Wer nichts weiß, muss alles glauben.
Martin Puntigam : Ausgabe 102 des Science-Wassers-Podcasts ist auch insofern eine besondere,
Martin Puntigam : weil es die Live-Version ist, rund um Folge 100.
Martin Puntigam : Anlässlich der 50. Ausgabe haben wir zum ersten Mal den Podcast live aufgenommen,
Martin Puntigam : damals im To the Sky der TU Wien, gemeinsam mit der Sprachwissenschaftlerin
Martin Puntigam : Lisa Kramer und Richard Hemmer und Daniel Messner von Geschichten aus der Geschichte,
Martin Puntigam : Professor Peter Ertel, Biotechnologe und Chemiker von der TU Wien und Stefan
Martin Puntigam : Plattner-Deisenberger.
Martin Puntigam : Diesmal 50 Ausgaben später waren wir im Literaturhaus der Uni Graz zu Gast.
Martin Puntigam : Florian Freisteth und ich haben vor vollem Haus begrüßt Nicole Streitler-Kastberger,
Martin Puntigam : Literaturwissenschaftlerin und unter anderem Spezialistin für Ödin von Horvath
Martin Puntigam : und Gilbert Prelasnik, ehemaligen Fußball-Nationalspieler und Master in klinischer Linguistik.
Martin Puntigam : Aufgezeichnet wurde die Veranstaltung am 31. März im Literaturhaus Graz von Christian Lach.
Martin Puntigam : Und jetzt geht's los.
Florian Freistetter: Vielen Dank.
Florian Freistetter: Vielen Dank für den Namen.
Martin Puntigam: Herzlich willkommen zu einer besonderen Ausgabe des Science Passers Podcasts.
Martin Puntigam: Anlässlich der hundertsten Ausgabe feiern wir heute live vor Publikum im Literaturhaus
Martin Puntigam: Graz. Herzlich willkommen.
Martin Puntigam: Wir machen das in alle heiligen Zeiten. Einen Podcast live vor Publikum.
Martin Puntigam: Ausgabe 50 war im To the Sky oder wie das raffinierterweise dort ausgesprochen
Martin Puntigam: wird, auch gern TU the Sky. an der TU
Martin Puntigam: Wien und heute freuen wir uns in der Literatur aus Graz zu Gast zu sein.
Martin Puntigam: Danke für die Einladung, danke an die TU Wien und die Uni Graz,
Martin Puntigam: sie den Podcast tatsächlich seit Beginn unterstützen. Herzlich willkommen.
Martin Puntigam: Heute Florian Freistetter, Astronom, selber Podcaster seit 2012 mit Sternengeschichten.
Martin Puntigam: Die erste Folge ist schon am 30.11.
Martin Puntigam: 2012 erschienen. Bis jetzt gibt es 640 Folgen, Live-Shows seit 2024.
Martin Puntigam: Also er tourt auch und es gibt,
Martin Puntigam: Wenn man es nachhören möchte, seit jetzt, seit März 2025, schönen guten Abend, hallo.
Florian Freistetter: Hallo.
Martin Puntigam: Und als Gäste für die Jubelausgabe, deretwegen Sie unter anderem ja da sind,
Martin Puntigam: sitzen neben mir auf der Bühne Nicole Streitler-Kastberger, Literaturwissenschaftlerin,
Martin Puntigam: Literaturkritikerin, Autorin im Literaturhaus, natürlich keine Unbekannte,
Martin Puntigam: die sich unter anderem 20 Jahre mit dem Gesamtwerk von Öden von Horvath auseinandergesetzt hat.
Martin Puntigam: Was das genau im Einzelnen bedeutet für ein Leben, wird sie uns heute Abend auch erzählen. Hallo.
Florian Freistetter: Hallo.
Martin Puntigam: Und Gilbert Brelasnik von Fans, liebevoll Schilly genannt, ehemaliger Fußball-Nationalspieler
Martin Puntigam: mit Sturm Graz in den 90er Jahren, Ein dreimal Meister, dreimal Cupsieger,
Martin Puntigam: eine sogenannte Klub-Legende. Hallo.
Gilbert Prilasnig: Hallo.
Martin Puntigam: Aber weil er das offenbar nicht ausgelastet hat, unter Hannes Kartnik auch Champions
Martin Puntigam: League zu spielen, hat er daneben schon Linguistik studiert, seit ein paar Tagen.
Martin Puntigam: Ganz frisch ist er Master in klinischer Linguistik.
Martin Puntigam: Was das ist, klinische Linguistik, ob das einfach nur bedeutet,
Martin Puntigam: dass wenn man verletzt ist, Dass man klug scheißt im Krankenhaus oder ganz was
Martin Puntigam: anderes, wird er heute Abend auch erklären, wenn wir einen Bogen versuchen zu spannen.
Martin Puntigam: Von einer Kindheit in Vorarlberg, Wellness in Nizza und Bari,
Martin Puntigam: nach Paris gehen, von Musil zu Horvath, von einem Volkstheater zur Volkskultur,
Martin Puntigam: von Krimi zur Kriminalität,
Martin Puntigam: vom Wiesnfußball mit der Oma über die Schülerliga mit Schopp,
Martin Puntigam: Zur Champions League, Sprachwissenschaft und Theologie, zu Traumtoren,
Martin Puntigam: Frauenfußball, das Fische-Zeitalter, die Grausamkeit von französischen Baumästen.
Martin Puntigam: Die große steirische Chauvinismusfrage beantworten. Sturm oder GERK?
Martin Puntigam: Wenn wir das denn alles schaffen, in dem Zeitrahmen, den wir vorgenommen haben,
Martin Puntigam: also fangen wir an mit Nicole Streitler-Kastberger.
Martin Puntigam: Hallo, du bist geboren in Dornbirn und es ist ganz frisch, deshalb eine Frage zum Wahlergebnis.
Martin Puntigam: Jetzt seit, glaube ich, 80 Jahren das erste Mal, das erste Mal in der Zweiten
Martin Puntigam: Republik hat es einen Wechsel gegeben in Dornbirn.
Martin Puntigam: Bis dahin war das ÖVP dominiert. Es gibt einen SPÖ-Bürgermeister.
Martin Puntigam: Berührt dich das noch oder bist du schon zu lang weg?
Nicole Streilter-Kastberger: Nein, das berührt mich sehr, weil das eigentlich eine Enttäuschung meiner Kindheit
Nicole Streilter-Kastberger: war, dass immer die ÖVP gewonnen hat.
Nicole Streilter-Kastberger: Das war einfach nicht auszuhalten.
Martin Puntigam: Also du hast einen Luftspunk gemacht wie in der Steiermark, ähnlich ein FPÖ-Landeshauptmann gekommen.
Nicole Streilter-Kastberger: Nein, ich glaube, es spricht dafür, dass die Wähler inzwischen mobiler geworden
Nicole Streilter-Kastberger: sind und flexibler. Und in Dornbirn hat es natürlich die Komplikation gegeben,
Nicole Streilter-Kastberger: dass beide Spitzenkandidaten Fessler geheißen haben.
Nicole Streilter-Kastberger: Jetzt weiß man nicht genau, ob sie beim richtigen Fessler das Kreuz gemacht haben.
Nicole Streilter-Kastberger: Also dazu kann ich auch eine kleine Horvath-Story anfügen. Vom Horvath gibt
Nicole Streilter-Kastberger: es eine lustige Geschichte, die heißt Aus den Weißblauen Kalkalpen.
Nicole Streilter-Kastberger: Da geht es um eine Wahl und bei dieser Wahl haben 67 von 68 Mitbürgern des kleinen
Nicole Streilter-Kastberger: Ortes Mittersöching die Bayerische Volkspartei gewählt und einer oder eine hat
Nicole Streilter-Kastberger: die Kommunisten gewählt.
Nicole Streilter-Kastberger: Und jetzt hat man sich auf die Suche begeben nach diesem roten Hund und hat
Nicole Streilter-Kastberger: ihn im Underbauer vermutet, der schon des Öfteren aufgefallen ist durch irgendwelche Abartigungen.
Nicole Streilter-Kastberger: Hobbys oder so. Und dann ist man aber draufgekommen, dass diese rote Stimme
Nicole Streilter-Kastberger: von der Schwester, von der 80-jährigen Schwester des Pfarrers stammte,
Nicole Streilter-Kastberger: die leider beim Wahlgang ihre Brille zu Hause vergessen hatte und deshalb das
Nicole Streilter-Kastberger: Kreuz an der falschen Stelle gemacht hat.
Martin Puntigam: In Dornbirn bist du aufgewachsen. Dornbirn ist ja die Point eines berühmten
Martin Puntigam: Jesus-Witzes, nämlich Dornbirn, wie man Jesus auf Vadelbergerisch nennt, bekanntlich.
Martin Puntigam: Wenn du dort aufgewachsen bist und der ÖVP-Patronant und dann später Literaturwissenschaftlerin,
Martin Puntigam: Kritikerin, Autorin geworden bist, hast du ganz klassisch, wie man das denn so vermuten würde,
Martin Puntigam: vom Stereotyp her als Kind viel gelesen, um dir deine eigene Welt abseits der
Martin Puntigam: ÖVP-Dominanz zu erfinden?
Nicole Streilter-Kastberger: Nein, ich war eigentlich keine große Leserin in meiner Jugend,
Nicole Streilter-Kastberger: weil wir haben am Stadtrand von Dornbirn gewohnt und umgeben von Wiesen,
Nicole Streilter-Kastberger: die niemanden gehört haben scheinen und irgendwie sind wir ständig in den Wiesen
Nicole Streilter-Kastberger: unterwegs gewesen, haben Spiele gespielt.
Nicole Streilter-Kastberger: Es war auch so, dass ich eigentlich die Älteste war von diesen Nachbarskinder,
Nicole Streilter-Kastberger: die rund um uns gewohnt haben.
Nicole Streilter-Kastberger: Also nicht wesentlich älter, aber ein bisschen älter. Und dann sind sie oft
Nicole Streilter-Kastberger: zu mir gekommen und haben gefragt, was sollen wir spielen, was können wir spielen.
Nicole Streilter-Kastberger: Und ich musste mir immer Spiele ausdenken.
Nicole Streilter-Kastberger: Und wir haben dann wirklich aus Langeweile im Sommer auch Schule gespielt.
Nicole Streilter-Kastberger: Also in den Sommerferien Englisch, Deutsch, Mathe gepaukt.
Martin Puntigam: Und was war besser, Schule spielen oder in die Schule gehen?
Nicole Streilter-Kastberger: Also ich bin nicht ungern in die Schule gegangen, aber die Ferien waren mir
Nicole Streilter-Kastberger: schon auch recht prinzipiell.
Nicole Streilter-Kastberger: Wir haben auch sehr viel im Garten gewerkelt, also den Eltern geholfen,
Nicole Streilter-Kastberger: freiwillig oder unfreiwillig.
Nicole Streilter-Kastberger: Manchmal mussten wir Ribiesel brocken, also bei uns heißen die Johannisbär.
Nicole Streilter-Kastberger: Dabei haben wir meistens Ö3 gehört, auf so einem kleinen Transistorradio,
Nicole Streilter-Kastberger: den wir uns mit in die Wiese genommen haben.
Nicole Streilter-Kastberger: Mit Batterien bestückt natürlich, so wie man das damals hatte.
Nicole Streilter-Kastberger: Manchmal sogar aufgenommen währenddessen auf diesen Kassetten,
Nicole Streilter-Kastberger: die wir damals noch hatten.
Nicole Streilter-Kastberger: Ja und zum Lesen bin ich relativ wenig gekommen im Sommer, muss ich sagen und
Nicole Streilter-Kastberger: das Lesen ist bei mir von der Familie auch nicht unbedingt weitergegeben worden,
Nicole Streilter-Kastberger: also meine Eltern haben auch wenig gelesen,
Nicole Streilter-Kastberger: es gibt keine Lesekultur in meiner Familie, aber irgendwo bin ich dann über
Nicole Streilter-Kastberger: die Schule eigentlich zur Literatur gekommen,
Nicole Streilter-Kastberger: vor allem über das Gymnasium und da muss ich sagen, war nicht der Deutschlehrer
Nicole Streilter-Kastberger: schuld, sondern eigentlich die Französisch- und die Englischlehrerin,
Nicole Streilter-Kastberger: die nämlich wirklich tolle Texte mit uns gelesen haben.
Martin Puntigam: Die haben nicht gesagt, du bist so schlecht in Englisch und Französisch,
Martin Puntigam: konzentriert ihr auf Deutsch, sondern die haben interessante Texte in ihren
Martin Puntigam: Unterrichtsfächern gemacht.
Nicole Streilter-Kastberger: Genau, zum Beispiel Antigon von Jean Ennuy oder The Catcher in the Rye.
Nicole Streilter-Kastberger: Der Deutschlehrer hat interessanterweise die Devise gehabt, er will mit uns
Nicole Streilter-Kastberger: keine Literatur machen, Und er hat nur Faust 1 mit uns gemacht.
Nicole Streilter-Kastberger: Und dann hat er gesagt, so, und jetzt ist es vorbei mit der Literatur,
Nicole Streilter-Kastberger: weil es interessiert euch eh nicht und ich lasse mir sicher nicht die tollen
Nicole Streilter-Kastberger: Texte von euch verderben.
Nicole Streilter-Kastberger: Der ist dann später Direktor geworden, aber in einer anderen Schule, in Pregens dann.
Martin Puntigam: Ja, aber da muss man sagen, da ist ja Außenunterricht in die Verwaltung abgezogen
Martin Puntigam: worden. Das war ein Win-Win für beide Seiten.
Nicole Streilter-Kastberger: Möglicherweise, ja, genau.
Martin Puntigam: Catch in the Rye und Antigone oder Antigone, das sind eigentlich klassische
Martin Puntigam: Schullektürebücher, also so außergewöhnlich ist das ja gar nicht,
Martin Puntigam: nur weil der Deutschprofessor so widerwillig war. Bist du dann tatsächlich zum Lesen gekommen?
Nicole Streilter-Kastberger: Ich habe dann, also Deutsch hat mich trotzdem fasziniert, weil er ein toller
Nicole Streilter-Kastberger: Lehrer war prinzipiell, also er hat auch wenig Grammatikunterricht gemacht,
Nicole Streilter-Kastberger: er hat überhaupt wenig unterrichtet.
Nicole Streilter-Kastberger: Wir haben eigentlich die ganze Zeit diskutiert und geredet und wir hatten dann
Nicole Streilter-Kastberger: schon raus, wenn wir mit irgendeinem politischen Thema gleich kommen am Beginn
Nicole Streilter-Kastberger: der Stunde, dann fällt die Grammatik wieder aus.
Martin Puntigam: Das gibt es ja eigentlich aus jeder Biografie. Wir haben so einen Geografie-Professor
Martin Puntigam: gehabt, der noch im Zweiten Weltkrieg war als Soldat.
Martin Puntigam: Wenn man den richtig erwischt hat, war die Stunde auch vorbei.
Nicole Streilter-Kastberger: Ja, auch die Lehrer haben es gern gemütlich. Auf jeden Fall habe ich dann beschlossen,
Nicole Streilter-Kastberger: dass ich in Deutsch maturieren werde und dafür musste ich dann doch eine Literaturliste
Nicole Streilter-Kastberger: von circa 30 Titeln vorlegen und habe dann in der sechsten,
Nicole Streilter-Kastberger: siebten und achten Klasse doch sehr viel deutschsprachige Literatur gelesen.
Martin Puntigam: Das hat er dann gemacht, weil das bei der Matura halt üblich war,
Martin Puntigam: wenn man das doch machen hat müssen, aber weil er gesehen hat,
Martin Puntigam: dass das was für die sein könnte.
Nicole Streilter-Kastberger: Nein, das ist das Übliche eigentlich, ja.
Martin Puntigam: Und dann hast du maturiert und hast dann zu studieren begonnen, was?
Nicole Streilter-Kastberger: Genau, habe dann zuerst Biologie studiert. Dann habe ich aber gesehen,
Nicole Streilter-Kastberger: dass Biologie mir eigentlich dann an der Uni doch zu langweilig war,
Nicole Streilter-Kastberger: weil man so viel auswendig lernen musste und ich hatte darauf überhaupt keine Lust mehr.
Nicole Streilter-Kastberger: Also jeder kennt ja diese Ziegel, Botanik und Zoologie, diese blau-dunkelblau-hellblau-weiß
Nicole Streilter-Kastberger: gestreiften Bücher, die auch alle Mediziner in den Regalen stehen haben und
Nicole Streilter-Kastberger: irgendwie, ich wollte nicht mehr auswendig lernen, keine Ahnung.
Nicole Streilter-Kastberger: Und dann habe ich umgesattelt auf Germanistik und dann war da der Professor
Nicole Streilter-Kastberger: Schmidt-Dengler, ich weiß nicht, ob der hier noch bekannt ist,
Nicole Streilter-Kastberger: der war einfach faszinierend und hat mich wirklich, dann habe ich gewusst,
Nicole Streilter-Kastberger: Im richtigen Studium. Ich habe zwar nicht gewusst, was ich dann damit später
Nicole Streilter-Kastberger: anfangen sollte, weil Germanistik zu studieren, nicht auf Lehramt,
Nicole Streilter-Kastberger: sondern auf Diplom, ist natürlich eine riskante Sache.
Nicole Streilter-Kastberger: Und ich hatte auch eine ältere Studienkollegin oder eigentlich hat sie was anderes
Nicole Streilter-Kastberger: studiert, was viel Gescheiteres, nämlich Politikwissenschaften.
Nicole Streilter-Kastberger: Aber die hat mir gesagt, was willst du mit Germanistik machen?
Nicole Streilter-Kastberger: Da habe ich gesagt, keine Ahnung, aber ich will ein Studium haben,
Nicole Streilter-Kastberger: das mich fasziniert und das mich begeistert und das war es dann auch.
Martin Puntigam: Ja, aber Lehramt wäre nicht so gefährlich gewesen. Du hättest ja gewusst,
Martin Puntigam: wie man einfach einen Unterricht hält.
Nicole Streilter-Kastberger: Ja, offensichtlich hat dann dieser Lehrer, mein Deutschlehrer den Effekt gehabt,
Nicole Streilter-Kastberger: dass ich nicht Deutschlehrerin werden wollte.
Martin Puntigam: Aber immerhin Germanistik studiert hast und die dann an deiner Dissertation,
Martin Puntigam: am großen Brocken der österreichischen Literatur, der deutschsprachigen Literatur
Martin Puntigam: abgearbeitet hast, nämlich Robert Musil.
Nicole Streilter-Kastberger: Genau. Musil, das war wirklich eine unglaubliche Leidenschaft von mir.
Nicole Streilter-Kastberger: Also als ich den Mann ohne Eigenschaften gelesen habe, habe ich gedacht,
Nicole Streilter-Kastberger: okay, das ist jetzt echt das beste Buch, das ich jemals gelesen habe.
Nicole Streilter-Kastberger: Habe den dann unglaublich durchgeackert und bin dann zu Schmidt-Engler gegangen
Nicole Streilter-Kastberger: und habe gesagt, ich würde gerne über Musil promovieren.
Nicole Streilter-Kastberger: Und dann hat er gemeint, oh, da suchen sie sich aber was Schweres aus.
Nicole Streilter-Kastberger: Dann habe ich gesagt, ja, weiß ich nicht, das interessiert mich einfach.
Nicole Streilter-Kastberger: Und was mich besonders interessiert hat, waren seine Literatur- und Theaterkritiken.
Nicole Streilter-Kastberger: Und das ist ein Feld, das eigentlich wenig beackert war zu dem Zeitpunkt noch.
Nicole Streilter-Kastberger: Also da gab es kaum Forschungsarbeiten dazu.
Nicole Streilter-Kastberger: Und so etwas eignet sich natürlich für eine Dissertation dann besonders,
Nicole Streilter-Kastberger: weil man was Neues vorlegen kann und einen neuen Bereich aufarbeiten.
Nicole Streilter-Kastberger: Und das habe ich dann gemacht.
Martin Puntigam: Robert Musil, eben der Mann ohne Eigenschaften, gilt ja als besonders umfangreiches
Martin Puntigam: Werk, schwer zu lesen. Ganz viele Leute trauen sich nicht drüber.
Martin Puntigam: Oder Florian hat im Vorfeld gesagt, er hat ihn aus anderen Gründen nicht gelesen.
Florian Freistetter: Ja, nein, ich habe tatsächlich auch natürlich von Musil gehört.
Florian Freistetter: Ich habe einen ganz anderen Deutschlehrer gehabt.
