Wer nichts weiß, muss alles glauben.
Martin Puntigam: Dass ausgerechnet die Podcast-Ausgabe über Zeit mit Verspätung erscheint,
Martin Puntigam: ist natürlich ein Treppenwitz, wäre aber gar keine schlechte Idee gewesen,
Martin Puntigam: um das Thema zu illustrieren, war allerdings der Fertigstellung des Science-Busters
Martin Puntigam: Buchs geschuldet, dass das gravitätisches Zentrum so ziemlich alle Energie abgezogen hat.
Martin Puntigam: Dafür ist das Buch jetzt fertig und, soweit wir beurteilen können,
Martin Puntigam: auch sehr schön geworden und kann wie geplant am 16. September erscheinen.
Martin Puntigam: Es trägt den Titel Aus, die Wissenschaft vom Ende und wir beschäftigen uns mit
Martin Puntigam: dem Ende des Universums, des Lebens, der Menschheit, der Klimakrise,
Martin Puntigam: der Unendlichkeit, aber auch mit den Dingen, die nicht wissen, wann es genug ist.
Martin Puntigam: Long Covid, Aberglauben, Verschwörungserzählungen, Gier,
Martin Puntigam: strahlendem Atommüll und der Unendlichkeit und behandeln Fragen wie,
Martin Puntigam: Ist nach dem Urknall vor dem Urknall, sind nach dem Weltuntergang Weltreisen noch möglich?
Martin Puntigam: Wie kriegt man einen ganzen Planeten kaputt und wie kann der Gewitter vorzerhelfen,
Martin Puntigam: das Ende hinaus zu zögern?
Martin Puntigam: Mit einem Vorspiel im Himmel und einem Nachspiel in der Hölle.
Martin Puntigam: Vorbestellen kann man das Buch schon, wenn man möchte, muss aber nicht,
Martin Puntigam: denn der Hansa Verlag wird die erste Auflage in ausreichender Größe drucken lassen. Und wer ab 16.
Martin Puntigam: Oktober zur dazugehörigen neuen Live-Show Weltuntergang für Fortgeschrittene
Martin Puntigam: vorbeischaut, kann es sich dort gern von uns signieren lassen,
Martin Puntigam: falls die Welt dann noch steht.
Martin Puntigam: So, jetzt aber höchste Zeit für Ausgabe 105 des Science-Busters-Podcasts.
Martin Puntigam: Und heute heißt's, 1000 Jahre sind ein... Ja, ja, fast, aber die Richtung stimmt.
Martin Puntigam: Herzlich Willkommen zur Ausgabe 105 des Science Passers Podcasts,
Martin Puntigam: wie immer produziert mit Unterstützung der Uni Graz und der TU Wien.
Martin Puntigam: Mein Name ist Martin Puntigam, mir gegenüber sitzt heute wieder Florian Freistetter, Astronom, hallo.
Florian Freistetter: Hallo.
Martin Puntigam: In Ausgabe 104 haben die Regisseurin Sarah Winkenstätte und Florian Freistetter
Martin Puntigam: gesprochen über Grüße vom Mars,
Martin Puntigam: Himmelsmechanik, Autismus im Spektrum, wie man Filme mit Kindern macht,
Martin Puntigam: über Asteroidenbenennungen, die Sendung mit der Maus, Schulkino-Wochen und wie
Martin Puntigam: man verlorene Kometen wiederfindet und über vieles mehr.
Martin Puntigam: Heute geht's um Zeit.
Martin Puntigam: Früher hat es am Telefon die Zeitansage gegeben und für uns Kinder war das immer
Martin Puntigam: große Aufregung, dort anzurufen.
Martin Puntigam: Die Zeitansage gibt es noch immer.
Martin Puntigam: Heute kann man sich kaum vorstellen, warum das jemals einen Sinn gehabt haben
Martin Puntigam: kann, zum Telefonhörer zu greifen und voranzurufen, wo einem die Zeit durchgesagt worden ist.
Martin Puntigam: Aber natürlich, wenn man die frühere Zeit sich vor Augen hält,
Martin Puntigam: da haben viele Uhren und Wecker nur deshalb funktioniert, wenn man sie regelmäßig
Martin Puntigam: aufgezogen hat und wenn man eine Zeit lang nicht zu Hause war oder vergessen
Martin Puntigam: hat, sie aufzuziehen, dann war es natürlich schwierig zu wissen,
Martin Puntigam: wie spät sie ist, weil den Fernseher einschalten und im Teletext nachschauen
Martin Puntigam: oder am Handy nachschauen, das hat es damals nicht gegeben.
Martin Puntigam: Deshalb hat man da angerufen, warum es das heute noch immer gibt,
Martin Puntigam: ist ein bisschen schwerer nachzuvollziehen, aber das Ganze war verbunden mit
Martin Puntigam: dem schönen Wort Summerton.
Martin Puntigam: Summerton, den es da gegeben hat, mit dem Summerton ist immer die nächste Zeiteinheit
Martin Puntigam: eingeleitet worden. Früher war es Uhren auch noch im öffentlichen Raum in rauer
Martin Puntigam: Menge gegeben. Da war es sehr leicht zu sehen.
Martin Puntigam: Alle paar Minuten hat man irgendwo hingeschaut und hat gewusst,
Martin Puntigam: wie spät sie ist. Heute ist es
Martin Puntigam: schwieriger, da muss man schon das Telefon mithaben oder eine Armbanduhr.
Martin Puntigam: Aber Florian, was wissen wir denn eigentlich, wenn wir die Zeit wissen?
Martin Puntigam: Und was nehmen wir uns, wenn wir uns die Zeit nehmen?
Florian Freistetter: Naja, das, was du jetzt gerade alles beschrieben hast, ist so der alltägliche Begriff der Zeit.
Florian Freistetter: Und da ist auch jede Menge Wissenschaft drin. Und vor allem auch jede Menge
Florian Freistetter: Astronomie, wenn es darum geht, die Zeit zu messen, die Uhrzeit zu bestimmen,
Florian Freistetter: Zeitrechnung, Zeit über längere Zeiten zu messen, Kalender und so weiter.
Florian Freistetter: Das ist auch ganz viel Wissenschaft, aber das ist eigentlich nicht das,
Florian Freistetter: was ich jetzt im Sinn hatte bei dieser Folge, sondern da wollte ich das ganze
Florian Freistetter: Thema ein bisschen fundamentaler angehen.
Florian Freistetter: Also jetzt nicht unbedingt das, was auf der Armbandur steht oder das,
Florian Freistetter: was am Telefon einem durchgesagt wird, wenn man doch nochmal dort anrufen sollte,
Florian Freistetter: sondern wirklich fundamental physikalisch, was ist Zeit?
Martin Puntigam: Bitte.
Florian Freistetter: Ich dachte, du kannst jetzt mal dich an eine Antwort probieren.
Martin Puntigam: Was Zeit ist, puh, es ist das, was vergeht, während man lebt.
Florian Freistetter: Ja, oder wir leben, weil etwas vergeht. Das Problem mit der Zeit ist,
Florian Freistetter: dass wir alle das Gefühl haben, wir verstehen, was es ist.
Florian Freistetter: Also wir erleben es ja, was Zeit ist, weil das ist ja das, was uns das Erleben
Florian Freistetter: überhaupt erst möglich macht.
Florian Freistetter: Weil wenn es keine Vergangenheit gäbe und keine Zukunft, und dazwischen die
Florian Freistetter: Gegenwart, die das eine zum anderen macht, dann hätten wir ja keine Möglichkeit, irgendwas zu erleben.
Florian Freistetter: Weil wenn es nichts gibt, was die eine Zeit von der anderen trennt,
Florian Freistetter: was die Vergangenheit von der Zukunft trennt, dann passiert alles gleichzeitig
Florian Freistetter: oder es passiert gar nichts, das wissen wir nicht.
Florian Freistetter: Aber wie gesagt, wir haben das Gefühl, wir wissen, was Zeit ist.
Florian Freistetter: Das Problem ist, wenn man jetzt darüber nachdenkt, was es wirklich ist,
Florian Freistetter: dann stellt man fest, dass man es eigentlich gar nicht versteht.
Florian Freistetter: Und das ist eigentlich auch Stand der Dinge aus Sicht der Wissenschaft.
Florian Freistetter: Also wir könnten jetzt die Folge aufhören und die Zeit besser nutzen und sagen,
Florian Freistetter: die Antwort auf die Frage, was ist Zeit, lautet, wissen wir nicht.
Martin Puntigam: Aber was gibt es denn für Vermutungen? Vermutungen gibt es ja sicher oder Annäherungen gibt es ja jede Menge.
Florian Freistetter: Das Problem an der Sache ist, dass die Zeit eigentlich, wenn man so will,
Florian Freistetter: in der Physik nicht auftaucht.
Florian Freistetter: Ich meine, das ist Quatsch, natürlich taucht sie auf, aber es gibt jetzt keine irgendwie...
Martin Puntigam: Ja, ganz oft, nämlich T in vielen Formeln gibt es die Zeit.
Florian Freistetter: Selbstverständlich gibt es sie, aber jetzt nicht so wie zum Beispiel Masse oder
Florian Freistetter: Kilogramm, was eben auch in vielleicht manchen Formeln vorkommt.
Florian Freistetter: Also wir können definieren, was ein Kilogramm ist. Wir können auch definieren, was eine Sekunde ist.
Florian Freistetter: Wir können auch definieren, was Masse ist, aber wir können jetzt nicht in dem
Florian Freistetter: Sinn definieren, was Zeit ist.
Florian Freistetter: Da gibt es keine physikalische Formel, wo dann steht, Zeit ist das.
Florian Freistetter: So etwas gibt es nicht. Und die Zeit, was ich gemeint habe, als ich gesagt habe,
Florian Freistetter: dass die Zeit in den physikalischen Gleichungen nicht auftaucht war,
Florian Freistetter: dass die relevanten Gleichungen der Physik, also wenn wir uns irgendwas hernehmen,
Florian Freistetter: eine Formel zur Elektromagnetismus, Formel zur Gravitation, was auch immer,
Florian Freistetter: dann sind die in der Fachsprache invariant gegenüber der Zeit.
Florian Freistetter: Das heißt, es spielt keine Rolle, ob das Ganze jetzt vorwärts in der Zeit läuft
Florian Freistetter: oder rückwärts in der Zeit läuft.
Florian Freistetter: Wenn du dir jetzt so vorstellst, da hast du sicher schon gesehen,
Florian Freistetter: haben auch sicherlich die Hörerinnen und Hörer schon oft gesehen,
Florian Freistetter: so Videos, wie man sie im Planetarium sehen kann oder auch überall im Internet,
Florian Freistetter: dann kann man sich anschauen, wie so die Planeten sich bewegen.
Florian Freistetter: Da sieht man die Sonne und dann so Punkte, die sich da so im Kreis oder in der
Florian Freistetter: Ellipse rundherum bewegen.
Florian Freistetter: Und wenn da jetzt nicht irgendwie die Zeit angezeigt wird, wo steht hier das
Florian Freistetter: Jahr so und so, und dann sieht man, läuft das ja vorwärts oder rückwärts,
Florian Freistetter: dann kann man eigentlich nicht erkennen.
Florian Freistetter: In welcher Richtung die Zeit jetzt läuft. Du siehst jetzt, wie die Planeten sich bewegen.
Florian Freistetter: Das liefert keine Information über den Verlauf der Zeit, weil das physikalisch
Florian Freistetter: genauso absolut richtig wäre, wenn sie sich rückwärts bewegen.
Florian Freistetter: Also es ist nicht so, dass wir sehen, okay, nein, das kann jetzt nicht sein.
