da hätte ich spielen sollen, also das ist schon lange her, aber da war Österreich

Gilbert Prilasnig: tatsächlich für die Weltmeisterschaft qualifiziert.

Martin Puntigam: Das macht man als Spieler, wenn man zufällig in der Zeit gespielt hat,

Martin Puntigam: wo eine Qualifikation für die Endrunde gelungen ist, dass man die anderen höhnisch runterblickt.

Gilbert Prilasnig: Es tut mir leid, wenn ich jetzt vielleicht überheblich gewirkt habe,

Gilbert Prilasnig: aber da hatte ich eine schwere Knieverletzung, zwei Tage bevor es eben in die

Gilbert Prilasnig: Vorbereitung ging und war klar, okay, ich kann nicht bei der Weltmeisterschaft

Gilbert Prilasnig: mitspielen und auch damit nicht mitfahren.

Gilbert Prilasnig: Und habe mir natürlich dann sofort überlegt, okay, was soll ich machen?

Gilbert Prilasnig: Es hat geheißen, ich muss dringend das Knie operieren.

Gilbert Prilasnig: Habe aber dann unterschiedliche Meinungen auch von Spezialisten bekommen,

Gilbert Prilasnig: die einen meinten, sofort operieren, die anderen sagten, vielleicht doch nochmal

Gilbert Prilasnig: schauen, weil eine OP jetzt da hinein ist, auch vielleicht nicht zielführend.

Gilbert Prilasnig: Und wurde dann vermittelt zu einem Ägypter, der in Salzburg in Hallein praktiziert hat.

Martin Puntigam: Von dem habe ich schon gehört. Da muss man pünktlich sein. Wenn man nicht pünktlich

Martin Puntigam: ist, wird man weggeschickt und es tut sehr, sehr weh.

Gilbert Prilasnig: Ja, das war wirklich eine Grenzerfahrung, muss ich sagen.

Gilbert Prilasnig: Also ich hatte mir mein Knie dann behandelt, so mit manueller Therapie.

Gilbert Prilasnig: Das hat sich angefühlt wie eine Stromtherapie und das hat ganz stark wehgetan,

Gilbert Prilasnig: auch aus dem Grund, weil ich konnte das Knie eigentlich nur 90 Grad abbiegen

Gilbert Prilasnig: und am Ende der Therapie hat es mir einfach bis zum Gesäß abgebogen und ich

Gilbert Prilasnig: habe dort geschrien, aber ich konnte es natürlich nicht runterbringen.

Martin Puntigam: Weil es ein kräftiger Ägypter war.

Gilbert Prilasnig: Ja, ob es vielleicht deshalb oder der andere Fuß war dann auch schon irgendwie gelähmt.

Gilbert Prilasnig: Jedenfalls, das war eine sehr, sehr teure Behandlung und er meinte nach dieser

Gilbert Prilasnig: einen Behandlung, ja, es hat funktioniert, es ist alles okay.

Martin Puntigam: Und du hast ja gedacht, es tut so weh und war so teuer, Da gehst du auf jeden

Martin Puntigam: Fall nimmer hin, egal ob es nachher wehtut oder nicht.

Gilbert Prilasnig: Naja, ich habe dann natürlich meine Physiotherapien weitergemacht und ich konnte

Gilbert Prilasnig: dann schon ohne Operation wieder in den Fußball einsteigen.

Gilbert Prilasnig: Also das hat funktioniert, aber das hat mich eigentlich weniger überzeugt davon,

Gilbert Prilasnig: dass da jetzt wirklich auch fundiertes Wissen dahinter war.

Gilbert Prilasnig: Aber es war sicher auch etwas, wo ich weiß, sehr, sehr viele Fußballer und auch

Gilbert Prilasnig: andere Sportler sind dorthin gefahren und haben ordentlich auch viel Geld dort gelassen.

Martin Puntigam: Bevor du dich von einem Ägypterquälen hast lassen, hast du ja deine Fußballkarriere

Martin Puntigam: erst beginnen müssen, um sie dann erblühen lassen zu können.

Martin Puntigam: War das damals schon klassisch, dass man als Bub entdeckt wird,

Martin Puntigam: dann kommt man in den Verein, dann wird man gefördert, dann kommt man in eine

Martin Puntigam: Akademie, wie das heute der Fall ist, und dann irgendwann einmal landet man

Martin Puntigam: in der Kampfmannschaft, wenn man nicht zu verletzt ist?

Gilbert Prilasnig: Ja, Akademien hat es damals noch keine gegeben. Also dadurch habe ich diese

Gilbert Prilasnig: Karriere nicht durchgemacht, aber es gab schon so etwas Ähnliches,

Gilbert Prilasnig: so diese Vorstufe von den heutigen Fußballakademien,

Gilbert Prilasnig: wo man auch viermal in der Woche in so einem Leistungszentrum trainieren konnte.

Gilbert Prilasnig: Da war ich nie. Also das hat mein Vater, der ein Riesenfußballfan war und auch

Gilbert Prilasnig: meine Karriere sehr gefördert hat, hat gesagt,

Gilbert Prilasnig: da brauchst du nicht hin, weil da hätte ich müssen jeden Tag eineinhalb Stunden

Gilbert Prilasnig: auf der Hinfahrt im Bus sitzen, weil da haben sie alle das Spiel abgeholt und

Gilbert Prilasnig: dann zum Training gebracht und dann wieder nach Hause gebracht.

Gilbert Prilasnig: Also das wäre ungefähr drei Stunden am Tag zu einer Trainingsstätte,

Gilbert Prilasnig: wo man in 30 Kilometern sonst in 20 Minuten sein könnte.

Gilbert Prilasnig: Und das ist viel zu viel Zeit und da brauchst du nicht sein.

Gilbert Prilasnig: Und dadurch habe ich bis zu meinem 18. Lebensjahr beim V.S.

Gilbert Prilasnig: Der Völkermatt gespielt in Kärnten und bin dann direkt zu Sturm Graz gewechselt.

Gilbert Prilasnig: Und habe auch sehr spät, eigentlich auch erst beim Verein Spielen angefangen.

Martin Puntigam: Aber wo hast du dann gespielt?

Gilbert Prilasnig: Auf der Wiese. Also das war so, wie es in der Stadt Straßenfußball gegeben hat,

Gilbert Prilasnig: gab es halt am Land Wiesenfußball.

Gilbert Prilasnig: Und wenn die Freunde Zeit hatten, hauptsächlich mit Freunden gespielt,

Gilbert Prilasnig: bin dann erst mit zwölf Jahren zum Verein gegangen.

Gilbert Prilasnig: Das ist in der heutigen Zeit eigentlich ja undenkbar, dass jemand,

Gilbert Prilasnig: der später Profifußballer wird, erst mit zwölf Jahren beim Verein.

Martin Puntigam: Frank Ribery war ein bekanntes Beispiel, der sehr spät erst zum Fußball gekommen

Martin Puntigam: ist und dann sehr erfolgreich geworden ist. Könnte daran liegen,

Martin Puntigam: dass du mit deiner Oma sehr viel Fußball gespielt hast?

Gilbert Prilasnig: Das könnte natürlich daran liegen, aber die Oma musste nur dann herhalten,

Gilbert Prilasnig: wenn sonst niemand Zeit hatte natürlich.

Martin Puntigam: Also die hat eben mehr als Mitleid mit dir gespielt und hat sich mit dir halt

Martin Puntigam: auch Gurkettel nach einer anderen Scheiben lassen. Ja, genau.

Martin Puntigam: Und dann, um ein Wortspiel zu bemühen, Gurkettelscheiben zu schneiden und eine

Martin Puntigam: Jause zu richten, dass endlich eine Ruhe ist und sie wieder sich hinsetzen kann.

Martin Puntigam: Das war für dich aber klar, dass du Fußballprofi werden möchtest oder wolltest

Martin Puntigam: du jemals was anderes machen?

Martin Puntigam: Weil du hast ja maturiert und bist eigentlich zum Studieren nach Graz gegangen, oder?

Gilbert Prilasnig: Also eigentlich war es schon als kleiner Junge, ich ging in die Volksschule,

Gilbert Prilasnig: ich weiß ganz genau, da war es für mich schon klar, ich will Profifußballer werden.

Gilbert Prilasnig: Und da gab es dann so eine Unterrichtsstunde, da mussten wir unseren Berufswunsch

Gilbert Prilasnig: aufschreiben und ich habe mir gedacht, das kann ich jetzt nicht hierher schreiben,

Gilbert Prilasnig: Denn wenn ich das jetzt hier herschreibe, erstens vielleicht lacht mich die

Gilbert Prilasnig: Frau Lehrerin aus oder so.

Gilbert Prilasnig: Mitschüler und Mitschülerinnen. Andererseits habe ich auch gedacht,

Gilbert Prilasnig: da kann man wieder zum Aberglauben, wenn ich das jetzt hinschreibe,

Gilbert Prilasnig: dann geht dieser Wunsch vielleicht nicht in Erfüllung.

Gilbert Prilasnig: Und dann habe ich hingeschrieben, ich möchte gerne Mechaniker werden.

Gilbert Prilasnig: Und dann musste ich auch einen Grund dazu schreiben und habe geschrieben,

Gilbert Prilasnig: weil ich gerne Schrauben anziehe.

Gilbert Prilasnig: Und mehr ist mir nicht eingefallen. Und als sie das gelesen hat,

Gilbert Prilasnig: ich weiß nicht genau warum, aber sie hat mir das nicht geglaubt.

Gilbert Prilasnig: Die war auch ziemlich streng und das war jetzt eine Lehrperson jetzt so eher

Gilbert Prilasnig: von alter Schule, hätte ich mal gesagt.