Florian Freistetter: Nein, wir haben Sachen gelesen in Deutsch, aber bei uns war man nur dann Einser-Schüler
Florian Freistetter: in Deutsch, wenn man Tennis gespielt hat, weil der Deutschlehrer auch letztendlich
Florian Freistetter: der Chef der Schultennismannschaft war.
Florian Freistetter: Und wenn man gut im Tennis war, hat man immer einen Einser bekommen und wenn
Florian Freistetter: nicht, dann nicht. Und ich war nicht so gut im Tennis.
Martin Puntigam: Also hauptsächlich Sätze, oder?
Florian Freistetter: Ja, ja, genau. Das war das Problem mit den Sätzen. Aber tatsächlich hat er am
Florian Freistetter: Ende doch noch dazu beigetragen, dass er mich sehr auch für die deutschsprachige
Florian Freistetter: Literatur interessiert hat, weil ich habe auch in Deutsch maturiert,
Florian Freistetter: sogar vertiefend, glaube ich.
Florian Freistetter: Da muss man ein Spezialthema aussuchen. Ich habe gesagt, ich mache irgendwas
Florian Freistetter: Fentes Literatur. Er hat gesagt, das geht schon gar nicht.
Florian Freistetter: Aber ich soll die Prager deutschen Literaten lesen. Und von denen habe ich überhaupt
Florian Freistetter: nichts gewusst. Und habe ich gelesen und die fand ich absolut großartig.
Florian Freistetter: Und finde ich immer noch großartig.
Florian Freistetter: Leo Perutz, mein großer Fan. Ja, über Umwege habe ich dann angefangen,
Florian Freistetter: alles andere, deutschsprachige Literatur, so Kanon, zu lesen.
Florian Freistetter: Und bin dann auch auf Musel gestoßen und dachte, das fange ich jetzt an,
Florian Freistetter: weil da erzählen alle, das ist so super.
Florian Freistetter: Und dann habe ich irgendwo gelesen, das ist nicht zu Ende geschrieben, das Buch.
Florian Freistetter: Und da habe ich gedacht, nee, dann lese ich es auch nicht. Weil ich lese es
Florian Freistetter: jetzt nicht, ohne dass ich dann, dann hört das auf und ich weiß nicht,
Florian Freistetter: wie es ausgeht, das mache ich nicht.
Florian Freistetter: Also vielleicht fange ich es nochmal irgendwann an, aber damals hat mir das abgeschreckt.
Florian Freistetter: Und dann bis jetzt, das steht immer noch irgendwo zu Hause bei mir,
Florian Freistetter: aber ich habe noch keinen zweiten Anlauf genommen bis jetzt.
Martin Puntigam: Spielsatz Siegprägung aus dem Deutschunterricht. Das war bei dir aber anders.
Martin Puntigam: Eine Dissertation über Musil, das wollte ich eigentlich erzählen, ist ja sehr lustig.
Martin Puntigam: Also wenn man sich abschrecken lässt, weil er nicht fertig geschrieben ist,
Martin Puntigam: ist ja ausgesprochen unterhaltsames und lustiges Buch.
Martin Puntigam: Also ich habe oft lachen, war noch sehr viel jünger damals und habe jetzt nicht
Martin Puntigam: einen einfacheren Humor gehabt, aber noch mehr Zeit zum Lesen.
Martin Puntigam: Aber war erstaunt, weil alle gesagt haben, das ist dieses arge Buch und Bruno
Martin Puntigam: Kreisky hat das ja als Flagship vor sich her getragen, dass das das super Buch
Martin Puntigam: sei und alle anderen haben gesagt, es ist so dick, kann man nicht lesen,
Martin Puntigam: es ist so schwierig und kompliziert, aber es ist eigentlich ein sehr lustiges Buch.
Nicole Streilter-Kastberger: Ja, lustig. Es ist halt ironisch vieles.
Nicole Streilter-Kastberger: Und es gibt sehr witzige Figuren drin, zum Beispiel diesen Generalsturm von Bordwehr.
Nicole Streilter-Kastberger: Das ist so ein typischer General der K- und K-Monarchie, der halt ziemlich komische
Nicole Streilter-Kastberger: Sprüche dauernd ablässt.
Nicole Streilter-Kastberger: Und generell würde ich sagen, ist es halt so ironisch im Sinne auch von Thomas
Nicole Streilter-Kastberger: Mann, den ich auch relativ gerne lese, allerdings nicht so häufig wie Musil.
Nicole Streilter-Kastberger: Und Musil, also den Mann ohne Eigenschaften, kann man inzwischen relativ gut
Nicole Streilter-Kastberger: lesen, in einer schönen Ausgabe lesen, die im Jung und Jung Verlag vor ein paar Jahren erschienen ist.
Nicole Streilter-Kastberger: Und da fasst dieser Mann ohne Eigenschaften sechs Bände der zwölfbändigen Werkausgabe.
Nicole Streilter-Kastberger: Allerdings sind die ersten beiden Bände schon vergriffen, also muss man sich
Nicole Streilter-Kastberger: irgendwie anders besorgen, entweder antiquarisch oder in der Bibliothek oder als E-Book.
Florian Freistetter: Vielleicht kann man das Buch von der KI fertig schreiben lassen,
Florian Freistetter: die kann doch sowas heutzutage.
Nicole Streilter-Kastberger: Davon rate ich ab.
Nicole Streilter-Kastberger: KI in Ehren. Ich weiß gar nicht, ob die den Mann ohne Eigenschaften überhaupt kennt.
Florian Freistetter: Die haben durch die ganzen Bibliotheken gebraucht.
Martin Puntigam: Doch, da ist ja alles bestohlen worden. Das wird schon drinnen sein.
Nicole Streilter-Kastberger: Ja, ja. Gut. Also Musil hat an einer Stelle notiert, alle Linien führen zum Krieg.
Nicole Streilter-Kastberger: Das Buch spielt ja eigentlich 1912, 1913.
Nicole Streilter-Kastberger: Das heißt, es mündet dann eigentlich in den Ersten Weltkrieg hinein.
Nicole Streilter-Kastberger: Aber er wollte das selber eigentlich nicht mehr ausführen. aber es war sowohl
Nicole Streilter-Kastberger: die Idee für den Schluss eventuell.
Martin Puntigam: Das sind ja, Thomas Mann hat dicke Bücher geschrieben, Robert Musil hat unter
Martin Puntigam: anderem dicke Bücher geschrieben, Thomas Mann auch Novellen,
Martin Puntigam: aber Öden von Horvath, der eigentlich den Großteil deines erwachsenen Berufslebens
Martin Puntigam: dominiert hat, hat dünne Bücher geschrieben.
Nicole Streilter-Kastberger: Ja, zum Glück.
Martin Puntigam: Also es war ein Buch, das in der Schule, ich habe es ja ungern gelesen,
Martin Puntigam: als Jugendlicher gern gelesen habe, wenn wir es lesen haben müssen,
Martin Puntigam: Jugend ohne Gott, weil man war einfach sehr schnell fertig.
Nicole Streilter-Kastberger: Ja, also Jugend ohne Gott hat er scheinbar auch wirklich in wenigen Monaten,
Nicole Streilter-Kastberger: möglicherweise sogar in nur zwei Monaten geschrieben.
Nicole Streilter-Kastberger: Es ist trotzdem ein Buch, das literarisch extrem toll ist und ausgearbeitet
Nicole Streilter-Kastberger: ist, weil es so komponiert ist. Ich habe es neulich wieder gelesen zum zigten Male.
Nicole Streilter-Kastberger: Man hat es auch schnell gelesen und ich finde, es ist unglaublich faszinierend,
Nicole Streilter-Kastberger: wie viel Stoff eigentlich drin ist, jetzt abseits dieser Handlung,
Nicole Streilter-Kastberger: der man natürlich mit einer gewissen Spannung folgt, weil es letztlich eine Kriminalhandlung ist.
Nicole Streilter-Kastberger: Und er hat da auch sehr unterschiedliche Genres eigentlich kombiniert in diesem Roman.
Nicole Streilter-Kastberger: Es ist eigentlich auch ein Gerichtssaal-Roman, was ein eigenes Genre auch sein
Nicole Streilter-Kastberger: könnte, ähnlich den Gerichtssaal-Filmen, die es gibt, Zeugen der Anklage oder was auch immer.
Nicole Streilter-Kastberger: Und das ist schon ein spezielles Genre, mit dem man natürlich relativ viele
Nicole Streilter-Kastberger: Leute auch ködern konnte.
Nicole Streilter-Kastberger: Ein Kapitel heißt auch Der Köder. Es geht auch sehr viel ums Ködern in diesem Buch, finde ich.
Martin Puntigam: Jetzt bist du maßgebliche Mitarbeiterin der historisch-kritischen Gesamtausgabe.
Martin Puntigam: Gesamtausgabe kann man sich schon ein bisschen beschrecken von jemandem,
Martin Puntigam: auch wenn er nur so kurz gelebt hat wie den von Horvath, aber er hat sehr viel geschrieben.
Martin Puntigam: Aber was bedeutet denn historisch-kritisch?
Nicole Streilter-Kastberger: Die historisch-kritische Ausgabe zeigt, wie Texte entstanden sind.
Nicole Streilter-Kastberger: Die versucht, die ganze Entstehungsgeschichte von Texten nachzuzeichnen.
Nicole Streilter-Kastberger: Da hat man also, Horvath war jemand, der ab einem gewissen Zeitpunkt sehr viel
Nicole Streilter-Kastberger: Material zu seinen Werken aufgehoben hat, da können wir nachher noch drüber sprechen.
Nicole Streilter-Kastberger: Über diesen Punkt, wieso er das dann ab einem gewissen Zeitpunkt gemacht hat.
Nicole Streilter-Kastberger: Und anhand dieses ganzen literarischen Nachlasses, der in Wien liegt,
Nicole Streilter-Kastberger: in der Nationalbibliothek und in der Wien-Bibliothek im Rathaus,
Nicole Streilter-Kastberger: das sind zusammen etwa 5000 Manuskript- und Typoskriptblätter.
Nicole Streilter-Kastberger: Anhand dieses Nachlasses haben wir diese historisch-kritische Ausgabe gemacht
Nicole Streilter-Kastberger: und haben eben zu jedem fertiggestellten Werk oder auch zu den Fragmenten alle
Nicole Streilter-Kastberger: Manuskripte und Typoskripte, die dazu überliefert waren,
Nicole Streilter-Kastberger: in eine chronologische Reihe gebracht.
Nicole Streilter-Kastberger: Das ist gar nicht so einfach, weil diese genetischen Zusammenhänge,
Nicole Streilter-Kastberger: wie man das auch nennt, oft verwischt sind durch die Ablage dieser Blätter in den Archiven.
Nicole Streilter-Kastberger: In jedem Archiv werden diese Textträger, die Manuskripte und Typoskripte gereiht,
Nicole Streilter-Kastberger: in Mappen abgelegt, in Boxen abgelegt.
Nicole Streilter-Kastberger: Und dann muss der Editor, der Herausgeber oder die Herausgeberin eben versuchen,
Nicole Streilter-Kastberger: diese ursprüngliche Chronologie wiederherzustellen und damit zu zeigen,
Nicole Streilter-Kastberger: wie ein Text von den frühesten Entwürfen bis zur Endfassung dann sich weiterentwickelt
Nicole Streilter-Kastberger: hat oder entstanden ist.
Martin Puntigam: Jetzt ist Herr Öden von Horvath, das werden die meisten wissen,
Martin Puntigam: nicht sehr alt geworden, sehr jung gestorben, er ist verunglückt.
Martin Puntigam: Josef Hader hat das in einem Programm prominent erwähnt, ich glaube unter anderem
Martin Puntigam: deshalb wissen das viele Menschen heute auch noch, von einem Ast erschlagen
Martin Puntigam: worden, ich glaube 37-jährig.
Nicole Streilter-Kastberger: 36 war es sogar erst, ja.
Martin Puntigam: Das ist natürlich ein besonderes Unglück, aber ich glaube, der war da nicht
Martin Puntigam: allein unter dem Ast, oder?
Nicole Streilter-Kastberger: Nein, es waren neun Menschen in diesen Unfall verwickelt.
Nicole Streilter-Kastberger: Also das war ein Gewittersturm auf den Champs-Élysées in Paris und der Blitz
Nicole Streilter-Kastberger: hat in diesen Ast oder in diesen Baum, in diese Platane eingeschlagen und es
Nicole Streilter-Kastberger: ist ein Ast runtergebrochen.
Nicole Streilter-Kastberger: Neun Menschen waren verwickelt in diesen Unfall, aber der Einzige,
Nicole Streilter-Kastberger: der verstorben ist, war Horvath selber.
Florian Freistetter: Das ist übrigens fast das Einzige, glaube ich, was mich mit Öden von Horvath verbindet.
Florian Freistetter: Also es gibt natürlich nichts, was mich mit verbindet, aber ich wäre auch fast
Florian Freistetter: mal vom Aster schlagen worden. Ich
Florian Freistetter: weiß nicht, ob schon mal jemand die Uni-Sternwarte in Wien besucht hat.
Florian Freistetter: Mittlerweile ist der öffentlich zugänglich. Also der Park ist öffentlich zugänglich.
Florian Freistetter: Zu meiner Studienzeit war der nur für die Leute zugänglich, die da gearbeitet und studiert haben.
Florian Freistetter: Und da gab es die Hauptwege und dann so einen Nebenwegerl, wunderschöner,
Florian Freistetter: verwilderter Waldpark. und überall standen Schilder, bitte auf den markierten
Florian Freistetter: Wegen bleiben oder diese Wege nicht begehen, wegen Gefahr herbstürzende Äste.
Florian Freistetter: Und uns hat das halt bis einmal immer die Abkürze genommen oder so im Wald rumgelaufen.
Florian Freistetter: Und dann sind wir eh immer geschimpft worden von den zuständigen Professorinnen
Florian Freistetter: und Professoren, dass man da nicht irgendwie absetzte Wege gehen soll,
Florian Freistetter: weil sonst fällt uns der Ast am Kopf. Aber wir haben es nicht gemacht.
Florian Freistetter: Und dann ist mal einmal ein Ast direkt vor der Nase runtergekommen.
Florian Freistetter: Also war kein großer Ast, wahrscheinlich wäre er nicht gestorben,
Florian Freistetter: aber er hätte mich zumindest leicht irritiert oder leicht verletzt.
Florian Freistetter: Also dann hätte ich ja noch mehr.
Martin Puntigam: Hättest du im Krankenhaus Öden von Horvath?
Florian Freistetter: Ja, also ich habe gerade überlegt, ob es noch mehr gäbe, was sich mit Öden von
Florian Freistetter: Horvath verbindet, aber ich glaube, das war es.
Gilbert Prilasnig: Mir ist gerade eingefallen, dass ich auch deine Verbindung zum Öden von Horvath habe.
Martin Puntigam: Du hast viel trainiert und hast dann einen Aust gehabt?
Gilbert Prilasnig: Nein, ich war vor knapp zwei Jahren in Sacramento, in Kalifornien,
Gilbert Prilasnig: in der Sacramento State University, bei seinem Fußball-Sozialprojekt,
Gilbert Prilasnig: der hat dort stattgefunden.
Gilbert Prilasnig: Und es war kein Sturm und es war kein Wind und es war wunderschönes, heißes Wetter.
Gilbert Prilasnig: Ich bin dort entlang spaziert, an der Straße, wo viele Äste waren.
Gilbert Prilasnig: Und da ist auch ein Ast runtergekommen, plötzlich wie aus heiterem Himmel,
Gilbert Prilasnig: ohne Vorwarnung. Der war scheinbar so trocken.
Gilbert Prilasnig: Aber das war ein Ast, der sicher ähnlich groß war, wie der der Oedon von Harvard getroffen hat.
Gilbert Prilasnig: Gott sei Dank war ich ungefähr 10 bis 15 Meter davon entfernt.
Gilbert Prilasnig: Also das Auto, das er begraben hat, das war schwer beschädigt.
Martin Puntigam: Das scheint eine österreichische Tradition zu sein.
Nicole Streilter-Kastberger: Ja, und weil man natürlich zu Harvard arbeitet und an Harvard so lange geforscht
Nicole Streilter-Kastberger: hat, hat man diesen Tod natürlich auch ständig im Kopf.
Nicole Streilter-Kastberger: Also ich habe bei Gewitterstürmen Parks immer gemieden, weil ich wollte nicht
Nicole Streilter-Kastberger: die Schlagzeile meiner Nachwelt hinterlassen, Horvath-Forscherin von Aster schlagen.
Martin Puntigam: Aber ich glaube, dann würden sich sehr viel mehr Menschen sehr viel länger an
Martin Puntigam: dich erinnern, als es sonst vielleicht der Fall wäre.
Nicole Streilter-Kastberger: Könnte sein, ja, ja.
Martin Puntigam: Und da ranken sie ja viele Anekdoten rund um diesen tragischen Unfalltod,
Martin Puntigam: nämlich dass Öden von Horvath von einer Wahrsagerin, zumindest steht es im Wikipedia-Artikel drinnen,
Martin Puntigam: gewarnt worden sei, dass um die Zeit, wo er dann tatsächlich verunglückt ist,
Martin Puntigam: was Besonderes auf ihn warten würde.
Martin Puntigam: Und er war selber so abergläubisch, dass er nach einer Regiebesprechung mit
Martin Puntigam: Robert Siertmack, oder Siertmack, wie man ihn dann später genannt hat,
Martin Puntigam: nicht mit dem Auto ins Hotel gefahren ist, weil es zu gefährlich war.
Nicole Streilter-Kastberger: Genau. Also genau an diesem Tag, an seinem letzten Lebenstag,
Nicole Streilter-Kastberger: hat er sich mit Robert Siodmec in einem Café in Paris getroffen,
Nicole Streilter-Kastberger: um über eine mögliche Verfilmung von Jugend ohne Gott zu sprechen.
Nicole Streilter-Kastberger: Und es war schon sehr bewölktes Wetter, sage ich jetzt einmal,
Nicole Streilter-Kastberger: oder der Himmel war schon relativ stark bewölkt.
Nicole Streilter-Kastberger: Und die Siodmecs haben ihm angeboten, ihn mit dem Auto zurückzukehren.
Nicole Streilter-Kastberger: Und er hat das abgelehnt, weil
Nicole Streilter-Kastberger: er eben Angst hatte vor dieser Wahrsagerei oder vor dieser Wahrsagung,
Nicole Streilter-Kastberger: dass er eben in den ersten Junitagen des Jahres 1938, je nach Kolportage heißt es,
Nicole Streilter-Kastberger: das größte Erlebnis seines Lebens haben würde oder dass die für sein Leben entscheidend sein würden.
Nicole Streilter-Kastberger: Und er hat sich da alles Mögliche dazu gedacht und auch keine Aufzüge mehr verwendet.
Nicole Streilter-Kastberger: Also in dem Hotel, in dem er gewohnt hat, im Paris Hotel Univers hat das damals
Nicole Streilter-Kastberger: geheißen, hat er auch den Aufzug nicht benutzt, obwohl er im sechsten Stock gewohnt hat.
Martin Puntigam: Eigentlich wäre es gesund gewesen, die Stiegen zu nehmen.
Nicole Streilter-Kastberger: Es wäre gesünder gewesen, mit dem Auto zu fahren, auf jeden Fall.
Martin Puntigam: Wie wir erfahren haben, kann das für Autos auch sehr schlecht sein,
Martin Puntigam: wenn es nicht von oben kommt.
Nicole Streilter-Kastberger: Genau, das stimmt.
Martin Puntigam: Jetzt hast du vorher erwähnt, es gibt aber am gewissen Zeitpunkt viele Aufzeichnungen
Martin Puntigam: von ihm, weil er ist sehr unerwartet gestorben, ein Nachlass,
Martin Puntigam: wenn man meinetwegen sehr eitel ist und sie denkt, die Nachwelt soll bitte unbedingt
Martin Puntigam: mich im Gedächtnis behalten, dann fängt man irgendwann an zum Sammeln,
Martin Puntigam: aber er hat ja nicht mit seinem Ableben gerechnet.
Martin Puntigam: Warum gibt es da so viel aufzuarbeiten?
Nicole Streilter-Kastberger: Ja, also es gab ein einschneidendes Erlebnis sozusagen wieder mal und zwar hat
Nicole Streilter-Kastberger: er als junger Autor von 1922 bis 1930, hat er immer alle Erlebnisse.
Nicole Streilter-Kastberger: Bruchstücke oder Entstehungsstufen zu einem fertigen Werk weggeschmissen.