Florian Freistetter: Wenn die Planeten sich so bewegen, das funktioniert nicht. Das ist physikalisch
Florian Freistetter: falsch. Das können die nicht machen.
Florian Freistetter: Deswegen kann das so nicht sein. Darum muss die Zeit jetzt anders laufen.
Florian Freistetter: Also in den Gleichungen steht nicht drin, bitte Zeit in diese Richtung laufen
Florian Freistetter: lassen, sondern das funktioniert genauso, wenn die Zeit vorwärts läuft oder
Florian Freistetter: wenn sie rückwärts läuft.
Martin Puntigam: Das heißt, diese Zeitachsen, die wir anlegen, die haben wir uns ausgedacht,
Martin Puntigam: damit wir uns besser auskennen im Alltag?
Florian Freistetter: Nein, das ist wieder was anderes. Du bist jetzt schon wieder beim Alltag.
Florian Freistetter: Der Alltag kommt jetzt nicht vor. Es ist ein alltagsfreier Podcast.
Florian Freistetter: Es geht wirklich um das grundlegende Phänomen. Also ich nehme ein anderes Phänomen, wo man das sieht.
Florian Freistetter: Also wenn du auch das, glaube ich, das Bild, der Ausschnitt,
Florian Freistetter: der in jeder populärwissenschaftlichen Dokumentation über Zeit vorkommen muss,
Florian Freistetter: Eine Tasse fällt vom Tisch und landet am Boden und zerschellt.
Florian Freistetter: Wenn du so ein Video siehst, dann kannst du ganz genau erkennen,
Florian Freistetter: ob die Zeit vorwärts oder rückwärts läuft.
Florian Freistetter: Weil nämlich die Tassen ganz, ganz selten aus Scherben entstehen,
Florian Freistetter: die vom Boden auf einen Tisch hüpfen. Das passiert normalerweise nicht.
Florian Freistetter: Die Scherben gibt es nur, wenn die Tasse von oben nach unten fällt.
Florian Freistetter: In dem Fall erkennt man am Ablauf der Dinge auch den Ablauf der Zeit.
Florian Freistetter: Aber auch hier gilt, physikalisch würde jetzt nichts dagegen sprechen,
Florian Freistetter: dass tatsächlich die Scherben vom Boden aufhüpfen und am Tisch eine Tasse bilden.
Florian Freistetter: Wir machen die nicht von selbst, von selbst passiert eh gar nichts in der Natur.
Florian Freistetter: Aber wenn ich jetzt es schaffen würde, keine Ahnung, welche Maschine man da
Florian Freistetter: bräuchte, all die Scherben, die rumliegen am Boden,
Florian Freistetter: mit genau der richtigen Geschwindigkeit im genau richtigen Moment anzustoßen,
Florian Freistetter: dann würden die tatsächlich sich wieder so zusammenfügen und bewegen,
Florian Freistetter: dass wir eine fertige Tasse oben am Tisch bekommen.
Florian Freistetter: Da gibt es kein Naturgesetz, das dem widerspricht.
Florian Freistetter: Also die Naturgesetze unterscheiden nicht zwischen Vergangenheit und Zukunft.
Florian Freistetter: Das ist das, was ich gemeint habe, als ich gesagt habe, die Zeit spielt keine
Florian Freistetter: Rolle in den Naturgesetzen.
Florian Freistetter: Und bevor jetzt jemand böse Mail schreibt, das stimmt auch nicht hundertprozentig
Florian Freistetter: ganz, Wenn wir jetzt irgendwie auf die atomare Ebene gehen, da gibt es Zeit,
Florian Freistetter: Symmetrie, Brechungen und so weiter, aber das lasse ich jetzt weg,
Florian Freistetter: sonst wird es zu kompliziert.
Florian Freistetter: Also das ist jetzt das Problem. Was ist jetzt der Unterschied zwischen diesem
Florian Freistetter: einen Video, wo wir erkennen können, dass die Zeit in die eine Richtung läuft
Florian Freistetter: und anderen Prozessen, wo wir es nicht erkennen können.
Florian Freistetter: Und wenn wir das wüssten, das Phänomen des Zeitpfeils, wie es sich nennt,
Florian Freistetter: wenn wir dieses Phänomen verstehen könnten, dann wüssten wir wahrscheinlich
Florian Freistetter: auch, was Zeit eigentlich ist.
Florian Freistetter: Das Problem ist nur, wir haben es bis jetzt noch nicht geschafft,
Florian Freistetter: eine wirklich sinnvolle physikalische Theorie des Zeitpfeils aufzustellen.
Martin Puntigam: Aber einen Namen hat es schon, aber wir wissen nicht genau, was es bedeutet, so wie dunkle Energie.
Florian Freistetter: Ja und nein. Bei der dunklen Energie wissen wir noch viel weniger.
Florian Freistetter: Aber der Zeitpfeil, das ist die Hypothese, die Vorstellung, dass es eben wirklich
Florian Freistetter: eine gerichtete, wenn man so will, Pfeil, weil der Pfeil hat eine Richtung,
Florian Freistetter: eine gerichtete Verbindung zwischen Vergangenheit und Zukunft gibt.
Florian Freistetter: Also das ist einerseits quasi psychologisch beschreibt er das, was wir erleben.
Florian Freistetter: Wir erinnern uns an die Vergangenheit, wir erinnern uns nicht an die Zukunft.
Florian Freistetter: Wir erleben das Verstreichen der Zeit in eine Richtung und nur in eine Richtung.
Florian Freistetter: Und physikalisch wäre es halt dann die Theorie, die uns sagt, warum das so ist.
Florian Freistetter: Und diese Theorie haben wir nicht. Wir haben Ideen, da hast du recht.
Florian Freistetter: Wir haben Ideen, wir haben Hypothesen, wir haben Vorstellungen.
Florian Freistetter: Und die habe ich gedacht, kann ich jetzt erzählen?
Martin Puntigam: Ja, bitte.
Florian Freistetter: Die haben mit Ludwig Boltzmann zu tun.
Florian Freistetter: Den kennen die Wienerinnen und Wiener, die sich am Zentralfriedhof rumtreiben,
Florian Freistetter: weil da hält er sich aktuell zurzeit meistens auf, weil da ist sein Grab.
Florian Freistetter: Ich war noch nicht dort. Ich war noch nicht am Zentralfriedhof, glaube ich.
Martin Puntigam: Aber Ludwig Boltzmann wäre dort, wenn du dort hinkämst.
Florian Freistetter: Genau, der liegt dort auf seinem Grab und das könnte man sich wirklich anschauen,
Florian Freistetter: das Grab, weil es nämlich eines der seltenen Gräber ist, auf denen sich mathematische
Florian Freistetter: Formeln befinden. Da gibt es gar nicht so viele.
Florian Freistetter: Ich glaube, Isaac Newtons Grab und das Grab von Stephen Hawking,
Florian Freistetter: da sind Formeln drauf und eben auch Ludwig Boltzmann.
Florian Freistetter: Wahrscheinlich gibt es noch ein paar. Ich glaube, das ist von Schrödinger auch eine Formel drauf.
Florian Freistetter: Aber das zeigt schon mal, dass das jetzt irgendwie wichtig ist,
Florian Freistetter: weil irgendwie lässt sich nicht aus Spaß und Freude irgendwelche Formeln auf Grabsteine meißeln.
Florian Freistetter: Das passiert nur dann, wenn das wirklich das ist, wo man sagt,
Florian Freistetter: okay, das hat sich jetzt gelohnt, dass der das in seinem Leben herausgefunden hat.
Florian Freistetter: Das ist so wichtig, das schreiben wir auf einen Grabstein. Und auf Boltzmanns
Florian Freistetter: Grabstein steht die Formel S ist K mal Logarithmus von W.
Florian Freistetter: Damit du es mal gehört hast.
Martin Puntigam: Sagt mir natürlich nichts, aber Boltzmann hat es verstanden.
Florian Freistetter: Boltzmann hat es nicht nur verstanden, Boltzmann hat dieses ganze Konzept entwickelt,
Florian Freistetter: nämlich das Konzept der Entropie.
Florian Freistetter: Und Entropie ist was, das kann man sehr, sehr leicht nicht verstehen,
Florian Freistetter: aber sehr, sehr leicht missverstehen.
Martin Puntigam: Also das Wort kommt dann ja ab und zu unter, aber was es genau ist,
Martin Puntigam: ich vergesse das im Alltag immer wieder.
Florian Freistetter: Ja, wahrscheinlich hast du es nie wirklich gewusst, so wie die meisten.
Martin Puntigam: Ja, der Heinz hat es einmal erzählt, dass das Zimmer sich nicht selber zusammenräumt,
Martin Puntigam: dass irgendwas mit der Thermodynamik zu tun hat und so. Da ist das Wort einmal gefallen.
Florian Freistetter: Ganz genau, da hat der Heinz recht, dass es mit der Thermodynamik zu tun hat.
Florian Freistetter: Wenn man so will, ist die Entropie das, auf dem die klassische Thermodynamik basiert.
Florian Freistetter: Das mit dem Zimmer, ja, hat er auch recht. Das Zimmer räumt es ja nicht von
Florian Freistetter: selbst zusammen, aber das hat jetzt nicht dringend was mit der Entropie zu tun,
Florian Freistetter: sondern eher mit anderen Dingen.
Florian Freistetter: Das ist eines der vielen, wenn man so will, Vorurteile oder Missverständnisse.
Florian Freistetter: Vorurteile sind es ja nicht.
Florian Freistetter: Missverständnisse, die mit der Entropie zu tun haben. Wenn man was weiß über
Florian Freistetter: Entropie und jetzt nicht studiert hat, weil da weiß man es vermutlich oder hoffentlich
Florian Freistetter: eh, was es ist, aber wenn man es so aus dem Alltagswissen weiß,
Florian Freistetter: dann weiß man, Entropie hat irgendwas mit Ordnung und Unordnung zu tun und man weiß vielleicht auch,
Florian Freistetter: dass Entropie nicht abnehmen kann. Entropie kann immer nur mehr werden.
Florian Freistetter: Und da kommen dann diese schönen Bilder raus, die man sich natürlich auch gerne vorstellen kann.
Florian Freistetter: Ja, so das Zimmer, die Entropie ist ein Maß für die Unordnung.
Florian Freistetter: Das heißt, wenn es in meinem Zimmer unordentlich ist, dann ist es nur Entropie
Florian Freistetter: und ich kann nichts dafür, wenn die Unordnung immer größer wird und nicht kleiner,
Florian Freistetter: weil die Entropie kann ja immer nur größer werden.
Florian Freistetter: Da kann man sich dann so schön erklären und Witze darüber machen,
Florian Freistetter: aber eigentlich ist es nicht falsch im eigentlichen Sinn, aber es ist auch nicht
Florian Freistetter: richtig im eigentlichen Sinn.
Florian Freistetter: Also es geht schon um Unordnung, aber nicht um Unordnung, wie wir sie im Alltag verstehen.
Florian Freistetter: Ich habe ja gesagt, der Alltag kommt hier nur am Rande vor. Man sollte aufräumen,
Florian Freistetter: wenn es unordentlich ist, kann man sich nicht auf die Naturgesetze ausreden.
Florian Freistetter: Wenn man Entropie verstehen will, sollte man Physik studieren,
Florian Freistetter: dafür kein Weg dran vorbei.
Florian Freistetter: Aber wenn man es sich halbwegs richtig vorstellen will, dann kann man es anders probieren.
Florian Freistetter: Stell dir vor, das wird dir leicht fallen, du stehst auf der Bühne bei einer Science Master Show.