Martin Puntigam: Also schwarze Pädagogik, handgreiflich oder nur streng?

Gilbert Prilasnig: Schon handgreiflich auch, in diesem Fall nicht natürlich, da war es aber,

Gilbert Prilasnig: ich habe mich dann richtig schlecht gefühlt und sie gesagt, das glaube ich dir

Gilbert Prilasnig: nie und ich musste dann wirklich irgendwas machen, irgendeine Strafaufgabe oder

Gilbert Prilasnig: ich glaube nicht, dass ich deshalb in die Ecke stehen musste, aber,

Gilbert Prilasnig: irgendwas war sicher, war jedenfalls ein Erlebnis, das mir bis heute in Erinnerung

Gilbert Prilasnig: geblieben ist und das war jetzt nicht unbedingt eines, auf das ich sehr gerne zurückkriege.

Martin Puntigam: Aber du erzählst immerhin, ohne in Schweißausbrüche zu verfallen davon und Schrauben

Martin Puntigam: hat es dann wahrscheinlich ja gegeben, hat man früher gesagt,

Martin Puntigam: zu hohen Niederlagen, ordentliche Schrauben kassiert, das wird es dann gegeben haben am Weg.

Martin Puntigam: Wenn du maturiert hast und nach Kratz zum Studieren gegangen bist,

Martin Puntigam: schon mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass du natürlich nicht Mechaniker,

Martin Puntigam: sondern Fußballprofi werden möchtest, was hast du denn zu studieren begonnen?

Martin Puntigam: Landläufig sagt man nach wie vor, wenn jemand nicht genau weiß,

Martin Puntigam: was er studieren möchte, er soll Theaterwissenschaften anfangen,

Martin Puntigam: dann wird er schon was finden. War das bei dir auch so?

Gilbert Prilasnig: Nein, Theaterwissenschaften sind für mich jetzt nicht in Frage gekommen.

Gilbert Prilasnig: Ich habe in der Schule auch Theater gespielt und ja, das Talent war jetzt überschaubar, sage ich mal.

Martin Puntigam: Aber das braucht man dann später als Fußballer schon, wenn man leicht gefault

Martin Puntigam: wird und man wälzt sie am Boden.

Gilbert Prilasnig: Ja, bei mir war es eher so, ich habe die anderen gefault und dadurch habe ich

Gilbert Prilasnig: nicht so viel Theater spielen müssen.

Gilbert Prilasnig: Und jedenfalls war es so, dass ich natürlich zu Hause Mein Vater hat das zwar

Gilbert Prilasnig: sehr forciert und das auch irgendwie in die Wege geleitet, dass ich dann zu

Gilbert Prilasnig: Sturm Graz wechseln konnte.

Gilbert Prilasnig: Ich war dann doch schon bekannt als großes fußballerisches Talent.

Gilbert Prilasnig: Aber eines war klar, in erster Linie sollte ich studieren und in zweiter Linie

Gilbert Prilasnig: dann auch schauen, ob es beim Fußball auch was wird.

Gilbert Prilasnig: Und ich habe mich dann für Sprachen entschieden. Ich habe dann Spanisch und

Gilbert Prilasnig: Russisch inskribiert und habe mal mit Spanisch angefangen.

Gilbert Prilasnig: So viel Zeit hatte ich dann auch nicht neben dem Fußball. Ich habe aber ganz

Gilbert Prilasnig: schnell gemerkt, dass eine Einzelsprache zu studieren neben einer professionell

Gilbert Prilasnig: ausgeführten sportlichen Tätigkeit eigentlich unmöglich ist.

Gilbert Prilasnig: Das liegt schon allein an der Sprachausbildung, die halt aufbauend ist und wo

Gilbert Prilasnig: man halt immer mitmachen muss und wo man auch Anwesenheitspflichten hat.

Gilbert Prilasnig: Und da gab es dann nach zwei Semestern so den Cut und habe mir gedacht,

Gilbert Prilasnig: na, das kann ich so nicht mehr weiterstudieren. Ich muss mal was anderes suchen.

Martin Puntigam: Wann ich lernen, wenn du es bei Real Madrid anheuerst?

Gilbert Prilasnig: Das habe ich mir damals auch noch gedacht, aber ich hätte vielleicht doch vier

Gilbert Prilasnig: Semester dann zumindest die Sprachausbildung machen sollen.

Martin Puntigam: Aber du sprichst ja zu viele Sprachen, erzählst du selber, steht auch auf deiner

Martin Puntigam: Wikipedia-Seite, glaube ich, zehn Sprachen, stimmt das?

Gilbert Prilasnig: Ja, ungefähr.

Martin Puntigam: Kärznerisch, Steirisch, Steirisch sind einmal drei.

Gilbert Prilasnig: Also es ist so, dass ich dann eben, nachdem ich im zweiten Jahr meines Grazaufenthalts

Gilbert Prilasnig: mal ganz intensiv studiert habe, was ich eigentlich studieren könnte,

Gilbert Prilasnig: habe ich mich dann für Sprachwissenschaft entschieden und das hat mich dann

Gilbert Prilasnig: schon sehr interessiert und da bin ich dann auch dabei geblieben.

Gilbert Prilasnig: Habe mich dann, so wie die Nicole sich 20 Jahre mit Oedon von Harbert,

Gilbert Prilasnig: habe ich mich halt 20 Jahre auf der Uni mit meinem Studium herumgeschlagen.

Martin Puntigam: Echt fast 40 Semester?

Gilbert Prilasnig: Ja, wenn man die ersten zwei dazu nimmt und dann kommt man auf 40 Semester,

Gilbert Prilasnig: wobei natürlich auch ein Auslandsaufenthalt, ein sportlich, beruflich bedingter

Gilbert Prilasnig: dabei war, wo ich dann eben eine Pause eingelegt habe.

Gilbert Prilasnig: Aber es waren letztendlich 40 Semester.

Gilbert Prilasnig: Aber ich bin da immer dabei geblieben, weil ich das einfach als mein Hobby gesehen habe.

Gilbert Prilasnig: Also es war ja dann relativ schnell klar, dass doch der Fußball im Vordergrund

Gilbert Prilasnig: steht, das Studium im Hintergrund, in den Hintergrund gedrängt wurde.

Gilbert Prilasnig: Und das war auch eigentlich mein Plan.

Gilbert Prilasnig: Der ist dann auch aufgegangen.

Gilbert Prilasnig: Und ja, die Linguistik ist etwas, wo man jetzt, dass man studieren kann,

Gilbert Prilasnig: da muss man aber jetzt nicht viele Fremdsprachen sprechen eigentlich.

Gilbert Prilasnig: Es reicht, wenn man Englisch und Latein kann.

Gilbert Prilasnig: Aber es liegt dann in der Natur der Sache,

Gilbert Prilasnig: dass man sich dann auch für Fremdsprachen interessiert und habe dann einfach

Gilbert Prilasnig: angefangen, habe ich in der Schule schon einige Fremdsprachen gelernt gehabt

Gilbert Prilasnig: und habe dann einfach angefangen, da weiterzumachen.

Gilbert Prilasnig: Durch dieses Bild, das ich dann in der Grammatik, durch die Linguistik kriegt

Gilbert Prilasnig: man so einen Überblick über die Grammatik, da bin ich dann irgendwann ziemlich

Gilbert Prilasnig: bald drauf gekommen, dass alle Sprachen in Europa, fast alle,

Gilbert Prilasnig: eigentlich dieselbe Grammatik haben Und dadurch ist es eigentlich dann einfacher,

Gilbert Prilasnig: war es für mich einfacher, dann auch eine neue Sprache dazuzulernen.

Martin Puntigam: Jetzt kannst du Deutsch, natürlich Englisch, Latein offensichtlich von der Schule

Martin Puntigam: her. Du hast in Griechenland gespielt, wirst dann Griechisch gelernt haben.

Martin Puntigam: Das sind die Sprachen, die du sprechen kannst. Also Lateinisch wirst du nicht sprechen können.

Gilbert Prilasnig: Na, Lateinisch habe ich so nie wirklich sprechen gelernt und übersetzen.

Gilbert Prilasnig: Aber ich habe in der Schule schon Französisch und Italienisch und Spanisch gehabt.

Gilbert Prilasnig: Also Spanisch war so ein Freifach und auch Slowenisch, wobei ich mir aufgrund

Gilbert Prilasnig: des Wissens in Latein bei den romanischen Sprachen dann sehr leicht getan habe,

Gilbert Prilasnig: habe dann Italienisch und Französisch relativ gut.

Gilbert Prilasnig: Bald fließend, halbwegs fließend beherrscht und in weiterer Folge war es dann

Gilbert Prilasnig: Spanisch und irgendwann kam dann auch Englisch dazu, weil das Matura-Englisch von an oder azo mal,

Gilbert Prilasnig: jetzt war es nicht so, dass ich sofort fließend Englisch sprechen konnte,

Gilbert Prilasnig: also da haben es die Kinder in der heutigen Zeit etwas einfacher.

Martin Puntigam: Aber das kannst du heute alles? Also wenn ich dir jetzt einen Satz auf Steirisch

Martin Puntigam: sage, könntest du den auf Spanisch übersetzen?

Gilbert Prilasnig: Auf Spanisch denke ich schon, also in den meisten Sprachen schon.

Gilbert Prilasnig: Oft ist es so, dass ich, ich habe dann auch Kroatisch gelernt,

Gilbert Prilasnig: das war so irgendwie in der Kabine, weil ich das in den 20 Jahren...