Nicole Streilter-Kastberger: Wenn dieses Werk endlich fertig war.
Nicole Streilter-Kastberger: Also alles, was an Vorstufen da war, an Skizzen, an Entwürfen,
Nicole Streilter-Kastberger: hat er dann für nicht aufhebenswürdig betrachtet und hat das weggeschmissen.
Nicole Streilter-Kastberger: Dann hat er aber im Jahr 1930, nachdem bereits sein Stück die Bergbahn relativ
Nicole Streilter-Kastberger: erfolgreich in Berlin gespielt worden war, hat sich ein Archivleiter,
Nicole Streilter-Kastberger: nämlich der Hans-Ludwig Held von der Münchner Stadtbibliothek bei ihm gemeldet
Nicole Streilter-Kastberger: und hat ihn um ein Manuskript für sein Archiv gebeten, weil das war damals schon sehr üblich,
Nicole Streilter-Kastberger: dass man eben Manuskripte von berühmten Autorinnen und Autoren gesammelt hat,
Nicole Streilter-Kastberger: um die dann ausstellen zu können oder überhaupt um das Archiv aufzuwerten.
Nicole Streilter-Kastberger: Und dann hat ihm Horvath zurückgeschrieben, leider hat er die schlechte Angewohnheit,
Nicole Streilter-Kastberger: alles zu verbrennen, sobald ein Werk in einer Endfassung vorliegt,
Nicole Streilter-Kastberger: also alles Entstehungsmaterial.
Nicole Streilter-Kastberger: Und das ist sozusagen der Zeitpunkt, an dem er dann darüber nachzudenken begonnen
Nicole Streilter-Kastberger: hat offensichtlich, dass das, was er dann vorstufen, angesammelt hat,
Nicole Streilter-Kastberger: auch von einem gewissen Wert sein könnte.
Nicole Streilter-Kastberger: Und er hat dem Herrn Held versprochen, dass er ihm irgendwann sicher ein Manuskript
Nicole Streilter-Kastberger: zur Verfügung stellen kann.
Nicole Streilter-Kastberger: Und von diesem Zeitpunkt an kann man sagen, hatte er ein Nachlassbewusstsein,
Nicole Streilter-Kastberger: wie man das heutzutage nennt.
Nicole Streilter-Kastberger: Nämlich eben die Vorstellung, dass das, was er da an Materialien ansammelt,
Nicole Streilter-Kastberger: an Entstehungsgeschichtlichen, dass das auch durchaus für die Nachwelt noch
Nicole Streilter-Kastberger: interessant sein könnte.
Martin Puntigam: Das heißt, er war mehr oder weniger, kann man davon ausgehen,
Martin Puntigam: Vorläufer für heutige Autoren, Autorinnen, die einen Teil ihrer Zeit schon darauf
Martin Puntigam: verwenden, damit etwas übrig bleibt von Ihnen?
Nicole Streilter-Kastberger: Ja, inzwischen ist ja der Nachlass- oder Vorlasshandel, wie man eigentlich sagen
Nicole Streilter-Kastberger: muss, weil das machen die Autorinnen und Autoren jetzt schon zu Lebzeiten,
Nicole Streilter-Kastberger: dass sie ihre Manuskripte verkaufen an die Archive.
Nicole Streilter-Kastberger: Das ist so wie der Ablasshandel im Mittelalter, ein sehr einträgliches Geschäft.
Martin Puntigam: Also da sammelt man absichtlich, da schaut man, dass man… Genau.
Nicole Streilter-Kastberger: Man legt auch schon eine Ordnung an, damit die Archivare dann nicht so schludern
Nicole Streilter-Kastberger: wie bei Horvath, sondern dann ist alles schön geordnet, was zu jedem Werk gehört
Nicole Streilter-Kastberger: und dann kann man das wunderbar nachvollziehen.
Martin Puntigam: Das ist eine seltsame Form von Eitelkeit, weil wenn man dann tot ist,
Martin Puntigam: ist man ja eh tot oder ist das so wichtig für einen Vorlasshandel?
Nicole Streilter-Kastberger: Ich glaube, man hat dann das Gefühl, dass man eben nicht tot ist,
Nicole Streilter-Kastberger: auch wenn man tot ist, wenn die eigenen Manuskripte weiterleben.
Nicole Streilter-Kastberger: Ja, also das ist eine Form, sich die Ewigkeit zu erkaufen eigentlich,
Nicole Streilter-Kastberger: beziehungsweise wird man eigentlich noch dafür bezahlt.
Florian Freistetter: Dass man die Ewigkeit bekommt. Man kann, wenn man Geld dafür kriegt,
Florian Freistetter: dass ich das Zeug, was ich gescheit fertig geschrieben habe,
Florian Freistetter: auch noch mitverkauf, dann kann ich das einem Buch kann ich dann dreimal verkaufen.
Florian Freistetter: Also das würde ich auch machen, wenn es jemanden interessieren würde dafür.
Martin Puntigam: Also alle Vorlasshändler, der Welt, die den Podcast hören, Florian Freistädter,
Martin Puntigam: hat zu wenig Platz in seiner Wohnung und wird gern was loswerden.
Martin Puntigam: Wenn du sagst, die Archivare, Archivarinnen haben geschludert beim Horvath.
Nicole Streilter-Kastberger: Genau.
Martin Puntigam: Das ist natürlich ein harsches Urteil, dass die Leute, die das gemacht haben,
Martin Puntigam: wahrscheinlich gar nicht so gern hören würden, aber du bist ja doch Fachkraft.
Martin Puntigam: Wenn du so ein Urteil fällst, wie kommst du drauf?
Nicole Streilter-Kastberger: Ja, es gibt eine lange Geschichte, was diesen Horvath-Nachlass betrifft.
Nicole Streilter-Kastberger: Ich werde sie relativ kurz fassen.
Nicole Streilter-Kastberger: Also folgendermaßen ist das wahrscheinlich abgelaufen. Man weiß es ja nicht genau.
Nicole Streilter-Kastberger: Aber Horvath hat dann eben diese Bruchstücke seines Werks gesammelt,
Nicole Streilter-Kastberger: die Manuskripte und Typoskripte und hat die immer wieder, nachdem er selber
Nicole Streilter-Kastberger: ein sehr unstetes Leben geführt hat und eigentlich fast nie einen festen Wohnsitz hatte,
Nicole Streilter-Kastberger: hat er dieses Material dann immer bei seinen Eltern deponiert.
Nicole Streilter-Kastberger: Und dort ist dann so über die Jahre ein relativ großes Horvath-Archiv entstanden, könnte man sagen.
Nicole Streilter-Kastberger: Nach seinem Tod hat dann sein Bruder Lajosch von Horvath, der ein berühmter
Nicole Streilter-Kastberger: Zeichner und Illustrator war, hat dann sich gedacht, mit diesem Nachlass muss
Nicole Streilter-Kastberger: man eigentlich was anfangen.
Nicole Streilter-Kastberger: Er wollte auch die Erinnerung an seinen Bruder irgendwie wachhalten und hat
Nicole Streilter-Kastberger: dann diesen Nachlass, der den Zweiten Weltkrieg in einem Münchner Banksafe überdauert hat,
Nicole Streilter-Kastberger: der der Akademie der Künste in Berlin vermacht oder geschenkt.
Martin Puntigam: Soweit hat Ödin von Horat vorgesorgt, dass er nicht nur sortiert hat und aufgehoben
Martin Puntigam: hat, sondern dann ist auch dafür gesorgt worden, dass das nicht verschwindet in einem Banksafe?
Nicole Streilter-Kastberger: Genau, das haben die Eltern in einem Banksafe deponiert, zum Glück.
Nicole Streilter-Kastberger: Nach dem Krieg eben kam das dann an die Akademie der Künste in Berlin und dort
Nicole Streilter-Kastberger: wurde das, wie das üblich ist in Archiven, wurde dieser Nachlass bearbeitet.
Nicole Streilter-Kastberger: Und bearbeiten heißt vorrangig einmal, es wird alles verzeichnet,
Nicole Streilter-Kastberger: alles bekommt sogenannte Signaturen, damit man es wieder finden kann.
Nicole Streilter-Kastberger: Und es gibt so ein Nachlassverzeichnis auch, wo man sich erkundigen kann,
Nicole Streilter-Kastberger: wenn man zu einem bestimmten Text was sucht.
Nicole Streilter-Kastberger: Jetzt ist aber dort dann, ich werde jetzt den Namen vielleicht besser nicht
Nicole Streilter-Kastberger: nennen, aber es gab eine Bearbeiterin und die hat gesehen, dieser Horvath hat
Nicole Streilter-Kastberger: immer wieder Blätter zerschnitten und neu zusammengeklebt.
Nicole Streilter-Kastberger: Das wurde dann später in der Literaturwissenschaft als Cut-and-Paste-Methode bezeichnet.
Martin Puntigam: Also das, was man heute mit Copy-and-Paste am Computer machen kann,
Martin Puntigam: hat er noch ausschneiden müssen, wenn ihm etwas gelungen war und woanders drüber gelegt?
Nicole Streilter-Kastberger: Mit Schreibmaschine getippt und das Tippen war ihm aber auch relativ mühselig offensichtlich.
Nicole Streilter-Kastberger: Und dann habe ich gedacht, naja, die halbe Seite hier kann ich weiterverwenden,
Nicole Streilter-Kastberger: die ist gut, aber das untere gefällt mir nicht, schneide ich weg.
Nicole Streilter-Kastberger: Tipp was Neues und klebe das dann wieder dran. Also Klebstoff gab es auch schon
Nicole Streilter-Kastberger: und so hat er dann teilweise ganz lange Blätter produziert, die einen halben
Nicole Streilter-Kastberger: Meter teilweise lang waren, weil er so viel aneinander geklebt hat.
Nicole Streilter-Kastberger: Die Frau, die Bearbeiterin in Berlin,
Nicole Streilter-Kastberger: beim nächsten Mal wird es mir rausrutschen, der Name, hat dann gesehen,
Nicole Streilter-Kastberger: da gibt es so Schnittkanten, die sehr unregelmäßig sind, also nicht schön gerade geschnitten.
Nicole Streilter-Kastberger: Horvath war offensichtlich kein guter Bastler, hatte wahrscheinlich im Basteln
Nicole Streilter-Kastberger: so schlechte Noten wie in Deutsch, was er wirklich hatte nämlich.
Martin Puntigam: Das weiß man, dass er im Basteln, also in Werkerziehung schlechte Noten gehabt hat?
Nicole Streilter-Kastberger: Nein, in Deutsch meine ich jetzt. Jedenfalls hat sie dann im Nachlass auch so
Nicole Streilter-Kastberger: kleine Schnipsel entdeckt, die vielleicht so zwei Zentimeter lang nur waren
Nicole Streilter-Kastberger: und hat dann gesehen, okay, da gibt es so unregelmäßige Schnittgarten.
Nicole Streilter-Kastberger: Und hat dann begonnen, diese Schnittkanten an diese überlieferten Blätter wieder
Nicole Streilter-Kastberger: dran zu halten und zu schauen, welche Schnittkanten zusammenpassen,
Nicole Streilter-Kastberger: um zu rekonstruieren, wie diese Blätter wohl ursprünglich ausgeschaut haben.
Martin Puntigam: Aber das ist ja noch nicht ehrenrührig.
Nicole Streilter-Kastberger: Aber dann kam das Ehrenrührige. Dann hat sie nämlich Buntstifte genommen in schönen Farben,
Nicole Streilter-Kastberger: rot, gelb, grün, blau und hat mit diesen Buntstiften in die originale Zierleisten hineingemalt,
Nicole Streilter-Kastberger: um sich da festzuhalten, welche Schnittkanten zusammengehören,
Nicole Streilter-Kastberger: damit sie das später dann wieder nachvollziehen kann und nicht neuerlich auf
Nicole Streilter-Kastberger: die Suche nach den Schnittkanten gehen muss.
Martin Puntigam: Das heißt, diese Kugelschreiber, die man wieder ausradieren kann,
Martin Puntigam: wären Hilfe für Sie gewesen?
Nicole Streilter-Kastberger: Definitiv, ja. Oder vielleicht ein Bleistift wenigstens nur.
Nicole Streilter-Kastberger: Aber Buntstift ist schon krass. Ja, auf jeden Fall haben die Erben.
Martin Puntigam: Dass dann… Also das ist Archivarienfrevel.
Nicole Streilter-Kastberger: Das ist Archivarienfrevel, genau. Und inzwischen muss man auch Handschuhe tragen,
Nicole Streilter-Kastberger: wenn man Manuskripte in die Hand nimmt in solchen Archiven.
Nicole Streilter-Kastberger: Wobei die Handschuhe, das ist auch so eine Sache, die sind eigentlich auch umstritten
Nicole Streilter-Kastberger: inzwischen, weil die ja auch Schmutz ansammeln. und damit übertragen.
Nicole Streilter-Kastberger: Den Schmutz dann vom einen Manuskriptblatt auf das andere.
Martin Puntigam: Kann ja die Handschuhe waschen oder wechseln dazwischen oder ist das unüblich?
Martin Puntigam: Wenn man schon Handschuhe anhat, dann wascht man sie nicht auch noch.
Nicole Streilter-Kastberger: Also ich will jetzt keine Betriebsgeheimnisse ausplaudern, aber im Literaturarchiv
Nicole Streilter-Kastberger: in Wien waren die Handschuhe schon in einem jämmerlichen Zustand und wir haben
Nicole Streilter-Kastberger: dann keine Handschuhe verwendet im Normalfall.
Martin Puntigam: Aber in Filmen sieht man das noch und das wird sich wahrscheinlich noch ganz
Martin Puntigam: lang halten, dass in Archiven Leute Stoffhandschuhe anhaben,
Martin Puntigam: So wie die Defibrillatoren noch immer zwei Bügeleisen sind, die aufgelegt werden,
Martin Puntigam: obwohl man das lange schon nicht mehr macht in der Medizin.
Nicole Streilter-Kastberger: Da kenne ich mich nicht so gut aus, aber die Handschuhe sind definitiv irgendwie
Nicole Streilter-Kastberger: ein Mangel in diesen Archiven.
Nicole Streilter-Kastberger: Da sind sie meistens nicht so gut ausgestattet wie Ärzte jetzt mit Handschuhen.
Martin Puntigam: Jetzt waren die farblich gekennzeichnet mit Buntstiften und das ist wahrscheinlich
Martin Puntigam: nicht nur gut angekommen bei den Menschen, die das gesehen haben, oder?
Nicole Streilter-Kastberger: Genau, also die Erben haben das dann irgendwann erfahren,
Nicole Streilter-Kastberger: also das war dann die Witwe schon von Lajos von Horvath und die hat das erfahren,
Nicole Streilter-Kastberger: dass da eben reingemalt wurde und das ist vom archivarischen Standpunkt wirklich
Nicole Streilter-Kastberger: ein absolutes No-Go, dass man in Maskekte reinschreibt.
Nicole Streilter-Kastberger: Aus diesem Grund wurde dann der Nachlass aus der Berliner Akademie rausgeklagt
Nicole Streilter-Kastberger: von den Erben und Österreich hat sich bereit erklärt,
Nicole Streilter-Kastberger: dafür relativ viel Geld aufzustellen und die Nationalbibliothek und die Wien-Bibliothek
Nicole Streilter-Kastberger: haben dann in einer Gemeinschaftsaktion diesen Nachlass erworben.
Martin Puntigam: Wann war das ungefähr?
Nicole Streilter-Kastberger: 1990.
Martin Puntigam: So spät?
Nicole Streilter-Kastberger: So spät, ja. Das war einer der ersten Nachlässe des Literaturarchivs der ÖNB,
Nicole Streilter-Kastberger: nämlich Nachlass Nummer drei und war wirklich natürlich ein riesen,
Nicole Streilter-Kastberger: Ankauf und eine tolle Sache, dass Horvath dann wieder nach Österreich gekommen
Nicole Streilter-Kastberger: ist, weil ja die Frage, welcher Nationalität Horvath ist, auch eine ständig
Nicole Streilter-Kastberger: akute Frage eigentlich ist.
Nicole Streilter-Kastberger: Geboren ist er ja in Fiume, im heutigen Rijeka, an der Adria, 1901.
Nicole Streilter-Kastberger: Sein Vater war ungarischer Herkunft. Er hat auch Edmund von Horvath,
Nicole Streilter-Kastberger: also Ödün von Horvath geheißen.
Nicole Streilter-Kastberger: Ödün ist ja die ungarische Form von Edmund.
Martin Puntigam: Wenn er in Wien aufgewachsen wäre, dann wäre er der Mundl Horvath gewesen?
Nicole Streilter-Kastberger: Wahrscheinlich, ja. Also er hatte einen ungarischen Pass und zwar sein ganzes
Nicole Streilter-Kastberger: Leben lang eigentlich ist er Ungar. Aber die Ungarn scheren sich nicht viel um ihn eigentlich.
Nicole Streilter-Kastberger: Die wollen ihn nicht für sich reklamieren. So gesehen war es für die Österreicher
Nicole Streilter-Kastberger: und die Deutschen leicht zu sagen, das ist ein österreichischer Auto oder ein deutscher Auto.
Martin Puntigam: Wenn man 20 Jahre lang daran arbeitet, weiß man ja am Anfang nicht,
Martin Puntigam: dass das 20 Jahre wären, sonst würden wir es ja vielleicht gar nicht machen.
Nicole Streilter-Kastberger: Ja, genau. Ich habe wirklich überhaupt nicht in Jahren gedacht.
Nicole Streilter-Kastberger: Diese ganze Horrath-Ausgabe wurde zum Glück nur deshalb ermöglicht,
Nicole Streilter-Kastberger: weil der FWF, der österreichische Forschungsfonds,
Nicole Streilter-Kastberger: immer wieder Projekte, die wir ausgearbeitet haben, akzeptiert hat und damit
Nicole Streilter-Kastberger: diese Ausgabe finanziell ermöglicht hat.
Martin Puntigam: Hast du zwischendurch schon mal die Daumen gedrückt, dass keine Bewilligung
Martin Puntigam: kommt, dass das endlich ein Ende hat?
Nicole Streilter-Kastberger: Nein, also ich habe dann schon auch in karrieretechnischen Schritten gedacht
Nicole Streilter-Kastberger: und habe mir gedacht, es ist schon gut, wenn die das wieder bewilligen.
Nicole Streilter-Kastberger: Also wir hatten immer so für drei bis vier Jahre eine Finanzierung und dann
Nicole Streilter-Kastberger: mussten wir ein neues Projekt einreichen, haben uns dafür auch immer wieder
Nicole Streilter-Kastberger: ein neues Feature, wie wir es dann genannt haben, ausgetauscht.
Nicole Streilter-Kastberger: Zum Beispiel eine digitale Ausgabe, zum Beispiel ein Horvathandbuch.
Nicole Streilter-Kastberger: Und mit diesen Features ist das dann immer wieder durchgegangen.
Nicole Streilter-Kastberger: Die Ausgabe ist auch von Anfang an in der Fachwelt sehr positiv besprochen worden.
Nicole Streilter-Kastberger: Und darauf konnten wir uns natürlich auch berufen.
Nicole Streilter-Kastberger: Ich habe dann ein Kind gehabt auch. Und dann braucht man irgendwie auch ein
Nicole Streilter-Kastberger: dauerhaftes Einkommen, wenn man Familie hat, besonders, finde ich.
Nicole Streilter-Kastberger: Und deshalb war es mir dann auch immer recht, da weiterzuarbeiten an Horvath.
Nicole Streilter-Kastberger: Man muss auch sagen, je mehr man sich natürlich mit seinem Autor beschäftigt
Nicole Streilter-Kastberger: oder einer Autorin, umso spannender wird es letztlich.
Nicole Streilter-Kastberger: Es wird nicht langweilig, im Gegenteil. Es wird immer spannender,
Nicole Streilter-Kastberger: weil man immer tiefer schürfen kann und es war auch jeder Band dieser Werkausgabe,
Nicole Streilter-Kastberger: die dann 19 Bände umfasst hat, nach 20 Jahren,
Nicole Streilter-Kastberger: war wirklich jeder Band wieder eine neue Herausforderung.
Nicole Streilter-Kastberger: Wir mussten unser Editionsprinzip, unser Konzept immer wieder adaptieren an die einzelnen Werke,
Nicole Streilter-Kastberger: weil die Nachlassmaterialien dann immer andere waren auch und wieder spezifische
Nicole Streilter-Kastberger: Herausforderungen gestellt haben an uns.
Nicole Streilter-Kastberger: Und so ist es eigentlich nie langweilig geworden.