Florian Freistetter: Neben dir stehe ich. Das ist alles schon passiert. Das kann man sich vielleicht vorstellen.
Florian Freistetter: Und du bist ja die einzige Person auf der Bühne, die den großen Vorteil hat,
Florian Freistetter: dass sie Karteikarten in den Händen halten darf, wo Dinge draufstehen.
Florian Freistetter: Ich und die anderen auf der Bühne müssen sich alles immer merken.
Martin Puntigam: Du dürftest das auch, aber es schaut halt schöner aus, wenn es nur ich habe.
Florian Freistetter: Ja, also du hast diese Karteikarten. Da steht alles drauf, was in der Show passieren
Florian Freistetter: sollte, in der richtigen Reihenfolge.
Florian Freistetter: Und deine Karteikarten hast du, das weiß ich, durchnummeriert.
Florian Freistetter: So, jetzt stell dir vor, du bist da gerade beim Moderieren und ich komme zu
Florian Freistetter: dir, weil du gerade moderiert hast, Herr Freistötter, könnten Sie bitte erklären, was Entropie ist.
Florian Freistetter: Und ich komme zu dir und nehme dir deine Karteikarten weg und schmeiße sie in die Luft.
Florian Freistetter: Dann passiert das, was erwartungsgemäß passiert. Sie fallen wieder runter,
Florian Freistetter: landen irgendwann am Boden und du bist dann vielleicht ein bisschen angefressen
Florian Freistetter: und kloppst die Karteikarten wieder zusammen und dann wirst du einen Stapel
Florian Freistetter: haben, wo die Karteikarten nicht mehr geordnet sind, sondern irgendwie anders sind.
Martin Puntigam: Also höchstwahrscheinlich. Also zufällig könnten sie schon geordnet sein,
Martin Puntigam: aber es wäre sehr unwahrscheinlich.
Florian Freistetter: Ja, zu dem Zufall kommen wir dann noch. Aber dann hast du sie in der Hand und
Florian Freistetter: ärgerst dich vor dich hin und fragst, was soll denn das jetzt mit Entropie zu tun haben?
Florian Freistetter: Und dann sage ich, pass uns auf und nehme nochmal die Karteikarten und schmeiße
Florian Freistetter: sie nochmal in die Luft. Und dann darfst du sie nochmal aufsammeln und dann
Florian Freistetter: wirst du feststellen, dass sie schon wieder durcheinander sind.
Florian Freistetter: Anders durcheinander als vorher, aber immer noch durcheinander.
Florian Freistetter: Und das ist die Art von Unordnung, über die wir reden. Es geht um sogenannte Mikrozustände.
Florian Freistetter: In dem Fall wäre jetzt das, was jetzt hier Boltzmann gemeint hat mit seinen
Florian Freistetter: Mikrozuständen. Das ist übrigens das W in der Formel, Karl-Log-W.
Florian Freistetter: Das, was Boltzmann gemeint hat, da geht es um Phasenraum, Orbits und so weiter.
Florian Freistetter: Das lassen wir auch alles weg.
Florian Freistetter: Mikrozustände in unserem Bild sind jetzt deine Karteikarten.
Florian Freistetter: Also deine Karteikarten können unterschiedliche Mikrozustände einnehmen,
Florian Freistetter: um, wenn man so will, einen Makrozustand zu bilden.
Florian Freistetter: Und es gibt zwei unterschiedliche Makrozustände, nämlich die Karteikarten sind
Florian Freistetter: so, wie sie sein sollen, nämlich geordnet oder die Karteikarten sind ungeordnet, durcheinander.
Florian Freistetter: Mikrozustand heißt wirklich die einzelnen Karteikarten, wie die angeordnet sind.
Florian Freistetter: Und logischerweise gibt es eine einzig mögliche Kombination von Mikrozuständen,
Florian Freistetter: die den Makrozustand, alles ist gut, geordnet verursacht.
Florian Freistetter: Wenn sie alle in der richtigen Reihenfolge geordnet sind.
Florian Freistetter: Es gibt aber absurd viele Möglichkeiten, wie du deine, keine Ahnung,
Florian Freistetter: 30, 40 Karteikarten so unordentlich sortieren kannst, dass sie am Ende unordentlich sind.
Florian Freistetter: Also reicht, keine Ahnung, du hast die Karteikarte, die Reihenfolge ist.
Florian Freistetter: 1, 3, 2, 4, 5, 6, 7 und so weiter.
Florian Freistetter: Oder die Reihenfolge ist 1, 4, 2, 3, 5, 6, 7. Oder die Reihenfolge ist 1, 5, 2, 3, 4, 6, 7.
Florian Freistetter: Also das ist alles nur mit 1 am Anfang. Ich kann nur mal die 2 am Anfang stellen.
Florian Freistetter: Man könnte es ausrechnen. Das ist eine absurd große Zahl. Also wirklich absurd groß.
Florian Freistetter: So groß, dass die eine einzige Möglichkeit, wo sie richtig geordnet sind,
Florian Freistetter: wirklich vernachlässigbar gering ist.
Florian Freistetter: Und das ist gemeint, wenn man sagt, die Entropie kann nicht abnehmen.
Florian Freistetter: Weil wenn ich jetzt die Karteikarten sich selbst überlasse. Irgendwas wird mit den Dingern passieren.
Florian Freistetter: Irgendwer stoßt dran oder selbst wenn ich überhaupt nichts mache,
Florian Freistetter: dann kommt vielleicht ein kleines Erdbeben oder was auch immer passiert.
Florian Freistetter: Irgendwas passiert und sobald irgendwas passiert mit den Karteikarten,
Florian Freistetter: ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie eben in einen Zustand übergehen,
Florian Freistetter: der ungeordnet ist, so absurd viel größer als in die andere Richtung,
Florian Freistetter: dass man eben das nicht als echtes Naturgesetz, aber eben halt als in dem Fall
Florian Freistetter: zweiten Hauptsatz der Thermodynamik formuliert hat, Die Entropie wird von selbst nicht geringer.
Florian Freistetter: Wenn ich will, dass sie geringer wird, dann muss ich Energie aufwenden.
Florian Freistetter: Dann muss ich in dem Fall halt die Energie aufwenden und mich hinsetzen und die sortieren.
Florian Freistetter: Dann habe ich Energie reingesteckt, dann habe ich wieder den eigenen Zustand hergestellt.
Florian Freistetter: Und das ist gemeint, was die Physik sagt, wenn sie von Entropie spricht.
Florian Freistetter: Natürlich jetzt auch nur als Bild, aber es geht um Systeme.
Florian Freistetter: Aus, wenn man so will, unterschiedlichen Bestandteilen bestehen.
Florian Freistetter: Bei Boltzmann war es jetzt vor allem halt so, ja, Gastheorie,
Florian Freistetter: der hat sich eben Gase mit Atomen, die aus Atomen bestehen, vorgestellt und
Florian Freistetter: die beschrieben, hat die Eigenschaften des Gases anhand der Eigenschaften der
Florian Freistetter: einzelnen Atome beschrieben und da ist dann die Entropie rausgefallen.
Florian Freistetter: Bei uns war jetzt quasi das Gas, dein fertiger Stapel an Karteikarten und die
Florian Freistetter: einzelnen Atome waren die Karteikarten selbst und die können sich halt irgendwie anordnen.
Florian Freistetter: Und du hast am Ende halt dann zwei Zustände gehabt und je nachdem,
Florian Freistetter: wie groß die Entropie ist, ist dein Karteikartenstapel am Ende mehr oder weniger
Florian Freistetter: ordentlich. Man könnte sich das auch mit der Luft selbst vorstellen.
Florian Freistetter: Das geht auch. Also wenn du dir vorstellst, wir stehen auf der Bühne und im
Florian Freistetter: Theater ist Luft meistens keine gute, aber es ist trotzdem noch rein physikalisch
Florian Freistetter: Luft, die aus jeder Menge Atomen und Molekülen besteht.
Florian Freistetter: Und die bewegen sich irgendwie so vor sich hin.
Florian Freistetter: Ja, mehr oder weniger chaotisch bewegen sich die ganzen Moleküle und die sind
Florian Freistetter: mal da, die sind mal dort.
Florian Freistetter: Es gibt absurd viele Zustände, wie diese Atome in der Luft mal da und mal dort sein können.
Florian Freistetter: Aber theoretisch, und wie gesagt, die Naturgesetze haben da jetzt keine Meinung
Florian Freistetter: dazu, theoretisch widerspricht es nicht den Naturgesetzen, dass sich die Moleküle
Florian Freistetter: der Luft alle gerade so ansammeln,
Florian Freistetter: dass sie alle bei uns oben auf der Bühne sind und kein einziges Molekül der
Florian Freistetter: Luft mehr im Publikum ist und das Publikum elendiglich erstickt,
Florian Freistetter: während wir oben stehen und wunderbar vor uns hinatmen können.
Florian Freistetter: Ist jetzt nichts, was prinzipiell den Naturgesetzen widerspricht.
Florian Freistetter: Aber es ist derselbe Zustand wie vorhin.
Florian Freistetter: Es gibt wahnsinnig viele Möglichkeiten, wie die Teilchen der Luft irgendwie
Florian Freistetter: sein können, sodass der ganze Raum voll ist. Es gibt aber nur sehr wenige Zustände,
Florian Freistetter: wie die Teilchen der Luft sich
Florian Freistetter: nur in einer Ecke des Raums zusammenballen können und in anderen nicht.
Florian Freistetter: Und deswegen, weil die sich ständig bewegen, ist es dramatisch viel wahrscheinlicher,
Florian Freistetter: dass sie sich eben im einen Zustand befinden, die Luft als Ganzes, als in dem anderen.
Florian Freistetter: Das ist die Entropie. Und wenn man so will, und das haben manche Physiker schon
Florian Freistetter: ziemlich früh probiert, so zu wollen, dann kann man das als Ursache für den Zeitpfeil verwenden.
Florian Freistetter: Also man sagt, die Zukunft ist die Richtung der Zeit, in der die Entropie größer
Florian Freistetter: wird. Also wenn Entropie größer wird,
Florian Freistetter: Dann geht es in die Zukunft und ansonsten nicht, weil die Entropie halt von
Florian Freistetter: selbst nicht kleiner wird, sondern nur in die eine Richtung geht,
Florian Freistetter: hat man da, und das ist, soweit ich weiß, das einzige bekannte physikalische
Florian Freistetter: Phänomen, auf das es zutrifft, das eben wirklich in der Zeit gerichtet ist.
Florian Freistetter: Und deswegen kann man probieren, die Entropie als Grundlage des Zeitpfeils zu nehmen.
Florian Freistetter: Also wenn man jetzt sagen würde, oder wenn man jetzt die Frage vom Anfang beantworten
Florian Freistetter: wollen würde, Was ist Zeit?
Florian Freistetter: Dann wäre die Antwort darauf die Richtung, in der die Entropie sich verändert.
Martin Puntigam: Aber das würde ja bedeuten, dass früher alles ordentlicher war und dass es in
Martin Puntigam: Zukunft immer unordentlicher wird und man nie eine Chance hat,
Martin Puntigam: dass es wieder ordentlicher wird.
Florian Freistetter: Nicht ganz. Also prinzipiell schon. Wie gesagt, Unordnung darf man jetzt nicht
Florian Freistetter: im aufgeräumten Zimmerbild verstehen.
Florian Freistetter: Aber prinzipiell heißt es schon das. Aber es heißt nicht, dass wir keine Chance
Florian Freistetter: haben, dass wir da was dagegen tun. Weil, wie gesagt, es passiert nur,
Florian Freistetter: wenn man sonst nichts macht.
