Wer nichts weiß, muss alles glauben.
Martin Puntigam: Ausgabe 116 des Science Writers Podcasts und heute geht es um nichts weniger
Martin Puntigam: als das Ende des Universums und es wird süß.
Martin Puntigam: Herzlich Willkommen zur Ausgabe 116 des Science Masters Podcasts.
Martin Puntigam: Wie immer produziert mit Unterstützung der Uni Graz und der TU Wien.
Martin Puntigam: Mein Name ist Martin Puntigam und mir gegenüber sitzt heute aus gegebenem Anlass
Martin Puntigam: Julia Zotter, designierte Geschäftsführerin der gleichnamigen Schokoladenfirma. Hallo.
Julia Zotter: Hallo.
Martin Puntigam: In Ausgabe 115, wie man den Weltuntergang Ende zu Ende verschlüsselt,
Martin Puntigam: haben Florian Freistetter und ich unter anderem gesprochen über Aus,
Martin Puntigam: Die Wissenschaft vom Ende, unser neues Buch,
Martin Puntigam: unsere neue Show Weltuntergang für Fortgeschrittene, als Hörbuch eingelesen
Martin Puntigam: von Ralf Kaspers, den viele vielleicht von Wissen macht A kennen oder zumindest
Martin Puntigam: aus der Sendung mit der Maus und darüber,
Martin Puntigam: was alles wie enden kann, über Müllraketen zur Rettung der Welt,
Martin Puntigam: wieso Weltuntergang so schwierig ist und worüber Alice und Bob die ganze Zeit tratschen müssen.
Martin Puntigam: Heute geht es nicht um den Untergang der Welt, sondern wie man das Ende des
Martin Puntigam: Universums hand schöpft, wie man gute Schokolade macht, wie man sie isst,
Martin Puntigam: was das Weltall damit zu tun hat,
Martin Puntigam: ob Regersburg zur Kung-Fu-Hauptstadt werden könnte und wie es der Kakaobohne so geht.
Martin Puntigam: Julia, bevor wir uns in die Schokolade selber stürzen, der Anlass,
Martin Puntigam: warum wir uns heute gegenüber sitzen, ist,
Martin Puntigam: weil ihr für unsere aktuelle Show Weltuntergang für Fortgeschrittene zwei wunderbare
Martin Puntigam: Schokoladen hergestellt habt, nämlich Big Rip und Big Crunch.
Martin Puntigam: Das sind zwei Hypothesen, wie das Universum zu Ende gehen könnte.
Martin Puntigam: Zwei unwahrscheinliche, aber sie eignen sich sehr gut als Schokoladenamen.
Martin Puntigam: Was erwartet denn die Leute, wenn sie am Ende der Show zum Büchertisch kommen,
Martin Puntigam: um Big Rip oder Big Crunch zu kosten?
Julia Zotter: Also ein kostbares Ende sozusagen. Man kann sich da ein bisschen vielleicht
Julia Zotter: auch besser vorstellen, wie so dieses Ende sich anfühlen könnte.
Julia Zotter: Wir haben versucht, das ein bisschen visuell und auch mit der Textur umzusetzen.
Julia Zotter: Vielleicht, wenn wir mit Big Crunch anfangen, das ist natürlich eine knusprige
Julia Zotter: Schokolade, aber der Weltuntergang ist ja nichts Angenehmes.
Julia Zotter: Ich hoffe, wenn es soweit ist, dass es für uns alle relativ schnell zu Ende geht.
Julia Zotter: Für den Fall, dass es ein bisschen länger dauern sollte und wie die Welt ja
Julia Zotter: momentan ausschaut, kriechen wir ja langsam auf unangenehmere Zeiten zu,
Julia Zotter: haben wir einen Hanf-Nougat hineingetan, der für ein bisschen Stress-Release
Julia Zotter: sorgen sollte und einen Haselnuss-Nougat hineingetan.
Julia Zotter: Das ist knusprig, da sind Nussstücke drinnen, das schmilzt durch die dunkle
Julia Zotter: Schokolade, die außen drumherum ist.
Julia Zotter: Also man kann sich dann ein bisschen am Sofa zurücklehnen, bevor dann das Ende
Julia Zotter: der Welt auf einen zu knuspert.
Martin Puntigam: Jetzt habe ich vor geraumer Zeit einmal mitbekommen, ich glaube,
Martin Puntigam: eure Mahnung durch deinen Vater, nehmen wir mal an, man soll Schokolade nicht
Martin Puntigam: so gierig wie ich als Kind beißen und sofort runterschlucken und schauen,
Martin Puntigam: dass man alles gegessen hat, bevor die anderen mitkriegen, dass man Schokolade bekommen hat,
Martin Puntigam: sondern man soll sie Stück für Stück schmelzen lassen. Gilt das für alle Schokoladen?
Julia Zotter: Also für die Big Crunch in dem Fall eher nicht.
Julia Zotter: Die kann man zwar in Stages essen, aber je nachdem, wie man sich diesen Weltuntergang
Julia Zotter: vorstellt, kann das auch relativ schnell gehen.
Julia Zotter: Der Knuspe-Effekt kommt am allerbesten, wenn man in die Schokolade schon auch
Julia Zotter: reinbeißt. Und zwar die Füllung ist das, was am knusprigsten ist.
Julia Zotter: Wenn man die Zungenfertigkeit hat dafür, dann kann man den Überzug,
Julia Zotter: die dunkle Schokolade, vielleicht ein bisschen runterblättern,
Julia Zotter: dann am Ende noch am Gaumen schmelzen lassen. Dadurch, dass die Füllungen aus
Julia Zotter: Nougat bestehen, haben die einen viel geringeren Schmelzpunkt.
Julia Zotter: Und insofern schmelzen die auf der Zunge und am Gaumen gleich einmal weg.
Julia Zotter: Und am Ende hat man dann die dunkle Schokolade, wenn man dann noch ein bisschen
Julia Zotter: Zeit hat, Augen zu und ganz, ganz langsam zergehen lassen.
Julia Zotter: Dann kommen auch eher die bitteren Aromen von der dunklen Schokolade.
Julia Zotter: Man kann dann auf der Zunge ausprobieren, wo was ein bisschen süßer schmeckt
Julia Zotter: oder ein bisschen bitter oder ein bisschen sauerlicher. Ja, mit so einer 70-prozentigen
Julia Zotter: dunklen Schokolade geht das ganz gut.
Martin Puntigam: Du musst also sehr diszipliniert und geduldig sein, um Schokolade wirklich in
Martin Puntigam: all ihren Facetten genießen zu können.
Martin Puntigam: Big Rip und Big Crunch liegen da vor uns und du kannst deshalb so gut darüber
Martin Puntigam: reden, weil du in einer Familie aufgewachsen bist, wo Schokolade vermutlich
Martin Puntigam: fast das ganze Leben lang für dich ein Thema war.
Martin Puntigam: Aber erzähl einmal kurz, wie du aufgewachsen bist.
Martin Puntigam: Hast du wahrscheinlich nicht in der Volksschule aufgezeigt, wenn gefragt worden
Martin Puntigam: ist, was wolltest du ja wären und du hast dann gesagt, Geschäftsführerin im elterlichen Betrieb.
Julia Zotter: Meine Eltern haben das Unternehmen begonnen, als ich geboren worden bin.
Julia Zotter: Also die haben sich, glaube ich, alle Probleme, die man sich am Anfang so machen kann.
Julia Zotter: Frisch verheiratet, frisches Unternehmen, gleich auch einmal zwei Kinder.
Julia Zotter: Mein Bruder ist nur elf Monate jünger.
Julia Zotter: Die haben das alles einfach auf einmal in die Welt gesetzt. In dem Umkreis bin
Julia Zotter: ich zuerst in einer Konditorei und danach in unserer kleinen Schokoladrie aufgewachsen.
Julia Zotter: Und für mich war das immer ein Zuhause, mein Leben, wie du gesagt hast.
Julia Zotter: Man kann sich das aber so vorstellen, wir sind ein Handwerksbetrieb,
Julia Zotter: ob das jetzt ein Restaurant ist oder ein Tischler oder ein anderes Handwerk,
Julia Zotter: es geht immer ums Produkt,
Julia Zotter: man möchte was Gutes machen, wir haben halt mit sehr vielen Geschmäckern experimentiert
Julia Zotter: und das hat sich so nach zu Hause angefühlt, dass ich eigentlich immer auch
Julia Zotter: in eine ganz andere Richtung träumen wollte.
Julia Zotter: Und zwar, ich wollte eigentlich so weit weg hinaus, wie man vielleicht als Mensch noch kommen kann.
Julia Zotter: Ich habe mir ganz, ganz, ganz fest vorgestellt, dass ich mal Astronautin werde.
Martin Puntigam: Und hast du mir vorgestellt oder hast du wirklich Bücher gelesen?
Julia Zotter: Ich habe Bücher gelesen. Ich habe natürlich als unter Zehnjährige oder als Teenagerin
Julia Zotter: die Vorstellung, wie man Astronautin wird.