Nicole Streilter-Kastberger: Und dann hat man dann 20 Jahre an Horvath gearbeitet.
Martin Puntigam: Nach 20 Jahren ist das Kind groß, da kann man dann aufhören und was anderes machen.
Martin Puntigam: Aber hast du da das Gefühl gehabt, nach 20 Jahren sich so intensiv mit jemandem
Martin Puntigam: zu beschäftigen, dass man den einerseits dann tatsächlich schon auf eine Art
Martin Puntigam: persönlich kennt und auf der anderen Seite, würdest du ihn gerne kennenlernen,
Martin Puntigam: hättest du die Möglichkeit dazu?
Nicole Streilter-Kastberger: Ja, beides. Also ich habe das Gefühl, ihn persönlich zu kennen und würde ihn
Nicole Streilter-Kastberger: aber, das hat man mich schon einmal gefragt, ob ich ihn gerne mal treffen würde, natürlich.
Nicole Streilter-Kastberger: Sehr gern.
Martin Puntigam: Um was zu fragen oder ist das eine zu intime Frage?
Nicole Streilter-Kastberger: Naja, es gibt so ein bisschen die Diskussion immer wieder, ob er nicht sehr
Nicole Streilter-Kastberger: publikumswirksam geschrieben hat.
Nicole Streilter-Kastberger: Und das ist eine Frage, die mich schon sehr beschäftigt, weil ich der Meinung
Nicole Streilter-Kastberger: bin, dass er doch auch eigentlich sehr literarisch geschrieben hat und nicht
Nicole Streilter-Kastberger: so aufs Publikum geschaut hat.
Nicole Streilter-Kastberger: Jetzt gibt es aber zum Beispiel in Geschichten aus dem Wiener Wald so ein paar Szenen,
Nicole Streilter-Kastberger: in denen die Marianne in einem Varieté arbeitet oder in einem Nachtclub und
Nicole Streilter-Kastberger: sich da nackt auf eine goldene Kugel stellen muss, als personifizierte Jagd
Nicole Streilter-Kastberger: nach dem Glück da figurieren muss.
Nicole Streilter-Kastberger: Und da gibt es in meiner Familie sogar mit meinem Mann immer die Diskussion,
Nicole Streilter-Kastberger: hat das Horvath nur geschrieben,
Nicole Streilter-Kastberger: weil er die Schauwerte solcher Szenen abräumen wollte oder genießen wollte oder
Nicole Streilter-Kastberger: hat das wirklich eine Funktion in dem Stück?
Martin Puntigam: Du sagst ja und er sagt nein, obwohl es eigentlich eher für ihn geschrieben gewesen wäre.
Nicole Streilter-Kastberger: Er sagt, Horvath hat das eigentlich nur geschrieben, weil er gewusst hat,
Nicole Streilter-Kastberger: dass er damit beim männlichen Publikum gut landen kann.
Nicole Streilter-Kastberger: Und ich sage, es hat eine starke Funktion in diesem Stück.
Nicole Streilter-Kastberger: Es muss einfach so sein, dass die Marianne ganz tief hinuntersteigen muss unter sich selbst.
Nicole Streilter-Kastberger: Und dazu musste sie halt nackt auf einer goldenen Kugel stehen.
Martin Puntigam: Das ist immer eine Inszenierungsfrage, was man dann genau sieht.
Nicole Streilter-Kastberger: Ja, wir haben zum Beispiel auch einmal eine Inszenierung gesehen von den Fischermänder-Spielleuten.
Nicole Streilter-Kastberger: Das ist so eine private Laienbühne in Niederösterreich, da an der Donau.
Nicole Streilter-Kastberger: Die haben sich dann etwas Besonderes ausgedacht. Die haben nämlich genau für
Nicole Streilter-Kastberger: diese Szene sich Pole-Dancerinnen aus Bratislava organisiert,
Nicole Streilter-Kastberger: die dann da auf der Bühne zu sehen waren.
Martin Puntigam: Und das natürlich ganz gut in die Gegenwart geholt haben damit.
Martin Puntigam: Fisch am Ende ist ein ganz gutes Stichwort, um dann auf den Florian überzuleiten.
Martin Puntigam: Der Fisch ist ja in dem umfangreichen Werk von Odin von Harvard,
Martin Puntigam: gibt es viele Theaterstücke, viele im Dialekt und dann auch in dieser künstlicheren
Martin Puntigam: Sprache später. Aber der Fisch
Martin Puntigam: und das Fische-Zeitalter fühlen eine große Rolle in Jugend ohne Gott.
Martin Puntigam: Und ich war erstaunt, wie ich gelesen und gehört habe, dass er tatsächlich selber
Martin Puntigam: bei Laber-Gläwisch gewesen sein dürfte, weil er dort nämlich einen Kollegen
Martin Puntigam: in einer Bar auftauchen lässt.
Martin Puntigam: Und der sagt dann, ich bin zwar nur ein Amateur-Astrolog.
Martin Puntigam: Und das ist einer dieser Witze, die wir in unserer Kindershow verwenden,
Martin Puntigam: wenn wir spielen und über Astrologie reden, dass wir sagen, in Astrolog ist
Martin Puntigam: die genaue Beschreibung dessen
Martin Puntigam: schon drinnen, was von Astrologie zu halten ist, nämlich der Astrolog.
Martin Puntigam: Aber er dürfte es offensichtlich geglaubt haben.
Nicole Streilter-Kastberger: Das ist eine gute Etymologie, finde ich. Aber ja,
Nicole Streilter-Kastberger: Horvath hat vor allem gegen Ende seines Lebens, also wie er älter geworden ist,
Nicole Streilter-Kastberger: sagen wir es so, weil er wusste ja nicht, dass er bald sterben würde oder hat
Nicole Streilter-Kastberger: das zumindest nur geahnt, ist er immer stärker eigentlich so einer Mystik auch verpflichtet gewesen.
Nicole Streilter-Kastberger: Es gibt zum Beispiel in dem Stück Der jüngste Tag gibt es so eine Zahlensymbolik,
Nicole Streilter-Kastberger: das hat jemand einmal aufgedröselt, da kommen ganz viele Zahlen vor und die
Nicole Streilter-Kastberger: kann man alle zahlensymbolisch deuten.
Nicole Streilter-Kastberger: Und möglicherweise hat Horvath das nicht unabsichtlich so reingestellt in dieses Stück.
Nicole Streilter-Kastberger: Und dann ist halt die Frage, hat er an Astrologie geglaubt? Also es gibt immer
Nicole Streilter-Kastberger: wieder Figuren auch, die sich aus der Hand lesen lassen oder die sich eben ein
Nicole Streilter-Kastberger: astrologisches Zertifikat erstellen lassen.
Nicole Streilter-Kastberger: Er selber hatte die Angewohnheit, in Briefen immer wieder zu schreiben,
Nicole Streilter-Kastberger: wenn er irgendwas hingeschrieben hatte, dann als Abschluss unberufen, toi, toi, toi.
Nicole Streilter-Kastberger: Also was so viel heißt wie, du musst nicht verschreien oder so.
Nicole Streilter-Kastberger: Er hatte offensichtlich so eine gewisse Neigung dazu, abergläubisch zu sein,
Nicole Streilter-Kastberger: aber erwiesen ist das auch nicht.
Nicole Streilter-Kastberger: Das ist so ein bisschen eine Horvath-Mythologie, die halt weiter transportiert wurde.
Nicole Streilter-Kastberger: Aber eben die Tatsache, dass er zur Wahrsagerin auch gegangen ist,
Nicole Streilter-Kastberger: lässt schon ein bisschen darauf schließen,
Nicole Streilter-Kastberger: dass er ein Bedürfnis nach Sinndeutung für sein Leben hatte und irgendwie sich
Nicole Streilter-Kastberger: an pseudoreligiöse, aber auch wirklich religiöse Menschen auch gewandt hat,
Nicole Streilter-Kastberger: um mehr über sein Leben zu erfahren.
Nicole Streilter-Kastberger: Also so eine gewisse Sinnsuche, auch eine Regression und eine Hinwendung zum
Nicole Streilter-Kastberger: Religiösen kann man im Spätwerk durchaus feststellen.
Nicole Streilter-Kastberger: Und möglicherweise geht das auf biografisch eigenes Empfinden zurück.
Martin Puntigam: Also das Gefühl gehabt hat, es gibt ja dieses Sprichwort alte Huren wären fromm.
Martin Puntigam: Jetzt war er kein Hure in dem Sinn. Wie du sagst, er hat nicht fürs Publikum
Martin Puntigam: absichtlich geschrieben, aber da ist durch den Aststurz vielleicht Schlimmeres
Martin Puntigam: im Alterswerk uns erspart geblieben.
Nicole Streilter-Kastberger: Ja, ich weiß nicht. Also wenn man sich diese späten Texte anschaut,
Nicole Streilter-Kastberger: also so wirklich fromm ist er ja nicht und wenn es in Jugend ohne Gott geht es eigentlich,
Nicole Streilter-Kastberger: da wird die Chiffre Gott eigentlich verwendet.
Nicole Streilter-Kastberger: Ja, da ist nicht irgendein religiöser Gott gemeint, sondern Gott als Symbol
Nicole Streilter-Kastberger: für die Wahrheit, für Gerechtigkeit, für unser eigenes Gewissen vielleicht auch.
Nicole Streilter-Kastberger: Und das ist, glaube ich, die entscheidende Rolle auch, die das Wort Gott oder
Nicole Streilter-Kastberger: die Chiffre Gott in dem Text spielt.
Nicole Streilter-Kastberger: Für mich ist es schon so, Horvath hat sich ja in der Zwischenkriegszeit,
Nicole Streilter-Kastberger: also in den Jahren 1933 bis 1935, schon ein bisschen opportunistisch verhalten.
Nicole Streilter-Kastberger: Er wollte sich eigentlich noch im Deutschen Reich in irgendeiner Form aufhalten
Nicole Streilter-Kastberger: können und dort auch mit seinem Schreiben weiterhin leben können.
Nicole Streilter-Kastberger: Hat dann für den Film geschrieben, weil er von den Nationalsozialisten,
Nicole Streilter-Kastberger: also von der Reichsschriftungskammer.
Nicole Streilter-Kastberger: Eigentlich eher für die Fachschaft Film angeworben wurde und dafür eine Mitgliedskarte bekommen hat.
Nicole Streilter-Kastberger: Deshalb hat er dann auch für den Film geschrieben, aber er hat sich dann 1935
Nicole Streilter-Kastberger: relativ dezidiert dann auch abgewandt von den Nationalsozialisten und von Deutschland,
Nicole Streilter-Kastberger: ist dann nach Österreich übersiedelt und hat dann wieder versucht,
Nicole Streilter-Kastberger: an sein antifaschistisches Frühwerk eigentlich anzuschließen.
Nicole Streilter-Kastberger: Die Suche nach Gott oder auch diese Rehabilitierung, die Jugend ohne Gott dann
Nicole Streilter-Kastberger: eigentlich darstellt, weil da wird ja eigentlich ein Lehrer gezeigt,
Nicole Streilter-Kastberger: der sich dann gegen dieses Regime, dieses Autoritäre, das da im Roman auch dargestellt ist, wendet.
Nicole Streilter-Kastberger: Da hat er eben sich als, glaube ich, auch biografisch eigentlich wieder freigeschrieben,
Nicole Streilter-Kastberger: und nicht so sehr, dass er jetzt seiner religiösen Tendenz gefolgt wäre, sondern eben,
Nicole Streilter-Kastberger: dass er das eigene Gewissen entdeckt hat und für das geschrieben hat.
Martin Puntigam: Es klingt heute komisch, dass man aus Deutschland weggeht, wenn einem die Rechtsradikalen
Martin Puntigam: zu unangenehm sind und nach Österreich sie wendet.
Martin Puntigam: Danke vielmals, Michael. Applaus Applaus Applaus,
Martin Puntigam: Jetzt habe ich es schon kurz angesprochen, das Fischezeitalter,
Martin Puntigam: das schon vorher angesprochen, das Fische-Zeitalter in der Astronomie.
Martin Puntigam: Astronomie wird ja im Alltag sehr gern mit Astrologie verwechselt.
Martin Puntigam: Ich war schon einige Male daneben, wo Leute jetzt,
Martin Puntigam: Aus der Astrologie, was dir dann empört dagegen gewährt, ich muss das nicht
Martin Puntigam: den Unterschied herausarbeiten, der ist eh eindeutig, aber das Fische-Zeitalter
Martin Puntigam: spielt in beiden Neigungsrichtungen eine Rolle.
Florian Freistetter: Naja, es spielt in der Astrologie mehr eine Rolle als in der Astronomie,
Florian Freistetter: aber ich weiß jetzt nicht, ob ich jetzt als Astronom der Horvath-Forschung Dinge
Florian Freistetter: sagen kann, die sie noch nicht weiß, aber vielleicht ist es so.
Florian Freistetter: Also zumindest aus astronomischer Sicht kann ich sagen, aus astronomischer Sicht,
Florian Freistetter: wenn ich das Buch Jugend ohne Gott beurteile, kann ich sagen,
Florian Freistetter: dass Horvath sich offensichtlich nicht ausführlich mit Astrologie beschäftigt
Florian Freistetter: hat, weil das Fischezeitalter, so wie es da dargestellt wird,
Florian Freistetter: ist aus astronomischer und aus astrologischer Sicht Unsinn.
Florian Freistetter: Also das hat er da entweder absichtlich, da kennen wir ja doch nicht aus mit
Florian Freistetter: Literatur, also entweder er hat es absichtlich so verwendet,
Florian Freistetter: falsch oder es war ihm wurscht.
Florian Freistetter: Aber im Buch geht es dann darum, dass der Fisch das Symbol für diese emotionsfremden
Florian Freistetter: Kinder und alles, der Mörder mit den Fischaugen und so weiter.
Florian Freistetter: Es wird dieses Fischezeitalter angesprochen und der ehemalige Kollege von ihm,
Florian Freistetter: der Julius Cäsar genannt wird in dem Buch, sagt, jetzt kommt bald das Fischezeitalter
Florian Freistetter: und deswegen wird die Jugend dann immer verroter.
Florian Freistetter: Und egal, ob man jetzt diese Sachen mit dem Fischezeitalter astronomisch oder
Florian Freistetter: astrologisch versteht, es ist definitiv nicht so, dass das Fischezeitalter kommt,
Florian Freistetter: wenn dann geht es höchstens. Also das ist das, was man aus astrologischer und
Florian Freistetter: astronomischer Sicht sagen kann.
Florian Freistetter: Und damit man es versteht, sage ich vielleicht kurz, was gemeint ist mit dem ganzen Zeug.
Florian Freistetter: Weil man trifft es wirklich meistens in der Astrologie.
Florian Freistetter: Da heißt es dann ja meistens das Wassermann-Zeitalter. Das ist das,
Florian Freistetter: von dem gesprochen wird im Musical Hair.
Florian Freistetter: 68 kam das, glaube ich, raus. Da ist es ja ganz berühmt mit dem Dawning of the Age of Aquarius und so.
Florian Freistetter: Also das Wassermann-Zeitalter, das ist das, was das Fische-Zeitalter ablösen
Florian Freistetter: soll. Und das ist erstens mal alles esoterischer Humbug und Quatsch,
Florian Freistetter: aber es hat einen wissenschaftlichen Hintergrund.
Florian Freistetter: Gut, das müsst ihr jetzt mit sehr vielen Bildern sehr ausführlich erklären,
Florian Freistetter: aber das mache ich nicht. Ich probiere es ohne Bilder kurz.
Florian Freistetter: Wir wissen, dass es Jahreszeiten gibt.
Martin Puntigam: Obwohl im Alltag immer wieder behauptet wird, es gibt keine Jahreszeiten.
Florian Freistetter: Ja, aber es gibt sie. Einer der Hauptgründe oder der Hauptmerkmal der Jahreszeiten
Florian Freistetter: ist, dass es im Sommer länger hell ist als im Winter.
Florian Freistetter: Das muss man merken. Im Sommer ist es hell und das liegt daran,
Florian Freistetter: dass die Sonne im Sommer höher am Himmel steht zum Mittag als im Winter.
Florian Freistetter: Das heißt, sie braucht länger, bis oben ist, länger bis unten ist.
Florian Freistetter: Das heißt, sie verbringt mehr
Florian Freistetter: Zeit am Himmel als im Winter, wo sie weniger Zeit am Himmel verbringt.
Florian Freistetter: Und es gibt genau zwei Tage im Jahr, wo die Sonne genauso viel Zeit am Himmel
Florian Freistetter: wie unterm Horizont verbringt. Das haben wir jetzt gerade gehabt.
Florian Freistetter: Frühlingsanfang und Herbstanfang, die Tag- und Nachtgleichen, die Äquinoxien.
Florian Freistetter: Und wenn man sich jetzt anschaut, wo von der Erde aus gesehen die Sonne am Himmel
Florian Freistetter: steht an diesen beiden Tagen.
Florian Freistetter: Die Sonne ist immer am selben Punkt in echt.
Florian Freistetter: Die Erde umkreist die Sonne. Aber jetzt aus unserer erdzentrierten Sicht können
Florian Freistetter: wir von der Erde zur Sonne schauen.
Florian Freistetter: Und da können wir schauen, vor welchem Sternenhintergrund steht die Sonne.
Florian Freistetter: Das ändert sich ja im Lauf des Jahres, weil wir bewegen uns mit der Erde um
Florian Freistetter: die Sonne rundherum und schauen immer aus einem anderen Winkel auf die Sonne
Florian Freistetter: und sehen die Sonne immer von einem anderen Hintergrund an Sternen.
Florian Freistetter: Das heißt, wir können jetzt schauen am Tag des Frühlingsbeginns,
Florian Freistetter: an dieser Tag- und Nachtgleiche, wo steht die Sonne, vor welchem Sternenhintergrund steht die Sonne.
Florian Freistetter: Und wenn wir das derzeit tun, dann sehen wir, dass die Sonne dort steht,
Florian Freistetter: wo wir uns das Sternbild Fische ausgedacht haben.
Florian Freistetter: Und das ist aber nicht konstant, weil dieser Punkt, wenn man das jetzt so entlang
Florian Freistetter: der Erdbahn denkt, da bräuchte ich jetzt die Bilder dafür, aber dieser Punkt
Florian Freistetter: ändert sich im Laufe des Jahres.
Florian Freistetter: Der rennt quasi einmal um die ganze Erdbahn entlang herum und nicht einmal im
Florian Freistetter: Jahr, sondern einmal in 25.800 Jahren.
Florian Freistetter: Das liegt daran, dass die Erdachse schief steht und nicht wild schwankt,
Florian Freistetter: aber sich im Kreis dreht.
Florian Freistetter: Das hat Gründe, liegt an der Form der Erde, liegt am Mond, aber die Erdachse
Florian Freistetter: bewegt sich einmal in 26.000 Jahren rundherum und das führt dazu,
Florian Freistetter: dass dieser Punkt, an dem die Sonne scheinbar am Himmel steht,
Florian Freistetter: zu Frühlingsbeginn eben auch sich verschiebt im Laufe von 26.000 Jahren.
Florian Freistetter: Wie gesagt, damals, als man sich das ausgedacht hat, also als man das gemessen
Florian Freistetter: hat, dass das passiert, das war vor über 2000 Jahren, da hat das der griechische
Florian Freistetter: Forscher Hippar festgestellt, der war der Erste, der festgestellt hat,
Florian Freistetter: dass er das alles so verschiebt.
Florian Freistetter: Und da war das alles irgendwo so im Wider im Sternbild damals.
Florian Freistetter: Darum ist auch das astronomische Symbol für diesen Punkt, ist immer noch das Wider-Symbol.
Florian Freistetter: Wenn man das mal sehen sollte in der Literatur, ist auch in der astronomischen Literatur drin.
Florian Freistetter: Heute sehen wir es im Sternbild Fischer und als nächstes käme dann das Sternbild Wassermann.
Florian Freistetter: Und das ist das, was die Astrologie eben gesagt hat. Früher war das Zeitpunkt
Florian Freistetter: Wider, dann sind wir ins Zeitalter der Fischer gekommen.
Florian Freistetter: Das hat man dann interpretiert, ja, Christen, Fische, Symbol.
Florian Freistetter: Jetzt ist das Zeitalter des Monotheismus vom, wie heißt das andere,
Florian Freistetter: Polytheismus davor abgelöst worden.
Florian Freistetter: Und dann kamen die Hippies und haben gesagt, ja, jetzt hier nach dem Monotheismus
Florian Freistetter: im Wassermann-Zeitalter Da kommt dann so die Zeit des göttlichen Menschen,
Florian Freistetter: wo der Mensch im Mittelpunkt steht und alles Mögliche passiert.