Florian Freistetter: Ich kann ja Energie hineinstecken in Systeme. Das kann ich ja machen.
Florian Freistetter: Ich kann mich ja hinstellen.
Florian Freistetter: Ich könnte mich jetzt tatsächlich hinstellen, wir könnten in unserem Theater,
Florian Freistetter: wenn wir das nächste Mal auftreten, könnten wir ein paar sehr,
Florian Freistetter: sehr große und starke Pumpen aufstellen und dann probieren, die ganze Luft aus
Florian Freistetter: dem Publikumraum auf die Bühne zu pumpen.
Florian Freistetter: Das wird uns nicht gelingen, weil da die Entropie, da müssen wir noch ein paar
Florian Freistetter: Absperrungen reinmachen und sowas, aber wir könnten Energie reinstecken und da was verändern.
Florian Freistetter: Genauso wie wir als Lebewesen sind Systeme, die der Entropie eigentlich widersprechen.
Florian Freistetter: Aber das funktioniert nur, wir sind geordnete Systeme in einer Welt,
Florian Freistetter: die eigentlich immer unordentlicher werden will, aber wir schaffen es,
Florian Freistetter: diese Ordnung, unsere innere Ordnung aufrechtzuerhalten als biologisches System,
Florian Freistetter: weil wir halt ständig Energie in uns hineinstecken.
Florian Freistetter: Wenn wir das nicht mehr tun, naja, dann sieht man eh, was passiert mit uns.
Florian Freistetter: Also dann schlägt die Entropie schnell zu.
Florian Freistetter: Das ist übrigens auch was gewesen, was, ich weiß nicht, wie da die Argumentationen
Florian Freistetter: heute laufen, aber das war früher immer etwas, was die Kreationisten und die
Florian Freistetter: Intelligent Design-Dollar.
Florian Freistetter: Probiert haben zu benutzen, um zu argumentieren, dass Evolution Quatsch ist,
Florian Freistetter: weil sie gesagt haben, Evolution ist ja genau das Gegenteil von dem,
Florian Freistetter: was die Entropie beschreibt.
Florian Freistetter: Da wird aus irgendwas, also aus, keine Ahnung, aus einem Haufen Molekülen und
Florian Freistetter: Atomen irgendwo im Meer wird was Komplexes, nämlich Leben.
Florian Freistetter: Das widerspricht der Thermodynamik und deswegen widerspricht es der Wissenschaft
Florian Freistetter: und deswegen braucht es einen Gott oder halt einen Intelligent Designer,
Florian Freistetter: je nachdem, was man da sagen will.
Florian Freistetter: Aber ich bin mir nicht sicher, ob die das immer noch sagen. Ich habe mich schon
Florian Freistetter: lange nicht mehr mit denen beschäftigt. Aber das war damals ein Argument.
Florian Freistetter: Aber ich weiß nicht, ob ich erklären muss, warum es ein falsches Argument ist.
Martin Puntigam: Ja, erklären wir mal, warum es nicht funktioniert.
Florian Freistetter: Naja, es funktioniert deswegen nicht, weil das halt kein sich selbst überlassenes System ist.
Florian Freistetter: Wir wissen ja zumindest aus dem bisschen, was wir wissen über die Entstehung
Florian Freistetter: des Lebens, wissen wir, dass es eben nicht von selbst passiert,
Florian Freistetter: sondern eines der Bedingungen, die man braucht, damit Leben entstehen kann,
Florian Freistetter: ist eben eine Energiequelle.
Florian Freistetter: Ohne Energiequelle gibt es kein Leben. Und wenn ich eine Energiequelle habe,
Florian Freistetter: dann wird Energie in das System hineingesteckt und dann entstehen Dinge.
Florian Freistetter: Wir haben auf der Erde im Laufe der Evolution nicht eine Menge Energiequellen.
Florian Freistetter: Wir haben die Sonne, die das angetrieben hat. Wir haben die chemischen Energiequellen,
Florian Freistetter: wenn das Leben irgendwo in der Tiefsee entstanden ist und so weiter.
Florian Freistetter: Also da kommt überall Energie hinein in die Systeme und deswegen können die
Florian Freistetter: sich eben entgegen dem Entropietrend entwickeln.
Florian Freistetter: Also das ist was, was natürlich die Kreationisten da ignoriert haben,
Florian Freistetter: vermutlich absichtlich ignoriert haben, aber es heißt nicht,
Florian Freistetter: nur weil es mit der Entropie so ist, dass wir nichts dagegen tun können.
Florian Freistetter: Wir könnten, wenn wir uns anstrengen, ausreichend viel Energie in Dinge stecken
Florian Freistetter: und den allgemeinen Trend zur Unordnung aufhalten.
Martin Puntigam: Aber immerhin haben Sie die Kreationisten und Kreationistinnen noch die Mühe
Martin Puntigam: gemacht, sie mit Entropie und Naturwissenschaften auseinanderzusetzen.
Martin Puntigam: Evangelikale, wie sie ja heute dominanter werden, denen ist das ja alles egal,
Martin Puntigam: sondern sie leben ja rein in ihrer Fantasywelt und versuchen das halt mit Gewalt durchzusetzen.
Florian Freistetter: Ja, kann man machen, aber wie gesagt, ich bin mir nicht sicher,
Florian Freistetter: ob das eine besser als das andere ist, weil es ist so wie mit den ganzen Esoterik-
Florian Freistetter: Medizin-Leuten, die dann eben mit quantenmechanischen Begriffen ankommen,
Florian Freistetter: es wird nicht besser das ganze System, wenn man die Wissenschaft dafür missbraucht.
Florian Freistetter: Genauso ist es bei der Religion auch. Also die Religion kriegt es auch ohne
Florian Freistetter: Wissenschaft hin, Blödsinn zu machen und da sehr fundamentalistisch zu sein.
Florian Freistetter: Und ob sie jetzt da wissenschaftliche Begriffe benutzt in ihrem Fundamentalismus
Florian Freistetter: oder nicht, ist auch schon wurscht. Da sollst du lieber die Wissenschaft weglassen.
Florian Freistetter: Da sollen wir sie nicht loben dafür, dass sie probiert haben,
Florian Freistetter: sich mit der Entropie zu beschäftigen, sondern wenn du schon Fundamentalisten
Florian Freistetter: sein wolltest, dann macht es das Betone-Wissenschaft, weil das geht eh auch.
Florian Freistetter: Aber du hast ein Problem noch angesprochen vorhin, das wir haben.
Florian Freistetter: Weil prinzipiell, wenn man jetzt sagt, okay, wir akzeptieren das,
Florian Freistetter: Zeit ist das, was aus der Entropie rauskommt.
Florian Freistetter: Dann haben wir immer noch das Problem,
Florian Freistetter: Wenn das so ist, dann muss es richtigerweise so sein, wie du vorhin erwähnt
Florian Freistetter: hast, dann muss die Entropie in Zukunft größer werden.
Florian Freistetter: Und es ist aufs Universum gerechnet.
Florian Freistetter: Wir gehen jetzt davon aus, dass wir jetzt nicht wissen, wie man von außerhalb
Florian Freistetter: des Universums ins Universum Energie stecken könnte, um auch dem entgegenzuwirken.
Florian Freistetter: Dann müsste man mit Multiversen anfangen oder sowas, das lassen wir jetzt weg.
Florian Freistetter: Sondern wir nehmen das Universum als abgeschlossenes ganzes System und sagen,
Florian Freistetter: in diesem Universum muss die Entropie des gesamten Universums im Laufe der Zeit größer werden.
Florian Freistetter: Was gleichzeitig bedeutet, dass sie in der Vergangenheit geringer gewesen sein
Florian Freistetter: muss und noch weiter in der Vergangenheit noch geringer gewesen sein muss und so weiter.
Florian Freistetter: Das ist so ähnlich wie bei der Expansion des Universums. Da wissen wir auch, Universum expandiert.
Florian Freistetter: Es wird größer sein in Zukunft und in der Vergangenheit etwas kleiner und noch
Florian Freistetter: kleiner. und irgendwann muss es einen Punkt gegeben haben, wo alles in einem Punkt war.
Florian Freistetter: So sind wir auf die Urknall-Theorie gekommen.
Florian Freistetter: Das hat da ganz gut funktioniert. Bei der Entropie kriegen wir ein bisschen ein Problem.
Florian Freistetter: Weil wenn wir sagen, es war früher alles ordentlicher als heute und noch früher
Florian Freistetter: noch ordentlicher, dann bedeutet das, dass das Universum aus Entropiesicht in
Florian Freistetter: einem Zustand extremster Ordnung begonnen haben muss.
Martin Puntigam: Also im Urknall war es total ordentlich?
Florian Freistetter: Das wäre die Folgerung aus dem Ganzen. Das ist aber etwas, was eigentlich unserer
Florian Freistetter: Anschauung, unserem Bild vom Urknall oder von dem, was kurz nach dem Urknall
Florian Freistetter: war, den Urknall sparen wir jetzt aus, weil das wird immer kompliziert,
Florian Freistetter: was kurz nach dem Urknall passiert ist, widerspricht.
Florian Freistetter: Also wenn wir sagen, damals, kurz nach dem Urkern, war es extrem ordentlich,
Florian Freistetter: dann widerspricht es dem, was wir uns eigentlich so denken, wenn wir ins Universum denken.
Florian Freistetter: Weil damals gab es ja nichts, ja, hatten nichts damals nach dem Urkern,
Florian Freistetter: da gab es doch nicht mal gescheite Atome, ja, gab es nur irgendwie Teilchen
Florian Freistetter: und Energie, keine Sterne, keine Planeten, keine Galaxien, nichts.
Florian Freistetter: Da gab es nur Energie und Elementarteilchen, die wild durcheinander gewuselt
Florian Freistetter: sind. Das ist so ungefähr dasselbe Bild, wie ich es vorhin eben mit der Luft
Florian Freistetter: im Theatersaal gehabt habe oder halt mit den Karteikarten. Ja,
Florian Freistetter: alles wuselt durcheinander.
Florian Freistetter: Und das klingt jetzt gar nicht so nach Ordnung. Und wenn wir das Universum heute
Florian Freistetter: anschauen, da schaut es schön sortiert aus.
Florian Freistetter: Ja, da ist alles, was wir so an Zeug gehabt haben im Universum,
Florian Freistetter: haben wir irgendwie so zusammengeschaufelt.
Florian Freistetter: Ja, also da haben wir so Sterne draus gemacht und Planeten draus gemacht.
Florian Freistetter: Das ist alles schön sortiert und dazwischen ist halt nichts.
Florian Freistetter: Ja, also wir haben nichts und ab und zu so Klumpen an Ordnung.
Florian Freistetter: Und eigentlich schaut das Universum jetzt, wenn man jetzt nicht genau darüber
Florian Freistetter: nachdenkt, heute wesentlich ordentlicher aus als damals, wo alles durcheinander gewuselt ist.
Martin Puntigam: Und das ist ein Paradox oder das kann man leicht erklären?
Florian Freistetter: Das ist kein Paradox. Man kann es erklären. Man kann es erklären,
Florian Freistetter: weil wenn wir uns anschauen, was im Universum früher passiert ist, dann...
Florian Freistetter: Dürfen wir die Gravitation nicht vernachlässigen? Ich habe vorhin,
Florian Freistetter: als ich über die Luft gesprochen habe, die Gravitation vernachlässigt.
Florian Freistetter: Was okay ist, weil die spielt keine Rolle. Wenn die Gravitation jetzt für unsere
Florian Freistetter: Atmosphäre eine Rolle spielen würde, dann würde die ganze Atmosphäre am Boden
Florian Freistetter: picken und wir wären alle tot, wenn wir nicht atmen könnten.