Julia Zotter: Mit Internet war es ja auch da noch nicht so. War schon auch ein bisschen vielleicht
Julia Zotter: auch eine klischeehaftere. aber ich habe mich immer sehr für Biologie interessiert,
Julia Zotter: für Physik. Ich habe gewusst, dass das,
Julia Zotter: Irgendwann wichtig ist, ich habe gerne herumgebastelt. Und für mich war dieses
Julia Zotter: Astronautendasein einfach eine Möglichkeit, die Grenzen ein bisschen zu sprengen,
Julia Zotter: irgendwo hinzukommen, wo vorher vielleicht so auch jemand wie ich noch nie war.
Martin Puntigam: Jetzt bist du ja, der Kindheit war in der Zeit, wie die Space Shuttles geflogen sind, nehme ich an.
Martin Puntigam: Da hat man ja mitbekommen, einerseits natürlich, dass auch auf einmal Astronautinnen
Martin Puntigam: ins Weltall fliegen können, endlich, andererseits, dass es aber nicht ganz ungefährlich
Martin Puntigam: ist, weil nicht alle Space Shuttles sind wieder gelandet.
Julia Zotter: Genau, ja.
Martin Puntigam: Oder zumindest nicht als Einstieg.
Julia Zotter: Das habe ich mir damals eigentlich gar nicht so vorgestellt.
Julia Zotter: Ich meine, welches Konzept hat man da vom Tod?
Julia Zotter: Man will weiter in die Welt hinaus, man möchte was Neues erleben.
Julia Zotter: Wir waren auch einmal als Familie
Julia Zotter: bei Cape Canaveral und das war für mich einfach total faszinierend.
Julia Zotter: Also ich bin mit leuchtenden Augen durch die Gegend gegangen und habe mir gedacht,
Julia Zotter: irgendwann will ich auch da sein.
Martin Puntigam: Ungefähr um die Zeit, kurz vorher war ja Franz Fiebeck als erster Österreicher
Martin Puntigam: im Weltall, allerdings nicht mit der NASA, sondern mit der sowjetischen Raumfahrt damals noch.
Martin Puntigam: Das wäre der wahrscheinlichere Weg gewesen. Wolltest du auf die Raumstation
Martin Puntigam: oder gleich auf den Mond?
Julia Zotter: Meine Vorstellung war tatsächlich der Mond. Ich habe nächtelang den Mond auch
Julia Zotter: angestarrt und mir gedacht, ich habe mir die Krater angeschaut.
Julia Zotter: Irgendwann, das ist so weit weg und es fühlt sich dann trotzdem irgendwie so
Julia Zotter: nah an, kann ich auch mal dort sitzen.
Julia Zotter: Für mich, also mich hat es auf die Erde zurückgeholt, da war ich circa 15 Jahre alt, wo ich,
Julia Zotter: Auch in unserer Familie natürlich die Diskussion immer lauter geworden ist,
Julia Zotter: wie machen wir weiter mit dem Unternehmen? Was möchten wir als nächstes machen?
Julia Zotter: In welche Richtung wollen wir dann noch gehen? Und in der Zeit hat sich dann
Julia Zotter: für mich alles verändert.
Martin Puntigam: Da bist du nicht auf den Mond geflogen, sondern auf einen anderen Kontinent, immerhin.
Martin Puntigam: Also das heißt, dass das nicht so weit vorangetrieben wie Ruth Grützbauch,
Martin Puntigam: Astronomin, die auch Mitglied der Science Busters ist, sie hat es ja tatsächlich
Martin Puntigam: beworben bei der ESA und wollte unbedingt und dringend Astronautin werden und
Martin Puntigam: wäre auch entsprechend qualifiziert, hat es aber leider nicht geschafft.
Martin Puntigam: Carmen Posnick, mit der wir auch schon Fernsehshows und Podcasts aufgenommen
Martin Puntigam: haben, ist aktuell Reserve-Astronautin und wird hoffentlich,
Martin Puntigam: wenn die Bundesregierung endlich den Flug finanziert, ins Weltall fliegen können,
Martin Puntigam: um zu zeigen, dass das für alle Menschen in Reichweite ist und nicht nur für
Martin Puntigam: irgendwelche bizarren, steinreichen Menschen,
Martin Puntigam: die rauf auf dem Hupfer fliegen wollen und wieder runter und dann sagen, das ist Raumfahrt.
Martin Puntigam: Aber du bist nicht ins Weltall, aber dein Weg hat dich wahrscheinlich noch nicht
Martin Puntigam: mit 15, aber offensichtlich nicht deutlich später nach China geführt, oder?
Julia Zotter: Ich wollte eigentlich gar nicht nach China gehen. Ich bin trotzdem dort gelandet.
Julia Zotter: Meine ursprüngliche Vorstellung war, ein Austauschsemester in Australien zu machen.
Julia Zotter: Aber mit Nachnamen Zotter ist man immer die Letzte auf jeder Liste.
Julia Zotter: Und ich wurde auch als Letzte gefragt, wo ich dann überall hin wollte.
Julia Zotter: Und viele andere Schüler wollten unbedingt nach Australien.
Julia Zotter: Und dann habe ich mir gedacht, naja, wenn dort jeder hingeht,
Julia Zotter: dann ich will aber irgendwo hin, wo es eben dieser gleiche Gedanke, irgendwo hin, wo...
Julia Zotter: Vielleicht noch ein bisschen unbedreht eine Pfade sind, wo man was Neues erlebt,
Julia Zotter: wo man einfach in einer Welt ist, die man so gar nicht kennt.
Julia Zotter: Und so hat sich China damals ergeben. Ich wusste eigentlich nichts über China,
Julia Zotter: außer das Land des großen runden Sterns, ein paar Kung-Fu-Filme.
Julia Zotter: Ich habe so eine Gastfamilie gefunden über ein Austauschprogramm,
Julia Zotter: das hat AFS geheißen, die in Zentralkina gelebt haben, in Xi'an,
Julia Zotter: dort wo die Terracotta-Armee war.
Julia Zotter: Musste auch darüber gar nichts, bin
Julia Zotter: dort aufgetaucht, habe kein Chinesisch gesprochen und sie kein Englisch.
Julia Zotter: Und das war für mich schon auch so ein bisschen eine Erfahrung,
Julia Zotter: einfach komplettes Neuland zu betreten.
Julia Zotter: Und trotz Familienverband ist man natürlich auch zu einem gewissen Grad auf sich allein gestellt.
Julia Zotter: Und so habe ich im Prinzip dieses Erlebnis, mal was ganz anderes außerhalb der
Julia Zotter: Komfortzone zu machen, einfach auf einem anderen Kontinent dann mal ausprobiert.
Martin Puntigam: Aber dass man wohin kommt, wo man glaubt, man kann die Sprache und dann versteht
Martin Puntigam: man doch kein Wort, das wird dir als Oststeuerin ja geläufig sein.
Martin Puntigam: Also wenn man irgendwo Deutsch gelernt hat in einem Volkshochschulkurs und man
Martin Puntigam: kommt in die tiefe Oststeuermarkt und die Leute sprechen dort,
Martin Puntigam: wie sie untereinander miteinander sprechen, wenn sie sich nicht bemühen,
Martin Puntigam: da glaubt man ja, man ist irgendwo gelandet,
Martin Puntigam: wo eine Sprache gesprochen wird, die man noch nie gehört hat vorher.
Julia Zotter: Das Interessante an Xi'an, eben dieser Stadt in Zentral-China war,
Julia Zotter: die haben so einen eigenen Lokaldialekt, das ist Shanxihua und das hört sich
Julia Zotter: lustigerweise ähnlich an wie Bölln, also wie in der tiefsten Oststeiermark.
Julia Zotter: Und meine Gastmama hat von Anfang an auch eben gegenüber anderen Leuten,
Julia Zotter: mir gegenüber war das nicht notwendig, immer wieder so scheiße, scheiße gesagt.
Julia Zotter: Ich habe mir gedacht, was ist mit denen, warum fluchen die die ganze Zeit? Heißt das,
Julia Zotter: Direkt übersetzt auf steirisch, wo siehst du es.
Julia Zotter: Und es hat sich sehr viel von dem Dialekt ähnlich wie ein Hund,
Julia Zotter: also wie Bayern, angehört.
Julia Zotter: Mossel, Doschel, also die haben das voll drinnen gehabt, da habe ich mich gleich
Julia Zotter: wieder zu Hause gefühlt.
Martin Puntigam: Das heißt quasi in der chinesischen Oststeiermark.
Julia Zotter: Ja.
Martin Puntigam: So wie du das momentan betont und aussprichst, hast du die Sprache aber doch
Martin Puntigam: irgendwann einmal gelernt, aber vermutlich nicht in diesem Auslandssemester oder Jahr.
Julia Zotter: Doch, ich war damals 16 Jahre alt und da meine Gastfamilie überhaupt kein Englisch
Julia Zotter: gekonnt hatte, außer Banana und Grandmother, warum auch immer die die Wörter gekannt haben,
Julia Zotter: war ich im Prinzip in einer Welt, wo du außer Chinesisch nicht sprechen konntest.
Martin Puntigam: Aber was war das für eine Schule?
Julia Zotter: Das war ein Internat. Die haben einfach ausländische Austauschschüler gebraucht,
Julia Zotter: um sich ein bisschen aufzuputzen.
Julia Zotter: Die hatten schon auch Unterricht, auch chinesisch Unterricht.
Julia Zotter: Wir waren damals drei Austauschschüler.
Julia Zotter: Dieser chinesische Unterricht war aber sehr...