Florian Freistetter: Aber wie gesagt, das hängt, abgesehen davon, dass alles Quatsch ist,
Florian Freistetter: ist es auch noch in sich Quatsch, weil die Leute sich nicht einigen können,
Florian Freistetter: wie die Grenzen am Himmel sind.
Florian Freistetter: Weil die Astrologie hat sowieso ihren eigenen Himmel, der nicht mit dem realen Himmel übereinstimmt.
Florian Freistetter: Je nachdem, wo man diese Grenzen zieht zwischen den Sternbildern,
Florian Freistetter: ist der Übergang von einem Zeitalter zum nächsten komplett unterschiedlich.
Florian Freistetter: Also wenn wir die aktuell von der Astronomie festgelegten Sternbildgrenzen hernehmen,
Florian Freistetter: dann kommen wir irgendwann im Jahr 2600 vom Fische-Zeitalter ins Wassermann-Zeitalter.
Florian Freistetter: Wenn man irgendwelche anderen astrologischen Sternbildgrenzen hernimmt,
Florian Freistetter: dann kann das auch erst im Jahr 3600 sein.
Florian Freistetter: Oder war schon längst, also ich habe Zahlen gefunden, glaube ich, von 1900, 1950, 1967.
Florian Freistetter: 1998, 2005, also eh alles im Prinzip, was man sich also ausdenkt,
Florian Freistetter: weil man sich da halt beliebige Grenzen ziehen kann und das historisch beliebig
Florian Freistetter: interpretieren kann. Und am Ende ist es so oder so, wurscht mal,
Florian Freistetter: es passiert halt nichts.
Florian Freistetter: Also es ist einfach nur, wir sehen halt die Sonne von einem anderen Hintergrund,
Florian Freistetter: es tut nichts. Aber das ist die astronomische Grundlage von diesem Fischezeitalter.
Florian Freistetter: Und wie gesagt, wenn Horvath da nicht einen ganz besonderen Grund gehabt hat,
Florian Freistetter: das astrologisch falsch darzustellen, dann hat er es aus anderen Gründen falsch
Florian Freistetter: dargestellt, weil er es vielleicht doch nicht so genau gehabt hat mit der Astrologie.
Martin Puntigam: Und nur das Bild des Fisches haben wollten sie.
Florian Freistetter: Ja, aber ein Wassermann kann man auch, der kann auch grauslich sein.
Florian Freistetter: Hat auch einen Speer, der kann auch Leute umbringen. Das hätte er schon geschafft,
Florian Freistetter: der Horvath, oder? einen bösen Wassermann.
Martin Puntigam: Das wird ja wahrscheinlich literarisch schon hinbekommen, aber von der Literatur über die,
Martin Puntigam: Fische zum Fußball ist natürlich ein weiter Weg, glaubt man,
Martin Puntigam: aber man hört immer wieder,
Martin Puntigam: dass Spitzensportler, Spitzensportlerinnen besonders abergläubisch seien,
Martin Puntigam: unter anderem auch deshalb, weil halt schwere Verletzungen so unangenehm sind,
Martin Puntigam: dass man sich so schwer davon erholt, dass man halt jeden Hokus-Pokus gerne
Martin Puntigam: nimmt und in der Hoffnung, dass man schneller gesund wird. Kannst du das bestätigen?
Gilbert Prilasnig: Zum Teil schon, ja, weil es auch mich selbst natürlich betroffen hat.
Gilbert Prilasnig: Also es ist ja so, wenn man jeden Tag, so wie es in meinem Fall der Fall war,
Gilbert Prilasnig: dass ich jeden Tag Höchstleistungen im Sport bringen musste,
Gilbert Prilasnig: das sind Verletzungen, die man im Alltag überhaupt nicht spürt,
Gilbert Prilasnig: plötzlich ein großes Problem.
Gilbert Prilasnig: Also du stehst ganz normal in der Früh auf, du spürst gar nichts.
Martin Puntigam: Das geht ja oft ohne Spitzensport. Ja, weniger.
Gilbert Prilasnig: Also der ganze Tag, also absolut uneingeschränkt, es ist nicht irgendwo ein Anzeichen davon,
Gilbert Prilasnig: dass man eine Verletzung hätte und sobald man dann also den Sport versucht auszuüben,
Gilbert Prilasnig: dann merkt man, oh, hier oder hier oder wo auch immer, das stört mich und behindert mich.
Gilbert Prilasnig: Und ich hatte selbst eine Erfahrung, dass ich ein Jahr lang,
Gilbert Prilasnig: ich glaube über ein Jahr, an einer sehr hartnäckigen Verletzung gelitten habe.
Gilbert Prilasnig: Das war so im Adduktorenbereich, in der Leiste, was natürlich ein Bereich ist,
Gilbert Prilasnig: der im Fußball sehr belastet ist und sehr stark belastet wird.
Gilbert Prilasnig: Und bin dann von Arzt zu Arzt gelaufen, habe schon alle möglichen Injektionen,
Gilbert Prilasnig: Spritzen bekommen und kam dann aber zu einem Arzt,
Gilbert Prilasnig: der über Freundevermittlung, der auf der Uniklinik Graz gearbeitet hat und auch
Gilbert Prilasnig: das Diplom für anthroposophische Medizin hatte.
Gilbert Prilasnig: Und der hat mich dann kurz angeschaut und sehr selbstbewusst und überzeugend
Gilbert Prilasnig: gewirkt und gesagt, okay, ich glaube, ich weiß schon, was du hast.
Gilbert Prilasnig: Und ich dachte, ich kriege jetzt, ich weiß nicht, was für eine Therapie und
Gilbert Prilasnig: wieder, was ich überhaupt noch nie erlebt habe, der hat mir nur einen Salben
Gilbert Prilasnig: und auch Loboli verschrieben,
Gilbert Prilasnig: und hat gemeint, in 14 Tagen sollte das eigentlich schon deutlich besser sein.
Gilbert Prilasnig: Und es war tatsächlich so, dass es nach einer Woche geschieht.
Gilbert Prilasnig: Und nie mehr gekommen ist.
Martin Puntigam: Und du bist jetzt an die sogenannte Alternativmedizin verloren oder bist dann
Martin Puntigam: schon wieder zu Sinnen gekommen?
Gilbert Prilasnig: Also Fakt ist, dass ich den natürlich sofort zu meinem Hausarzt gemacht habe.
Gilbert Prilasnig: Auch wenn er auf der Uniklinik gearbeitet hat.
Martin Puntigam: Er hat ja eine ordentliche Ausbildung gehabt, sonst wäre er nicht auf der Uniklinik
Martin Puntigam: gewesen und hat halt mit dem Hokus-Pokus Nebengeschäfte gemacht.
Martin Puntigam: Vorlasshandel gibt es ja auch in der Literatur.
Gilbert Prilasnig: Ich sage dazu, ich muss dir nichts bezahlen. Also ich musste nichts extra bezahlen.
Martin Puntigam: Aber die Wahrscheinlichkeit, dass das nach einem Jahr auch schon langsam wieder
Martin Puntigam: von selber gut geworden sein könnte, akzeptierst du als Erklärung?
Gilbert Prilasnig: Nein, weil es wurde dann eigentlich stärker schon und habe dann eben nach diesem
Gilbert Prilasnig: Arztbesuch zwei, drei Tage später ein Spiel gehabt und dachte mir,
Gilbert Prilasnig: okay, ich habe das Gefühl, es ist schon ein wenig besser geworden.
Gilbert Prilasnig: Und eine Woche später war es weg.
Gilbert Prilasnig: Aber ich habe auch diesen Fall erlebt natürlich, weil ich die Weltmeisterschaft 1998,
Gilbert Prilasnig: da hätte ich spielen sollen, also das ist schon lange her, aber da war Österreich
Gilbert Prilasnig: tatsächlich für die Weltmeisterschaft qualifiziert.
Martin Puntigam: Das macht man als Spieler, wenn man zufällig in der Zeit gespielt hat,
Martin Puntigam: wo eine Qualifikation für die Endrunde gelungen ist, dass man die anderen höhnisch runterblickt.
Gilbert Prilasnig: Es tut mir leid, wenn ich jetzt vielleicht überheblich gewirkt habe,
Gilbert Prilasnig: aber da hatte ich eine schwere Knieverletzung, zwei Tage bevor es eben in die
Gilbert Prilasnig: Vorbereitung ging und war klar, okay, ich kann nicht bei der Weltmeisterschaft
Gilbert Prilasnig: mitspielen und auch damit nicht mitfahren.
Gilbert Prilasnig: Und habe mir natürlich dann sofort überlegt, okay, was soll ich machen?
Gilbert Prilasnig: Es hat geheißen, ich muss dringend das Knie operieren.
Gilbert Prilasnig: Habe aber dann unterschiedliche Meinungen auch von Spezialisten bekommen,
Gilbert Prilasnig: die einen meinten, sofort operieren, die anderen sagten, vielleicht doch nochmal
Gilbert Prilasnig: schauen, weil eine OP jetzt da hinein ist, auch vielleicht nicht zielführend.
Gilbert Prilasnig: Und wurde dann vermittelt zu einem Ägypter, der in Salzburg in Hallein praktiziert hat.
Martin Puntigam: Von dem habe ich schon gehört. Da muss man pünktlich sein. Wenn man nicht pünktlich
Martin Puntigam: ist, wird man weggeschickt und es tut sehr, sehr weh.
Gilbert Prilasnig: Ja, das war wirklich eine Grenzerfahrung, muss ich sagen.
Gilbert Prilasnig: Also ich hatte mir mein Knie dann behandelt, so mit manueller Therapie.
Gilbert Prilasnig: Das hat sich angefühlt wie eine Stromtherapie und das hat ganz stark wehgetan,
Gilbert Prilasnig: auch aus dem Grund, weil ich konnte das Knie eigentlich nur 90 Grad abbiegen
Gilbert Prilasnig: und am Ende der Therapie hat es mir einfach bis zum Gesäß abgebogen und ich
Gilbert Prilasnig: habe dort geschrien, aber ich konnte es natürlich nicht runterbringen.
Martin Puntigam: Weil es ein kräftiger Ägypter war.
Gilbert Prilasnig: Ja, ob es vielleicht deshalb oder der andere Fuß war dann auch schon irgendwie gelähmt.
Gilbert Prilasnig: Jedenfalls, das war eine sehr, sehr teure Behandlung und er meinte nach dieser
Gilbert Prilasnig: einen Behandlung, ja, es hat funktioniert, es ist alles okay.
Martin Puntigam: Und du hast ja gedacht, es tut so weh und war so teuer, Da gehst du auf jeden
Martin Puntigam: Fall nimmer hin, egal ob es nachher wehtut oder nicht.
Gilbert Prilasnig: Naja, ich habe dann natürlich meine Physiotherapien weitergemacht und ich konnte
Gilbert Prilasnig: dann schon ohne Operation wieder in den Fußball einsteigen.
Gilbert Prilasnig: Also das hat funktioniert, aber das hat mich eigentlich weniger überzeugt davon,
Gilbert Prilasnig: dass da jetzt wirklich auch fundiertes Wissen dahinter war.
Gilbert Prilasnig: Aber es war sicher auch etwas, wo ich weiß, sehr, sehr viele Fußballer und auch
Gilbert Prilasnig: andere Sportler sind dorthin gefahren und haben ordentlich auch viel Geld dort gelassen.
Martin Puntigam: Bevor du dich von einem Ägypterquälen hast lassen, hast du ja deine Fußballkarriere
Martin Puntigam: erst beginnen müssen, um sie dann erblühen lassen zu können.
Martin Puntigam: War das damals schon klassisch, dass man als Bub entdeckt wird,
Martin Puntigam: dann kommt man in den Verein, dann wird man gefördert, dann kommt man in eine
Martin Puntigam: Akademie, wie das heute der Fall ist, und dann irgendwann einmal landet man
Martin Puntigam: in der Kampfmannschaft, wenn man nicht zu verletzt ist?
Gilbert Prilasnig: Ja, Akademien hat es damals noch keine gegeben. Also dadurch habe ich diese
Gilbert Prilasnig: Karriere nicht durchgemacht, aber es gab schon so etwas Ähnliches,
Gilbert Prilasnig: so diese Vorstufe von den heutigen Fußballakademien,
Gilbert Prilasnig: wo man auch viermal in der Woche in so einem Leistungszentrum trainieren konnte.
Gilbert Prilasnig: Da war ich nie. Also das hat mein Vater, der ein Riesenfußballfan war und auch
Gilbert Prilasnig: meine Karriere sehr gefördert hat, hat gesagt,
Gilbert Prilasnig: da brauchst du nicht hin, weil da hätte ich müssen jeden Tag eineinhalb Stunden
Gilbert Prilasnig: auf der Hinfahrt im Bus sitzen, weil da haben sie alle das Spiel abgeholt und
Gilbert Prilasnig: dann zum Training gebracht und dann wieder nach Hause gebracht.
Gilbert Prilasnig: Also das wäre ungefähr drei Stunden am Tag zu einer Trainingsstätte,
Gilbert Prilasnig: wo man in 30 Kilometern sonst in 20 Minuten sein könnte.
Gilbert Prilasnig: Und das ist viel zu viel Zeit und da brauchst du nicht sein.
Gilbert Prilasnig: Und dadurch habe ich bis zu meinem 18. Lebensjahr beim V.S.
Gilbert Prilasnig: Der Völkermatt gespielt in Kärnten und bin dann direkt zu Sturm Graz gewechselt.
Gilbert Prilasnig: Und habe auch sehr spät, eigentlich auch erst beim Verein Spielen angefangen.
Martin Puntigam: Aber wo hast du dann gespielt?
Gilbert Prilasnig: Auf der Wiese. Also das war so, wie es in der Stadt Straßenfußball gegeben hat,
Gilbert Prilasnig: gab es halt am Land Wiesenfußball.
Gilbert Prilasnig: Und wenn die Freunde Zeit hatten, hauptsächlich mit Freunden gespielt,
Gilbert Prilasnig: bin dann erst mit zwölf Jahren zum Verein gegangen.
Gilbert Prilasnig: Das ist in der heutigen Zeit eigentlich ja undenkbar, dass jemand,
Gilbert Prilasnig: der später Profifußballer wird, erst mit zwölf Jahren beim Verein.
Martin Puntigam: Frank Ribery war ein bekanntes Beispiel, der sehr spät erst zum Fußball gekommen
Martin Puntigam: ist und dann sehr erfolgreich geworden ist. Könnte daran liegen,
Martin Puntigam: dass du mit deiner Oma sehr viel Fußball gespielt hast?
Gilbert Prilasnig: Das könnte natürlich daran liegen, aber die Oma musste nur dann herhalten,
Gilbert Prilasnig: wenn sonst niemand Zeit hatte natürlich.
Martin Puntigam: Also die hat eben mehr als Mitleid mit dir gespielt und hat sich mit dir halt
Martin Puntigam: auch Gurkettel nach einer anderen Scheiben lassen. Ja, genau.
Martin Puntigam: Und dann, um ein Wortspiel zu bemühen, Gurkettelscheiben zu schneiden und eine
Martin Puntigam: Jause zu richten, dass endlich eine Ruhe ist und sie wieder sich hinsetzen kann.
Martin Puntigam: Das war für dich aber klar, dass du Fußballprofi werden möchtest oder wolltest
Martin Puntigam: du jemals was anderes machen?
Martin Puntigam: Weil du hast ja maturiert und bist eigentlich zum Studieren nach Graz gegangen, oder?
Gilbert Prilasnig: Also eigentlich war es schon als kleiner Junge, ich ging in die Volksschule,
Gilbert Prilasnig: ich weiß ganz genau, da war es für mich schon klar, ich will Profifußballer werden.
Gilbert Prilasnig: Und da gab es dann so eine Unterrichtsstunde, da mussten wir unseren Berufswunsch
Gilbert Prilasnig: aufschreiben und ich habe mir gedacht, das kann ich jetzt nicht hierher schreiben,
Gilbert Prilasnig: Denn wenn ich das jetzt hier herschreibe, erstens vielleicht lacht mich die
Gilbert Prilasnig: Frau Lehrerin aus oder so.
Gilbert Prilasnig: Mitschüler und Mitschülerinnen. Andererseits habe ich auch gedacht,
Gilbert Prilasnig: da kann man wieder zum Aberglauben, wenn ich das jetzt hinschreibe,
Gilbert Prilasnig: dann geht dieser Wunsch vielleicht nicht in Erfüllung.
Gilbert Prilasnig: Und dann habe ich hingeschrieben, ich möchte gerne Mechaniker werden.
Gilbert Prilasnig: Und dann musste ich auch einen Grund dazu schreiben und habe geschrieben,
Gilbert Prilasnig: weil ich gerne Schrauben anziehe.
Gilbert Prilasnig: Und mehr ist mir nicht eingefallen. Und als sie das gelesen hat,
Gilbert Prilasnig: ich weiß nicht genau warum, aber sie hat mir das nicht geglaubt.
Gilbert Prilasnig: Die war auch ziemlich streng und das war jetzt eine Lehrperson jetzt so eher
Gilbert Prilasnig: von alter Schule, hätte ich mal gesagt.
Martin Puntigam: Also schwarze Pädagogik, handgreiflich oder nur streng?
Gilbert Prilasnig: Schon handgreiflich auch, in diesem Fall nicht natürlich, da war es aber,
Gilbert Prilasnig: ich habe mich dann richtig schlecht gefühlt und sie gesagt, das glaube ich dir
Gilbert Prilasnig: nie und ich musste dann wirklich irgendwas machen, irgendeine Strafaufgabe oder
Gilbert Prilasnig: ich glaube nicht, dass ich deshalb in die Ecke stehen musste, aber,
Gilbert Prilasnig: irgendwas war sicher, war jedenfalls ein Erlebnis, das mir bis heute in Erinnerung
Gilbert Prilasnig: geblieben ist und das war jetzt nicht unbedingt eines, auf das ich sehr gerne zurückkriege.
Martin Puntigam: Aber du erzählst immerhin, ohne in Schweißausbrüche zu verfallen davon und Schrauben
Martin Puntigam: hat es dann wahrscheinlich ja gegeben, hat man früher gesagt,
Martin Puntigam: zu hohen Niederlagen, ordentliche Schrauben kassiert, das wird es dann gegeben haben am Weg.
Martin Puntigam: Wenn du maturiert hast und nach Kratz zum Studieren gegangen bist,
Martin Puntigam: schon mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass du natürlich nicht Mechaniker,
Martin Puntigam: sondern Fußballprofi werden möchtest, was hast du denn zu studieren begonnen?
Martin Puntigam: Landläufig sagt man nach wie vor, wenn jemand nicht genau weiß,
Martin Puntigam: was er studieren möchte, er soll Theaterwissenschaften anfangen,
Martin Puntigam: dann wird er schon was finden. War das bei dir auch so?
Gilbert Prilasnig: Nein, Theaterwissenschaften sind für mich jetzt nicht in Frage gekommen.
Gilbert Prilasnig: Ich habe in der Schule auch Theater gespielt und ja, das Talent war jetzt überschaubar, sage ich mal.
Martin Puntigam: Aber das braucht man dann später als Fußballer schon, wenn man leicht gefault
Martin Puntigam: wird und man wälzt sie am Boden.
Gilbert Prilasnig: Ja, bei mir war es eher so, ich habe die anderen gefault und dadurch habe ich
Gilbert Prilasnig: nicht so viel Theater spielen müssen.
Gilbert Prilasnig: Und jedenfalls war es so, dass ich natürlich zu Hause Mein Vater hat das zwar
Gilbert Prilasnig: sehr forciert und das auch irgendwie in die Wege geleitet, dass ich dann zu
Gilbert Prilasnig: Sturm Graz wechseln konnte.
Gilbert Prilasnig: Ich war dann doch schon bekannt als großes fußballerisches Talent.
Gilbert Prilasnig: Aber eines war klar, in erster Linie sollte ich studieren und in zweiter Linie
Gilbert Prilasnig: dann auch schauen, ob es beim Fußball auch was wird.
Gilbert Prilasnig: Und ich habe mich dann für Sprachen entschieden. Ich habe dann Spanisch und
Gilbert Prilasnig: Russisch inskribiert und habe mal mit Spanisch angefangen.
Gilbert Prilasnig: So viel Zeit hatte ich dann auch nicht neben dem Fußball. Ich habe aber ganz
Gilbert Prilasnig: schnell gemerkt, dass eine Einzelsprache zu studieren neben einer professionell
Gilbert Prilasnig: ausgeführten sportlichen Tätigkeit eigentlich unmöglich ist.