Florian Freistetter: Wir haben da die Gasteilchen, die bewegen sich. Darum gibt es den atmosphärischen
Florian Freistetter: Druck und so weiter. Da kann man die Gravitationskraft vernachlässigen.
Florian Freistetter: Im frühen Universum ging das aber nicht.
Florian Freistetter: Das heißt, was bedeutet das? Du hast ein Universum, ein sehr,
Florian Freistetter: sehr kleines Universum natürlich, aber du hast ein Universum,
Florian Freistetter: das ist voll mit Teilchen.
Florian Freistetter: Und diese Teilchen, die üben natürlich auch eine Gravitationskraft aufeinander aus.
Florian Freistetter: Das heißt, die wollen sich gegenseitig anziehen und die ziehen sich auch gegenseitig an.
Florian Freistetter: Und wenn die sich gegenseitig anziehen, dann bilden die Klumpen,
Florian Freistetter: logischerweise. Und da, wo die größeren Klumpen sind, da ist mehr Masse,
Florian Freistetter: da ist mehr Gravitationskraft, da kommt dann noch mehr Zeug hin und so weiter und so fort.
Florian Freistetter: Das heißt, das Universum, sich selbst zu belassen, will gerne klumpig werden.
Florian Freistetter: Das ist das, was ein Universum tut, wenn man nicht aufpasst.
Florian Freistetter: Dann wird es klumpig. ist, wenn man Milch kocht oder irgendwie so Bechamelsoße
Florian Freistetter: macht oder so. Da muss man ordentlich aufpassen, sonst gibt es Klumpen drin.
Florian Freistetter: Und wenn man will, dass das Universum nicht klumpig wird,
Florian Freistetter: dann müsste man wirklich die ganzen Teilchen wirklich so extrem gleichmäßig
Florian Freistetter: verteilen im frühen Universum, dass die wirklich alle genau gleichmäßig voneinander
Florian Freistetter: weit weg sind, dass sich alles exakt gleich stark anzieht wie alles andere.
Florian Freistetter: Dann wird dieser Zustand so bleiben, wie er ist und dann wird es keine Klumpen geben.
Florian Freistetter: Und das ist der Punkt. Wenn wir die Gravitation berücksichtigen und diese Tendenz
Florian Freistetter: zum Verklumpen, dann sehen wir, dass es eigentlich jetzt vereinfacht gesagt
Florian Freistetter: nur einen einzigen Zustand gibt, wie das Universum nicht klumpig sein kann.
Florian Freistetter: Wenn nämlich alle Teilchen genauso exakt hinsortiert werden,
Florian Freistetter: dass sie sich alle gleich stark anziehen. Aber das
Florian Freistetter: Alle anderen Zustände, wo auch nur ein einziges Teilchen ein bisschen abweicht
Florian Freistetter: von dieser optimalen Situation, dann wird das schon wieder stärker angezogen
Florian Freistetter: werden. Dann habe ich irgendwo zwei Teilchen ineinander picken.
Florian Freistetter: Und die zwei sind dann stärker als die anderen, ziehen noch mehr an und so weiter.
Florian Freistetter: Das heißt, sobald ich eine winzige Abweichung habe, fängt es an mit Verklumpen.
Florian Freistetter: Und aus den Klumpen entstehen dann im Laufe der Zeit Sterne,
Florian Freistetter: Planeten, Galaxien und so weiter.
Florian Freistetter: Aber das ist der Ursprung, diese Klumpen im frühen Universum.
Florian Freistetter: Diese Verklumpungstendenz ist der Grund, warum wir eben heute sowas wie Sterne,
Florian Freistetter: Planeten und Galaxien haben.
Florian Freistetter: Und es ist dann im Endeffekt auch wurscht, wie das ausschaut.
Florian Freistetter: Ich könnte einmal durchmischen im Universum, dann sind die Sterne halt alle
Florian Freistetter: irgendwo anders, als sie vorher waren.
Florian Freistetter: Aber ich habe immer noch im Universum, das grundlegend so ausschaut wie jetzt,
Florian Freistetter: nämlich nichts mit Sternen drin.
Martin Puntigam: Nur weil es im Urknall nicht ganz ordentlich war, sondern eine minimale Abweichung
Martin Puntigam: ganz zu Beginn geherrscht hat.
Martin Puntigam: Deshalb gibt es heute alles wie Galaxien, Sterne, Planeten und so weiter?
Florian Freistetter: Genau. Wenn man das jetzt erklären wollte, müsste man in die Quantenmechanik gehen.
Florian Freistetter: Das hat ja mit der Quantenunschärfe und alles zu tun, die damals eine Rolle gespielt hat.
Florian Freistetter: Aber im Prinzip, wenn man so will, sind die Strukturen, die wir jetzt im Universum
Florian Freistetter: sehen, sind sehr, sehr stark vergrößerte Quanteneffekte, die wir da beobachten.
Florian Freistetter: Wir sehen das, was wir sehen, wenn wir uns das Universum als Ganzes anschauen,
Florian Freistetter: wenn wir die ganze Verteilung der Galaxien, die Galaxienhaufen,
Florian Freistetter: die Supergalaxienhaufen usw.
Florian Freistetter: Alles das anschauen, das ist im Prinzip das Resultat,
Florian Freistetter: Quanteneffekte im frühen Universum, weil eben ja die Quantenmechanik halt auch
Florian Freistetter: sagt, dass nichts exakt einen Platz haben kann.
Florian Freistetter: Das geht nicht und darum gibt es halt diese Ungenauigkeiten und die sind dann in der.
Florian Freistetter: Inflationsphase des Universums, wo das Universum in wahnsinnig kurzer Zeit wahnsinnig
Florian Freistetter: stark expandiert ist, sind die dann so stark aufgeblasen worden,
Florian Freistetter: vereinfacht gesagt, diese Quantenunschärfen, dass sie dann eben ja die Grundlage
Florian Freistetter: für die großräumige Verteilung der Masse im Universum gebildet haben.
Florian Freistetter: Also wir leben heute ja in den Quantenunschärfen des frühen Universums.
Florian Freistetter: Aber genau das ist der Grund.
Florian Freistetter: Wenn damals wirklich alles extrem ordentlich gewesen wäre, dann hätten wir das alles nicht gehabt.
Florian Freistetter: Aber das ist der Punkt, wo man sieht, dass eben tatsächlich in diesem Bild das
Florian Freistetter: Universum früher sehr viel ordentlicher war als heute und eben nicht unordentlicher.
Florian Freistetter: Weil das, was wir heute sehen, ist eigentlich Unordnung.
Florian Freistetter: Ja, im Sinne der Entropie, nicht im Sinne des schirchen Zimmers,
Florian Freistetter: des schlecht aufgeräumten Zimmers.
Florian Freistetter: Weil es eben nur einen einzigen Mikro, eine einzige Kombination aus Mikrozuständen
Florian Freistetter: gegeben hätte, wie das Universum ja weiterhin so sein hätte können,
Florian Freistetter: wie es am Anfang war, nämlich halt alles irgendwie durcheinander.
Florian Freistetter: Und es aber absurd viele Kombinationen von Mikrozuständen gibt,
Florian Freistetter: wie das Universum so sein kann bis jetzt. Es ist halt voll mit Sternen.
Florian Freistetter: Und in dem Sinne ist es eben wirklich so, dass das Universum früher ordentlicher
Florian Freistetter: war, dass das Universum mit einer niedrigen Entropie begonnen hat und die Entropie
Florian Freistetter: des gesamten Universums seitdem immer größer wird.
Florian Freistetter: Also in dem Fall funktioniert das, dass man die Entropie nimmt,
Florian Freistetter: aber in ganz vielen anderen Dingen funktioniert es halt nicht mit der Entropie.
Florian Freistetter: Also das ist schon etwas, was...
Florian Freistetter: Irgendwas vermutlich mit der Zeit zu tun hat. Irgendwas wird das da schon mit
Florian Freistetter: dem Zeitding zu tun haben. Aber was genau, wissen wir nicht.
Florian Freistetter: Weil es ist auch kein Naturgesetz im eigentlichen Sinn.
Florian Freistetter: Das haben wir am Anfang gehabt. Es ist nicht unmöglich, dass ich deine Karteikarten
Florian Freistetter: nehme, hoch in die Luft schleuder und dann tatsächlich sie alle in einem schön
Florian Freistetter: geordneten Stapel am Boden landen. Das ist nicht unmöglich.
Florian Freistetter: Das spricht nicht den Naturgesetzen. Das passiert halt nicht.
Florian Freistetter: Also das mit der Entropie ist jetzt kein, es ist eher ein Postulat,
Florian Freistetter: kein Naturgesetz. Wir sagen, das ist so, weil es so absolut unwahrscheinlich
Florian Freistetter: ist, dass es anders wäre, aber es ist kein Naturgesetz.
Florian Freistetter: Und darum hilft uns das jetzt nicht wirklich zu verstehen, was die Zeit ist.
Martin Puntigam: Aber es ist eine Annäherung oder die beste Annäherung, die es gibt,
Martin Puntigam: oder es ist nur ein möglicher Zugang?
Florian Freistetter: Naja, es ist ein möglicher Zugang, es ist der thermodynamische Zugang, wenn man will.
Florian Freistetter: Das Problem ist, dass man die Zeit ja auch aus ganz anderen Blickwinkeln betrachten
Florian Freistetter: kann. In der Realitätstheorie zum Beispiel, da ist die Zeit ja,
Florian Freistetter: wissen wir dank Einstein, nur etwas Ähnliches wie Raum.
Florian Freistetter: Da gibt es ja die Raumzeit, die kombinierte Entität, wenn man so will,
Florian Freistetter: aus den drei Raumdimensionen und der einen Zeitdimension, wo die Zeit nicht
Florian Freistetter: gleichwertig behandelt werden kann, wie der Raum, aber doch so etwas Ähnliches ist.
Florian Freistetter: Aber da müssen wir eine eigene Folge machen, wenn du das mal genauer hören willst.
Florian Freistetter: Da muss man nämlich über Mintkowski-Räume und Vierervektoren und sowas reden.
Florian Freistetter: Das wird alles sehr, sehr komplex werden. Aber da ist die Zeit wieder ein bisschen anders.
Florian Freistetter: Und vor allem ist die Zeit da eben relativ in der Realitätstheorie.
Florian Freistetter: Da ist jetzt die Zeit nicht so, wie wir es jetzt zumindest implizit angenommen
Florian Freistetter: haben, jetzt im Gespräch bisher.
Florian Freistetter: Da sind wir davon ausgegangen oder haben nicht gesagt, dass es anders sein könnte,
Florian Freistetter: dass die Zeit halt einfach absolut für alle, die sie beobachten, dieselbe Zeit ist.
Florian Freistetter: Das war ja auch das, was im Prinzip bis zu Einstein Stand der Dinge war.
Florian Freistetter: Die Zeit ist die Zeit und fertig. Die vergeht für alle Menschen gleich.
Florian Freistetter: Dank Einstein wissen wir, es ist nicht so. Wie die Zeit vergeht,
Florian Freistetter: hängt davon ab, wie wir uns durch den Raum bewegen.
Florian Freistetter: Und auch das ist was, was, naja...
Florian Freistetter: Ein bisschen Nachdenken braucht, um das zu verstehen. Also ich weiß nicht,
Florian Freistetter: ob man es überhaupt wirklich verstehen kann, aber ich probiere es mir immer
Florian Freistetter: so zu erklären, dass ich mir vorstelle, dass man, stellen wir uns gemeinsam
Florian Freistetter: vor, wir fahren mit dem Auto durch die Gegend oder Fahrrad durch die Gegend,
Florian Freistetter: wenn man nicht Auto fahren will.