Julia Zotter: Nicht wirklich geeignet, würde ich einmal sagen, ein Italiener und ich waren die Europäer.
Julia Zotter: Eine Teil war noch dabei, der mit diesem Schulsystem auch zurechtgekommen ist.
Julia Zotter: Das war sehr auf Auswendiglernen und Repetition ausgelegt und wir waren absolut pubertäre Teenager,
Julia Zotter: die sicher nicht diese Aufmerksamkeitsspanne hatten und Disziplin,
Julia Zotter: die ja chinesischen Schülern von klein auf beigebracht wird.
Julia Zotter: Für uns war die Art von Unterrichtsform einfach überhaupt ungeeignet.
Julia Zotter: Und wir haben nach ein paar Wochen schon mit unserer kleinen Rebellion begonnen
Julia Zotter: und dafür gekämpft, dass wir weniger Chinesischunterricht hatten.
Julia Zotter: Wir konnten die gleiche Menge lernen in wenigen Stunden, aber eben nicht so
Julia Zotter: repetitiv und haben dafür gekämpft, dass wir dann am Nachmittag Tai-Chi und
Julia Zotter: Kung-Fu-Unterricht haben durften und nicht Chinesisch.
Julia Zotter: Unser Chinesisch hat sich dann auch relativ schnell, natürlich auch wieder typisch
Julia Zotter: Teenager, in eine Richtung entwickelt, wo wir Spaß dabei hatten.
Julia Zotter: Wir hatten diese irrsinnig liebe
Julia Zotter: Chinesische Lehrerin, die wahnsinnig naiv und total einfach lieb war.
Julia Zotter: Und wir Gefraste haben uns natürlich die schlimmsten Wörter aus den Wörterbüchern zusammengesucht.
Martin Puntigam: Die immerhin drinnen gestanden sind. Also die ganz argen Sachen stehen ja im
Martin Puntigam: österreichischen Wörterbuch.
Julia Zotter: Wir waren ein bisschen fantasievoll und haben uns die zusammengesucht.
Julia Zotter: Also keine Ahnung, ob das in China damals überhaupt üblich war.
Julia Zotter: Die konnten wir auch schreiben. Also da war repetitives Lernen,
Julia Zotter: bis wir die richtig schreiben konnten, auch überhaupt kein Problem.
Julia Zotter: Und haben die dann natürlich zum Beispiel auf die Tafel geschrieben und sie
Julia Zotter: gebeten in unseren besten motivierten Schülerblicken, ob sie uns nicht erklären
Julia Zotter: kann, was das heißen soll. Wir sind ja so neugierig.
Julia Zotter: Wir haben so ganz gut Chinesisch gelernt.
Martin Puntigam: Was war das für ein Gymnasium, wenn das so eine gemischte Schülerschaft war?
Julia Zotter: Das war ein Internat. Das war damals mitten am Land. Heutzutage ist die Stadt
Julia Zotter: schon so weit fortgeschritten, dass es in der Stadt ist.
Julia Zotter: Ein Internat einfach für Schüler. Die hatten auch ein paar ausländische Schüler. Aber wo in...
Martin Puntigam: Achso, das war jetzt schon die Schule. Das hast du alles schon in China beschrieben.
Martin Puntigam: Das war nicht in Österreich.
Julia Zotter: Nein, nein, ich habe in Österreich kein Chinesisch gelernt.
Martin Puntigam: Das war ja das Verwunderliche, dass du nach China gehst auf Austausch und dorthin
Martin Puntigam: kommst als 16-Jährige und kein Wort.
Martin Puntigam: Aber die Leute aus Europa, die sonst da waren oder aus Thailand,
Martin Puntigam: die haben schon Englisch gesprochen. Also du hast dich schon mit irgendjemandem unterhalten können.
Julia Zotter: Genau, ja. Mein italienischer Schulkollege. Wir sind beste Feinde geworden.
Julia Zotter: Es war eigentlich eine der größten Lektionen für mich. Wir waren in einem Internat.
Julia Zotter: Unsere Gastfamilien waren super, aber wir waren nur am Wochenende dort.
Julia Zotter: Und dieser Italiener war die erzkatholischste Person, die ich je in meinem Leben
Julia Zotter: getroffen habe. Immer noch.
Julia Zotter: Das heißt, vom ersten Tag an, wir konnten nur Zeit miteinander verbringen,
Julia Zotter: weil wir waren das Einzige, was sich einigermaßen heimelig angefühlt hat.
Julia Zotter: Wir haben jede wache Sekunde miteinander verbracht, aber nur streitend,
Julia Zotter: weil er halt ein absoluter Kreationist war.
Julia Zotter: Also in sechs Tagen ist die Welt entstanden.
Julia Zotter: Und am siebten Tag hat Gott geruht und ich halt überhaupt nicht.
Julia Zotter: Und für ihn war ich eine Hexe und für mich war er natürlich der...
Julia Zotter: Wirklich der ärgst konservative Mensch überhaupt. Und so haben wir unsere Monate dort bestritten.
Julia Zotter: Immer streitend, immer diskutierend, aber so sind wir auch beste Feinde geworden,
Julia Zotter: weil wir waren eigentlich beste Freunde, aber wir haben auch gelernt,
Julia Zotter: mit anderen Ansichten umzugehen und trotzdem diskutieren zu können.
Julia Zotter: Wir haben dann auch ganz viele Streiche zusammen angestellt,
Julia Zotter: weil natürlich, wenn man uns eng gesperrt hat, dann haben wir natürlich versucht,
Julia Zotter: da ein bisschen auszubrechen.
Julia Zotter: Und meistens haben wir uns auf Englisch unterhalten. Für eine kurze Zeit waren
Julia Zotter: wir überzeugt, dass wir überwacht werden, weil wir die zwei bösen Kinder da sind.
Julia Zotter: Uns konnte nämlich niemand was tun. Wir waren so ein bisschen der Aufputz und
Julia Zotter: wir wurden immer mit Samthandschuhen angegriffen, während andere Mitschüler von uns,
Julia Zotter: die sich an uns was abgeschaut haben und ähnlich versucht haben zu rebellieren,
Julia Zotter: weit nicht die Vorteile hatten.
Julia Zotter: Schade war, wir haben uns teilweise versucht auf Latein zu unterhalten.
Martin Puntigam: Auf Latein?
Julia Zotter: Ja, weil wir beide Lateinunterricht wenigst gehabt hatten.
Julia Zotter: Aber natürlich war das so, irgendwie haben wir uns eingebildet,
Julia Zotter: das probieren wir jetzt aus.
Martin Puntigam: Gut, für ein Italiener ist es eine Spur leichter und Lateinisch zu übersetzen.
Martin Puntigam: Da plagen sich schon viele und Vergnügen oder Leichtigkeit, weil das ja für
Martin Puntigam: mich im Gymnasium. Aber unterhalten, das hätte ich mir nie vorstellen können.
Julia Zotter: Ja, es war auch keine wirkliche Unterhaltung. Also sagen wir mal so,
Julia Zotter: für ein paar Sätze haben wir eine halbe Stunde gebraucht und wir haben es am
Julia Zotter: Anfang wirklich versucht durchzuziehen. Aber irgendwann haben wir uns dann gedacht, wir lassen es.
Martin Puntigam: Das heißt, heute könntest du dich nicht mehr auf Latein unterhalten.
Martin Puntigam: Hast du eigentlich noch Kontakt zu deinem Mitschüler?
Julia Zotter: Ja, der wohnt jetzt in Boston. Ja, wir haben immer noch Kontakt.
Julia Zotter: Wir sind immer noch Freunde.
Julia Zotter: Und ich habe ihn das letzte Mal vor ein paar Jahren gesehen, also in Person.
Julia Zotter: Und das hat wieder gleich angefangen, wie wir es schon gewohnt waren.
Julia Zotter: Wir sind aufeinander losgegangen wie zwei Streithähner, aber im Lieben.
Martin Puntigam: Das war wie lange? Ein Jahr warst du in China?
Julia Zotter: Ich war ein Jahr lang in China. Ich war vier Monate lang in dieser Schule.
Julia Zotter: Und danach haben wir beide es geschafft auszubrechen und sind an andere Schulen versetzt worden.
Julia Zotter: Also das war bittersüß eigentlich. Wir wollten nicht weg von unseren Gastfamilien,
Julia Zotter: weil die waren wie eine, meine Familie im Speziellen war, wie eine richtige Familie für mich.
Julia Zotter: Also die nenne ich jetzt noch Mama und Papa, wenn ich sie sehe.
Julia Zotter: Aber es ging nicht, in eine andere Schule in die gleiche Stadt zu gehen.
Martin Puntigam: Das war so Anfang des Jahrtausends vermutlich?
Julia Zotter: 2004, 2005 war ich in China.
Martin Puntigam: Was war das da für Leben in China? Wie kann man sich den Alltag vorstellen?
Julia Zotter: Das Leben meiner ersten Gastfamilie in Xi'an war sehr traditionell,
Julia Zotter: wirklich sehr chinesisch, ohne Einfluss von westlichen Dingen.
Julia Zotter: Also meine Gastfamilie hatte einen Stand auf einem offenen Markt.
Julia Zotter: Die haben da Zahnpasta und Zahnbürsten verkauft und Klopapier.