Gilbert Prilasnig: Das liegt schon allein an der Sprachausbildung, die halt aufbauend ist und wo
Gilbert Prilasnig: man halt immer mitmachen muss und wo man auch Anwesenheitspflichten hat.
Gilbert Prilasnig: Und da gab es dann nach zwei Semestern so den Cut und habe mir gedacht,
Gilbert Prilasnig: na, das kann ich so nicht mehr weiterstudieren. Ich muss mal was anderes suchen.
Martin Puntigam: Wann ich lernen, wenn du es bei Real Madrid anheuerst?
Gilbert Prilasnig: Das habe ich mir damals auch noch gedacht, aber ich hätte vielleicht doch vier
Gilbert Prilasnig: Semester dann zumindest die Sprachausbildung machen sollen.
Martin Puntigam: Aber du sprichst ja zu viele Sprachen, erzählst du selber, steht auch auf deiner
Martin Puntigam: Wikipedia-Seite, glaube ich, zehn Sprachen, stimmt das?
Gilbert Prilasnig: Ja, ungefähr.
Martin Puntigam: Kärznerisch, Steirisch, Steirisch sind einmal drei.
Gilbert Prilasnig: Also es ist so, dass ich dann eben, nachdem ich im zweiten Jahr meines Grazaufenthalts
Gilbert Prilasnig: mal ganz intensiv studiert habe, was ich eigentlich studieren könnte,
Gilbert Prilasnig: habe ich mich dann für Sprachwissenschaft entschieden und das hat mich dann
Gilbert Prilasnig: schon sehr interessiert und da bin ich dann auch dabei geblieben.
Gilbert Prilasnig: Habe mich dann, so wie die Nicole sich 20 Jahre mit Oedon von Harbert,
Gilbert Prilasnig: habe ich mich halt 20 Jahre auf der Uni mit meinem Studium herumgeschlagen.
Martin Puntigam: Echt fast 40 Semester?
Gilbert Prilasnig: Ja, wenn man die ersten zwei dazu nimmt und dann kommt man auf 40 Semester,
Gilbert Prilasnig: wobei natürlich auch ein Auslandsaufenthalt, ein sportlich, beruflich bedingter
Gilbert Prilasnig: dabei war, wo ich dann eben eine Pause eingelegt habe.
Gilbert Prilasnig: Aber es waren letztendlich 40 Semester.
Gilbert Prilasnig: Aber ich bin da immer dabei geblieben, weil ich das einfach als mein Hobby gesehen habe.
Gilbert Prilasnig: Also es war ja dann relativ schnell klar, dass doch der Fußball im Vordergrund
Gilbert Prilasnig: steht, das Studium im Hintergrund, in den Hintergrund gedrängt wurde.
Gilbert Prilasnig: Und das war auch eigentlich mein Plan.
Gilbert Prilasnig: Der ist dann auch aufgegangen.
Gilbert Prilasnig: Und ja, die Linguistik ist etwas, wo man jetzt, dass man studieren kann,
Gilbert Prilasnig: da muss man aber jetzt nicht viele Fremdsprachen sprechen eigentlich.
Gilbert Prilasnig: Es reicht, wenn man Englisch und Latein kann.
Gilbert Prilasnig: Aber es liegt dann in der Natur der Sache,
Gilbert Prilasnig: dass man sich dann auch für Fremdsprachen interessiert und habe dann einfach
Gilbert Prilasnig: angefangen, habe ich in der Schule schon einige Fremdsprachen gelernt gehabt
Gilbert Prilasnig: und habe dann einfach angefangen, da weiterzumachen.
Gilbert Prilasnig: Durch dieses Bild, das ich dann in der Grammatik, durch die Linguistik kriegt
Gilbert Prilasnig: man so einen Überblick über die Grammatik, da bin ich dann irgendwann ziemlich
Gilbert Prilasnig: bald drauf gekommen, dass alle Sprachen in Europa, fast alle,
Gilbert Prilasnig: eigentlich dieselbe Grammatik haben Und dadurch ist es eigentlich dann einfacher,
Gilbert Prilasnig: war es für mich einfacher, dann auch eine neue Sprache dazuzulernen.
Martin Puntigam: Jetzt kannst du Deutsch, natürlich Englisch, Latein offensichtlich von der Schule
Martin Puntigam: her. Du hast in Griechenland gespielt, wirst dann Griechisch gelernt haben.
Martin Puntigam: Das sind die Sprachen, die du sprechen kannst. Also Lateinisch wirst du nicht sprechen können.
Gilbert Prilasnig: Na, Lateinisch habe ich so nie wirklich sprechen gelernt und übersetzen.
Gilbert Prilasnig: Aber ich habe in der Schule schon Französisch und Italienisch und Spanisch gehabt.
Gilbert Prilasnig: Also Spanisch war so ein Freifach und auch Slowenisch, wobei ich mir aufgrund
Gilbert Prilasnig: des Wissens in Latein bei den romanischen Sprachen dann sehr leicht getan habe,
Gilbert Prilasnig: habe dann Italienisch und Französisch relativ gut.
Gilbert Prilasnig: Bald fließend, halbwegs fließend beherrscht und in weiterer Folge war es dann
Gilbert Prilasnig: Spanisch und irgendwann kam dann auch Englisch dazu, weil das Matura-Englisch von an oder azo mal,
Gilbert Prilasnig: jetzt war es nicht so, dass ich sofort fließend Englisch sprechen konnte,
Gilbert Prilasnig: also da haben es die Kinder in der heutigen Zeit etwas einfacher.
Martin Puntigam: Aber das kannst du heute alles? Also wenn ich dir jetzt einen Satz auf Steirisch
Martin Puntigam: sage, könntest du den auf Spanisch übersetzen?
Gilbert Prilasnig: Auf Spanisch denke ich schon, also in den meisten Sprachen schon.
Gilbert Prilasnig: Oft ist es so, dass ich, ich habe dann auch Kroatisch gelernt,
Gilbert Prilasnig: das war so irgendwie in der Kabine, weil ich das in den 20 Jahren...
Martin Puntigam: Aber da lernt man halt eher so Pitschka und Kurva und so Sachen.
Gilbert Prilasnig: Oder? Auch, aber nicht nur.
Gilbert Prilasnig: Und natürlich war das auch eine Sprache, die schnell nicht gesprochen wurde.
Gilbert Prilasnig: Und ich war doch zehn Jahre bei Sturm Graz und da gab es immer eine Anzahl an
Gilbert Prilasnig: Spielern aus Ex-Jugoslawien, die da gespielt haben und das hatte ich dann auch
Gilbert Prilasnig: durch meine slowenische Basis,
Gilbert Prilasnig: wo ich ein bisschen was auch gelernt habe in der Schule, dann konnte ich da
Gilbert Prilasnig: relativ bald anschließen, weil ich mich natürlich auch dann zusätzlich noch
Gilbert Prilasnig: damit beschäftigt habe.
Gilbert Prilasnig: Es gibt auch Sprachbücher, wo man sich dann überlegen kann, okay,
Gilbert Prilasnig: das, was ich da gehört habe, was bedeutet das eigentlich?
Martin Puntigam: Aber hast du dann nur verstanden, wenn die heimlich gesagt haben,
Martin Puntigam: den Prelasnik, dem ziehen wir das nächste Mal die Unterhosen ins Kreuz?
Martin Puntigam: Oder hast du mit denen so reden können, dass es für das Mannschaftsgefüge günstig war?
Gilbert Prilasnig: Reden konnte ich so gut dann nicht, aber ich habe relativ viel verstanden und
Gilbert Prilasnig: ich konnte eigentlich dann schon ein wenig den Sinn raushören.
Gilbert Prilasnig: Raushören. Und wenn ich jetzt zum Beispiel in Kroatien Urlaub mache,
Gilbert Prilasnig: kann ich schon meine Tochter, die auch hier sitzt, die kann das bestätigen.
Gilbert Prilasnig: Da bestelle ich immer auf Kroatisch und es kommt meistens das,
Gilbert Prilasnig: was ich auch bestellt habe.
Martin Puntigam: Aber die Kinder rollen dann meistens die Augen, wenn der Vater wieder anfängt,
Martin Puntigam: im Wirtshaus kroatisch zu bestellen.
Gilbert Prilasnig: Ja, das ist immer dann furchtbar peinlich, aber einen Linguisten darf sowas nicht peinlich sein.
Martin Puntigam: Jetzt bist du mittlerweile, ich habe es am Anfang gesagt, Master in klinischer
Martin Puntigam: Linguistik, aber bis dahin war eben diese fulminante Fußballkarriere.
Martin Puntigam: Jetzt ist Sturm heute wieder relativ gut, aktuell regierender Fußballmeister
Martin Puntigam: der österreichischen Bundesliga, aber damals war das ja wirklich eine Erfolgssträhne.
Martin Puntigam: Hat das Gründe, weil du so gut die Sprachen beherrscht hast und alles übersetzen hast können?
Martin Puntigam: Oder der Trainer war damals Ibiza Osim, von dem ja alle eine hohe Meinung gehabt
Martin Puntigam: haben? Oder war das dieser rustikale Präsident?
Gilbert Prilasnig: Naja, ganz schnell würde ich sagen, das war natürlich meine persönliche Fähigkeit,
Gilbert Prilasnig: die da hauptsächlich dazu beigetragen hat, aber das wäre natürlich jetzt gelogen,
Gilbert Prilasnig: denn ich habe, so wie die ganzen anderen Spieler auch, einen Teil dazu beigetragen,
Gilbert Prilasnig: dass wir eine sehr erfolgreiche Zeit hatten, aber der Regisseur oder der Komponist
Gilbert Prilasnig: des Ganzen war natürlich Ivica Osim, das ist immer der Trainer,
Gilbert Prilasnig: denn das geht gar nicht anders, Auch wenn es manchmal heißt,
Gilbert Prilasnig: ein Team, das ist so gut, das könnte ja auch ohne Trainer gut spielen.
Gilbert Prilasnig: Es muss einer den ganzen, und das sind ja nicht nur elf Leute,
Gilbert Prilasnig: es sind ja dann mehrere Spieler oder Spielerinnen, die dann auch noch reinkommen
Gilbert Prilasnig: oder vielleicht auch in anderen Spielen zum Einsatz kommen.
Gilbert Prilasnig: Da gibt es auch ein Betreuerteam und ein Betreuerstuff, dann gibt es eben...
Gilbert Prilasnig: Präsidenten, der noch auch irgendwie Erklärungsbedarf jedes Mal hat oder wo
Gilbert Prilasnig: man Erklärungsnotstände dann hat, wenn es einmal nicht so gut läuft.
Martin Puntigam: Als Trainer.
Gilbert Prilasnig: Als Trainer, ja. Und das hat der Ivica Russin perfekt beherrscht und der hat
Gilbert Prilasnig: auch eine Atmosphäre geschaffen, dass wir jeden Tag liebend gerne zum Training gegangen sind.
Gilbert Prilasnig: Also wir hatten sehr, sehr viel Spaß, wir haben sehr viel gelacht,
Gilbert Prilasnig: obwohl wir so hart trainiert haben, dass ich eigentlich manchmal schon gedacht
Gilbert Prilasnig: habe, ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte,
Gilbert Prilasnig: Aber ich lebe noch immer und ich spiele auch noch immer nicht mehr so viel Fußball,
Gilbert Prilasnig: aber andere Sportarten kann ich noch betreiben und ich bin nicht eingeschränkt.
Gilbert Prilasnig: Also ich habe das gut überstanden, mein Körper ist noch immer ziemlich gut funktionsfähig.
Martin Puntigam: Was heißt sehr hart trainieren im Fußball? Wie kann man sich so eine Trainingswoche trainieren?
Gilbert Prilasnig: Die Trainingswoche bei Ibiza Osim, und ich kann das vergleichen mit jetzt,
Gilbert Prilasnig: war es so, dass wir Montag und Dienstag, Vormittag, Nachmittag trainiert haben,
Gilbert Prilasnig: jeweils mindestens zwei Stunden und hochintensiv.
Gilbert Prilasnig: Also nicht so, dass wir jetzt dann irgendwas taktisch gemacht haben,
Gilbert Prilasnig: sondern das war immer irgendwelche Trainingsformen, wo sehr viel und in intensiver
Gilbert Prilasnig: Weise gelaufen werden musste auch.
Gilbert Prilasnig: Und am Mittwoch, Donnerstag, Freitag war es dann ein Training,
Gilbert Prilasnig: nur am Samstag war es dann ein Spiel und am Sonntagvormittag war es auch ein
Gilbert Prilasnig: Training, das war ein bisschen lockerer, aber da haben wir dann so ein Spiel für Spaß gemacht.
Gilbert Prilasnig: War egal, ob man viel oder wenig gelaufen ist, Das war dann jedem selbst überlassen,
Gilbert Prilasnig: aber trotzdem war es sicher eine Stunde, haben dann die Alten gegen die Jüngeren
Gilbert Prilasnig: gespielt und da hat er auch immer bei den Alten mitgespielt und das hat ihm
Gilbert Prilasnig: dann so viel Spaß gemacht, dass das auch so lange gedauert hat.
Gilbert Prilasnig: Und dann habe ich mir gedacht, jetzt wäre es gut zu regenerieren und am Montag
Gilbert Prilasnig: ging es wieder los, Montagvormittag, Nachmittag, Dienstagvormittag,
Gilbert Prilasnig: Nachmittag. Und das war am Anfang so, bis zu dem Zeitpunkt, als wir dann so
Gilbert Prilasnig: erfolgreich wurden, dass wir jede Woche zweimal gespielt haben.
Gilbert Prilasnig: Da war es dann ein bisschen anders, der Trainingsrhythmus.
Martin Puntigam: Aber wie erholt man sich dann von derartigen Strapazen?
Gilbert Prilasnig: Ja, indem man sich dann mal eine Verletzung zuzieht.
Martin Puntigam: Und zum Anthroposophen geht und dann ein bisschen Zeit schient.
Gilbert Prilasnig: Und dann kriegt man die Erholungsphase.
Martin Puntigam: Jetzt hast du ja Klubkollegen gehabt, die Internet-Mims geworden sind.
Martin Puntigam: Günther Neukirchner ist sehr berühmt für ein Interview, das viel geschaut wird,
Martin Puntigam: wo er den Reporter, der ihn gefragt hat, ob er nicht froh war,
Martin Puntigam: dass es abgepfiffen worden sei und weil man es gegenseitig hat,
Martin Puntigam: Die Mannschaft hätte Angst gehabt, noch mehr Tore gegen den GERK damals im Tabi
Martin Puntigam: zu kassieren. Er hat gesagt, das ist die nächste depperte Frage.
Martin Puntigam: War der auch so im Umgang oder war das einfach sein Selbstbewusstsein,
Martin Puntigam: weil sie gedacht hat, jetzt haben wir eh gerade hoch verloren und das muss ich
Martin Puntigam: mich nicht blöd anreden lassen?
Gilbert Prilasnig: Der Günther Neugierner war eigentlich eher ein ruhigerer Typ und hat sich eher
Gilbert Prilasnig: im Hintergrund aufgehalten.
Gilbert Prilasnig: War nie so jemand, der so im Vordergrund, auch in der Kabine nicht so,
Gilbert Prilasnig: dass er ein großes Wort geführt hätte.
Gilbert Prilasnig: Aber es ist schon so, dass wir im Laufe der vielen Jahre und auch durch das
Gilbert Prilasnig: erfolgreiche Spielen und den vielen Siegen schon auch ein gewisses Maß an Selbstbewusstsein
Gilbert Prilasnig: natürlich uns angeeignet haben.
Gilbert Prilasnig: Also man kann ja nicht so über Nacht selbstbewusst werden und sagen,
Gilbert Prilasnig: ich bin eigentlich so ein unsicherer Mensch. Aber ab morgen,
Gilbert Prilasnig: da zeige ich es, das funktioniert so nicht, auch im Fußball nicht,
Gilbert Prilasnig: dass man dann von über Nacht besser wird.
Gilbert Prilasnig: Aber das hat schon auch dazu beigetragen, dass wir viel selbstbewusster wurden.
Gilbert Prilasnig: Hat auch, muss ich sagen, der Ibiza Ossim seine Art, wie er mit uns umgegangen
Gilbert Prilasnig: ist und auch der Hannes Kartnik, da muss ich auch eine Landseff in Hannes Kartnik sprechen.
Martin Puntigam: Ja, ich muss auch sagen, ich habe ja meine Bühnenfigur bei den Science-Pasters nach ihm ausgerichtet.
Gilbert Prilasnig: Ja, ja. Und also wir konnten da wirklich unsere Meinung sagen und das war überhaupt kein Problem.
Gilbert Prilasnig: Also die haben uns schon behandelt wie erwachsene Männer und nicht wie Kinder,
Gilbert Prilasnig: was nicht immer so ist bei Fußball, Klubs oder vielleicht bei anderen Sportvereinen.
Martin Puntigam: Die Nicole hat erzählt, sie ist selber auch fußballbegeistert, mag das gern.
Martin Puntigam: Ich mag Fußball auch ganz gern. Ich schaue den hauptsächlich zur Entspannung.
Martin Puntigam: Mir ist wurscht, wer gewinnt.
Martin Puntigam: Sondern ich schaue gern, wenn schön gespielt wird das ist die angenehme Seite
Martin Puntigam: von Fußball oder wenn man als Fußballer erfolgreich ist aber Fußball hat natürlich
Martin Puntigam: eine furchtbare Schlagseite es ist eine extrem reaktionäre Branche und eine
Martin Puntigam: offensichtlich sehr korrupte Branche,
Martin Puntigam: der Realtrainer Angelotti steht gerade wieder wegen Steuerhinterziehung vor
Martin Puntigam: Gericht und zwar soll er in zwei Jahren ein paar Millionen Steuer hinterzogen
Martin Puntigam: haben also das würde ich gerne in einem ganzen Leben hinterziehen können,
Martin Puntigam: Wie gehst du denn mit dieser Ambivalenz um?
Martin Puntigam: Die englischen Vereine sind ja teilweise Nationalmannschaften von arabischen
Martin Puntigam: Diktaturen oder von russischen Oligarchen eingekauft.
Martin Puntigam: Gleichzeitig ist es ein Spiel, das du leidenschaftlich dein ganzes Leben lang
Martin Puntigam: betrieben hast und betreibst. Wie gehst du denn mit diesen zwei Seiten des Fußball um?
Gilbert Prilasnig: Ja, die eine Seite, also ich würde auch ganz gern mal zwei Millionen hinterziehen
Gilbert Prilasnig: können, zumindest theoretisch und würde dann gerne das auch dem Fiskus überlassen,
Gilbert Prilasnig: weil das heißt ja, dass ich mindestens zwei Millionen auch auf der anderen Seite habe.
Gilbert Prilasnig: Das sind natürlich Dimensionen, die schon fast unvorstellbar sind,
Gilbert Prilasnig: auch für mich. Hat es damals nicht gegeben.
Gilbert Prilasnig: Auf der anderen Seite gab es das ja schon immer, auch diese Steuerhinterziehung.
Gilbert Prilasnig: Ich habe auch in Griechenland gespielt.
Gilbert Prilasnig: Erst als ich dann aus dem Vertrag ausgetreten bin, vorzeitig habe ich dann irgendwann
Gilbert Prilasnig: erst meinen Vertrag gesehen, wie der wirklich ausgesehen hat,
Gilbert Prilasnig: weil vorher hat es nur geheißen, okay, so und so viel verdienst du netto und
Gilbert Prilasnig: was mit dem anderen Teil passiert ist,
Gilbert Prilasnig: das muss einen Arbeitnehmer auch nicht interessieren, weil dafür ist ja der
Gilbert Prilasnig: Arbeitgeber zuständig, dass die Steuern abgeführt werden.
Gilbert Prilasnig: Bei Sturm Graz war es ja auch so, dass es ja dann mal zu einem Prozess kam und
Gilbert Prilasnig: der Kartneck musste ja dann sogar ins Gefängnis und da musste ich bei diesem
Gilbert Prilasnig: Prozess auch als Zeuge aussagen.
Martin Puntigam: Was bist denn gefragt worden?
Gilbert Prilasnig: Naja, das war etwas, was mir damals bei dieser Verhandlung ein bisschen peinlich
Gilbert Prilasnig: war, weil sie haben natürlich auch Schwarzgeldzahlungen gesucht und sie haben
Gilbert Prilasnig: bei mir nichts gefunden.