Florian Freistetter: Wir fahren eine Straße lang, die geht schnurgerade von Nord nach Süd und fahren
Florian Freistetter: die Straße lang und wir fahren Richtung, wir fahren mal Richtung Süden, das ist schöner.
Florian Freistetter: Also wir fahren Richtung Süden und dann mit 100 kmh und können jetzt sagen,
Florian Freistetter: unsere Geschwindigkeit in Richtung Süden beträgt 100 kmh.
Florian Freistetter: Und dann biegen wir ab und zwar in eine 90 Grad, da geht die Straße dann irgendwie
Florian Freistetter: im rechten Winkel ab, dann fahren wir Richtung Westen und dann fahren wir immer
Florian Freistetter: noch 100 kmh, aber Richtung Süden bewegen wir uns nicht mehr.
Florian Freistetter: Dann ist unsere Geschwindigkeit Richtung Süden auf 0 kmh gesunken.
Florian Freistetter: Und dann biegen wir nochmal ab und keine Ahnung, irgendwie so fahren wir so
Florian Freistetter: schräg, dann bewegen wir uns halt keine Ahnung mit.
Florian Freistetter: Je nachdem, wie schräg die Straße ist mit 10, mit 20, mit 50,
Florian Freistetter: mit 70, mit 80 kmh in Richtung Süden.
Florian Freistetter: Also es kommt darauf, wie schnell wir uns Richtung Süden bewegen,
Florian Freistetter: hängt davon ab, in welche Richtung wir gerade fahren.
Florian Freistetter: Obwohl unsere Geschwindigkeit selbst immer dieselbe geblieben ist.
Florian Freistetter: Wir waren immer mit 100 kmh unterwegs.
Florian Freistetter: Selbst in der Kurve haben wir uns mit 100 kmh reingelegt. Also wir haben immer
Florian Freistetter: 100 kmh drauf gehabt, aber unsere Geschwindigkeit in Richtung Süden hat sich verändert.
Florian Freistetter: Und das Bild probiere ich immer so ein bisschen auf die Raumzeit zu übertragen.
Florian Freistetter: Wir bewegen uns immer konstant mit der gleichen Geschwindigkeit,
Florian Freistetter: wenn man so will, durch die kombinierte Raumzeit.
Florian Freistetter: Aber wie schnell wir uns durch die Zeit bewegen, hängt davon ab,
Florian Freistetter: wie schnell wir im Raum sind. Also wenn wir uns langsam oder nicht im Raum bewegen,
Florian Freistetter: dann bewegen wir uns halt maximal schnell durch die Zeit.
Florian Freistetter: Wenn wir uns schnell durch den
Florian Freistetter: Raum bewegen, dann verringern wir unsere Geschwindigkeit durch die Zeit.
Florian Freistetter: Genauso wie wir unsere Geschwindigkeit Richtung Süden verringert haben,
Florian Freistetter: als wir die Richtung, in der wir uns im Raum bewegt haben, geändert haben.
Florian Freistetter: So probiere ich mir zu erklären, warum die Zeit relativ ist.
Florian Freistetter: Also je schneller man im Raum ist, desto langsamer muss man in der Zeit sein,
Florian Freistetter: damit die kombinierte Geschwindigkeit durch die Raumzeit immer konstant ist.
Florian Freistetter: Das ist das, was Einstein gesagt hat und ich vermutlich jetzt irgendwie mäßig
Florian Freistetter: interpretiert habe, um es anschaulich zu machen.
Martin Puntigam: Also das ist das, warum dieses Zwilligsparadox.
Florian Freistetter: Genau, Zeitdilatation nennt sich das. Und das sagt uns ja auch schon was.
Florian Freistetter: Also wenn Zeit etwas ist, was für unterschiedliche Beobachter unterschiedlich
Florian Freistetter: ist, dann ist es vielleicht auch etwas, was jetzt gar keine Zeit ist.
Florian Freistetter: Gar keine wahre grundlegende physikalische Größe ist, sondern vielleicht etwas, was aus etwas folgt.
Florian Freistetter: Das ist so ein bisschen wie Farbe. Was ist blau?
Martin Puntigam: Also das ist irgendwas, was eine gewisse Wellenlänge ausstrahlt oder reflektiert
Martin Puntigam: und deshalb von uns so wahrgenommen wird.
Florian Freistetter: Ja, also wenn man es naturwissenschaftlich interpretieren will,
Florian Freistetter: dann ist blau eben etwas mit einer exakt definierten Wellenlänge,
Florian Freistetter: elektromagnetische Strahlung mit einer Wellenlänge.
Florian Freistetter: Aber elektromagnetische Strahlung hat keine Farbe, es ist einfach nur eine elektromagnetische
Florian Freistetter: Welle Und die hat halt eine Wellenlänge und fertig.
Florian Freistetter: Und dass uns das Blau erscheint, das sind irgendwie sekundäre tertiäre Aspekte,
Florian Freistetter: die halt aus dem System des Lichts, unserer Augen, der Biologie,
Florian Freistetter: was auch immer, rauskommen.
Florian Freistetter: Aber Blau ist jetzt an sich keine fundamentale Eigenschaft. Und vielleicht ist
Florian Freistetter: es bei der Zeit auch, vielleicht ist Zeit was, und da gibt es auch durchaus
Florian Freistetter: jede Menge Leute, die das seriös argumentieren können,
Florian Freistetter: vielleicht ist Zeit auch etwas, was eben wirklich so ein emergentes Phänomen,
Florian Freistetter: sagt man, glaube ich, ist.
Florian Freistetter: Also etwas, was wir wahrnehmen, was aus unserer Biologie, aus unserer Physik,
Florian Freistetter: aus der Biochemie unseres Hirns folgt, aber in Wahrheit gar nicht existiert im eigentlichen Sinne.
Florian Freistetter: Und die Relativität von Einstein...
Martin Puntigam: Das heißt, wenn man keine Zeit hat, dann stimmt das?
Florian Freistetter: Naja, wir haben sie ja, wir nehmen sie ja wahr. Unsere Wahrnehmung ist ja jetzt nicht nichts.
Florian Freistetter: Und genauso wenig wie Blau nicht nichts ist. Wir sehen ja Blau, das ist ja da.
Florian Freistetter: Wir wissen halt nicht, ob es jetzt irgendwie fundamental begründet ist,
Florian Freistetter: aber wir sehen Farben und wir nehmen die Zeit wahr. Das kann man ja nicht ignorieren.
Florian Freistetter: Aber wenn man sich das jetzt mit Einstein anschaut, es kann durchaus sein,
Florian Freistetter: dass sowas wie Vergangenheit, Zukunft, Das ist in der einsteinschen Relativität,
Florian Freistetter: im einsteinschen Zeitbegriff, ist es beliebig.
Florian Freistetter: Also ich kann das, was für mich Zukunft ist.
Florian Freistetter: Oder was in meiner Zukunft liegt, kann für einen anderen Beobachter,
Florian Freistetter: der oder die sich irgendwo anders im Universum mit anderer Geschwindigkeit bewegt,
Florian Freistetter: aus deren Sicht kann das deren Vergangenheit sein.
Florian Freistetter: Also das, was für mich Zukunft ist, ist für die Vergangenheit.
Florian Freistetter: Und wenn es für die Vergangenheit ist, naja, Vergangenheit, wissen wir,
Florian Freistetter: an der Vergangenheit kann man nichts tun.
Florian Freistetter: Die ist vergangen, die bleibt so, wie sie ist. Das heißt, dann wäre das gleichbedeutend
Florian Freistetter: damit, dass meine Zukunft nicht veränderbar ist und so bleibt,
Florian Freistetter: wie sie ist. Und umgekehrt natürlich auch.
Florian Freistetter: Und das ist das, was Einstein oder Leute, die halt dann mit Einstein und nach
Florian Freistetter: Einstein gearbeitet haben, als das Block-Universum der Zeit bezeichnet haben.
Florian Freistetter: Wo das ganze Universum so als Block definiert ist oder als Block betrachtet werden kann.
Florian Freistetter: Wo alles, der komplette alles, was passieren kann im Universum in Raum und Zeit
Florian Freistetter: ist da als ein Block und das, was wir wahrnehmen, hängt davon ab,
Florian Freistetter: wie wir uns da bewegen in diesem Block.
Florian Freistetter: Also so eine Art wie, keine Ahnung, wie Daumenkino vielleicht ist der beste
Florian Freistetter: schlechte Vergleich, um das anschaulich zu machen.
Florian Freistetter: Ein Daumenkino, das ist auch fertig. Du hast das da, das ist da,
Florian Freistetter: da ist alles gezeichnet vom ersten bis zum letzten Bild und erst wenn du es
Florian Freistetter: da durch den Daumen durchrutschen lässt, ich weiß nicht, wie man das beschreibt,
Florian Freistetter: was passiert, wenn man ein Daumenkino ablaufen lässt,
Florian Freistetter: wenn man das macht, erst dann beginnen die Dinge sich dort zu bewegen.
Florian Freistetter: Und vielleicht, das klingt jetzt wieder so, als hätte ich irgendwie was geraucht,
Florian Freistetter: wenn ich das irgendwie erkläre, vielleicht sind wir nur Teil eines kosmischen
Florian Freistetter: Daumenkinos, das aus welchem Gründ noch immer irgendwie durchgeblättert wird
Florian Freistetter: und uns kommt das so vor, als würde die Zeit vergehen, aber in Wahrheit vergeht es gar nicht.
Florian Freistetter: Und das ist das, was Albert Einstein in einem seiner erstens belegten und zweiten
Florian Freistetter: sehr berühmten Zitate gemeint hat, als er gesagt hat, Vergangenheit,
Florian Freistetter: Gegenwart und Zukunft sind nichts als eine Illusion, wie hartnäckig sie sich auch hält.
Florian Freistetter: Weil aus Sicht von Einstein, der Realitätstheorie, gibt es das nicht,
Florian Freistetter: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Florian Freistetter: Das eine kann das andere sein und umgekehrt. Kommt alles darauf an,
Florian Freistetter: wie man sich bewegt. Und wenn das so ist, dann...
Florian Freistetter: Die Zeit, so wie wir sie erleben, auf grundlegender physikalischer Ebene gar nicht.
Florian Freistetter: Das, was wir als Zeit wahrnehmen, kommt irgendwo anders her.
Florian Freistetter: Aber woher, das müsste dann irgendwie die Philosophie oder die Biologie beantworten
Florian Freistetter: da, oder die Psychologie eher als die Biologie beantworten, da bin ich als Astronom
Florian Freistetter: der falsche Ansprechpartner.
Florian Freistetter: Aber da gibt es ja auch ganz wenig, viel psychologische Forschung,
Florian Freistetter: wo man messen kann quasi,
Florian Freistetter: was wir wahrnehmen, wenn wir die Gegenwart wahrnehmen, ab wann wir was als Vergangen
Florian Freistetter: wahrnehmen, und was passiert, wenn wir Dinge schnell wahrnehmen,
Florian Freistetter: also was passieren muss oder in welchen Umständen wir Zeiträume schnell oder langsam wahrnehmen.
Florian Freistetter: Man sagt, ja, das ist jetzt schnell vergangen, die Zeit, und das zieht sich und so.
Florian Freistetter: Also das sieht man auch, dass unsere Wahrnehmung alles andere als harte Wissenschaft ist in dem Fall.