Julia Zotter: So eine sehr einfache Familie. Wir hatten... Eine kleine Wohnung?
Julia Zotter: Für mich ein bisschen eine Umstellung, ein Bett zu teilen mit meiner Gastschwester.
Julia Zotter: Es gab auch kein richtiges Bad. Also wir sind immer öffentlich duschen gegangen.
Julia Zotter: Also in der Hinsicht einfach eine ganz andere Familienerfahrung,
Julia Zotter: die mich aber als Austauschschülerin haben wollten, weil ich der einzig legale
Julia Zotter: Weg war damals, eine Tochter noch zu haben und jemanden von außen aufzunehmen.
Julia Zotter: Also obwohl niemand in meiner Familie je Kontakt zu Ausländern hatte,
Julia Zotter: wollten sie unbedingt jemanden haben, der einfach dieses Fenster zur Welt öffnet.
Martin Puntigam: War das noch diese Zeit, wo die Ein-Kind-Politik noch existiert hat oder war das schon im Abklingen?
Julia Zotter: Da hat die Ein-Kind-Politik noch existiert. Es hat auch damals schon Ausnahmen
Julia Zotter: gegeben für Minderheiten und für viele Menschen, die am Land wohnen.
Julia Zotter: Die Ein-Kind-Politik ist auch im Tatsächlichen am ehesten noch in der Stadt durchgesetzt worden.
Julia Zotter: Am Land haben viele Kinder keine Papiere bekommen.
Martin Puntigam: Und dem Vernehmen nach war es ja so, dass Töchter deutlich unbeliebter waren
Martin Puntigam: als Söhne, was ja jetzt natürlich demografisch ein großes Problem aufwirft.
Martin Puntigam: Aber wenn du sagst, sie wollten noch eine zweite Tochter haben,
Martin Puntigam: dann ist das daran gelegen, dass du halt ein Mädchen warst oder sie wollten
Martin Puntigam: wirklich noch eine zweite Tochter haben?
Julia Zotter: Sie wollten einfach ein zweites Kind in der Familie. Tochter natürlich,
Julia Zotter: weil wenn man keinen anderen Schlafplatz hat, dann...
Martin Puntigam: Ach so, ja.
Julia Zotter: Aber andererseits, und das ist...
Julia Zotter: Ist schon auch ein Aspekt, den man bedenken muss bei der Ein-Kind-Politik.
Julia Zotter: Das hat momentan richtig schwerwiegende Nachwirkungen.
Julia Zotter: Demografische hat es auch immer schon. Also die Abtreibung von weiblichen Föten,
Julia Zotter: Kindsmord, weibliche Babys wurden gleich einmal nach der Geburt umgebracht,
Julia Zotter: unfreiwillige Sterilisationen und so weiter.
Julia Zotter: Das gab wirklich genug Probleme. Aber wenn man bedenkt, was für eine patriarchalische
Julia Zotter: Gesellschaft China eigentlich war oder ist zu einem gewissen Grad,
Julia Zotter: man muss sich ja nur die Führungsriege anschauen, wie die zusammengestellt ist.
Julia Zotter: Hat die Ein-Kind-Politik sehr viele Dinge geändert in einer Gesellschaft mit
Julia Zotter: einer Geschwindigkeit, die ich sonst nirgendwo je gesehen habe.
Julia Zotter: Der Kommunismus wird sicher auch einen Anteil daran gehabt haben,
Julia Zotter: dadurch, dass eben Männer und Frauen plötzlich gleichwertig arbeiten gehen mussten.
Julia Zotter: Aber wenn selbst wohlhabendere Familien vom Glück abhängen, ob sie jetzt ein
Julia Zotter: Mädchen oder einen Burschen haben, dann wollen sie natürlich für ihr Mädchen
Julia Zotter: die gleichen Chancen haben.
Julia Zotter: Dann ist sie natürlich mehr Ressource da für die Ausbildung von nur einem Kind
Julia Zotter: und der Druck und die Möglichkeiten sind für ein Mädchen dann genauso da.
Julia Zotter: Insofern hat sich in relativ kurzer Zeit eine sehr patriarchalische Gesellschaft
Julia Zotter: in eine weniger patriarchalische Gesellschaft umgeändert. In manchen Städten
Julia Zotter: oder in manchen Gegenden viel mehr als in anderen.
Julia Zotter: Prinzipiell kann man sagen, dass Nordchina noch ein bisschen mehr traditionell
Julia Zotter: ist und dass der Süden von China auch durch die wirtschaftliche Entwicklung ein bisschen offener.
Julia Zotter: Shanghai zum Beispiel ist wieder eine eigene Welt, wo mittlerweile wesentlich
Julia Zotter: mehr Frauen in der Führungsetage sitzen, auch in ganz vielen Unternehmen.
Julia Zotter: Auch in China ist es so, dass es mehr Frauen an den Universitäten gibt.
Julia Zotter: Also da ändert sich in sehr kurzer Zeit sehr viel. Natürlich mit gesellschaftlichen
Julia Zotter: Problemen, die jetzt auf China zukommen. Aber es ist sehr wichtig.
Julia Zotter: Und zurückschreiten ist jetzt nicht mehr so einfach.
Martin Puntigam: Wenn du da zurückgekommen bist, nach vielen Monaten in China zu leben,
Martin Puntigam: in die Oststeiermark, oder bist du in Graz in die Schule gegangen oder Feldbach wahrscheinlich?
Julia Zotter: Ich war in Gleisdorf im Gymnasium.
Martin Puntigam: Dann, also meine Tochter war ein Jahr lang in Kanada,
Martin Puntigam: was ja deutlich ähnlicher ist als Österreich und ist zurückgekommen mit wesentlich
Martin Puntigam: mehr Erfahrung und hat gestaunt, welche Welt sie da eigentlich verlassen hat
Martin Puntigam: und in welchen unterschiedlichen Tempi dieses Jahr vergangen ist für ihre Schulkollegen, Kolleginnen.
Martin Puntigam: Deine Erfahrung war ja noch bedeutend unterschiedlicher.
Martin Puntigam: Wenn du wieder da zurückgekommen bist in die Klasse nach Gleisdorf,
Martin Puntigam: was war da der Eindruck, was hast du da gedacht?
Martin Puntigam: Endlich wieder da oder puh, die sind aber alle komisch und wissen alle wenig?
Julia Zotter: Gar nicht normal. Das kann ich absolut verstehen.
Julia Zotter: Für mich ist das Jahr so schnell vergangen und es ist so viel passiert und es
Julia Zotter: hat sich so viel verändert.
Julia Zotter: Man bekommt eine andere Perspektive über die Dinge, die wirklich wichtig sind
Julia Zotter: oder die Dinge, über die ich mich aufrege.
Julia Zotter: Also ich glaube, ich bin wesentlich gechillter zurückgekommen.
Julia Zotter: Ich habe Dinge nicht mehr so ernst oder streng genommen.
Julia Zotter: Für meine Klassenkollegen ist ein weiteres Jahr vergangen. Da kommt man sich
Julia Zotter: natürlich langsamer vor.
Julia Zotter: Und ich habe einen Riesenschritt gemacht von eben...
Julia Zotter: Anfang 16 noch mehr in der kindlichen Phase sozusagen und dass ich zurückgekommen
Julia Zotter: bin mit sehr viel Selbstvertrauen und eben weniger Anxiety oder weniger Fragen,
Julia Zotter: wer ich tatsächlich bin, was ich will und wie ich mich selber sehe.
Julia Zotter: Das sind Dinge, die man natürlich zu Hause genauso lernt, aber vielleicht ein
Julia Zotter: bisschen weiter auseinandergestreckt, auch wenn man zu Hause wohnt und weil
Julia Zotter: man gewissen Situationen gar nicht ausgesetzt ist.
Julia Zotter: In China hat sich das alles sehr schnell verändert. Meine Eltern waren eigentlich
Julia Zotter: relativ froh, weil sie haben die Pubertät ausgelagert.
Julia Zotter: Ich weiß nicht, wie du das siehst. Meine Eltern haben mich auch am Flughafen
Julia Zotter: nicht erkannt. Die haben mich nach acht Monaten in China besucht.
Julia Zotter: Damals eine lustige Situation, weil meine Mutter war gerade schwanger mit meiner kleinen Schwester.
Julia Zotter: Also für mich, ich fliege weg und meine Mama ist halt die Mama und Alles okay.
Julia Zotter: Und dann sehe ich sie wieder und dann ist da so ein Bauch dazwischen.
Julia Zotter: Das ist schon schräg gewesen.
Julia Zotter: Und ja, so am Flughafen habe ich sie abgeholt und sie sind an mir vorbeigegangen,
Julia Zotter: weil ich war davor ein Tomboy.
Julia Zotter: Also ich habe nur alte, ausgetragene Hosen von meinem Cousin getragen,
Julia Zotter: nur weit geschnittene Shirts, seltenst meine Haare frisiert.
Julia Zotter: Und nach acht Monaten in China habe ich leicht höhere Schuhe angehabt,
Julia Zotter: habe einen Rock getragen, was ich vorher niemals freiwillig getan hätte.
Julia Zotter: Da habe ich mich natürlich ein bisschen hergerichtet dafür, dass ich meine Eltern jetzt wieder sehe.