Gilbert Prilasnig: Und dann hat der Staatsanwalt gemeint, aber Herr Klasnik, Sie wissen schon,
Gilbert Prilasnig: dass Sie sehr wenig verdient haben.
Gilbert Prilasnig: Und ich habe mir gedacht, das habe ich nicht gesagt, aber ich habe mir gedacht,
Gilbert Prilasnig: und deshalb bin ich jetzt verdächtig.
Gilbert Prilasnig: Also ich war verdächtig für den Staatsanwalt, weil ich viel weniger verdient
Gilbert Prilasnig: habe als viele andere halt.
Martin Puntigam: Naja, aber da ist vielleicht das Grundgehalt niedrig und das dahinter zogene
Martin Puntigam: Teil viel höher. Das ist ja eine naheliegende Vermutung.
Gilbert Prilasnig: Genau, genau. Aber Sie haben nichts finden können und...
Martin Puntigam: Weil du es gut versteckt hast oder weil es nichts gegeben hat?
Gilbert Prilasnig: Nein, weil ich bei der Vertragsverhandlung zu naiv war.
Gilbert Prilasnig: Ich dachte immer, ich kann das alleine, aber vielleicht hätte ich doch einen Berater haben sollen.
Martin Puntigam: Hannes Kartnick, wie du gesagt hast, ist verurteilt worden, war im Gefängnis,
Martin Puntigam: bevor er dann bei Dancing Stars wieder...
Martin Puntigam: Breite Popularität erlangen hat können. Es ist aber nicht der einzige Kriminalfall
Martin Puntigam: im steirischen Fußball.
Martin Puntigam: Auch der GERK ist einmal in die drei Ligen runtergereiht worden wegen geschäftlicher Krider.
Martin Puntigam: Da ist aber nie jemand verurteilt worden, oder?
Gilbert Prilasnig: Meines Wissens nach nicht, nein.
Martin Puntigam: Ist das auch selber Umfang gewesen oder waren die beim GERK ungeschickter oder waren sie geschickter?
Gilbert Prilasnig: Das kann ich natürlich jetzt vom Außen her nicht beurteilen,
Gilbert Prilasnig: aber ich habe vollstes Vertrauen in die Justiz.
Martin Puntigam: Kommen wir wieder zurück zur gesellschaftspolitischen Einordnung des Männerfußballs.
Martin Puntigam: Du bist ja mittlerweile Assistenztrainer im Frauenfußball-Nationalteam und beim
Martin Puntigam: Männerfußball ist es so, Thomas Hitzlsperger,
Martin Puntigam: ehemaliger Fußballprofi, war dann lang Geschäftsführer Sport oder da gibt es
Martin Puntigam: ja verschiedene Titel bei Stuttgart und hat sich dann irgendwann einmal als
Martin Puntigam: homosexuell geoutet und hat aber dann in einem Interview gesagt,
Martin Puntigam: er wird jedem aktiven Fußballer raten, der homosexuell ist,
Martin Puntigam: das nicht zu sagen, weil das schlecht fürs Geschäft ist, weil die Fans so homophob
Martin Puntigam: sind und weil das für seine Karriere furchtbar ist.
Martin Puntigam: Das zahlt sich nicht aus, er soll das für sich behalten.
Martin Puntigam: Das ist natürlich nicht einmal die katholische Kirche, ist so drauf.
Martin Puntigam: Oder die Wiener Philharmonika, das gibt es nur noch im Fußball.
Martin Puntigam: Und jetzt lernst du aber gerade die andere Seite kennen. Im Frauenfußball gibt
Martin Puntigam: es sehr viele offen homosexuelle Frauen.
Martin Puntigam: Meine Nachnamenskollegin Sarah Buntigam ist verheiratet mit ihrer Frau und lebt
Martin Puntigam: in den USA. Dort ist das überhaupt kein Problem.
Martin Puntigam: Warum ist das im Männerfußball so ein großes Problem? und beim Frauenfußball
Martin Puntigam: können die Menschen ganz normal leben, wie sie leben wollen?
Gilbert Prilasnig: Darauf habe ich ehrlich gesagt auch keine Antwort.
Gilbert Prilasnig: Es ist eigentlich schön für den Frauenfußball, dass es dort kein Thema ist und
Gilbert Prilasnig: dass es dort einfach diese Toleranz gibt.
Gilbert Prilasnig: Beim Männerfußball ist es so, der Erste, der sich geautet hat,
Gilbert Prilasnig: das ist eine Geschichte, die ist auch sehr, ich glaube, das war der Erste,
Gilbert Prilasnig: die ist sehr dramatisch, das war der John Faschano. Und er hat in den 90er Jahren
Gilbert Prilasnig: bei Wimbledon FC gespielt. Die waren damals sehr, sehr erfolgreich.
Gilbert Prilasnig: Und der hat sich dann auch noch, ich glaube, der war auch noch aktiv und hat
Gilbert Prilasnig: sich irgendwann geoutet.
Gilbert Prilasnig: Und hat dann ein, zwei Jahre, weiß ich nicht, wie lange es gedauert hat,
Gilbert Prilasnig: hat dann Selbstmord begangen.
Gilbert Prilasnig: Also der wurde dann offensichtlich überhaupt nicht mehr akzeptiert in diesen
Gilbert Prilasnig: Kreisen, in denen er sich vorher bewegt hat.
Martin Puntigam: Aber ist das so eine Männerdomäne nach wie vor, der Fußballverein?
Martin Puntigam: Geht es in der Kabine so zu, wie man diese schreienden Ansprachen sieht,
Martin Puntigam: manchmal jetzt zu Showzwecken inszeniert oder reden Sie die Leute wirklich gegenseitig
Martin Puntigam: absichtlich nieder am Spielfeld?
Martin Puntigam: Also du hast noch zu einer Zeit gespielt, da hat es den Videoreferay noch nicht
Martin Puntigam: gegeben, da hat man noch besser fallen können, war das damals so?
Gilbert Prilasnig: Denke ich schon, weil das habe ich auch ab und zu mal praktiziert,
Gilbert Prilasnig: weil es ist so, wenn der Schiedsrichter gewisse Dinge nicht sieht,
Gilbert Prilasnig: sagen wir mal, oder manchmal kommt es vielleicht auch vor, nicht sehen will,
Gilbert Prilasnig: dann ist es halt so, dass dann sowas wie eine Selbstjustiz an den Tag tritt.
Gilbert Prilasnig: Und das gibt es schon, weil es ja auch sehr viele versteckte Fouls gibt,
Gilbert Prilasnig: natürlich mit denen auch gearbeitet wird. Und die kann ein Schiedsrichter gar nicht sehen.
Martin Puntigam: Ist ein verstecktes Foul wirklich so in Hintern zwicken und so Sache?
Gilbert Prilasnig: Ja, im Hintern oder sonst wo, wo es vielleicht noch mehr wehtut. Es tut ja weh.
Martin Puntigam: Zwicken. Das hat nur so einen schlechten Ruf, aber Zwicken tut ja wirklich weh.
Gilbert Prilasnig: Genau, das soll auch wehtun, damit es dann auch… Und womit.
Martin Puntigam: Hast du gezwickt? Eher Zeigefinger, Daumen oder Mehrerfinger?
Gilbert Prilasnig: Na schon, also mit allen Fingern.
Gilbert Prilasnig: Also, aber das ist eigentlich etwas, was zum Spiel einfach bis zu einem gewissen
Gilbert Prilasnig: Grad dazugehört, weil es halt auch ein Kontaktsport ist. Fußball ist ein Kontaktsport.
Martin Puntigam: Und das sind diese Berührungseinheiten, die man als Mensch einfach auch braucht.
Gilbert Prilasnig: Genau, genau. Und es ist ja hoch, ich finde das immer so lustig,
Gilbert Prilasnig: eben weil du diese Homophobie im Männerfußball ansprichst.
Gilbert Prilasnig: Also wenn man einen Torjubel manchmal sich anschaut, ist es ja eigentlich das Gegenteil davon.
Gilbert Prilasnig: Da hat man das Gefühl, da kann es gar keine Homophobie geben.
Martin Puntigam: Da geht es ja zu wie beim Ölketschen in Äthirn. Aber danach ist es wieder vorbei.
Martin Puntigam: Manchmal gibt es sogar Busse oder so. aber öffentlich gibt es das nicht.
Gilbert Prilasnig: Also ich hätte das nie erlebt.
Martin Puntigam: Weil statistisch ist ja die Wahrscheinlichkeit genauso groß wie in jeder anderen
Martin Puntigam: Bevölkerungsgruppe und dann müsste
Martin Puntigam: man es nicht verstecken. Das ist ja wahrscheinlich gar nicht so angenehm.
Martin Puntigam: Du hast ja Linguistik fertig studiert und bist jetzt klinischer Linguist.
Martin Puntigam: Seit wenigen Tagen. Herzlichen Glückwunsch im Nachhinein.
Martin Puntigam: Aber was ist man jetzt, wenn man klinische Linguist ist?
Gilbert Prilasnig: Ja, also das erste Linguistikstudium, für das ich fast 40 Semester gebraucht
Gilbert Prilasnig: habe, das war jetzt angewandte Linguistik.
Gilbert Prilasnig: So ein normales Diplomstudium an der Karl-Franz-Universität Graz.
Gilbert Prilasnig: Und Linguistik ist natürlich ein Studium, wo es dann nicht so ist,
Gilbert Prilasnig: dass man dann nicht automatisch eine Berufsausbildung hat.
Gilbert Prilasnig: Und es hat mich immer schon interessiert, dann erstens mal vielleicht ein zweiter
Gilbert Prilasnig: Standbein neben dem Fußball mehr aufzubauen,
Gilbert Prilasnig: auch die Linguistik weiter zu betreiben und vielleicht auch mehr in die praktische
Gilbert Prilasnig: Linguistik hineinzukommen und da hat sich eben diese klinische Linguistik irgendwie
Gilbert Prilasnig: herauskristallisiert,
Gilbert Prilasnig: auch schon bei meinem Diplomstudium als Freifach, dass mich das sehr interessiert.
Gilbert Prilasnig: Also da geht es einfach darum, mit Sprachstörungen zu arbeiten.
Martin Puntigam: Das hat jetzt nichts mit dem Vorurteil zu tun, dass man sagt,
Martin Puntigam: schau der Fußballer Interviews aus den 90er Jahren an und dann war das ein Ansporn für dich?
Gilbert Prilasnig: Nein, nein, das hat mit dem nichts zu tun, weil in der Linguistik ist es so,
Gilbert Prilasnig: also Sprachstörungen sind jetzt nicht Sprachfehler im pädagogischen Sinne,
Gilbert Prilasnig: sondern in der Linguistik gibt es eigentlich kein Richtig oder Falsch,
Gilbert Prilasnig: wenn man Sprache beschreibt, so wie Menschen sprechen.
Gilbert Prilasnig: Das Beispiel bringe ich immer zu Hause und dann bei den Kindern auch,
Gilbert Prilasnig: wenn die was falsch schreiben oder falsch sagen.
Gilbert Prilasnig: Und das führt dann immer zu Diskussionen mit,
Gilbert Prilasnig: weil die nämlich das aus einer pädagogischen Perspektive sieht und sagt,
Gilbert Prilasnig: das ist natürlich richtig oder falsch.
Gilbert Prilasnig: Und ich sage, nein, linguistisch gesehen ist eigentlich alles richtig.
Gilbert Prilasnig: Also wenn die Südsteierer im dritten und vierten Fall oder der Herbert Prohaska
Gilbert Prilasnig: das verwechselt, das ist linguistisch gesehen nicht falsch.
Gilbert Prilasnig: Das ist einfach ein Phänomen, das beschrieben wird und da gibt es Gründe dazu.
Martin Puntigam: Naja, am Anfang war es halt sein Idiom und mittlerweile weiß er ja,
Martin Puntigam: wie es geht, aber er hat ja mal gesagt, wenn er jetzt richtig machen wird,
Martin Puntigam: das wäre ja sinnlos. Das ist ja sein Markenzeichen.
Gilbert Prilasnig: Ja, aber eben richtig. Es heißt
Gilbert Prilasnig: nicht automatisch aus der linguistischen Perspektive richtig oder falsch.
Gilbert Prilasnig: Bei Sprachstörungen geht es schon darum, dass man aus einem Gehirnschlag oder
Gilbert Prilasnig: aus einem Trauma wirklich dann ernsthafte Sprachstörungen hat,
Gilbert Prilasnig: dass man gar nicht mehr sprechen kann oder sehr eingeschränkt oder auch aufgrund
Gilbert Prilasnig: von Kehlkopfzungen oder Schluckstörungen.
Gilbert Prilasnig: Und das ist eigentlich, als klinischer Linguist befasse ich mich eigentlich
Gilbert Prilasnig: mit denselben Dingen, nur aus einer eher theoretischeren Perspektive wie die Logopäden.
Martin Puntigam: Und als solcher könntest du jetzt, weil du das Masterstudium abgeschlossen hast,
Martin Puntigam: als solcher dürftest du jetzt und könntest du auch arbeiten,
Martin Puntigam: wenn du das wolltest, also wenn das mit dem Frauenfußball-Nationalteam nichts
Martin Puntigam: wird oder du bist ja ausgebildeter Futsal-Trainer auch.
Gilbert Prilasnig: Ganz genau.
Martin Puntigam: Dann könntest du eine Praxis aufmachen und so arbeiten.
Gilbert Prilasnig: Ja, das ist genau der Punkt. Ich habe dieses Universitätsstudium,
Gilbert Prilasnig: das wurde in Salzburg, nur in Salzburg angeboten.
Gilbert Prilasnig: Ich habe das in Salzburg gemacht und man kann eine Praxis aufmachen,
Gilbert Prilasnig: wenn man diese klinische Linguistik hat, aber nicht in Österreich,
Gilbert Prilasnig: sondern nur in Deutschland.
Gilbert Prilasnig: Weil in Österreich der Logopädenverband offensichtlich sagt,
Gilbert Prilasnig: nein, wir wollen keine klinischen Linguisten, wir haben selbst genug Logopäden oder so irgendwie.
Martin Puntigam: Aber dürftest du dich dann einfach Logopäde nennen, weil du dasselbe kannst?
Gilbert Prilasnig: Nein, das denke ich nicht, dass ich das dürfte. Aber ich kann natürlich unselbstständig.
Martin Puntigam: Also du könntest dich von einer Logopedien anstellen lassen?
Gilbert Prilasnig: Zum Beispiel, ja.
Martin Puntigam: Jetzt hast du deine Karriere, wenn ich das richtig in Erinnerung habe,
Martin Puntigam: zumindest beginnend oder vielleicht überhaupt ausklingen lassen in Horn und
Martin Puntigam: warst dann regelmäßig in Göttweig beim Literaturfestival zu Gast,
Martin Puntigam: das glaube ich heißt Literatur und Wein,
Martin Puntigam: das hat dich beides gleichermaßen interessiert oder die Literatur mehr?
Gilbert Prilasnig: Na, die Literatur hat mich in erster Linie interessiert.
Gilbert Prilasnig: Also es ist schon so, dass ich immer sehr viel gelesen habe.
Gilbert Prilasnig: Ich war als Junge, als ich dann in der Bibliothek noch als kleiner Junge Bücher
Gilbert Prilasnig: ausleihen durfte, habe ich das eifrig genutzt.
Gilbert Prilasnig: Und das Erste, was ich so gelesen habe, kann ich mich erinnern, war Mark Brandis.
Gilbert Prilasnig: Ich weiß nicht, ob den wer kennt. Der hat so Science-Fiction-Romane geschrieben,
Gilbert Prilasnig: also über die O-Bahn des Weltalls.
Florian Freistetter: Kenn ich, kenn ich, ja.
Gilbert Prilasnig: Ja, und später, als die Mark-Brandys-Bücher alle ausgelesen waren,
Gilbert Prilasnig: bin ich zu Karl May gewechselt und habe dann eigentlich meine ganze Schulzeit
Gilbert Prilasnig: lang Karl May gelesen und von den 70 Büchern, mindestens 50 Bücher.
Gilbert Prilasnig: Und das war so meine Halle.
Martin Puntigam: Das ist die Grundlage für dein Linguistikstudium, danke ich.
Gilbert Prilasnig: Ja, denke ich schon, weil der Karl May hat sich, ich war ja dann so enttäuscht,
Gilbert Prilasnig: ich habe ja das lange verdrängt, dass er das alles nicht selbst erlebt hat.
Gilbert Prilasnig: Also es war so für mich irgendwie so eine tolle Vorstellung, sein Leben zu führen.
Gilbert Prilasnig: Der hat ja jede Sprache, wo er war, dann auch selbst gesprochen.
Gilbert Prilasnig: Und dann gab es immer wieder auch so Dialoge, die in dieser jeweiligen Sprache
Gilbert Prilasnig: auch aufgeschrieben wurden und unten in einer Fußnote dann die Übersetzung und
Gilbert Prilasnig: ich habe mir tatsächlich die Mühe gemacht, das alles rauszuschreiben und so in den Heften sortiert,
Gilbert Prilasnig: Persisch und Kurdisch und Arabisch, habe ich das rausnotiert und habe mir die
Gilbert Prilasnig: Phrasen rausgeschrieben und auch die Übersetzung dazu.
Martin Puntigam: Und hat das gestimmt, dass er gedichtet hat? Oder hat er irgendwas erfunden
Martin Puntigam: im Häfen und hat er gedacht, die anderen können das auch nicht?
Gilbert Prilasnig: Soweit ich das beurteilen kann, wobei ich das bei Persisch, Kurdisch und Arabisch
Gilbert Prilasnig: eigentlich nicht wirklich gut kann, aber wenn ich schon, soweit ich das beurteilen
Gilbert Prilasnig: kann, hat das im Großen und Ganzen schon gestimmt.
Florian Freistetter: Man darf das nicht unterschätzen, was diese Schundliteratur der Anfrage für Einfluss haben kann.
Florian Freistetter: Also in meiner Jugend und Kindheit ein Großteil meines Literaturwissens oder
Florian Freistetter: Literaturinteresse stammt aus den lustigen Taschenbüchern.
Florian Freistetter: Die haben alles, der komplette Ring der Nibelungen war drin,
Florian Freistetter: die Geschichte, die Reise, die Tagebücher von Marco Polo, Ilias,
Florian Freistetter: Odyssey, Shakespeare, aber alles haben die als Entenhausen-Version gehabt und
Florian Freistetter: das haben wir alles gelesen. Fand toll.
Florian Freistetter: Und dann habe ich dann die echte Version auch gelesen, weil die wissen wohl,
Florian Freistetter: wie sie in echt ist. Also darf man nicht unterschätzen, was aus dem rauskommen kann.
Martin Puntigam: Ich bin auch durch Schundliteratur geprägt. Ich habe sehr lange ministriert.
Martin Puntigam: Und tatsächlich ist meine Sprache maßgeblich durch diese seltsamen Lesungen geprägt.
Martin Puntigam: Um auf Götzweig zurückzukommen, nämlich deshalb, weil der Florian kommt aus der Gegend, aus Furt.
Martin Puntigam: Furt spielt in einer Liga, die landläufig gern die Marillenliga genannt worden ist.
Florian Freistetter: Sie war mal viel weiter oben. Sie war mal fast in der Landesliga,
Florian Freistetter: glaube ich, das Höchste, wo sie gespielt haben.
Martin Puntigam: Ich wollte eh nicht Furt denunzieren. Ich sage es trotzdem. Aber man sieht,
Martin Puntigam: wie stark Heimatstolz in Menschen drinnen ist.
Martin Puntigam: Selbst wenn man die Marillenliga erwähnt, weil man dort nicht absteigen kann.
Martin Puntigam: Wäre das nicht eigentlich das logische Ende einer großen Karriere gewesen?
Gilbert Prilasnig: Ich hatte so ein ähnliches Ende, nämlich im Burgenland beim FC Wiesfleck.
Gilbert Prilasnig: Da war so ein Fleck Wiese, das war der Fußballplatz und ich habe dort wirklich
Gilbert Prilasnig: nur ein Jahr gespielt, weil ein Freund von mir,
Gilbert Prilasnig: der mich 15 Jahre lang beim Projekt Homeless World Cup begleitet hat, Als Trainer,
Gilbert Prilasnig: auch mit dem wir gemeinsam dieses Projekt oder das Fußballteam immer betreut
Gilbert Prilasnig: haben, der war dort Trainer und der hat Telefonterror gemacht,
Gilbert Prilasnig: als ich gesagt habe, ich höre jetzt auf zum Fußballspielen und er hat gesagt,
Gilbert Prilasnig: bitte komm noch ein Jahr spielen.