Martin Puntigam: Aber da lernt man halt eher so Pitschka und Kurva und so Sachen.

Gilbert Prilasnig: Oder? Auch, aber nicht nur.

Gilbert Prilasnig: Und natürlich war das auch eine Sprache, die schnell nicht gesprochen wurde.

Gilbert Prilasnig: Und ich war doch zehn Jahre bei Sturm Graz und da gab es immer eine Anzahl an

Gilbert Prilasnig: Spielern aus Ex-Jugoslawien, die da gespielt haben und das hatte ich dann auch

Gilbert Prilasnig: durch meine slowenische Basis,

Gilbert Prilasnig: wo ich ein bisschen was auch gelernt habe in der Schule, dann konnte ich da

Gilbert Prilasnig: relativ bald anschließen, weil ich mich natürlich auch dann zusätzlich noch

Gilbert Prilasnig: damit beschäftigt habe.

Gilbert Prilasnig: Es gibt auch Sprachbücher, wo man sich dann überlegen kann, okay,

Gilbert Prilasnig: das, was ich da gehört habe, was bedeutet das eigentlich?

Martin Puntigam: Aber hast du dann nur verstanden, wenn die heimlich gesagt haben,

Martin Puntigam: den Prelasnik, dem ziehen wir das nächste Mal die Unterhosen ins Kreuz?

Martin Puntigam: Oder hast du mit denen so reden können, dass es für das Mannschaftsgefüge günstig war?

Gilbert Prilasnig: Reden konnte ich so gut dann nicht, aber ich habe relativ viel verstanden und

Gilbert Prilasnig: ich konnte eigentlich dann schon ein wenig den Sinn raushören.

Gilbert Prilasnig: Raushören. Und wenn ich jetzt zum Beispiel in Kroatien Urlaub mache,

Gilbert Prilasnig: kann ich schon meine Tochter, die auch hier sitzt, die kann das bestätigen.

Gilbert Prilasnig: Da bestelle ich immer auf Kroatisch und es kommt meistens das,

Gilbert Prilasnig: was ich auch bestellt habe.

Martin Puntigam: Aber die Kinder rollen dann meistens die Augen, wenn der Vater wieder anfängt,

Martin Puntigam: im Wirtshaus kroatisch zu bestellen.

Gilbert Prilasnig: Ja, das ist immer dann furchtbar peinlich, aber einen Linguisten darf sowas nicht peinlich sein.

Martin Puntigam: Jetzt bist du mittlerweile, ich habe es am Anfang gesagt, Master in klinischer

Martin Puntigam: Linguistik, aber bis dahin war eben diese fulminante Fußballkarriere.

Martin Puntigam: Jetzt ist Sturm heute wieder relativ gut, aktuell regierender Fußballmeister

Martin Puntigam: der österreichischen Bundesliga, aber damals war das ja wirklich eine Erfolgssträhne.

Martin Puntigam: Hat das Gründe, weil du so gut die Sprachen beherrscht hast und alles übersetzen hast können?

Martin Puntigam: Oder der Trainer war damals Ibiza Osim, von dem ja alle eine hohe Meinung gehabt

Martin Puntigam: haben? Oder war das dieser rustikale Präsident?

Gilbert Prilasnig: Naja, ganz schnell würde ich sagen, das war natürlich meine persönliche Fähigkeit,

Gilbert Prilasnig: die da hauptsächlich dazu beigetragen hat, aber das wäre natürlich jetzt gelogen,

Gilbert Prilasnig: denn ich habe, so wie die ganzen anderen Spieler auch, einen Teil dazu beigetragen,

Gilbert Prilasnig: dass wir eine sehr erfolgreiche Zeit hatten, aber der Regisseur oder der Komponist

Gilbert Prilasnig: des Ganzen war natürlich Ivica Osim, das ist immer der Trainer,

Gilbert Prilasnig: denn das geht gar nicht anders, Auch wenn es manchmal heißt,

Gilbert Prilasnig: ein Team, das ist so gut, das könnte ja auch ohne Trainer gut spielen.

Gilbert Prilasnig: Es muss einer den ganzen, und das sind ja nicht nur elf Leute,

Gilbert Prilasnig: es sind ja dann mehrere Spieler oder Spielerinnen, die dann auch noch reinkommen

Gilbert Prilasnig: oder vielleicht auch in anderen Spielen zum Einsatz kommen.

Gilbert Prilasnig: Da gibt es auch ein Betreuerteam und ein Betreuerstuff, dann gibt es eben...

Gilbert Prilasnig: Präsidenten, der noch auch irgendwie Erklärungsbedarf jedes Mal hat oder wo

Gilbert Prilasnig: man Erklärungsnotstände dann hat, wenn es einmal nicht so gut läuft.

Martin Puntigam: Als Trainer.

Gilbert Prilasnig: Als Trainer, ja. Und das hat der Ivica Russin perfekt beherrscht und der hat

Gilbert Prilasnig: auch eine Atmosphäre geschaffen, dass wir jeden Tag liebend gerne zum Training gegangen sind.

Gilbert Prilasnig: Also wir hatten sehr, sehr viel Spaß, wir haben sehr viel gelacht,

Gilbert Prilasnig: obwohl wir so hart trainiert haben, dass ich eigentlich manchmal schon gedacht

Gilbert Prilasnig: habe, ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte,

Gilbert Prilasnig: Aber ich lebe noch immer und ich spiele auch noch immer nicht mehr so viel Fußball,

Gilbert Prilasnig: aber andere Sportarten kann ich noch betreiben und ich bin nicht eingeschränkt.

Gilbert Prilasnig: Also ich habe das gut überstanden, mein Körper ist noch immer ziemlich gut funktionsfähig.

Martin Puntigam: Was heißt sehr hart trainieren im Fußball? Wie kann man sich so eine Trainingswoche trainieren?

Gilbert Prilasnig: Die Trainingswoche bei Ibiza Osim, und ich kann das vergleichen mit jetzt,

Gilbert Prilasnig: war es so, dass wir Montag und Dienstag, Vormittag, Nachmittag trainiert haben,

Gilbert Prilasnig: jeweils mindestens zwei Stunden und hochintensiv.

Gilbert Prilasnig: Also nicht so, dass wir jetzt dann irgendwas taktisch gemacht haben,

Gilbert Prilasnig: sondern das war immer irgendwelche Trainingsformen, wo sehr viel und in intensiver

Gilbert Prilasnig: Weise gelaufen werden musste auch.

Gilbert Prilasnig: Und am Mittwoch, Donnerstag, Freitag war es dann ein Training,

Gilbert Prilasnig: nur am Samstag war es dann ein Spiel und am Sonntagvormittag war es auch ein

Gilbert Prilasnig: Training, das war ein bisschen lockerer, aber da haben wir dann so ein Spiel für Spaß gemacht.

Gilbert Prilasnig: War egal, ob man viel oder wenig gelaufen ist, Das war dann jedem selbst überlassen,

Gilbert Prilasnig: aber trotzdem war es sicher eine Stunde, haben dann die Alten gegen die Jüngeren

Gilbert Prilasnig: gespielt und da hat er auch immer bei den Alten mitgespielt und das hat ihm

Gilbert Prilasnig: dann so viel Spaß gemacht, dass das auch so lange gedauert hat.

Gilbert Prilasnig: Und dann habe ich mir gedacht, jetzt wäre es gut zu regenerieren und am Montag

Gilbert Prilasnig: ging es wieder los, Montagvormittag, Nachmittag, Dienstagvormittag,

Gilbert Prilasnig: Nachmittag. Und das war am Anfang so, bis zu dem Zeitpunkt, als wir dann so

Gilbert Prilasnig: erfolgreich wurden, dass wir jede Woche zweimal gespielt haben.

Gilbert Prilasnig: Da war es dann ein bisschen anders, der Trainingsrhythmus.

Martin Puntigam: Aber wie erholt man sich dann von derartigen Strapazen?

Gilbert Prilasnig: Ja, indem man sich dann mal eine Verletzung zuzieht.

Martin Puntigam: Und zum Anthroposophen geht und dann ein bisschen Zeit schient.

Gilbert Prilasnig: Und dann kriegt man die Erholungsphase.

Martin Puntigam: Jetzt hast du ja Klubkollegen gehabt, die Internet-Mims geworden sind.

Martin Puntigam: Günther Neukirchner ist sehr berühmt für ein Interview, das viel geschaut wird,

Martin Puntigam: wo er den Reporter, der ihn gefragt hat, ob er nicht froh war,

Martin Puntigam: dass es abgepfiffen worden sei und weil man es gegenseitig hat,

Martin Puntigam: Die Mannschaft hätte Angst gehabt, noch mehr Tore gegen den GERK damals im Tabi

Martin Puntigam: zu kassieren. Er hat gesagt, das ist die nächste depperte Frage.

Martin Puntigam: War der auch so im Umgang oder war das einfach sein Selbstbewusstsein,

Martin Puntigam: weil sie gedacht hat, jetzt haben wir eh gerade hoch verloren und das muss ich

Martin Puntigam: mich nicht blöd anreden lassen?

Gilbert Prilasnig: Der Günther Neugierner war eigentlich eher ein ruhigerer Typ und hat sich eher

Gilbert Prilasnig: im Hintergrund aufgehalten.

Gilbert Prilasnig: War nie so jemand, der so im Vordergrund, auch in der Kabine nicht so,

Gilbert Prilasnig: dass er ein großes Wort geführt hätte.

Gilbert Prilasnig: Aber es ist schon so, dass wir im Laufe der vielen Jahre und auch durch das

Gilbert Prilasnig: erfolgreiche Spielen und den vielen Siegen schon auch ein gewisses Maß an Selbstbewusstsein

Gilbert Prilasnig: natürlich uns angeeignet haben.