Julia Zotter: Der Einzige, der mich erkannt hat, war mein Bruder. Und wir sind dann hinter
Julia Zotter: unseren Eltern hergegangen und die haben ganz verwirrt durch die Gegend geschaut,
Julia Zotter: bis sie mich dann irgendwann angeschaut haben und gesehen, dass ich mich komplett verändert habe.
Martin Puntigam: Und sie aber gefreut, nehme ich an.
Julia Zotter: Ja, ja, natürlich.
Martin Puntigam: Dann bist du zurückgekommen, hast fertig die Schule absolviert.
Martin Puntigam: Hast du dann zu studieren begonnen oder sofort im elterlichen Betrieb gearbeitet?
Julia Zotter: Ich war eigentlich, also in dem Fall mein Bruder und ich, weil wir,
Julia Zotter: wie nennt man das, katholische Zwillinge sind, oder irische Zwillinge,
Julia Zotter: wir haben unser Leben lang eigentlich im Unternehmen gearbeitet.
Julia Zotter: Also unser erster Job war schon mit sechs, sieben Jahren einen Kürbiskern auf
Julia Zotter: jede Tafel Schokolade drauflegen.
Julia Zotter: Also das wird vielleicht die ältere Hörerschaft.
Julia Zotter: Wer aus Graz war und ganz am Anfang unsere Schokoladen probiert hat,
Julia Zotter: vielleicht habt ihr mal einen Kühlbiskern auf den Schokoladen gesehen.
Julia Zotter: Das waren mein Bruder und ich.
Julia Zotter: Wir waren immer irgendwie dabei, jedes Wochenende zu Hause.
Julia Zotter: Ich habe dann nach der Schule, da ist dann noch mein Astronautenwunsch ein bisschen
Julia Zotter: durchgekommen. und ich habe dann in Physik und Bio und Chemie unbedingt maturieren
Julia Zotter: wollen, weil ich mir gedacht habe, zumindest als Abschluss und bin dann auf die Uni gegangen.
Julia Zotter: War ein Jahr lang auf der Wirtschaftsuni, habe mir dann gedacht,
Julia Zotter: für mich in Wien war für mich in meiner damaligen Zeit einfach nicht praxisrelevant.
Julia Zotter: Und es waren so viele Dinge, die in der Theorie für mich anders waren,
Julia Zotter: als ich sie praktisch erlebt hatte und bin dann an die BOKU für Lebensmittel
Julia Zotter: und Biotechnologie gegangen.
Martin Puntigam: Und hast du es dann abgeschlossen?
Julia Zotter: Nein, ich wollte natürlich abschließen, wie alle. Habe einige Sachen dazwischen
Julia Zotter: noch zusätzlich gemacht, wie eine Patisserie und Cuisine-Ausbildung in Paris.
Julia Zotter: Ich war auch drei Monate in Brasilien für ein Forschungsprojekt an Kakao-Fermentation.
Julia Zotter: Und im Endeffekt ist dann wieder China dazwischen gekommen, weil wir hatten
Julia Zotter: ein Projekt oder wir haben ein Projekt in China. Das ist der Schokoladentheater in Shanghai.
Julia Zotter: Und das war schon so weit und ich musste einfach nach China.
Julia Zotter: Und dann habe ich die Uni Uni sein lassen und habe mir gedacht,
Julia Zotter: das Wissen hoffe ich, dass ich mir aufbehalten kann und ich gehe jetzt nach
Julia Zotter: Shanghai und schauen mal was Neues an.
Martin Puntigam: Bevor wir nach Shanghai nachfolgen, akustisch, wenn du die Ausbildung als Konditorin
Martin Puntigam: gemacht hast, was lernt man denn da?
Martin Puntigam: Weil man ab und zu poppen auf Instagram oder TikTok Reels auf,
Martin Puntigam: wo Menschen, die sich mit Backen, mit Schokolade, mit Konfisserie,
Martin Puntigam: mit Konditorei auskennen, Tipps geben, was man denn eigentlich so lernt.
Martin Puntigam: Und in der Regel, natürlich auch um den Algorithmus zu beeinflussen,
Martin Puntigam: sagen die dann, das, was man normalerweise lernt, ist alles Quatsch und so geht es in Wirklichkeit.
Martin Puntigam: Aber was lernt man denn, wenn man Konditorin lernt?
Julia Zotter: Konditoren müssen sehr genau sein. Man kann das am ehesten wahrscheinlich mit
Julia Zotter: Chemikern vergleichen. Es gibt Rezepte und die führen zu einem Outcome,
Julia Zotter: also zu einer gewissen Textur oder zu einer Beschaffenheit oder dass ein Gel zum Beispiel hält.
Martin Puntigam: Also Textur ist jetzt die Zusammensetzung, ob was rau ist, ob was glatt ist.
Julia Zotter: Wie es sich im Mund anfühlt. Also jetzt zum Beispiel in den Konditoren,
Julia Zotter: schauen wir mal, ob ein Biskuit fluffig ist, ob es weich ist,
Julia Zotter: ob es hart ist, länger feucht bleibt,
Julia Zotter: ob ein Gelee hält oder ob eine Creme in einer Torte, sobald ich den Ring weggebe, wegfließt.
Julia Zotter: Und da muss man natürlich so genau die Balance schaffen zwischen schmelzig sein,
Julia Zotter: damit ich, wenn ich die Torte esse, das Gefühl habe, dass ich eigentlich eine
Julia Zotter: fluffige Creme im Mund habe.
Julia Zotter: Das soll ja nicht wie ein Gelee zum Beißen sein oder wie so ein Aspik,
Julia Zotter: aber gleichzeitig soll das natürlich nicht auseinanderfließen.
Martin Puntigam: Also Sulztorte hast du dort nicht gelernt.
Julia Zotter: Also das ist die Stärke von Konditoren, ist, dass man sich da auf...
Julia Zotter: Generationen von Tradition und Wissen verlassen kann.
Julia Zotter: Mittlerweile kommt natürlich immer mehr Wissenschaft auch rein,
Julia Zotter: also auch Lebensmittelfysik und Lebensmittelchemie.
Julia Zotter: Aber wie ein Rezept funktioniert und wie ich zu einem Endprodukt komme,
Julia Zotter: das ich haben möchte, also das ist schon sehr, sehr hilfreich.
Julia Zotter: Und ich habe sehr viel von der Basis auch mitbekommen.
Julia Zotter: Dinge, die man heutzutage gar nicht mehr macht. Aber ich denke,
Julia Zotter: es ist sehr, sehr wichtig, dass ich die Basis mal verstanden habe,
Julia Zotter: um darauf dann aufzubauen.
Julia Zotter: Man kann natürlich auf einem sehr hohen Level einsteigen, aber dann wird man
Julia Zotter: nie verstehen, warum das überhaupt funktioniert oder wie man Fehler beheben
Julia Zotter: kann oder warum die passiert sind.
Julia Zotter: Da ist es wirklich wichtig, ganz von vorne anzufangen.
Martin Puntigam: Was wäre so ein Basisprodukt, das heute nicht mehr Anwendung findet?
Julia Zotter: Zuckerziehen zum Beispiel. Also ich weiß nicht, ob du die Zuckerl kennst,
Julia Zotter: die so kleine Muster drinnen haben.
Julia Zotter: Das ist eine Technik, die braucht wahnsinnig viel Erfahrung und man kann auch
Julia Zotter: wirklich gute Zuckerl machen. Es gibt ja in Wien auch die Zuckerlwerkstatt.
Martin Puntigam: Genau, dort gibt es ja Workshops, da kann man das ja selber herstellen.
Julia Zotter: Aber die meisten brauchen das gar nicht mehr. Nougat-Herstellung,
Julia Zotter: früher wurde das in Konnitoreien selber gemacht.
Julia Zotter: Heute kauft man das oder Fondant. Das ist dieses weiße Zeug,
Julia Zotter: das auf vielen Hochzeitstorten drauf ist, was eigentlich jeder übrig lässt.
Julia Zotter: Das kann man selber herstellen und ich glaube, das kann man auch so herstellen,
Julia Zotter: dass es tatsächlich besser schmeckt.
Julia Zotter: Aber macht kaum noch jemand selber. Aber es sind Dinge, die man,
Julia Zotter: glaube ich, mal wissen sollte.
Julia Zotter: Dinge, die man über Kristallisation lernt, jetzt nicht theoretisch,
Julia Zotter: aber praktisch, einfach mit Handgefühl schon einmal zu sehen,
Julia Zotter: wird diese Masse so, wie ich sie haben will oder nicht.
Julia Zotter: Das ist das Interessante am Konditorwesen. Ich habe auch Cuisine dazu gemacht, also Küche, Kochen.
Julia Zotter: Die haben einen komplett anderen Zugang, weil da greift man an,
Julia Zotter: da schaut man, da kostet man.
Julia Zotter: Und auf Basis von dem verändere ich dann mein Rezept, während ich daran arbeite.
Martin Puntigam: Also das ist beim Tortenbacken schwierig zu kosten.
Julia Zotter: Genau, wenn man das beim Tortenbacken versucht, dann kommt am Ende halt ein Schlatz raus.
Martin Puntigam: Und das wolltest du beides oder das war schon vorausblickend die Ausbildung?
Martin Puntigam: Erstens lernt man wahrscheinlich dann noch besser Französisch sprechen.