Martin Puntigam: Aber wenn du jetzt als Astronom das James Webb Space Teleskop anpreist und man
Martin Puntigam: sagt, wir können da ganz weit in die Vergangenheit zurückschauen,
Martin Puntigam: Wie ist denn das für dich dann als Astronom definiert,
Martin Puntigam: wenn du mit dem Teleskop in die Vergangenheit zurückschaust,
Martin Puntigam: wenn es Zeit in diesem Block-Universum überhaupt nicht gibt?
Florian Freistetter: Naja, das ignorieren wir erstmal, weil die Zeit gibt es ja.
Florian Freistetter: Das ist ja das, was ich meine. Die Zeit ist ja etwas, was wir wahrnehmen.
Florian Freistetter: Mit dem müssen wir arbeiten. Wir können ja nicht ignorieren,
Florian Freistetter: dass wir die Zeit wahrnehmen.
Florian Freistetter: Wir können ja nicht ignorieren, dass sich jetzt irgendwie Licht ausbreitet und
Florian Freistetter: dass das Licht eben einen gewissen Zeitraum von A nach B braucht.
Florian Freistetter: Das ist so. Das ist das, was wir messen. und wir können die Welt sinnvoll nur
Florian Freistetter: verstehen in naturwissenschaftlicher Sicht, wenn wir uns auf Messungen berufen.
Florian Freistetter: Und wir messen eben, das Licht braucht Zeit. Das Licht braucht eben eine Sekunde,
Florian Freistetter: um 299.792,458 Kilometer zurückzulegen.
Florian Freistetter: Das ist so, das ist so gemessen und deswegen müssen wir das berücksichtigen.
Florian Freistetter: Und wenn wir das berücksichtigen, dann wissen wir, okay, wenn wir jetzt Licht
Florian Freistetter: sehen, das jetzt, keine Ahnung, eine Milliarde Jahre unterwegs war,
Florian Freistetter: dann kommt das halt von einer Milliarde Lichtjahre weit her Und wir sehen ein
Florian Freistetter: Bild aus einer Vergangenheit vor einer Milliarde Jahre.
Florian Freistetter: Also da ist die Astronomie halt dann pragmatisch, auch wenn natürlich klar ist,
Florian Freistetter: dass, ich sage es anders, das mit Einstein, das würde dann eine Rolle spielen,
Florian Freistetter: das ist Block-Universum.
Florian Freistetter: Wenn wir jetzt unsere Messungen vergleichen wollen würden mit irgendwelchen
Florian Freistetter: Alien-Astronomen, die in einer Galaxie von 10 Milliarden Jahren Entfernung Beobachtungen
Florian Freistetter: anstellen, die würden vielleicht was ganz anderes sehen.
Florian Freistetter: Die würden irgendwie unsere Vergangenheit als ihre Zukunft sehen oder umgekehrt
Florian Freistetter: oder was weiß ich, je nachdem, wie man sich da irgendwie relativ bewegt dazu.
Florian Freistetter: Aber wir haben ja auch keine Möglichkeit, sinnvoll mit ihnen zu kommunizieren.
Florian Freistetter: Abgesehen davon, dass wir ähnlich wissen, wie man mit Aliens redet,
Florian Freistetter: wenn es das denn gibt, aber jede Nachricht würde auch 10 Milliarden Jahre brauchen, hin und her.
Florian Freistetter: Also das geht in der Hinsicht auch nicht, dass wir uns da so austauschen drüber, hey, wie seht ihr das?
Florian Freistetter: Sagt uns was, wie unsere Zukunft abläuft, dafür sagen wir euch eure Zukunft
Florian Freistetter: und so. Also das ist aus fundamental physikalem.
Florian Freistetter: Das zu verstehen. Es ist aus philosophischer Sicht relevant,
Florian Freistetter: aber jetzt aus rein praktischer,
Florian Freistetter: dogmatischer Sicht der Astronomie, wenn wir einfach verstehen wollen,
Florian Freistetter: wie die Galaxien da funktionieren, da können wir einfach damit arbeiten,
Florian Freistetter: dass das halt ein Bild aus der Vergangenheit ist und fertig.
Martin Puntigam: Das heißt, du lebst schon in der Zeit und ignorierst natürlich,
Martin Puntigam: dass es da andere Beschreibungen gibt und dass wir eigentlich nicht wissen,
Martin Puntigam: was die Zeit ist, weil man gar keine andere Chance hat.
Florian Freistetter: Ja, das machen wir nicht nur ich, das machen alle andere Menschen auch.
Florian Freistetter: Ich bin halt nur einer von denen, die zumindest so viel über die Zeit gelernt
Florian Freistetter: haben aus physikalischer Sicht, weil ich das alles halt studiert habe,
Florian Freistetter: dass ich weiß, dass halt ja man einiges ignorieren muss,
Florian Freistetter: wenn man die Zeit so verstehen und wahrnehmen will, wie wir es im Alltag tun.
Florian Freistetter: Dass da halt noch ein bisschen, ja, jede Menge Zeug dahinter steht,
Florian Freistetter: was wir nicht verstanden haben.
Florian Freistetter: Und wie gesagt, da gibt es noch, wenn man sich anschaut, die ganze Hardcore-Physik,
Florian Freistetter: wenn man so möchte, also die sich mit der Quantengravitation beschäftigen und allem.
Florian Freistetter: Da gibt es alles Zeug, von dem ich keine Ahnung habe, aber da passiert noch sehr viel mehr.
Florian Freistetter: Da kommt man dann irgendwie so zu der Planck-Skala, wenn man auf Zeiträume kommt,
Florian Freistetter: die kleiner als 10 hoch minus 43 Sekunden sind.
Florian Freistetter: Dann gibt es irgendwie so Theorien oder Rechnungen. Alles, was quasi auf solchen
Florian Freistetter: Zeitskalen existieren würde, müsste instantan zu einem schwarzen Loch kollabieren.
Florian Freistetter: Das heißt, da ist in die Naturgesetze, wenn das so wäre, ist in die Naturgesetze
Florian Freistetter: eingebaut, dass die Zeit nicht kontinuierlich sein kann, sondern dass die Zeit
Florian Freistetter: auch so quantifiziert sein muss.
Florian Freistetter: Das ist so, wie bei der Telefonansage, so Zeitabschnitte geben muss.
Florian Freistetter: Zwischen Summatom und Summatom ist nichts auf Quantenebene. Das wäre quasi so
Florian Freistetter: etwas, mit dem sich die Quantenphysik beschäftigt.
Florian Freistetter: Aber ja, auch die wissen noch nicht genau, was die Zeit auf der Ebene ist.
Florian Freistetter: Keine Ahnung, ob man es jemals rauskriegt vielleicht.
Martin Puntigam: Genau, das wäre meine nächste Frage gewesen, weil es gibt ja die Relativitätstheorie
Martin Puntigam: und die Quantenmechanik und seit ich mit Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen
Martin Puntigam: zusammenarbeite, das ist jetzt doch schon fast zwei Jahrzehnte lang,
Martin Puntigam: heißt es immer, wir haben da noch keine Theorie, die das gemeinsam beschreiben kann,
Martin Puntigam: aber wir arbeiten dran und irgendwann wird es die geben.
Martin Puntigam: Und werden wir irgendwann einmal wissen, was Zeit ist oder ist das eigentlich
Martin Puntigam: unerheblich, weil man es nie herausfinden kann?
Florian Freistetter: Ja und nein. Also ich meine, es stimmt das, was du gerade gesagt hast.
Florian Freistetter: Wir haben diese Theorie nicht, wo wir Quantenebene mit Relativitätsebene zusammenbringen,
Florian Freistetter: weil eben gerade die Relativitätstheorie in der Theorie ist,
Florian Freistetter: die darauf basiert, dass die Dinge gerade nicht quantifiziert sind.
Florian Freistetter: Die Relativitätstheorie funktioniert auf kontinuierlichen Bezugssystemen,
Florian Freistetter: wenn man das mathematisch korrekt ausdrücken will.
Florian Freistetter: Und die Quantenmechanik ist, sonst wäre es keine Quantenmechanik,
Florian Freistetter: quantifiziert. Da gibt es nur Stückerl.
Florian Freistetter: Und das irgendwie zusammenzukriegen, funktioniert bis jetzt noch nicht.
Florian Freistetter: Deswegen können wir die Gravitationskraft auch noch nicht quantifizieren,
Florian Freistetter: so wie die anderen Naturkräfte eben als Quantentheorie darstellen,
Florian Freistetter: weil die Gravitation, so wie Einstein sie erklärt hat, nur funktioniert,
Florian Freistetter: wenn es gerade eben nicht quantifiziert ist.
Florian Freistetter: Da darf nie irgendwo nichts sein. Und die Quantentheorie sagt ja,
Florian Freistetter: es muss kleinstmögliche Pakete geben und nichts kann kleiner als das Paket sein.
Florian Freistetter: Und das haben wir noch nicht zusammengekommen und wir arbeiten dran.
Florian Freistetter: Und mit wir meine ich nicht ich, also ich arbeite nicht dran,
Florian Freistetter: aber so die Wissenschaft arbeitet dran.
Florian Freistetter: Ich bin mir nicht sicher, ob ihr es jemals rauskriegt.
Florian Freistetter: Wir haben wahnsinnig viel rausgekriegt. Das ist jedes Mal aufs Neue überraschend,
Florian Freistetter: was wir schon alles über das Universum rausgekriegt haben, aber...
Florian Freistetter: Ja, ich meine, warum sollten wir davon ausgehen können, dass wir alles rauskriegen im Universum?
Florian Freistetter: Also ich meine, schau da einen Hund an, schau da eine Katze an oder schau da
Florian Freistetter: einen Hund an, da gilt es mehr.
Florian Freistetter: Da gibt es auch Leute, die Hunde haben und sagen, der ist so gescheit und der
Florian Freistetter: versteht jedes Wort, das ich sage und der kann tolle Sachen und Hunde können ja auch tolle Sachen.
Florian Freistetter: Also die können die ärgsten Sachen, wie der Hund, wenn wir die wirklich,
Florian Freistetter: können da irgendwelche Sprengstoff erschnüffeln und Minenfelder räumen und weiß
Florian Freistetter: Gott was alles und Leute irgendwie als medizinische Unterstützung helfen, die riechen,
Florian Freistetter: bevor du einen epileptischen Anfall kriegst und holen dir dann schon irgendwelche Medikamente her.
Florian Freistetter: Also die können die ärgsten Sachen, aber kein Hund wird jemals eine Differenzialgleichung
Florian Freistetter: lösen. Kriegen die nicht hin, sind die zu blöd dafür.
Florian Freistetter: Also wird nicht funktionieren, es ist nicht die Schuld der Hunde,
Florian Freistetter: dass sie das nicht können.
Florian Freistetter: Sondern dafür ist der Hund einfach nicht gemacht. Und warum sollten wir das nicht auch haben?
Florian Freistetter: Warum sollte es Dinge geben, die auch für uns zu hoch sind?
Florian Freistetter: Also unser Hirn ist ja auch jetzt keine Wundermaschine, sondern auch nur ein
Florian Freistetter: Ding, das in der Evolution entstanden ist.
Florian Freistetter: Und es ist eh absurd, was wir mit diesem Gehirn alles herausgefunden haben.
Florian Freistetter: Aber ich bin überzeugt oder ich wäre überrascht, wenn es nicht auch Dinge gäbe,
Florian Freistetter: für die wir schlicht einfach nicht gemacht sind, sie zu verstehen.
Florian Freistetter: Und vielleicht gehört das dazu. Ich weiß es nicht.
Martin Puntigam: Wäre es ein Vorteil, wenn wir es doch lösen könnten? Wird es eine ganz neue Welt aufmachen?