Gilbert Prilasnig: Also man kann ja nicht so über Nacht selbstbewusst werden und sagen,

Gilbert Prilasnig: ich bin eigentlich so ein unsicherer Mensch. Aber ab morgen,

Gilbert Prilasnig: da zeige ich es, das funktioniert so nicht, auch im Fußball nicht,

Gilbert Prilasnig: dass man dann von über Nacht besser wird.

Gilbert Prilasnig: Aber das hat schon auch dazu beigetragen, dass wir viel selbstbewusster wurden.

Gilbert Prilasnig: Hat auch, muss ich sagen, der Ibiza Ossim seine Art, wie er mit uns umgegangen

Gilbert Prilasnig: ist und auch der Hannes Kartnik, da muss ich auch eine Landseff in Hannes Kartnik sprechen.

Martin Puntigam: Ja, ich muss auch sagen, ich habe ja meine Bühnenfigur bei den Science-Pasters nach ihm ausgerichtet.

Gilbert Prilasnig: Ja, ja. Und also wir konnten da wirklich unsere Meinung sagen und das war überhaupt kein Problem.

Gilbert Prilasnig: Also die haben uns schon behandelt wie erwachsene Männer und nicht wie Kinder,

Gilbert Prilasnig: was nicht immer so ist bei Fußball, Klubs oder vielleicht bei anderen Sportvereinen.

Martin Puntigam: Die Nicole hat erzählt, sie ist selber auch fußballbegeistert, mag das gern.

Martin Puntigam: Ich mag Fußball auch ganz gern. Ich schaue den hauptsächlich zur Entspannung.

Martin Puntigam: Mir ist wurscht, wer gewinnt.

Martin Puntigam: Sondern ich schaue gern, wenn schön gespielt wird das ist die angenehme Seite

Martin Puntigam: von Fußball oder wenn man als Fußballer erfolgreich ist aber Fußball hat natürlich

Martin Puntigam: eine furchtbare Schlagseite es ist eine extrem reaktionäre Branche und eine

Martin Puntigam: offensichtlich sehr korrupte Branche,

Martin Puntigam: der Realtrainer Angelotti steht gerade wieder wegen Steuerhinterziehung vor

Martin Puntigam: Gericht und zwar soll er in zwei Jahren ein paar Millionen Steuer hinterzogen

Martin Puntigam: haben also das würde ich gerne in einem ganzen Leben hinterziehen können,

Martin Puntigam: Wie gehst du denn mit dieser Ambivalenz um?

Martin Puntigam: Die englischen Vereine sind ja teilweise Nationalmannschaften von arabischen

Martin Puntigam: Diktaturen oder von russischen Oligarchen eingekauft.

Martin Puntigam: Gleichzeitig ist es ein Spiel, das du leidenschaftlich dein ganzes Leben lang

Martin Puntigam: betrieben hast und betreibst. Wie gehst du denn mit diesen zwei Seiten des Fußball um?

Gilbert Prilasnig: Ja, die eine Seite, also ich würde auch ganz gern mal zwei Millionen hinterziehen

Gilbert Prilasnig: können, zumindest theoretisch und würde dann gerne das auch dem Fiskus überlassen,

Gilbert Prilasnig: weil das heißt ja, dass ich mindestens zwei Millionen auch auf der anderen Seite habe.

Gilbert Prilasnig: Das sind natürlich Dimensionen, die schon fast unvorstellbar sind,

Gilbert Prilasnig: auch für mich. Hat es damals nicht gegeben.

Gilbert Prilasnig: Auf der anderen Seite gab es das ja schon immer, auch diese Steuerhinterziehung.

Gilbert Prilasnig: Ich habe auch in Griechenland gespielt.

Gilbert Prilasnig: Erst als ich dann aus dem Vertrag ausgetreten bin, vorzeitig habe ich dann irgendwann

Gilbert Prilasnig: erst meinen Vertrag gesehen, wie der wirklich ausgesehen hat,

Gilbert Prilasnig: weil vorher hat es nur geheißen, okay, so und so viel verdienst du netto und

Gilbert Prilasnig: was mit dem anderen Teil passiert ist,

Gilbert Prilasnig: das muss einen Arbeitnehmer auch nicht interessieren, weil dafür ist ja der

Gilbert Prilasnig: Arbeitgeber zuständig, dass die Steuern abgeführt werden.

Gilbert Prilasnig: Bei Sturm Graz war es ja auch so, dass es ja dann mal zu einem Prozess kam und

Gilbert Prilasnig: der Kartneck musste ja dann sogar ins Gefängnis und da musste ich bei diesem

Gilbert Prilasnig: Prozess auch als Zeuge aussagen.

Martin Puntigam: Was bist denn gefragt worden?

Gilbert Prilasnig: Naja, das war etwas, was mir damals bei dieser Verhandlung ein bisschen peinlich

Gilbert Prilasnig: war, weil sie haben natürlich auch Schwarzgeldzahlungen gesucht und sie haben

Gilbert Prilasnig: bei mir nichts gefunden.

Gilbert Prilasnig: Und dann hat der Staatsanwalt gemeint, aber Herr Klasnik, Sie wissen schon,

Gilbert Prilasnig: dass Sie sehr wenig verdient haben.

Gilbert Prilasnig: Und ich habe mir gedacht, das habe ich nicht gesagt, aber ich habe mir gedacht,

Gilbert Prilasnig: und deshalb bin ich jetzt verdächtig.

Gilbert Prilasnig: Also ich war verdächtig für den Staatsanwalt, weil ich viel weniger verdient

Gilbert Prilasnig: habe als viele andere halt.

Martin Puntigam: Naja, aber da ist vielleicht das Grundgehalt niedrig und das dahinter zogene

Martin Puntigam: Teil viel höher. Das ist ja eine naheliegende Vermutung.

Gilbert Prilasnig: Genau, genau. Aber Sie haben nichts finden können und...

Martin Puntigam: Weil du es gut versteckt hast oder weil es nichts gegeben hat?

Gilbert Prilasnig: Nein, weil ich bei der Vertragsverhandlung zu naiv war.

Gilbert Prilasnig: Ich dachte immer, ich kann das alleine, aber vielleicht hätte ich doch einen Berater haben sollen.

Martin Puntigam: Hannes Kartnick, wie du gesagt hast, ist verurteilt worden, war im Gefängnis,

Martin Puntigam: bevor er dann bei Dancing Stars wieder...

Martin Puntigam: Breite Popularität erlangen hat können. Es ist aber nicht der einzige Kriminalfall

Martin Puntigam: im steirischen Fußball.

Martin Puntigam: Auch der GERK ist einmal in die drei Ligen runtergereiht worden wegen geschäftlicher Krider.

Martin Puntigam: Da ist aber nie jemand verurteilt worden, oder?

Gilbert Prilasnig: Meines Wissens nach nicht, nein.

Martin Puntigam: Ist das auch selber Umfang gewesen oder waren die beim GERK ungeschickter oder waren sie geschickter?

Gilbert Prilasnig: Das kann ich natürlich jetzt vom Außen her nicht beurteilen,

Gilbert Prilasnig: aber ich habe vollstes Vertrauen in die Justiz.

Martin Puntigam: Kommen wir wieder zurück zur gesellschaftspolitischen Einordnung des Männerfußballs.

Martin Puntigam: Du bist ja mittlerweile Assistenztrainer im Frauenfußball-Nationalteam und beim

Martin Puntigam: Männerfußball ist es so, Thomas Hitzlsperger,

Martin Puntigam: ehemaliger Fußballprofi, war dann lang Geschäftsführer Sport oder da gibt es

Martin Puntigam: ja verschiedene Titel bei Stuttgart und hat sich dann irgendwann einmal als

Martin Puntigam: homosexuell geoutet und hat aber dann in einem Interview gesagt,

Martin Puntigam: er wird jedem aktiven Fußballer raten, der homosexuell ist,

Martin Puntigam: das nicht zu sagen, weil das schlecht fürs Geschäft ist, weil die Fans so homophob

Martin Puntigam: sind und weil das für seine Karriere furchtbar ist.

Martin Puntigam: Das zahlt sich nicht aus, er soll das für sich behalten.

Martin Puntigam: Das ist natürlich nicht einmal die katholische Kirche, ist so drauf.

Martin Puntigam: Oder die Wiener Philharmonika, das gibt es nur noch im Fußball.

Martin Puntigam: Und jetzt lernst du aber gerade die andere Seite kennen. Im Frauenfußball gibt

Martin Puntigam: es sehr viele offen homosexuelle Frauen.

Martin Puntigam: Meine Nachnamenskollegin Sarah Buntigam ist verheiratet mit ihrer Frau und lebt

Martin Puntigam: in den USA. Dort ist das überhaupt kein Problem.

Martin Puntigam: Warum ist das im Männerfußball so ein großes Problem? und beim Frauenfußball

Martin Puntigam: können die Menschen ganz normal leben, wie sie leben wollen?

Gilbert Prilasnig: Darauf habe ich ehrlich gesagt auch keine Antwort.

Gilbert Prilasnig: Es ist eigentlich schön für den Frauenfußball, dass es dort kein Thema ist und

Gilbert Prilasnig: dass es dort einfach diese Toleranz gibt.

Gilbert Prilasnig: Beim Männerfußball ist es so, der Erste, der sich geautet hat,

Gilbert Prilasnig: das ist eine Geschichte, die ist auch sehr, ich glaube, das war der Erste,

Gilbert Prilasnig: die ist sehr dramatisch, das war der John Faschano. Und er hat in den 90er Jahren

Gilbert Prilasnig: bei Wimbledon FC gespielt. Die waren damals sehr, sehr erfolgreich.