Martin Puntigam: Und zweitens, hast du gedacht, das ist schon vorausblickend,
Martin Puntigam: weil du ja in die Firma von den Eltern einsteigen wirst?
Julia Zotter: Es hat mich total interessiert. Also ich habe vorhin erwähnt,
Julia Zotter: also mich hat auch Chemie und Physik und auch Biologie immer sehr stark interessiert.
Julia Zotter: Und es ist ja dieser Konnex zur praktischen Anwendung, wenn ich jetzt nicht
Julia Zotter: im Labor bin, aber in der Küche, der für mich total spannend war.
Julia Zotter: Weswegen ich auch Lebensmittel und Biotechnologie studieren wollte.
Julia Zotter: Ich wollte wissen, warum das so funktioniert.
Julia Zotter: Weil wenn ich weiß, warum es funktioniert, dann kann ich es auch verändern.
Julia Zotter: Wenn ich jetzt zum Beispiel, wenn wir uns die Big Rip anschauen,
Julia Zotter: das ist ein Himbeerkaramell.
Julia Zotter: Wie kann ich die Zutaten so herrichten, dass ich am Ende ein Karamell habe,
Julia Zotter: das in so einer Tafel auch stabil genug ist, aber immer schön weich bleibt?
Julia Zotter: Und wenn es schief geht, warum?
Julia Zotter: Das sind Dinge, die kann man in der Praxis machen, indem man einfach ausprobiert
Julia Zotter: und ausprobiert und ausprobiert und irgendwann funktioniert es.
Julia Zotter: Aber wenn ich in der Theorie vorher schon weiß, welche Faktoren kann ich anpassen
Julia Zotter: und woran hängt die Zuckerkristallisation zum Beispiel, dann kann ich das im
Julia Zotter: Rezept vorher schon beeinflussen.
Julia Zotter: Und insofern war mir der theoretische Ansatz sehr, sehr wichtig. Aber….
Julia Zotter: Er war halt sehr theoretisch. Und für mich war damals meine Ausbildung in Paris
Julia Zotter: das komplette Gegenteil dazu.
Julia Zotter: Das war wie ein Koch- und Patisserie-Bootcamp, wo man von der Basis bis hin
Julia Zotter: zur Molekularküche gegangen ist, aber die Auswirkungen von diesem Wissen im Prinzip behandelt hat.
Julia Zotter: Und die Kombination ist das, was für mich eigentlich das Interesse ausmacht.
Julia Zotter: Also für mich war das von Anfang an, ich habe gerne gekocht.
Julia Zotter: Meine Eltern mussten das immer wieder ausbaden, weil ich ja nicht wusste,
Julia Zotter: was ich gemacht habe als Kind.
Martin Puntigam: Ja, aber das ist als Eltern, kann ich selber sagen, angenehm,
Martin Puntigam: wenn man nicht die ganze Zeit selber kochen muss.
Julia Zotter: Genau, auch wenn dann ab und zu mal was rauskommt, was ein bisschen schräg ist.
Martin Puntigam: Ja, aber selber kocht man auch nicht immer nur die besten Sachen.
Julia Zotter: Das stimmt auch, ja. Also insofern war das auch immer meine Passion.
Julia Zotter: Ich glaube, Astronautin wollte ich deswegen werden, weil ich einfach weit hinaus
Julia Zotter: was ganz anderes und irgendwas total Abenteuerliches machen wollte.
Julia Zotter: Der Grund, warum sich das bei mir dann geändert hat, warum ich dann mich für
Julia Zotter: das Unternehmen entschieden habe, war eigentlich der, dass wir uns in einer
Julia Zotter: Social Enterprise entwickelt haben.
Julia Zotter: Also als ich Astronautin werden wollte, waren wir ein Handwerksbetrieb.
Julia Zotter: Danach haben wir umgestellt auf rein biologische Landwirtschaft und den fairen
Julia Zotter: Handel, also soziale Verantwortung übernehmen und auch ökologische Verantwortung übernehmen.
Julia Zotter: Damit hat sich für mich das Unternehmen so gewandelt.
Julia Zotter: So viele Chancen hat man selten als junge Person irgendwo.
Julia Zotter: Und dann kannst du kreativ sein mit Geschmäckern, mit Texturen, mit Schokolade.
Julia Zotter: Du kannst aber auch mit Kakaobauern, mit Lieferanten eine sehr enge Beziehung
Julia Zotter: eingehen. Eben durch diesen sozialen Aspekt.
Julia Zotter: Und das hat sich so zu einer Welt aufgebaut, dass ich den Mond gar nicht mehr
Julia Zotter: gebraucht habe, weil ich das Schokoversum sozusagen hatte. Das war für mich
Julia Zotter: der Grund, in die Richtung zu gehen.
Martin Puntigam: Aber hast du versucht, weil Astronautennahrung ist ja eine sehr spezielle Form der Ernährung.
Martin Puntigam: Es ist jetzt nicht mehr ganz so kurios, wie es in alten Science-Fiction-Filmen
Martin Puntigam: ist oder wie es bei der ersten Mondlandung war.
Martin Puntigam: Es gibt schon ein bisschen besseres Essen offensichtlich mittlerweile.
Martin Puntigam: Aber gibt es ja Astronautinnen-Schokolade? Gibt es so irgendwas bei euch?
Julia Zotter: Tatsächlich ist, glaube ich, das Geschmackserlebnis auf einer Raumstation oder
Julia Zotter: einem Space Shuttle ganz, ganz anders.
Julia Zotter: Wahrscheinlich würde die Schokolade auch ein bisschen anders schmelzen.
Julia Zotter: Also man müsste ein bisschen herum experimentieren.
Julia Zotter: Ich würde mich gern freiwillig melden, falls da jemand Tester braucht.
Julia Zotter: Oder falls ESA oder NASA oder wer auch immer zuhören, falls ihr gerne Schokolade
Julia Zotter: zum Ausprobieren hättet, überhaupt kein Problem.
Julia Zotter: Auch ohne mich im Gepäck. Aber so einen richtigen...
Julia Zotter: Anderen Geschmack dafür haben wir eigentlich gar nichts gemacht,
Julia Zotter: einfach weil unser Produkt ja auf der Erde konsumiert wird.
Martin Puntigam: Ja, schon, aber ihr habt ja ganz abenteuerliche Namen für eure Schokoladen.
Martin Puntigam: Es gibt ja den berühmten Schokoladenfriedhof, wo die Schokoladen,
Martin Puntigam: die nicht mehr hergestellt werden, aber die ja mal produziert wurden, sind Ruhn.
Martin Puntigam: Das heißt, ihr seid jetzt nicht so beschränkt, was die Benennung eurer Schokoladen betrifft.
Martin Puntigam: Also wenn der Schokolade jetzt ISS oder Erdumkreisung oder Satellitenschokolade
Martin Puntigam: hieße, wäre das bei euch nicht schwierig vom Marketing her, weil Schokoladen
Martin Puntigam: halt so divers benannt werden.
Martin Puntigam: Also da wäre es ja einfach, einfach, aber für euch einfach einen Geschmack zu
Martin Puntigam: kreieren und eine Darreichungsform und zu sagen, es ist jetzt eine Weltraumschokolade.
Julia Zotter: Interessanter Gedanke.
Julia Zotter: Also vom Namen her überhaupt kein Problem, aber ich müsste einen Weg finden
Julia Zotter: und das ist ja ein sehr spannendes Thema.
Julia Zotter: Was brauchen die Menschen, die
Julia Zotter: im Weltall sind, an Nahrung und das müsste dann in die Schokolade rein.
Julia Zotter: Also zum Beispiel soll die Schokolade angereichert sein an Spurenelementen oder
Julia Zotter: in der Auswahl der Nüsse zum Beispiel. wenn ich jetzt einen Paranus Nougat nehmen
Julia Zotter: würde, der hätte wesentlich bessere Selenanteile.
Julia Zotter: Welchen Hintergrundgedanken nimmt man dort rein, damit die Story auch dahinter
Julia Zotter: passt? Weil ich glaube, so ein Satellitenstückerl da rein.
Julia Zotter: Ich glaube, habe ich das nicht bei euch im Podcast mal gehört,
Julia Zotter: dass es auf der ISS eigentlich stinkt?
Martin Puntigam: Es riecht nicht so wahnsinnig gut. Es kommt immer darauf an,
Martin Puntigam: wie die Crew zusammengesetzt ist. Auch das hat der Franz Fiebe gesagt.
Martin Puntigam: Wenn das eine reine Buben-Klasse ist, dann geht es ein bisschen Ärger zu.
Martin Puntigam: Und wenn Astronautinnen dazukommen, dann benehmen sie alle ein bisschen besser.
Martin Puntigam: Es ist laut und Brösel, also Krümel sind nicht wahnsinnig beliebt,
Martin Puntigam: weil die schwirren, wenn sie auskommen, natürlich in der Gegend herum und verstopfen
Martin Puntigam: dann die Lüftung, das ist eher ungünstig.
Julia Zotter: Auch nicht gut, ja. Also in dem Fall wäre unsere Big Rip Schokolade eigentlich
Julia Zotter: die geeignetere Version.