Gilbert Prilasnig: Ich bin ja im Burgenland Trainer und das habe ich dann gemacht.
Martin Puntigam: Und mit Wiesfleck hat sie ja die Karriere dann wirklich im Kreis geschlossen,
Martin Puntigam: hast auf der Wiese angefangen, auch mit der Oma und dem Wiesfleck wieder aufgehört.
Gilbert Prilasnig: Da war ich auch schon bei Sturm Graz dann als Jugendleiter.
Martin Puntigam: Ja, und bist heute Trainer und bist aber nicht mehr bei Sturm Graz.
Martin Puntigam: Das war ja eine erstaunliche Mitteilung vor ungefähr einem Jahr.
Martin Puntigam: Sturmlegende Gilbert Brelasnik nicht mehr bei Sturm. Das war nicht ganz freiwillig, oder?
Gilbert Prilasnig: Das war nicht ganz freiwillig. Danke für diese Frage. Die ist natürlich nicht
Gilbert Prilasnig: ganz so einfach für mich jetzt zu beantworten.
Gilbert Prilasnig: Aber ich war elf Jahre lang dann Jugendleiter bei Sturm Graz,
Gilbert Prilasnig: habe die Jugend geleitet.
Gilbert Prilasnig: Dann habe ich dann eben was anderes machen wollen und bin U18-Trainer geworden.
Gilbert Prilasnig: Das ist Akademie U18-Trainer.
Gilbert Prilasnig: Und diese Akademie ist bei Sturm Graz ja ein, das ist so, da bin ich nicht bei
Gilbert Prilasnig: Sturm Graz angestellt, sondern in der Akademie.
Gilbert Prilasnig: Das ist eine eigene Firma, die ist ausgelagert, eine Tochterfirma mit eigenem
Gilbert Prilasnig: Leiter und Geschäftsführer.
Gilbert Prilasnig: Aber dort war es dann so, dass nach einer gewissen Zeit, als ich dort Trainer
Gilbert Prilasnig: war, ich eigentlich einen massiven Bossing erfahren musste.
Martin Puntigam: Was ist Bossing?
Gilbert Prilasnig: Bossing ist, wenn der Boss zu dir einfach arschig ist, auf gut Deutsch.
Martin Puntigam: Also Mobbing, aber vom Schiff.
Gilbert Prilasnig: Genau, genau. Genau, also in erster Linie ich, aber das ganze Trainerteam und als ich dann,
Gilbert Prilasnig: nach einer Zeit lang habe ich das so weggelächelt und irgendwann,
Gilbert Prilasnig: ich bin aber nicht der Typ, der sich jetzt gern so drangsalieren lässt und dann
Gilbert Prilasnig: habe ich mich halt begonnen zu wehren, indem ich dann auch den Menschen oder
Gilbert Prilasnig: den Leuten, die halt dafür verantwortlich sind, auch für dieses Konstrukt,
Gilbert Prilasnig: die Missstände versucht habe aufzuzeigen.
Gilbert Prilasnig: Und für eine Zusammenarbeit war es aber dann in weiterer Folge nicht mehr möglich.
Gilbert Prilasnig: Und ich habe zwar die Missstände aufgezeigt, aber geändert hat sich,
Gilbert Prilasnig: wie wenig überraschend, natürlich nichts.
Martin Puntigam: Außer der Personalstand, weil du eben nicht mehr dort arbeitest.
Martin Puntigam: Und indem du das in der Öffentlichkeit wiederholst, kannst du,
Martin Puntigam: wenn du in Graz in der Bundesliga arbeiten möchtest, wahrscheinlich nur noch beim GERK arbeiten.
Gilbert Prilasnig: Richtig, wäre jetzt gerade wieder eine Möglichkeit gewesen, aber der Ferdinand
Gilbert Prilasnig: Feldhofer, der war leider schneller.
Martin Puntigam: Wenn du sagst, du interessierst dich für Fußball und lebst in Graz,
Martin Puntigam: bist du eher, um diese Chauvinismusfrage zu beantworten,
Martin Puntigam: die ich als Kind schon nicht beantworten wollte und deshalb bin ich als Kind
Martin Puntigam: ausgewichen auf Rapid, weil ein Onkel aus Wien ein Rapid-Fan war, aber Sturm oder GRK?
Nicole Streilter-Kastberger: Schon ein Sturm. Aber einfach, weil sie besser sind, glaube ich.
Gilbert Prilasnig: Klingt nach Opportunismus.
Nicole Streilter-Kastberger: Ja, genau.
Martin Puntigam: Sagt die Literaturwissenschaftlerin, die der Meinung ist, dass Öden von Horvath
Martin Puntigam: nicht fürs Publikum geschrieben hat.
Martin Puntigam: Kommen wir ganz zum Schluss noch zu einem Thema, das momentan heikel ist in der Steiermark.
Martin Puntigam: Apropos Chauvinismus, nämlich Heimat. Es gibt dann in der Politik nicht,
Martin Puntigam: aber zumindest im steirischen Landhaus Nagelnein Landeshauptmann und seine Partei,
Martin Puntigam: die haben Heimat sehr gerne.
Martin Puntigam: Es gibt demnächst auch ein Symposium im Literatur aus Fiktion Heimat und dazu Hermann Kremlitzer,
Martin Puntigam: ein Publizist aus Deutschland, hat einmal gesagt, ohne Heimatliebe kein Völkermord,
Martin Puntigam: kein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Martin Puntigam: Wenn jetzt mehr Heimat und mehr Volkskultur gefordert wird in der Steiermark,
Martin Puntigam: worauf soll man sich denn da einstellen?
Nicole Streilter-Kastberger: Ja, das Problem ist halt, der Heimatbegriff ist in unterschiedlichen gesellschaftlichen
Nicole Streilter-Kastberger: Sparten sehr unterschiedlich.
Nicole Streilter-Kastberger: Es wird uns da eine Form der Heimat aufgezwungen eigentlich,
Nicole Streilter-Kastberger: die für viele in der Bevölkerung einfach nicht so gegeben ist.
Nicole Streilter-Kastberger: Also der Kulturbegriff der Rechten ist halt ein sehr anderer als in breiten
Nicole Streilter-Kastberger: Teilen der Bevölkerung.
Nicole Streilter-Kastberger: Und oft wird halt Heimat auch so rückwärtsgewandt betrachtet.
Nicole Streilter-Kastberger: Für studierte Menschen oder Menschen, die sich mit der aktuellen Kultur auseinandersetzen,
Nicole Streilter-Kastberger: hat das etwas extrem rückwärtsgewandtes, der Heimatbegriff.
Nicole Streilter-Kastberger: Und wir haben deshalb dieses Symposium auch, dass wir Fiktion Heimat nennen,
Nicole Streilter-Kastberger: um zu zeigen, dass das halt ein Konstrukt ist, Heimat über weite Strecken.
Nicole Streilter-Kastberger: Jeder versteht im Prinzip was anderes darunter, beziehungsweise ist die Frage,
Nicole Streilter-Kastberger: ob es so, dass sie Heimat überhaupt geben kann.
Nicole Streilter-Kastberger: Wir fühlen uns irgendwo zu Hause. Ich habe sehr viele Orte, an denen ich mich
Nicole Streilter-Kastberger: zu Hause fühle, aber als Heimat würde ich das nicht bezeichnen.
Nicole Streilter-Kastberger: Und Horvath hat selber mal gesagt, er ist eigentlich eine typisch altösterreichisch-ungarische
Nicole Streilter-Kastberger: Mischung und er ist eigentlich,
Nicole Streilter-Kastberger: er hat keine Heimat, aber das hat den Vorteil, dass er deshalb auch nicht sehr
Nicole Streilter-Kastberger: sentimental mit irgendeiner Gegend verbunden ist.
Nicole Streilter-Kastberger: Und ich glaube, das ist ein moderner Begriff von Heimat.
Nicole Streilter-Kastberger: Man hat so seine Nischen, in denen man sich zu Hause fühlt, aber man will sich
Nicole Streilter-Kastberger: nicht mit irgendeinem nationalen Begriff von Heimat identifizieren.
Nicole Streilter-Kastberger: Also das ist auch etwas, wo ich sagen muss, wo mir der Fußball oft auch ein bisschen suspekt wird,
Nicole Streilter-Kastberger: wenn ich mir bei diesen großen Ereignissen diese Aufmärsche von Patrioten anschauen
Nicole Streilter-Kastberger: muss, die ihr Land halt über alle anderen stellen und wo da so ein Nationalismus gefeiert wird.
Nicole Streilter-Kastberger: Also da wird für mich das eigentlich ein bisschen bedenklich.
Nicole Streilter-Kastberger: Der Franz Grillparzer hat einmal gesagt, der Weg der neueren Bildung führt vom
Nicole Streilter-Kastberger: Humanismus zum Nationalismus, zum Bestialismus oder zum Bestialischen.
Nicole Streilter-Kastberger: Und das ist, glaube ich, ein verstärkter Nationalismus, wir sehen es überall,
Nicole Streilter-Kastberger: führt unweigerlich zum Krieg eigentlich.
Martin Puntigam: Es gibt ja Ansätze, dass Leute sagen, man muss den Rechten den Begriff Heimat
Martin Puntigam: wieder wegnehmen und ihn umdeuten, damit er wieder einen Sinn bekommt.
Martin Puntigam: Ist das ein sinnvoller Ansatz?
Nicole Streilter-Kastberger: Ich glaube nicht, ehrlich gesagt. Nein, ich glaube, dass der Begriff Heimat,
Nicole Streilter-Kastberger: der ist auch so punziert, rechtspunziert, dass den die Linke eigentlich nicht
Nicole Streilter-Kastberger: für sich adaptieren kann.
Nicole Streilter-Kastberger: Da braucht man andere Begriffe.
Nicole Streilter-Kastberger: Zugehörigkeit, Solidarität, das sind die Begriffe, die wirklich wichtig sind.
Martin Puntigam: Und Heimat ist ein ganz guter Indikator, wenn das jemand gern verwendet,
Martin Puntigam: weiß man ungefähr, wo er politisch steht.
Nicole Streilter-Kastberger: Glaube ich schon, ja.
Martin Puntigam: Also sollte man das so lassen, damit der Alltag leichter ist und so Leute wie
Martin Puntigam: der Gilbert sollten nur Auswärtsspiele machen und keine Heimspiele.
Nicole Streilter-Kastberger: Heimspiele sind nicht Heimatspiele.
Martin Puntigam: Das nächste Spiel ist ein Auswärtsspiel in Schottland. Im Nations Cup,
Martin Puntigam: schafft sie die Qualifikation?
Gilbert Prilasnig: Naja, um vielleicht dazu zu sagen, für die, die sich im Frauenfußball jetzt
Gilbert Prilasnig: nicht so, oder nicht jetzt gleich wissen, was gemeint ist.
Martin Puntigam: Ja, mit Frauenfußball ist halt Fußball mit Frauen, oder?
Gilbert Prilasnig: Ja, aber das Fußball-Nationalteam der Frauen spielt auch Nations League A.
Gilbert Prilasnig: Da gibt es eben diese Nations League und die Frage ist darum,
Gilbert Prilasnig: ob wir es schaffen werden, dort zu bleiben Wie dieselbe Frage.
Martin Puntigam: Die sich für die Männer auch gestellt hat, oder?
Gilbert Prilasnig: Genau Bei den Männern war die Frage, ob sie von der Nations League B wie den
Gilbert Prilasnig: Nations League A zurück aufsteigen Bei den Frauen ist eben die Frage,
Gilbert Prilasnig: ob wir dort bleiben und ich meine, gibt es irgendjemanden, der daran zweifelt?
Martin Puntigam: Dann wünschen wir alles Gute bei den Auswärts- und Heimspielen,
Martin Puntigam: Das Symposium Fiktion Heimat findet, glaube ich, am 23. bis 25.
Martin Puntigam: April im Literaturhaus statt. Es gibt auch, weil es so ein umfangreiches Programm
Martin Puntigam: ist, es gibt Folder, wo Sie bitte selber lesen, was wann wo stattfindet.
Martin Puntigam: Das ist zweieinhalb Tage lang fettes, üppiges Programm. Wir sagen es, was das sind.
Martin Puntigam: Ich weiß nicht, ob das noch üblich ist. Gibt es noch Bruchsoletti?
Martin Puntigam: Wenn Sie schauen wollen, ob es noch Bruchsollette in Feldbach gibt, wir sind am 23.04.
Martin Puntigam: Im Zentrum Feldbach mit unserer Show Planet B. Science Meets Poetry,
Martin Puntigam: die Veranstaltung im Literaturhaus von Klaus Kastberger und Helmut Jung wird
Martin Puntigam: initiiert, wo wir beide uns dann im Anschluss einmal an einer Veranstaltung
Martin Puntigam: kennengelernt haben. Dann gibt es das nächste Mal am 3.6.
Martin Puntigam: Im Literaturhaus Graz. Am 12.6. gibt es den Oberhummer Award.
Martin Puntigam: Das erste Mal in Graz, in der Aula der Universität Graz.
Martin Puntigam: Zum zehnten Mal wird der Preis verliehen, im Andenken an den leider 2015 schon
Martin Puntigam: verstorbenen Mitbegründer der Science Masters Heinz Oberhummer.
Martin Puntigam: Und der Preisträger 2025 ist Eckart von Hirschhausen,
Martin Puntigam: der an der Uni mit uns gemeinsam eine Schuh spielen wird, anlässlich der Preisverleihung
Martin Puntigam: und am 30.10., wenn Sie sich den Tag vorm Weltsportag schon vormerken wollen
Martin Puntigam: und ein bisschen hineinfeiern wollen,
Martin Puntigam: sehen wir mit unserer neuen Show Weltuntergang für Fortgeschrittene mit der
Martin Puntigam: Graz Premiere in der Listhalle.
Martin Puntigam: Danke an die TU Wien und die Uni Graz, die die Produktion des Podcasts unterstützen.
Martin Puntigam: Danke ans Literaturhaus für die Gastfreundschaft.
Martin Puntigam: Danke an Sie fürs Kommen und Mitfeiern der ersten 100 Ausgaben.
Martin Puntigam: Fragen live nach der Show jetzt, wenn Sie wollen, oder an Podcast des Science Passers.at.
Martin Puntigam: Danke Nicole Streitler-Kastberger, danke Gilbert Prilasnik, danke Florian Freistädter.
Martin Puntigam: Alles Gute für die Nations League Spiele und in vier Jahren gibt es dann einen Abend zur Ausgabe 200.
Martin Puntigam: Bis dann. Tschüss. Habe die Ehre.
Florian Freistetter: Wiederschauen.
Florian Freistetter: Vielen Dank.
Martin Puntigam : Und das war sie. Anlässlich 100 Jahre Science Busters live aus dem Literaturhaus Graz.
Martin Puntigam : Online ist es, wer mitzählen möchte, Ausgabe 102.
Martin Puntigam : Am Ende wie immer noch die Parteienverkehre der Science Busters von uns und
Martin Puntigam : als Solisten und Duettisten.
Martin Puntigam : Die neue TV-Staffel wird seit Wochen jede Dienstagnacht auf ORF1 ausgestrahlt.
Martin Puntigam : Drei Folgen gibt es noch, danach sind die Folgen allerdings ein halbes Jahr
Martin Puntigam : weltweit abrufbar, rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr, in Schaltjahren sogar 366 Tage.
Martin Puntigam : Morgen, den 15. April ab 23 Uhr,
Martin Puntigam : gibt es wieder eine neue Folge in der Dienstagnacht namens Glück und Glas,
Martin Puntigam : wo Elisabeth Oberzaucher, Peter Weinberger und ich unter anderem untersuchen,
Martin Puntigam : warum Vögel immer mit derartigen Karacho gegen Glasfassaden krachen. Am Montag, den 28.
Martin Puntigam : April, gibt es die nächste Ausgabe von Frag Designs Passers live alles rund ums Klima,
Martin Puntigam : wie immer seit vielen Monaten, eigentlich Jahren, jetzt schon von 13 bis 14
Martin Puntigam : Uhr eine Stunde lang live auf FM4,
Martin Puntigam : mit dabei diesmal Andreas Jäger und Sigrid Stagl, Ökonomin und Österreichs amtierende
Martin Puntigam : Wissenschaftlerin des Jahres.
Martin Puntigam : Weiterhin und bis Sommer am Programm, bevor wir ab 16.
Martin Puntigam : Oktober mit einer neuen Showpremiere feiern werden, dem Titel Weltuntergang
Martin Puntigam : für fortgeschrittene Uraufführung wird sein im Stadtsaal Wien,
Martin Puntigam : gibt es die aktuelle Live-Show der Science Busters nach wie vor,
Martin Puntigam : nämlich Planet B und zwar am 19.04.,
Martin Puntigam : also am K-Samstag parallel zu den Auferstehungsfeiern und am 25.05.
Martin Puntigam : Im Stadtsaal Wien, am 23.04. im Zentrum Feldbach, am 30.04.
Martin Puntigam : Im Posthof Linz, am 16.05. im Freudenhaus in Lustenau, am 17.05.
Martin Puntigam : Im Theater am Kirchplatz in Scharn in Lichtenstein, am 22.05.
Martin Puntigam : Im Kulturzentrum Alpha in Laakirchen, am 23.05. im Stadttheater Steier und am 24.05.
Martin Puntigam : Noch einmal im Stadtsaal Wien.
Martin Puntigam : Science Pass, das vor Kids, also quasi Planet B für die nächste und übernächste
Martin Puntigam : Generation, gibt es digital in der ORF Kids App.
Martin Puntigam : Jede Folge dauert ungefähr 10 Minuten, aber diese Show gibt es auch analog und
Martin Puntigam : live mit Martin Moda und mir.
Martin Puntigam : Am 19.04. im Stadtsaal Wien um 15.30 Uhr, da gibt es nur noch ganz,
Martin Puntigam : ganz wenige Karten. Und am 20.04.
Martin Puntigam : Um 11 Uhr, also tags drauf, gibt es noch...
Martin Puntigam : Kartenmeer. Am 30.04. spielen wir im Posthof Linz und am 18.05.
Martin Puntigam : Im Wien-Omner-Saal in Rankweil.
Martin Puntigam : Um dann am 24.05. noch einmal im Stadtsaal Wien zu spielen, bevor am Abend,
Martin Puntigam : wie gesagt, Planet B vom Stapel läuft.
Martin Puntigam : Am 26.04. sehen wir uns mit Petzi wieder im Rahmen der Ipsiade.
Martin Puntigam : Petzi und die Science Busters ein Vorklühen auf die neue Show im Uranier-Puppentheater, die ab 6.
Martin Puntigam : Mai Premiere haben wird mit dem Titel BC und die Science Busters Fliegen lernen
Martin Puntigam : mit dem Bär-Nulli-Effekt von 6. bis 11.5.
Martin Puntigam : Im Oranierpuppentheater Wien.
Martin Puntigam : Glückskatze, mein Solo, schnurrt 2025 weiter.
Martin Puntigam : Einmal allerdings nur noch vor dem Sommer im Haus Impuls in Neusiedl am 6.
Martin Puntigam : Juni. Dann hat die Katze Sommerpause und kehrt auf Sampfoten wieder am 26.
Martin Puntigam : Und 27. September ins Theatercafé Graz und am 13.
Martin Puntigam : Und 14. November nach Wien ins Kabarett Niedermeier.
Martin Puntigam : Und wer schon für Herbst 2026 planen möchte, da gibt es ab 10.
Martin Puntigam : November 2026 die Premiere im Theatercafé meines neuen Solos mit dem schönen
Martin Puntigam : Titel Der heilige Puntigam. Und Florian Freistädter ist auch mit einem Solo-Abend unterwegs.
Martin Puntigam : Sternengeschichten live das nächste Mal am 26.
Martin Puntigam : Mai in Dahlbahnhof Eschweiler und am 4. Juni im Schlachthof München.
Martin Puntigam : Infos und Tickets unter sciencebassers.at slash termine unter puntegamm.at und
Martin Puntigam : unter sternengeschichten.live Danke an die TU Wien und die Uni Graz,
Martin Puntigam : die die Produktion des Podcasts unterstützen.
Martin Puntigam : Danke fürs Zuhören, Streamen, Downloaden, Abonnieren, Bewerten,
Martin Puntigam : Empfehlen, Historisch-Kritisch-Herausgeben, Vorlasshandeln, Reingrätschen,
Martin Puntigam : Bossen und was man sonst nochmal im Podcast alles anstellen kann und könnte.
Martin Puntigam : Bis zum nächsten Mal. Tschüss und habe die Ehre.