Gilbert Prilasnig: Und der hat sich dann auch noch, ich glaube, der war auch noch aktiv und hat

Gilbert Prilasnig: sich irgendwann geoutet.

Gilbert Prilasnig: Und hat dann ein, zwei Jahre, weiß ich nicht, wie lange es gedauert hat,

Gilbert Prilasnig: hat dann Selbstmord begangen.

Gilbert Prilasnig: Also der wurde dann offensichtlich überhaupt nicht mehr akzeptiert in diesen

Gilbert Prilasnig: Kreisen, in denen er sich vorher bewegt hat.

Martin Puntigam: Aber ist das so eine Männerdomäne nach wie vor, der Fußballverein?

Martin Puntigam: Geht es in der Kabine so zu, wie man diese schreienden Ansprachen sieht,

Martin Puntigam: manchmal jetzt zu Showzwecken inszeniert oder reden Sie die Leute wirklich gegenseitig

Martin Puntigam: absichtlich nieder am Spielfeld?

Martin Puntigam: Also du hast noch zu einer Zeit gespielt, da hat es den Videoreferay noch nicht

Martin Puntigam: gegeben, da hat man noch besser fallen können, war das damals so?

Gilbert Prilasnig: Denke ich schon, weil das habe ich auch ab und zu mal praktiziert,

Gilbert Prilasnig: weil es ist so, wenn der Schiedsrichter gewisse Dinge nicht sieht,

Gilbert Prilasnig: sagen wir mal, oder manchmal kommt es vielleicht auch vor, nicht sehen will,

Gilbert Prilasnig: dann ist es halt so, dass dann sowas wie eine Selbstjustiz an den Tag tritt.

Gilbert Prilasnig: Und das gibt es schon, weil es ja auch sehr viele versteckte Fouls gibt,

Gilbert Prilasnig: natürlich mit denen auch gearbeitet wird. Und die kann ein Schiedsrichter gar nicht sehen.

Martin Puntigam: Ist ein verstecktes Foul wirklich so in Hintern zwicken und so Sache?

Gilbert Prilasnig: Ja, im Hintern oder sonst wo, wo es vielleicht noch mehr wehtut. Es tut ja weh.

Martin Puntigam: Zwicken. Das hat nur so einen schlechten Ruf, aber Zwicken tut ja wirklich weh.

Gilbert Prilasnig: Genau, das soll auch wehtun, damit es dann auch… Und womit.

Martin Puntigam: Hast du gezwickt? Eher Zeigefinger, Daumen oder Mehrerfinger?

Gilbert Prilasnig: Na schon, also mit allen Fingern.

Gilbert Prilasnig: Also, aber das ist eigentlich etwas, was zum Spiel einfach bis zu einem gewissen

Gilbert Prilasnig: Grad dazugehört, weil es halt auch ein Kontaktsport ist. Fußball ist ein Kontaktsport.

Martin Puntigam: Und das sind diese Berührungseinheiten, die man als Mensch einfach auch braucht.

Gilbert Prilasnig: Genau, genau. Und es ist ja hoch, ich finde das immer so lustig,

Gilbert Prilasnig: eben weil du diese Homophobie im Männerfußball ansprichst.

Gilbert Prilasnig: Also wenn man einen Torjubel manchmal sich anschaut, ist es ja eigentlich das Gegenteil davon.

Gilbert Prilasnig: Da hat man das Gefühl, da kann es gar keine Homophobie geben.

Martin Puntigam: Da geht es ja zu wie beim Ölketschen in Äthirn. Aber danach ist es wieder vorbei.

Martin Puntigam: Manchmal gibt es sogar Busse oder so. aber öffentlich gibt es das nicht.

Gilbert Prilasnig: Also ich hätte das nie erlebt.

Martin Puntigam: Weil statistisch ist ja die Wahrscheinlichkeit genauso groß wie in jeder anderen

Martin Puntigam: Bevölkerungsgruppe und dann müsste

Martin Puntigam: man es nicht verstecken. Das ist ja wahrscheinlich gar nicht so angenehm.

Martin Puntigam: Du hast ja Linguistik fertig studiert und bist jetzt klinischer Linguist.

Martin Puntigam: Seit wenigen Tagen. Herzlichen Glückwunsch im Nachhinein.

Martin Puntigam: Aber was ist man jetzt, wenn man klinische Linguist ist?

Gilbert Prilasnig: Ja, also das erste Linguistikstudium, für das ich fast 40 Semester gebraucht

Gilbert Prilasnig: habe, das war jetzt angewandte Linguistik.

Gilbert Prilasnig: So ein normales Diplomstudium an der Karl-Franz-Universität Graz.

Gilbert Prilasnig: Und Linguistik ist natürlich ein Studium, wo es dann nicht so ist,

Gilbert Prilasnig: dass man dann nicht automatisch eine Berufsausbildung hat.

Gilbert Prilasnig: Und es hat mich immer schon interessiert, dann erstens mal vielleicht ein zweiter

Gilbert Prilasnig: Standbein neben dem Fußball mehr aufzubauen,

Gilbert Prilasnig: auch die Linguistik weiter zu betreiben und vielleicht auch mehr in die praktische

Gilbert Prilasnig: Linguistik hineinzukommen und da hat sich eben diese klinische Linguistik irgendwie

Gilbert Prilasnig: herauskristallisiert,

Gilbert Prilasnig: auch schon bei meinem Diplomstudium als Freifach, dass mich das sehr interessiert.

Gilbert Prilasnig: Also da geht es einfach darum, mit Sprachstörungen zu arbeiten.

Martin Puntigam: Das hat jetzt nichts mit dem Vorurteil zu tun, dass man sagt,

Martin Puntigam: schau der Fußballer Interviews aus den 90er Jahren an und dann war das ein Ansporn für dich?

Gilbert Prilasnig: Nein, nein, das hat mit dem nichts zu tun, weil in der Linguistik ist es so,

Gilbert Prilasnig: also Sprachstörungen sind jetzt nicht Sprachfehler im pädagogischen Sinne,

Gilbert Prilasnig: sondern in der Linguistik gibt es eigentlich kein Richtig oder Falsch,

Gilbert Prilasnig: wenn man Sprache beschreibt, so wie Menschen sprechen.

Gilbert Prilasnig: Das Beispiel bringe ich immer zu Hause und dann bei den Kindern auch,

Gilbert Prilasnig: wenn die was falsch schreiben oder falsch sagen.

Gilbert Prilasnig: Und das führt dann immer zu Diskussionen mit,

Gilbert Prilasnig: weil die nämlich das aus einer pädagogischen Perspektive sieht und sagt,

Gilbert Prilasnig: das ist natürlich richtig oder falsch.

Gilbert Prilasnig: Und ich sage, nein, linguistisch gesehen ist eigentlich alles richtig.

Gilbert Prilasnig: Also wenn die Südsteierer im dritten und vierten Fall oder der Herbert Prohaska

Gilbert Prilasnig: das verwechselt, das ist linguistisch gesehen nicht falsch.

Gilbert Prilasnig: Das ist einfach ein Phänomen, das beschrieben wird und da gibt es Gründe dazu.

Martin Puntigam: Naja, am Anfang war es halt sein Idiom und mittlerweile weiß er ja,

Martin Puntigam: wie es geht, aber er hat ja mal gesagt, wenn er jetzt richtig machen wird,

Martin Puntigam: das wäre ja sinnlos. Das ist ja sein Markenzeichen.

Gilbert Prilasnig: Ja, aber eben richtig. Es heißt

Gilbert Prilasnig: nicht automatisch aus der linguistischen Perspektive richtig oder falsch.

Gilbert Prilasnig: Bei Sprachstörungen geht es schon darum, dass man aus einem Gehirnschlag oder

Gilbert Prilasnig: aus einem Trauma wirklich dann ernsthafte Sprachstörungen hat,

Gilbert Prilasnig: dass man gar nicht mehr sprechen kann oder sehr eingeschränkt oder auch aufgrund

Gilbert Prilasnig: von Kehlkopfzungen oder Schluckstörungen.

Gilbert Prilasnig: Und das ist eigentlich, als klinischer Linguist befasse ich mich eigentlich

Gilbert Prilasnig: mit denselben Dingen, nur aus einer eher theoretischeren Perspektive wie die Logopäden.

Martin Puntigam: Und als solcher könntest du jetzt, weil du das Masterstudium abgeschlossen hast,

Martin Puntigam: als solcher dürftest du jetzt und könntest du auch arbeiten,

Martin Puntigam: wenn du das wolltest, also wenn das mit dem Frauenfußball-Nationalteam nichts

Martin Puntigam: wird oder du bist ja ausgebildeter Futsal-Trainer auch.

Gilbert Prilasnig: Ganz genau.

Martin Puntigam: Dann könntest du eine Praxis aufmachen und so arbeiten.

Gilbert Prilasnig: Ja, das ist genau der Punkt. Ich habe dieses Universitätsstudium,

Gilbert Prilasnig: das wurde in Salzburg, nur in Salzburg angeboten.

Gilbert Prilasnig: Ich habe das in Salzburg gemacht und man kann eine Praxis aufmachen,

Gilbert Prilasnig: wenn man diese klinische Linguistik hat, aber nicht in Österreich,

Gilbert Prilasnig: sondern nur in Deutschland.

Gilbert Prilasnig: Weil in Österreich der Logopädenverband offensichtlich sagt,

Gilbert Prilasnig: nein, wir wollen keine klinischen Linguisten, wir haben selbst genug Logopäden oder so irgendwie.