Florian Freistetter: Naja, ganz eine neue Welt nicht, weil die Welt ist die Welt und wir leben eh
Florian Freistetter: schon lange drin und da wird sich jetzt nichts grundlegend ändern.
Florian Freistetter: Da wird sich plötzlich irgendwie Puff machen und dann ist eine neue Welt da.
Florian Freistetter: Aber genauso wie die Welt.
Florian Freistetter: Eigentlich jede große neue Theorie über die Welt am Ende dazu geführt hat,
Florian Freistetter: dass sich unsere Welt dann verändert hat.
Florian Freistetter: Für uns wird das da auch so sein. Ich meine, selbst so Leute,
Florian Freistetter: die eigentlich überhaupt nichts im Sinn gehabt haben in Sachen Weltveränderung,
Florian Freistetter: so Leute wie, keine Ahnung.
Florian Freistetter: Kopernikus, Kepler, Galilei, die wollten halt nur so rein, wirklich nur rein
Florian Freistetter: philosophisch wissen, wie ist die Welt? Ist die Sonne im Zentrum? Ist die Erde im Zentrum?
Florian Freistetter: Und dann haben sie es ausgefunden. Und mit dem Wissen schicken wir heute Raumschiffe durch die Gegend.
Florian Freistetter: Mit dem Wissen schicken wir heute Raketen mit Atomsprengköpfen durch die Gegend.
Florian Freistetter: Also das hat unsere Welt wahnsinnig verändert. Genauso hat die Realitätstheorie unsere Welt verändert.
Florian Freistetter: Auch Einstein hat sich Gedanken darüber gemacht, wie es wäre,
Florian Freistetter: wenn man einen Lichtstrahl überholen könnte.
Florian Freistetter: Und heute machen wir mit dem Wissen GPS-Messungen und alles mögliche andere.
Florian Freistetter: Und die Quantenmechanik, die auch von Einstein mitbegründet worden ist,
Florian Freistetter: mit ähnlichen Gedanken, die er sich einfach so aus Spaß und der Freude gemacht hat.
Florian Freistetter: Da passiert unsere ganze moderne Technik drauf.
Florian Freistetter: Also es wäre überraschend, wenn wir eine bessere Theorie finden,
Florian Freistetter: um die Welt insgesamt zu beschreiben und damit nichts anstellen könnten.
Florian Freistetter: Ich meine, abgesehen davon, dass es einfach cool wäre, das zu wissen.
Florian Freistetter: Das ist ja dann, das ist die gleiche Frage. Ich meine, das ist auch,
Florian Freistetter: wenn man jetzt irgendwie was stelle ich mit der neunten Symphorie von Beethoven an?
Florian Freistetter: Die ist halt da und die ist cool. Und genauso wäre so eine Quantengravitationstheorie
Florian Freistetter: oder eine Theorie der Zeit, die wäre auch da und wäre cool.
Florian Freistetter: Aber vermutlich würde uns im Laufe der Zeit was einfallen, was wir damit anstellen
Florian Freistetter: könnten. Und keine Ahnung, was es ist, aber irgendwas wäre schon und das würde
Florian Freistetter: die Welt wahrscheinlich auch verändern.
Martin Puntigam: Das heißt, Udo Jürgens, mit dem wir die Ausgabe eingeleitet haben,
Martin Puntigam: 1000 Jahre sind ein Tag, da absichtlich oder unabsichtlich ist er von Einstein
Martin Puntigam: da gar nicht so weit entfernt gewesen.
Florian Freistetter: Ja, keine Ahnung, ob er sich davor mit der Realitätstheorie beschäftigt hat,
Florian Freistetter: wie er der es liegt geschrieben hat, keine Ahnung, wahrscheinlich nicht,
Florian Freistetter: aber er ist jetzt nicht so weit weg von dem, was die Wissenschaft sagt.
Martin Puntigam: So, jetzt ein kleines Wortspiel, obwohl ich mir wirklich vorgenommen habe, mir alle zu verkneifen.
Martin Puntigam: Aber jetzt ist es höchste Zeit für die Durchsagen der Parteienverkehre der Science Busters.
Martin Puntigam: Von uns als Ensemble, Solisten, Duettisten oder was auch immer wir anstellen
Martin Puntigam: auf der Bühne und in anderen Medien.
Martin Puntigam: Zuerst am 29.04., also schon eine Zeit lang her, ist die aktuelle Staffel,
Martin Puntigam: TV-Staffel, fertig ausgestrahlt worden.
Martin Puntigam: Aber, weil es ja doch eine Gesetzesänderung gegeben hat, immerhin ist sie noch
Martin Puntigam: ein halbes Jahr ab Ausstrahlungstermin weltweit online abrufbar.
Martin Puntigam: Über die Plattform ORF ON kann man sich die gesamte Staffel noch anschauen.
Martin Puntigam: Unsere Live-Show Planet B gibt es nur noch einmal und dann ist Schluss.
Martin Puntigam: Das letzte Mal am 5. Juli im Lustspielhaus in Lutzmannsburg im Burgenland.
Florian Freistetter: Das ist im Burgenland, genau. Und da wird das allerletzte Mal Planet B auf der Bühne zu sehen sein.
Martin Puntigam: Danach ist Schluss, aber am 16. Oktober gibt es wie gesagt eine neue Show,
Martin Puntigam: Weltuntergang für Fortgeschrittene.
Martin Puntigam: Mit Martin Moder, Florian Freistädter und mir.
Martin Puntigam: Premiere ist eben am 16.10. im Stadtsaal Wien.
Martin Puntigam: Vor Premieren finden davor statt, wie der Name schon sagt, wir spielen, welche am 1.10.
Martin Puntigam: In der Tischlerei in Melk, am 3. und 4.10. in Bruno in Brunn am Gebirge und
Martin Puntigam: noch drei bis vier Termine dazu.
Martin Puntigam: Die stehen schon fast, aber noch nicht ganz sicher fest. Science was das vor
Martin Puntigam: Kids, unsere Show für alle zwischen 6 und 106 Jahren, wobei wir es nicht so
Martin Puntigam: genau nehmen, man kann auch 5 und 107 sein,
Martin Puntigam: gibt es nicht nur digital im ORF-Player, sondern auch live mit Martin Moda und mir.
Martin Puntigam: Das nächste Mal im Freien und zwar am 15.
Martin Puntigam: Juni um 11 Uhr im Theater im Park und am 7.
Martin Puntigam: September auch wieder um 11 Uhr im Theater im Park, davor noch am 21.06.
Martin Puntigam: Ab 16 Uhr am Donorinselfest in Wien und am 5.07.
Martin Puntigam: Im Lustspielhaus Lutzmannsburg ab 17 Uhr, wo dann drei Stunden später Planet
Martin Puntigam: B in Pension gehen wird. Dann am 29.
Martin Puntigam: Oktober im Posthof Linz, am 30. Oktober in der Listhalle in Graz und am 15.
Martin Puntigam: November im Stadtsaal Wien.
Florian Freistetter: Ja, und wer Martin Puntikam ohne Science Buster sehen möchte,
Florian Freistetter: kann das tun. Im Programm Glückskatze, das am 6.6.
Florian Freistetter: Im Haus Impuls in Neusiedel stattfinden wird. Danach geht es im Herbst weiter, 26.
Florian Freistetter: Und 27. September im Theatercafé Graz am 13. und 14.
Florian Freistetter: November im Kabarett Niedermeier in Wien. Und wer den Kalender gerne weit im
Florian Freistetter: Voraus führt, damit nichts dazwischen kommen kann, kann sich dort den 10.
Florian Freistetter: November 2026 eintragen. Da wird nämlich im Theatercafé Graz die Premiere vom
Florian Freistetter: neuen Solo-Cabaret-Programm von Martin Puntigam stattfinden mit dem Titel Der Heilige Puntigam.
Martin Puntigam: Nachdem es jetzt einen neuen Papst gibt, muss man schauen, dass die Heiligen auch mehr werden.
Martin Puntigam: Florian Freistetter mit Uni Science Pass, das gibt es auch solo mit seinem Abendsternengeschichten
Martin Puntigam: live das nächste Mal am 4.
Martin Puntigam: Juni in Schlachthof in München.
Florian Freistetter: Genau, und ich mache noch eine Zusatzankündigung zur Folge. Es findet nämlich am 30.
Florian Freistetter: Juni der Asteroid Day statt. Das ist so ein jährlicher Awareness-Tag,
Florian Freistetter: wie man heutzutage sagt,
Florian Freistetter: wo die Wissenschaft und alle anderen, die es interessiert, darauf hinweisen,
Florian Freistetter: dass es Asteroiden gibt und dass Asteroiden unter Umständen auch die Erde treffen
Florian Freistetter: können und dass man da was dagegen tun kann.
Florian Freistetter: Also es ist so ein weltweiter Tag, auch unter Aufsicht der UNO,
Florian Freistetter: wenn man so will, dass diesen Asteroid Day es gibt. Und da gibt es weltweit Veranstaltungen.
Florian Freistetter: Eine Veranstaltung wird im Cinema Paradiso Kino in Baden stattfinden am 30.06.,
Florian Freistetter: dem Tag des Asteroids Day.
Florian Freistetter: Da werden Ruth Krützbauch und Eva Pech mit mir vom Podcast Das Universum auf
Florian Freistetter: der Bühne stehen im Cinema Paradiso, gemeinsam mit Markus Moslechner,
Florian Freistetter: der auch Wissenschaftsjournalist ist.
Florian Freistetter: Und wir werden ein bisschen was über Asteroiden und Asteroideneinschläge erzählen
Florian Freistetter: und danach, und das ist der beste Teil, werden wir uns alle gemeinsam den Film Armageddon anschauen.
Florian Freistetter: Also wer da gerne dabei sein will, entsprechende Karten kann man sich im Cinema Paradiso kaufen.
Martin Puntigam: Und noch eine Verlautbarung, damit wir nicht zu schnell am Ende sind. Am 18.06.
Martin Puntigam: Gibt es das nächste Mal, ohne dass wir einen runden Geburtstag feiern,
Martin Puntigam: einen runden Anlass, einen Live-Podcast, Live-Science-Busters-Podcast,
Martin Puntigam: In Zusammenarbeit mit dem JASA-Laxenburg,
Martin Puntigam: anlässlich der Veröffentlichung des Klimasachstandsberichts,
Martin Puntigam: der in Zusammenarbeit mit den Forschungseinrichtungen Österreichs entstanden ist,
Martin Puntigam: da werde ich gemeinsam auf der Bühne sitzen mit Margret Keiler und Daniel Huppmann,
Martin Puntigam: die beide auch beteiligt waren an der Erstellung dieses Sachstandsberichts und
Martin Puntigam: darüber reden, wie viel Zeit uns noch bis zur Klimakatastrophe bleibt.
Martin Puntigam: Infos und Tickets unter sciencebusters.at slash termine.gmat und unter sternengeschichten.live
Martin Puntigam: Danke an die TU Wien und die Uni Graz, die die Produktion des Podcasts unterstützen.
Martin Puntigam: Danke an Florian Freistetter für die Informationen, dass er sich die genommen hat.
Martin Puntigam: Danke fürs Zuhören, Streamen, Downloaden, Abonnieren, Bewerten,
Martin Puntigam: Empfehlen, Summen, Entrobieren, Zeit dehnen, Zusammenräumen,
Martin Puntigam: Universum blocken und was man sonst noch alles mit einem Podcast anstellen kann.
Martin Puntigam: Bis zum nächsten Mal. Tschüss und habe die Ehre.
Florian Freistetter: Tschüss.