Julia Zotter: Über die haben wir ja noch gar nicht gesprochen, aber die würde sich dann für
Julia Zotter: die ISS gut eignen, Weil, wie der Name schon sagt, sie lässt sich ganz zäh auseinanderziehen
Julia Zotter: und da entstehen keine Krümel.
Martin Puntigam: Nachdem du in Paris warst und in Brasilien und auf die Kakaobohne kommen wir
Martin Puntigam: dann später noch zu sprechen, bist du nach Shanghai ins Schokoladentheater.
Martin Puntigam: Was hat dich denn dort erwartet, beziehungsweise was kann man sich als jemand,
Martin Puntigam: der das Schokoladentheater aus der Oststeiermark kennt, aus Bergl,
Martin Puntigam: wo die Fabrik steht, kann man sich denn darunter vorstellen,
Martin Puntigam: weil in China ist, zumindest im Vernehmen nach, vieles gern ein bisschen größer und umfangreicher.
Martin Puntigam: Das heißt, dann wird das nicht so heimelig sein und alles viel größer und wahrscheinlich
Martin Puntigam: auch an die Gepflogenheiten des Landes angepasst.
Julia Zotter: Als ich nach Shanghai gekommen bin, war ich damals 25 und habe gerade die Baustelle
Julia Zotter: begonnen vom Schokoladentheater.
Julia Zotter: Also wir haben ein denkmalgeschütztes Lagergebäude umgebaut zu einer der ersten
Julia Zotter: Food Experiences von Shanghai.
Julia Zotter: Insofern, die Zeit dort war sowieso wahnsinnig arbeitsreich.
Julia Zotter: Das Schokoladentheater dort ist tatsächlich eine kleine Version von dem, was wir in Bergl haben.
Julia Zotter: Aber es hat einen anderen Nutzen. In Bergl ist das unsere Produktion,
Julia Zotter: die man besuchen kann, wo man unseren Mitarbeitern bei der Schokoproduktion
Julia Zotter: zuschauen kann und wo man wahnsinnig viel Schokolade verkostet.
Julia Zotter: In Shanghai ist der Hintergrundgedanke eher der, dass es in China keine Schokoladekultur gibt,
Julia Zotter: Es gibt eine starke Essenskultur und das ist so ein futtervernahtes Volk,
Julia Zotter: da sind wir mit den Österreichern wieder sehr ähnlich.
Julia Zotter: Lebensmittel haben einen sehr hohen Stellenwert und Handwerk auch,
Julia Zotter: dass wir in Shanghai eigentlich einen Showroom gebaut haben,
Julia Zotter: wo man in unserer kleinen Produktion die Grundprinzipien von Schokolade entdecken kann.
Julia Zotter: Aber es ist keine richtige Produktion, sondern wir arbeiten mit den Materialien
Julia Zotter: aus Österreich und das Wichtigste ist, dass die Leute selber Schokolade machen können.
Julia Zotter: Das können wir hier zum Beispiel nicht machen, bei uns, sondern nur in Shanghai.
Julia Zotter: Weil für die Leute, die einfach gar kein Grundwissen haben mit Schokolade,
Julia Zotter: ist es am einfachsten, wenn man selber ein bisschen hingreifen kann,
Julia Zotter: selber ein bisschen dekorieren kann, einfach dieses Taktile,
Julia Zotter: wo die Menschen sonst nie die Möglichkeit haben.
Julia Zotter: Selber sowas auch zu modellieren sozusagen, dass wir das dort bieten können.
Martin Puntigam: Jetzt zwischen einem Workshop am
Martin Puntigam: Wochenende, wo man selber Schokolade herstellt, auf die man so stolz ist,
Martin Puntigam: dass man sich anderen zum Kosten gibt und weil man sich selber hergestellt hat,
Martin Puntigam: sagen die anderen dann, interessant und gut, bis zur Serienreife,
Martin Puntigam: wo man Millionen Tafeln herstellt, das ist ja ein großer Schritt.
Martin Puntigam: Wenn du das einmal verhältnismäßig kurz, wir sind eher Podcast,
Martin Puntigam: wir können so lange reden, wie wir wollen, aber wenn du das einmal kurz umreißen
Martin Puntigam: kannst, was muss denn alles passieren, bis die fertige Tafel vor dir liegt?
Julia Zotter: Von Kakaobaum weg?
Martin Puntigam: Okay.
Julia Zotter: Also Kakao kommt ursprünglich aus dem Amazonas-Regenwaldgebiet und hat sich
Julia Zotter: mittlerweile auf alle tropischen Zonen der Welt ausgebreitet.
Julia Zotter: Es ist ein Schattenbaum, das heißt, er muss von anderen Bäumen geschützt werden,
Julia Zotter: vor der Sonne und er trägt nach circa drei oder vier Jahren.
Julia Zotter: Kakaobäume sind recht fragile Bäume, die werden nicht sehr groß und die haben
Julia Zotter: auch keine dicken Stämme.
Martin Puntigam: Was ist nicht sehr groß für tropische Verhältnisse?
Julia Zotter: In einem normalen, in einem Kakaograten sollte er nicht höher als vier Meter
Julia Zotter: werden, damit man gut ernten kann.
Julia Zotter: In der freien Wildbahn wird er wahrscheinlich sieben Meter hoch, aber nicht viel größer.
Martin Puntigam: In Österreich ist es ein großer Baum, aber für tropische Verhältnisse ist es ein kleiner Baum.
Julia Zotter: Ja genau, es ist größer wie ein Streuobstbaum oder sowas in die Richtung.
Julia Zotter: Kakao kann zweimal im Jahr geerntet werden und ist relativ pflegeintensiv,
Julia Zotter: wenn man eine einigermaßen starke Ernte haben möchte.
Julia Zotter: Auch im Biobereich, weil sie haben relativ spezifische Anforderungen auf den Boden.
Julia Zotter: Und es darf nicht zu viel, zu wenig Regen sein und ja nicht zu viel Sonne und
Julia Zotter: ja nicht zu viele Blätter, damit schöne, viele Früchte entstehen.
Julia Zotter: Die können zweimal im Jahr geerntet werden, schauen im Prinzip aus wie große, längliche Kürbisse.
Julia Zotter: Haben auch so um die vier Kilogramm Gewicht, also die richtig großen Früchte.
Julia Zotter: Gibt auch kleinere, ein Kilo Früchte, also in dem Spektrum sind wir daheim.
Julia Zotter: Der Kakao muss frisch geerntet und aufgemacht werden und dann schaut es aus
Julia Zotter: wie beim Kürbiskiefeln. bis Kiefeln.
Julia Zotter: Also man kann wirklich mit der Hand reinfahren und dann holt man die Kakaobohnen,
Julia Zotter: die mit seinem weißen Fruchtfleisch umgeben sind, einfach raus.
Julia Zotter: Und die Schale der Kakaofrucht kann man dann als Düngemittel wieder verwenden.
Julia Zotter: Ich habe Freunde in der Schokoindustrie, die machen Biochar,
Julia Zotter: also Aktivkohle damit, auch wieder zum Düngen.
Julia Zotter: Das geht alles, es gibt auch Kühe, die das fressen.
Julia Zotter: So, und wenn ich die Kakaobohnen mit dem Fruchtfleisch drumherum einmal habe.
Julia Zotter: Möglichst frisch müssen die in eine Fermentationsbox gebracht werden,
Julia Zotter: also am selben Tag, weil das ist ja alles mitten im Wald, da sind wir in keiner sterilen Umgebung.
Julia Zotter: Das heißt, dieses Fruchtfleisch um die Kakaobohne herum, das fängt sofort an zum Fermentieren.
Julia Zotter: Da lassen sich sofort Hefen drauf nieder, das ist super süß.
Julia Zotter: Da haben wir es jetzt mit Wildhefen zu tun, das ist eine Wildfermentation,
Julia Zotter: die dann in dieser Fermentationsbox, das ist so eine Holzbox, beginnt.
Martin Puntigam: Das kann man nicht verhindern oder das will man auch nicht verhindern?
Julia Zotter: Das will man nicht verhindern, nein, genau. Also die sind sehr zuckerreich,
Julia Zotter: Also das Kakaofruchtfleisch um die Brune ist sehr zuckerreich und diese Wildhefen
Julia Zotter: beginnen dann mal zum Arbeiten, machen aus dem Zucker mal Alkohol.
Julia Zotter: Also bauen das Fruchtfleisch ab, da fließt auch unten dann Wasser weg.
Julia Zotter: Die Temperatur steigt in der Box für die ersten paar Tage.
Julia Zotter: Man muss auch immer umrühren, weil diese Häfen brauchen eigentlich auch Sauerstoff,
Julia Zotter: damit sie gut arbeiten können.
Julia Zotter: Im Prinzip erzeuge ich mir damit jetzt so ein kleines Biotop in dieser Fermentationsbox
Julia Zotter: mit den Kakaobohnen, wo die Umgebungstemperatur kontrolliert werden muss und
Julia Zotter: wo die Sauerstoffzufuhr kontrolliert wird. Und so entsteht mal Alkohol.
Julia Zotter: Irgendwann wird das Ganze zu alkoholisch für die Hefen. Das sind wir wieder
Julia Zotter: wie beim Essig oder auch wie bei anderen Fermentationen.
Julia Zotter: Und es kommen Essigsäurebakterien und Milchsäurebakterien auf,
Julia Zotter: die jetzt sozusagen die Herrscher der Welt sind in diesem kleinen Biotop.