Martin Puntigam: Aber dürftest du dich dann einfach Logopäde nennen, weil du dasselbe kannst?

Gilbert Prilasnig: Nein, das denke ich nicht, dass ich das dürfte. Aber ich kann natürlich unselbstständig.

Martin Puntigam: Also du könntest dich von einer Logopedien anstellen lassen?

Gilbert Prilasnig: Zum Beispiel, ja.

Martin Puntigam: Jetzt hast du deine Karriere, wenn ich das richtig in Erinnerung habe,

Martin Puntigam: zumindest beginnend oder vielleicht überhaupt ausklingen lassen in Horn und

Martin Puntigam: warst dann regelmäßig in Göttweig beim Literaturfestival zu Gast,

Martin Puntigam: das glaube ich heißt Literatur und Wein,

Martin Puntigam: das hat dich beides gleichermaßen interessiert oder die Literatur mehr?

Gilbert Prilasnig: Na, die Literatur hat mich in erster Linie interessiert.

Gilbert Prilasnig: Also es ist schon so, dass ich immer sehr viel gelesen habe.

Gilbert Prilasnig: Ich war als Junge, als ich dann in der Bibliothek noch als kleiner Junge Bücher

Gilbert Prilasnig: ausleihen durfte, habe ich das eifrig genutzt.

Gilbert Prilasnig: Und das Erste, was ich so gelesen habe, kann ich mich erinnern, war Mark Brandis.

Gilbert Prilasnig: Ich weiß nicht, ob den wer kennt. Der hat so Science-Fiction-Romane geschrieben,

Gilbert Prilasnig: also über die O-Bahn des Weltalls.

Florian Freistetter: Kenn ich, kenn ich, ja.

Gilbert Prilasnig: Ja, und später, als die Mark-Brandys-Bücher alle ausgelesen waren,

Gilbert Prilasnig: bin ich zu Karl May gewechselt und habe dann eigentlich meine ganze Schulzeit

Gilbert Prilasnig: lang Karl May gelesen und von den 70 Büchern, mindestens 50 Bücher.

Gilbert Prilasnig: Und das war so meine Halle.

Martin Puntigam: Das ist die Grundlage für dein Linguistikstudium, danke ich.

Gilbert Prilasnig: Ja, denke ich schon, weil der Karl May hat sich, ich war ja dann so enttäuscht,

Gilbert Prilasnig: ich habe ja das lange verdrängt, dass er das alles nicht selbst erlebt hat.

Gilbert Prilasnig: Also es war so für mich irgendwie so eine tolle Vorstellung, sein Leben zu führen.

Gilbert Prilasnig: Der hat ja jede Sprache, wo er war, dann auch selbst gesprochen.

Gilbert Prilasnig: Und dann gab es immer wieder auch so Dialoge, die in dieser jeweiligen Sprache

Gilbert Prilasnig: auch aufgeschrieben wurden und unten in einer Fußnote dann die Übersetzung und

Gilbert Prilasnig: ich habe mir tatsächlich die Mühe gemacht, das alles rauszuschreiben und so in den Heften sortiert,

Gilbert Prilasnig: Persisch und Kurdisch und Arabisch, habe ich das rausnotiert und habe mir die

Gilbert Prilasnig: Phrasen rausgeschrieben und auch die Übersetzung dazu.

Martin Puntigam: Und hat das gestimmt, dass er gedichtet hat? Oder hat er irgendwas erfunden

Martin Puntigam: im Häfen und hat er gedacht, die anderen können das auch nicht?

Gilbert Prilasnig: Soweit ich das beurteilen kann, wobei ich das bei Persisch, Kurdisch und Arabisch

Gilbert Prilasnig: eigentlich nicht wirklich gut kann, aber wenn ich schon, soweit ich das beurteilen

Gilbert Prilasnig: kann, hat das im Großen und Ganzen schon gestimmt.

Florian Freistetter: Man darf das nicht unterschätzen, was diese Schundliteratur der Anfrage für Einfluss haben kann.

Florian Freistetter: Also in meiner Jugend und Kindheit ein Großteil meines Literaturwissens oder

Florian Freistetter: Literaturinteresse stammt aus den lustigen Taschenbüchern.

Florian Freistetter: Die haben alles, der komplette Ring der Nibelungen war drin,

Florian Freistetter: die Geschichte, die Reise, die Tagebücher von Marco Polo, Ilias,

Florian Freistetter: Odyssey, Shakespeare, aber alles haben die als Entenhausen-Version gehabt und

Florian Freistetter: das haben wir alles gelesen. Fand toll.

Florian Freistetter: Und dann habe ich dann die echte Version auch gelesen, weil die wissen wohl,

Florian Freistetter: wie sie in echt ist. Also darf man nicht unterschätzen, was aus dem rauskommen kann.

Martin Puntigam: Ich bin auch durch Schundliteratur geprägt. Ich habe sehr lange ministriert.

Martin Puntigam: Und tatsächlich ist meine Sprache maßgeblich durch diese seltsamen Lesungen geprägt.

Martin Puntigam: Um auf Götzweig zurückzukommen, nämlich deshalb, weil der Florian kommt aus der Gegend, aus Furt.

Martin Puntigam: Furt spielt in einer Liga, die landläufig gern die Marillenliga genannt worden ist.

Florian Freistetter: Sie war mal viel weiter oben. Sie war mal fast in der Landesliga,

Florian Freistetter: glaube ich, das Höchste, wo sie gespielt haben.

Martin Puntigam: Ich wollte eh nicht Furt denunzieren. Ich sage es trotzdem. Aber man sieht,

Martin Puntigam: wie stark Heimatstolz in Menschen drinnen ist.

Martin Puntigam: Selbst wenn man die Marillenliga erwähnt, weil man dort nicht absteigen kann.

Martin Puntigam: Wäre das nicht eigentlich das logische Ende einer großen Karriere gewesen?

Gilbert Prilasnig: Ich hatte so ein ähnliches Ende, nämlich im Burgenland beim FC Wiesfleck.

Gilbert Prilasnig: Da war so ein Fleck Wiese, das war der Fußballplatz und ich habe dort wirklich

Gilbert Prilasnig: nur ein Jahr gespielt, weil ein Freund von mir,

Gilbert Prilasnig: der mich 15 Jahre lang beim Projekt Homeless World Cup begleitet hat, Als Trainer,

Gilbert Prilasnig: auch mit dem wir gemeinsam dieses Projekt oder das Fußballteam immer betreut

Gilbert Prilasnig: haben, der war dort Trainer und der hat Telefonterror gemacht,

Gilbert Prilasnig: als ich gesagt habe, ich höre jetzt auf zum Fußballspielen und er hat gesagt,

Gilbert Prilasnig: bitte komm noch ein Jahr spielen.

Gilbert Prilasnig: Ich bin ja im Burgenland Trainer und das habe ich dann gemacht.

Martin Puntigam: Und mit Wiesfleck hat sie ja die Karriere dann wirklich im Kreis geschlossen,

Martin Puntigam: hast auf der Wiese angefangen, auch mit der Oma und dem Wiesfleck wieder aufgehört.

Gilbert Prilasnig: Da war ich auch schon bei Sturm Graz dann als Jugendleiter.

Martin Puntigam: Ja, und bist heute Trainer und bist aber nicht mehr bei Sturm Graz.

Martin Puntigam: Das war ja eine erstaunliche Mitteilung vor ungefähr einem Jahr.

Martin Puntigam: Sturmlegende Gilbert Brelasnik nicht mehr bei Sturm. Das war nicht ganz freiwillig, oder?

Gilbert Prilasnig: Das war nicht ganz freiwillig. Danke für diese Frage. Die ist natürlich nicht

Gilbert Prilasnig: ganz so einfach für mich jetzt zu beantworten.

Gilbert Prilasnig: Aber ich war elf Jahre lang dann Jugendleiter bei Sturm Graz,

Gilbert Prilasnig: habe die Jugend geleitet.

Gilbert Prilasnig: Dann habe ich dann eben was anderes machen wollen und bin U18-Trainer geworden.

Gilbert Prilasnig: Das ist Akademie U18-Trainer.

Gilbert Prilasnig: Und diese Akademie ist bei Sturm Graz ja ein, das ist so, da bin ich nicht bei

Gilbert Prilasnig: Sturm Graz angestellt, sondern in der Akademie.

Gilbert Prilasnig: Das ist eine eigene Firma, die ist ausgelagert, eine Tochterfirma mit eigenem

Gilbert Prilasnig: Leiter und Geschäftsführer.

Gilbert Prilasnig: Aber dort war es dann so, dass nach einer gewissen Zeit, als ich dort Trainer

Gilbert Prilasnig: war, ich eigentlich einen massiven Bossing erfahren musste.

Martin Puntigam: Was ist Bossing?

Gilbert Prilasnig: Bossing ist, wenn der Boss zu dir einfach arschig ist, auf gut Deutsch.

Martin Puntigam: Also Mobbing, aber vom Schiff.

Gilbert Prilasnig: Genau, genau. Genau, also in erster Linie ich, aber das ganze Trainerteam und als ich dann,

Gilbert Prilasnig: nach einer Zeit lang habe ich das so weggelächelt und irgendwann,

Gilbert Prilasnig: ich bin aber nicht der Typ, der sich jetzt gern so drangsalieren lässt und dann

Gilbert Prilasnig: habe ich mich halt begonnen zu wehren, indem ich dann auch den Menschen oder

Gilbert Prilasnig: den Leuten, die halt dafür verantwortlich sind, auch für dieses Konstrukt,

Gilbert Prilasnig: die Missstände versucht habe aufzuzeigen.

Gilbert Prilasnig: Und für eine Zusammenarbeit war es aber dann in weiterer Folge nicht mehr möglich.

Gilbert Prilasnig: Und ich habe zwar die Missstände aufgezeigt, aber geändert hat sich,

Gilbert Prilasnig: wie wenig überraschend, natürlich nichts.

Martin Puntigam: Außer der Personalstand, weil du eben nicht mehr dort arbeitest.

Martin Puntigam: Und indem du das in der Öffentlichkeit wiederholst, kannst du,

Martin Puntigam: wenn du in Graz in der Bundesliga arbeiten möchtest, wahrscheinlich nur noch beim GERK arbeiten.

Gilbert Prilasnig: Richtig, wäre jetzt gerade wieder eine Möglichkeit gewesen, aber der Ferdinand

Gilbert Prilasnig: Feldhofer, der war leider schneller.

Martin Puntigam: Wenn du sagst, du interessierst dich für Fußball und lebst in Graz,

Martin Puntigam: bist du eher, um diese Chauvinismusfrage zu beantworten,

Martin Puntigam: die ich als Kind schon nicht beantworten wollte und deshalb bin ich als Kind

Martin Puntigam: ausgewichen auf Rapid, weil ein Onkel aus Wien ein Rapid-Fan war, aber Sturm oder GRK?

Nicole Streilter-Kastberger: Schon ein Sturm. Aber einfach, weil sie besser sind, glaube ich.

Gilbert Prilasnig: Klingt nach Opportunismus.

Nicole Streilter-Kastberger: Ja, genau.

Martin Puntigam: Sagt die Literaturwissenschaftlerin, die der Meinung ist, dass Öden von Horvath

Martin Puntigam: nicht fürs Publikum geschrieben hat.

Martin Puntigam: Kommen wir ganz zum Schluss noch zu einem Thema, das momentan heikel ist in der Steiermark.

Martin Puntigam: Apropos Chauvinismus, nämlich Heimat. Es gibt dann in der Politik nicht,

Martin Puntigam: aber zumindest im steirischen Landhaus Nagelnein Landeshauptmann und seine Partei,

Martin Puntigam: die haben Heimat sehr gerne.

Martin Puntigam: Es gibt demnächst auch ein Symposium im Literatur aus Fiktion Heimat und dazu Hermann Kremlitzer,

Martin Puntigam: ein Publizist aus Deutschland, hat einmal gesagt, ohne Heimatliebe kein Völkermord,

Martin Puntigam: kein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Martin Puntigam: Wenn jetzt mehr Heimat und mehr Volkskultur gefordert wird in der Steiermark,

Martin Puntigam: worauf soll man sich denn da einstellen?

Nicole Streilter-Kastberger: Ja, das Problem ist halt, der Heimatbegriff ist in unterschiedlichen gesellschaftlichen

Nicole Streilter-Kastberger: Sparten sehr unterschiedlich.

Nicole Streilter-Kastberger: Es wird uns da eine Form der Heimat aufgezwungen eigentlich,

Nicole Streilter-Kastberger: die für viele in der Bevölkerung einfach nicht so gegeben ist.

Nicole Streilter-Kastberger: Also der Kulturbegriff der Rechten ist halt ein sehr anderer als in breiten

Nicole Streilter-Kastberger: Teilen der Bevölkerung.

Nicole Streilter-Kastberger: Und oft wird halt Heimat auch so rückwärtsgewandt betrachtet.

Nicole Streilter-Kastberger: Für studierte Menschen oder Menschen, die sich mit der aktuellen Kultur auseinandersetzen,

Nicole Streilter-Kastberger: hat das etwas extrem rückwärtsgewandtes, der Heimatbegriff.

Nicole Streilter-Kastberger: Und wir haben deshalb dieses Symposium auch, dass wir Fiktion Heimat nennen,

Nicole Streilter-Kastberger: um zu zeigen, dass das halt ein Konstrukt ist, Heimat über weite Strecken.

Nicole Streilter-Kastberger: Jeder versteht im Prinzip was anderes darunter, beziehungsweise ist die Frage,

Nicole Streilter-Kastberger: ob es so, dass sie Heimat überhaupt geben kann.

Nicole Streilter-Kastberger: Wir fühlen uns irgendwo zu Hause. Ich habe sehr viele Orte, an denen ich mich

Nicole Streilter-Kastberger: zu Hause fühle, aber als Heimat würde ich das nicht bezeichnen.

Nicole Streilter-Kastberger: Und Horvath hat selber mal gesagt, er ist eigentlich eine typisch altösterreichisch-ungarische

Nicole Streilter-Kastberger: Mischung und er ist eigentlich,

Nicole Streilter-Kastberger: er hat keine Heimat, aber das hat den Vorteil, dass er deshalb auch nicht sehr

Nicole Streilter-Kastberger: sentimental mit irgendeiner Gegend verbunden ist.

Nicole Streilter-Kastberger: Und ich glaube, das ist ein moderner Begriff von Heimat.

Nicole Streilter-Kastberger: Man hat so seine Nischen, in denen man sich zu Hause fühlt, aber man will sich

Nicole Streilter-Kastberger: nicht mit irgendeinem nationalen Begriff von Heimat identifizieren.

Nicole Streilter-Kastberger: Also das ist auch etwas, wo ich sagen muss, wo mir der Fußball oft auch ein bisschen suspekt wird,

Nicole Streilter-Kastberger: wenn ich mir bei diesen großen Ereignissen diese Aufmärsche von Patrioten anschauen

Nicole Streilter-Kastberger: muss, die ihr Land halt über alle anderen stellen und wo da so ein Nationalismus gefeiert wird.

Nicole Streilter-Kastberger: Also da wird für mich das eigentlich ein bisschen bedenklich.

Nicole Streilter-Kastberger: Der Franz Grillparzer hat einmal gesagt, der Weg der neueren Bildung führt vom

Nicole Streilter-Kastberger: Humanismus zum Nationalismus, zum Bestialismus oder zum Bestialischen.

Nicole Streilter-Kastberger: Und das ist, glaube ich, ein verstärkter Nationalismus, wir sehen es überall,

Nicole Streilter-Kastberger: führt unweigerlich zum Krieg eigentlich.

Martin Puntigam: Es gibt ja Ansätze, dass Leute sagen, man muss den Rechten den Begriff Heimat

Martin Puntigam: wieder wegnehmen und ihn umdeuten, damit er wieder einen Sinn bekommt.

Martin Puntigam: Ist das ein sinnvoller Ansatz?

Nicole Streilter-Kastberger: Ich glaube nicht, ehrlich gesagt. Nein, ich glaube, dass der Begriff Heimat,

Nicole Streilter-Kastberger: der ist auch so punziert, rechtspunziert, dass den die Linke eigentlich nicht

Nicole Streilter-Kastberger: für sich adaptieren kann.

Nicole Streilter-Kastberger: Da braucht man andere Begriffe.

Nicole Streilter-Kastberger: Zugehörigkeit, Solidarität, das sind die Begriffe, die wirklich wichtig sind.

Martin Puntigam: Und Heimat ist ein ganz guter Indikator, wenn das jemand gern verwendet,

Martin Puntigam: weiß man ungefähr, wo er politisch steht.

Nicole Streilter-Kastberger: Glaube ich schon, ja.

Martin Puntigam: Also sollte man das so lassen, damit der Alltag leichter ist und so Leute wie

Martin Puntigam: der Gilbert sollten nur Auswärtsspiele machen und keine Heimspiele.

Nicole Streilter-Kastberger: Heimspiele sind nicht Heimatspiele.

Martin Puntigam: Das nächste Spiel ist ein Auswärtsspiel in Schottland. Im Nations Cup,

Martin Puntigam: schafft sie die Qualifikation?

Gilbert Prilasnig: Naja, um vielleicht dazu zu sagen, für die, die sich im Frauenfußball jetzt

Gilbert Prilasnig: nicht so, oder nicht jetzt gleich wissen, was gemeint ist.

Martin Puntigam: Ja, mit Frauenfußball ist halt Fußball mit Frauen, oder?

Gilbert Prilasnig: Ja, aber das Fußball-Nationalteam der Frauen spielt auch Nations League A.

Gilbert Prilasnig: Da gibt es eben diese Nations League und die Frage ist darum,

Gilbert Prilasnig: ob wir es schaffen werden, dort zu bleiben Wie dieselbe Frage.

Martin Puntigam: Die sich für die Männer auch gestellt hat, oder?

Gilbert Prilasnig: Genau Bei den Männern war die Frage, ob sie von der Nations League B wie den

Gilbert Prilasnig: Nations League A zurück aufsteigen Bei den Frauen ist eben die Frage,

Gilbert Prilasnig: ob wir dort bleiben und ich meine, gibt es irgendjemanden, der daran zweifelt?

Martin Puntigam: Dann wünschen wir alles Gute bei den Auswärts- und Heimspielen,

Martin Puntigam: Das Symposium Fiktion Heimat findet, glaube ich, am 23. bis 25.

Martin Puntigam: April im Literaturhaus statt. Es gibt auch, weil es so ein umfangreiches Programm

Martin Puntigam: ist, es gibt Folder, wo Sie bitte selber lesen, was wann wo stattfindet.

Martin Puntigam: Das ist zweieinhalb Tage lang fettes, üppiges Programm. Wir sagen es, was das sind.

Martin Puntigam: Ich weiß nicht, ob das noch üblich ist. Gibt es noch Bruchsoletti?

Martin Puntigam: Wenn Sie schauen wollen, ob es noch Bruchsollette in Feldbach gibt, wir sind am 23.04.

Martin Puntigam: Im Zentrum Feldbach mit unserer Show Planet B. Science Meets Poetry,

Martin Puntigam: die Veranstaltung im Literaturhaus von Klaus Kastberger und Helmut Jung wird

Martin Puntigam: initiiert, wo wir beide uns dann im Anschluss einmal an einer Veranstaltung

Martin Puntigam: kennengelernt haben. Dann gibt es das nächste Mal am 3.6.

Martin Puntigam: Im Literaturhaus Graz. Am 12.6. gibt es den Oberhummer Award.

Martin Puntigam: Das erste Mal in Graz, in der Aula der Universität Graz.

Martin Puntigam: Zum zehnten Mal wird der Preis verliehen, im Andenken an den leider 2015 schon

Martin Puntigam: verstorbenen Mitbegründer der Science Masters Heinz Oberhummer.

Martin Puntigam: Und der Preisträger 2025 ist Eckart von Hirschhausen,

Martin Puntigam: der an der Uni mit uns gemeinsam eine Schuh spielen wird, anlässlich der Preisverleihung

Martin Puntigam: und am 30.10., wenn Sie sich den Tag vorm Weltsportag schon vormerken wollen

Martin Puntigam: und ein bisschen hineinfeiern wollen,

Martin Puntigam: sehen wir mit unserer neuen Show Weltuntergang für Fortgeschrittene mit der

Martin Puntigam: Graz Premiere in der Listhalle.

Martin Puntigam: Danke an die TU Wien und die Uni Graz, die die Produktion des Podcasts unterstützen.

Martin Puntigam: Danke ans Literaturhaus für die Gastfreundschaft.

Martin Puntigam: Danke an Sie fürs Kommen und Mitfeiern der ersten 100 Ausgaben.

Martin Puntigam: Fragen live nach der Show jetzt, wenn Sie wollen, oder an Podcast des Science Passers.at.

Martin Puntigam: Danke Nicole Streitler-Kastberger, danke Gilbert Prilasnik, danke Florian Freistädter.

Martin Puntigam: Alles Gute für die Nations League Spiele und in vier Jahren gibt es dann einen Abend zur Ausgabe 200.

Martin Puntigam: Bis dann. Tschüss. Habe die Ehre.

Florian Freistetter: Wiederschauen.

Florian Freistetter: Vielen Dank.

Martin Puntigam : Und das war sie. Anlässlich 100 Jahre Science Busters live aus dem Literaturhaus Graz.

Martin Puntigam : Online ist es, wer mitzählen möchte, Ausgabe 102.

Martin Puntigam : Am Ende wie immer noch die Parteienverkehre der Science Busters von uns und

Martin Puntigam : als Solisten und Duettisten.

Martin Puntigam : Die neue TV-Staffel wird seit Wochen jede Dienstagnacht auf ORF1 ausgestrahlt.

Martin Puntigam : Drei Folgen gibt es noch, danach sind die Folgen allerdings ein halbes Jahr

Martin Puntigam : weltweit abrufbar, rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr, in Schaltjahren sogar 366 Tage.

Martin Puntigam : Morgen, den 15. April ab 23 Uhr,

Martin Puntigam : gibt es wieder eine neue Folge in der Dienstagnacht namens Glück und Glas,

Martin Puntigam : wo Elisabeth Oberzaucher, Peter Weinberger und ich unter anderem untersuchen,

Martin Puntigam : warum Vögel immer mit derartigen Karacho gegen Glasfassaden krachen. Am Montag, den 28.

Martin Puntigam : April, gibt es die nächste Ausgabe von Frag Designs Passers live alles rund ums Klima,

Martin Puntigam : wie immer seit vielen Monaten, eigentlich Jahren, jetzt schon von 13 bis 14

Martin Puntigam : Uhr eine Stunde lang live auf FM4,

Martin Puntigam : mit dabei diesmal Andreas Jäger und Sigrid Stagl, Ökonomin und Österreichs amtierende

Martin Puntigam : Wissenschaftlerin des Jahres.

Martin Puntigam : Weiterhin und bis Sommer am Programm, bevor wir ab 16.

Martin Puntigam : Oktober mit einer neuen Showpremiere feiern werden, dem Titel Weltuntergang

Martin Puntigam : für fortgeschrittene Uraufführung wird sein im Stadtsaal Wien,

Martin Puntigam : gibt es die aktuelle Live-Show der Science Busters nach wie vor,

Martin Puntigam : nämlich Planet B und zwar am 19.04.,

Martin Puntigam : also am K-Samstag parallel zu den Auferstehungsfeiern und am 25.05.

Martin Puntigam : Im Stadtsaal Wien, am 23.04. im Zentrum Feldbach, am 30.04.

Martin Puntigam : Im Posthof Linz, am 16.05. im Freudenhaus in Lustenau, am 17.05.

Martin Puntigam : Im Theater am Kirchplatz in Scharn in Lichtenstein, am 22.05.

Martin Puntigam : Im Kulturzentrum Alpha in Laakirchen, am 23.05. im Stadttheater Steier und am 24.05.

Martin Puntigam : Noch einmal im Stadtsaal Wien.

Martin Puntigam : Science Pass, das vor Kids, also quasi Planet B für die nächste und übernächste

Martin Puntigam : Generation, gibt es digital in der ORF Kids App.

Martin Puntigam : Jede Folge dauert ungefähr 10 Minuten, aber diese Show gibt es auch analog und

Martin Puntigam : live mit Martin Moda und mir.

Martin Puntigam : Am 19.04. im Stadtsaal Wien um 15.30 Uhr, da gibt es nur noch ganz,

Martin Puntigam : ganz wenige Karten. Und am 20.04.

Martin Puntigam : Um 11 Uhr, also tags drauf, gibt es noch...

Martin Puntigam : Kartenmeer. Am 30.04. spielen wir im Posthof Linz und am 18.05.

Martin Puntigam : Im Wien-Omner-Saal in Rankweil.

Martin Puntigam : Um dann am 24.05. noch einmal im Stadtsaal Wien zu spielen, bevor am Abend,

Martin Puntigam : wie gesagt, Planet B vom Stapel läuft.

Martin Puntigam : Am 26.04. sehen wir uns mit Petzi wieder im Rahmen der Ipsiade.

Martin Puntigam : Petzi und die Science Busters ein Vorklühen auf die neue Show im Uranier-Puppentheater, die ab 6.

Martin Puntigam : Mai Premiere haben wird mit dem Titel BC und die Science Busters Fliegen lernen

Martin Puntigam : mit dem Bär-Nulli-Effekt von 6. bis 11.5.

Martin Puntigam : Im Oranierpuppentheater Wien.

Martin Puntigam : Glückskatze, mein Solo, schnurrt 2025 weiter.

Martin Puntigam : Einmal allerdings nur noch vor dem Sommer im Haus Impuls in Neusiedl am 6.

Martin Puntigam : Juni. Dann hat die Katze Sommerpause und kehrt auf Sampfoten wieder am 26.

Martin Puntigam : Und 27. September ins Theatercafé Graz und am 13.

Martin Puntigam : Und 14. November nach Wien ins Kabarett Niedermeier.

Martin Puntigam : Und wer schon für Herbst 2026 planen möchte, da gibt es ab 10.

Martin Puntigam : November 2026 die Premiere im Theatercafé meines neuen Solos mit dem schönen

Martin Puntigam : Titel Der heilige Puntigam. Und Florian Freistädter ist auch mit einem Solo-Abend unterwegs.

Martin Puntigam : Sternengeschichten live das nächste Mal am 26.

Martin Puntigam : Mai in Dahlbahnhof Eschweiler und am 4. Juni im Schlachthof München.

Martin Puntigam : Infos und Tickets unter sciencebassers.at slash termine unter puntegamm.at und

Martin Puntigam : unter sternengeschichten.live Danke an die TU Wien und die Uni Graz,

Martin Puntigam : die die Produktion des Podcasts unterstützen.

Martin Puntigam : Danke fürs Zuhören, Streamen, Downloaden, Abonnieren, Bewerten,

Martin Puntigam : Empfehlen, Historisch-Kritisch-Herausgeben, Vorlasshandeln, Reingrätschen,

Martin Puntigam : Bossen und was man sonst nochmal im Podcast alles anstellen kann und könnte.

Martin Puntigam : Bis zum nächsten Mal. Tschüss und habe die Ehre.

Über diesen Podcast

Der Science Busters Podcast ist ein Podcast der Science Busters. Das trifft sich insofern sehr gut, weil der Name leicht zu merken ist.

Seit 2007 gibt es die Science Busters als Wissenschafts-Show-Projekt. Auf der Bühne, auf Radio FM4, als Bücher, als Lehrveranstaltung und TV-Sendungen. Und ab 2021 auch als Podcast. Weil fast immer mehr zu einem Thema zu sagen wäre, als im jeweiligen Format Platz hat. Nachhaltige Wissenschaftskommunikation, wenn man so will, lehrreich, unterhaltsam und durchgehend in Stereo.

In jeder Folge wird eine aktuelle Frage der Hörerschaft beantwortet, oder zwei. Und ein Thema umfassend beackert. Am Ende gibt es Tipps und Empfehlungen. Um Eigenwerbung zu vermeiden, muss immer einer die Arbeit seines Gegenüber bewerben.

Science Busters Podcast - transparent, unbestechlich, bürgernah
Tiere können der Handlung nicht folgen.

Produziert mit Unterstützung der Universität Graz und der TU-Wien

Kontakt: podcast@sciencebusters.at

von und mit Martin Puntigam, Martin Moder, Florian Freistetter

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