Julia Zotter: Und die fressen den Alkohol und den Restzucker und machen daraus Säuren.
Julia Zotter: Und diese Säuren sind eigentlich das, was in der Kakaobohne selbst,
Julia Zotter: die zu 50 Prozent aus Fett und zu 50 Prozent aus Feststoffen besteht,
Julia Zotter: das Aroma mitbestimmen.
Julia Zotter: Also eine frische Kakaobohne schmeckt nicht gut. Ja, das ist alles bitter.
Martin Puntigam: Wenn du sagst, es ist viel Zucker im Fruchtfleisch, würde das auch süß schmecken
Martin Puntigam: oder ist das nur von den Ingredienzien Zucker?
Julia Zotter: Das Fleischfleisch selber schmeckt von der Textur her wie eine Litschi.
Julia Zotter: Irgendwie total, also nicht schleimig, aber weich. Man kann auch nicht abbeißen
Julia Zotter: von seiner Kakaobohne. Man muss sie tatsächlich auslutschen.
Julia Zotter: Das hat auch den Grund, und die Bohne drinnen ist natürlich sehr bitter und astringent.
Julia Zotter: Würde jetzt ein Wildtier das fressen wollen, sagen wir mal einen Affe,
Julia Zotter: und der beißt da drauf, dann ist ja der Samen kaputt.
Julia Zotter: Aber schmecken tut es dann auch nicht gut. Das heißt, dieser Samen ist tatsächlich
Julia Zotter: so, dass man ihn lutscht und danach einfach ausspuckt.
Julia Zotter: Dann hat man nämlich das beste gustatorische Erlebnis mit so einem Kakao.
Julia Zotter: Aber dieses Fruchtfleisch erzeugt dann auch durch die Fermentation ganz viele
Julia Zotter: Aromavorkomponenten, aromatische Säuren, die in die Bohne eindringen.
Julia Zotter: Das hat den Effekt, dass die Bohne nicht mehr auswachsen kann,
Julia Zotter: also dass der Germ erzeugt.
Julia Zotter: Ich weiß nicht, wie das auf Deutsch heißt. Also das Schößling,
Julia Zotter: der stirbt ab und die Bohne wird haltbar.
Julia Zotter: Sie hat einen isernig hohen Säuregehalt, also schmeckt stark säuerlich und dadurch
Julia Zotter: entstehen schon einmal Kakao-Voraromen.
Julia Zotter: Danach wird der Kakao getrocknet, das heißt Feuchtigkeit natürlich in der Sonne
Julia Zotter: geht weg, dadurch wird die Kakaobohne erst einmal haltbar.
Julia Zotter: Also da sind wir bei 7-8% Feuchtigkeit nach der Trocknung. Man kann ein bisschen die Säure regulieren.
Julia Zotter: Schnelle Trocknung heißt, dass mehr Säure in der Bohne zurückbleibt.
Julia Zotter: Langsame Trocknung heißt, dass mehr Säure Zeit hat, mit der Feuchtigkeit zu verdampfen.
Julia Zotter: Und wenn der Kakao fertig getrocknet ist, dann wird er verschifft und kommt zum Beispiel zu uns.
Julia Zotter: Das heißt, ohne diese ganze Arbeit davor, von der richtigen Ernte bis zur richtigen
Julia Zotter: Fermentation und Trocknung, können wir keine gute Schokolade machen,
Julia Zotter: weil wir können nur mit dem arbeiten, was schon in der Bohne drinnen ist.
Julia Zotter: Wenn die Bohne bei uns ankommt, dann wird sie gereinigt, weil es können immer
Julia Zotter: Dinge dazukommen oder Staub oder was auch immer.
Julia Zotter: Und der wichtigste Schritt bei uns in der Aromenbildung ist Röstung.
Julia Zotter: Das ist ganz einfach wie die Maillard-Reaktion, die aus diesen Aromavor-Komponenten,
Julia Zotter: die schon da sind, dann die Weiterentwicklung macht.
Martin Puntigam: Also die selbe Reaktion, die die Brotkruste so geschmackvoll macht oder die
Martin Puntigam: Schnitzelpanier, das verwendet es auch eher, um die Kakaobohne letztlich dann
Martin Puntigam: geschmackvoller zu machen.
Julia Zotter: Genau, also das ist auch wie beim Kaffee, erzeugt die Röstung erst den Geschmack.
Julia Zotter: Es geht natürlich auf Temperaturen, die
Julia Zotter: dann schon auch andere Reaktionen hervorbringen, aber wir rösten bei ca.
Julia Zotter: 120, 125 Grad, aber im Prinzip ist das der Kunststock. Und danach wird die Kakaobohne
Julia Zotter: geschäbt, die hat so eine leichte holzige Schale außen drumherum.
Julia Zotter: Die Schale ist für die Kakaoherstellung irrelevant, wird jetzt immer relevanter,
Julia Zotter: weil man Kakaoersatzprodukte mit der Schale herstellen kann.
Julia Zotter: Und die Kakaobohne selber wird dann nach der Röstung fein vermahlen,
Julia Zotter: dadurch, dass sie 50% Fett enthält und die Feststoffe fein vermahlen werden,
Julia Zotter: schaut das dann alles flüssig aus.
Julia Zotter: Das ist dann die Kakaomasse, schaut aus wie dunkle Schokolade,
Julia Zotter: schmeckt aber für diejenigen, die schon unseren ersten Schokobohnen mal probiert
Julia Zotter: haben, wesentlich intensiver.
Julia Zotter: Und das ist der Grundstock, mit dem man Schokolade macht. Kann ich Zucker dazu
Julia Zotter: tun, dann habe ich dunkle Schokolade, Zucker plus Milchpulver,
Julia Zotter: Milchschokolade, Gewürze und alles drum und dran sowieso.
Julia Zotter: Wenn ich nur das Fett nehme, also nur die Kakaobutter, die ist wie Butter weiß-gelblich
Julia Zotter: und da Zucker und Milchpulver dazu tue, dann habe ich weiße Schokolade,
Julia Zotter: weil ja auch nichts Braunes drinnen ist.
Julia Zotter: Aber deswegen schmeckt weiße Schokolade auch nicht nach Kakao,
Julia Zotter: sondern nach Milch mit Zucker und Donnele.
Martin Puntigam: Könnte man die Kakaobutter als Brotaufstrich genauso verwenden?
Martin Puntigam: Butterbrot, würde das schmecken?
Julia Zotter: Nein, würde nicht schmecken, weil normale Butter hat ja Proteine auch drinnen,
Julia Zotter: die ja eigentlich für den Geschmack ja wirklich verantwortlich sind.
Julia Zotter: Also die dieses Butterarome erzeugen.
Julia Zotter: Und die Kakaobutter ist wirklich reines Fett. Das heißt nur Butter, weil es die Farbe hat.
Julia Zotter: Würde man jetzt Kakaobutter frisch abpressen, die ist natürlich ein Geschmacksträger,
Julia Zotter: die hat einen Kakao-Kaffee-ähnlichen Geschmack.
Julia Zotter: Normalerweise wird sie aber weiter verarbeitet, sodass sie geschmacklos wird,
Julia Zotter: weil sonst hat sie zu viel Geschmackeinfluss auf Schokoladen,
Julia Zotter: wo eigentlich der Kakao das Ausschlaggebende sein sollte.
Martin Puntigam: Wenn du jetzt aus der Oststeuer immer kommst, wo ja der Schweinsbraten unter
Martin Puntigam: anderem sehr beliebt ist, zum Schweinsbraten, wenn man die Bratelfetten,
Martin Puntigam: also das Bratenfett, das kann ich immer auf Hochdeutsch sagen.
Julia Zotter: Bratenfett, ja wahrscheinlich.
Martin Puntigam: Wenn man jetzt das Brotaufsprich verwenden möchte, das ist sehr aromatisch und
Martin Puntigam: man möchte ein bisschen experimentieren, könnte man aber die Kakaobutter verwenden,
Martin Puntigam: statt Milchbutter, um die Kruste zu aromatisieren und Bratelfetten herzustellen?
Julia Zotter: Natürlich, also Kakaobutter kann man bis zu einem gewissen Grad erhitzen,
Julia Zotter: also frittieren würde ich nicht drinnen, aber man kann zum Beispiel ein Steak
Julia Zotter: drinnen braten, gibt es auch einige Leute, die das machen.
Julia Zotter: Die Kakaobutter selber bringt aber jetzt nicht zusätzlich den Geschmack und
Julia Zotter: die Bratelfetten ist ja auch wieder der Bratensaft, der ausrinnt und der den
Julia Zotter: Geschmack so richtig reinbringt. Kakaobutter ist nur zum Streiken.
Julia Zotter: Ja, genau. Es bringt nicht wirklich was. Sie könnte in der Hinsicht was bringen.
Julia Zotter: Die Bradelfetten oder das Schweinefett ist ja, wenn es kalt wird,
Julia Zotter: immer noch streichfähig.
Julia Zotter: Kakaobutter würde das fester machen. Kakaobutter ist das einzige natürliche
Julia Zotter: Fett oder das einzige pflanzliche Fett, das bei Körpertemperatur schmilzt.
Julia Zotter: Deswegen kann ich eine Kakaobutter zum Beispiel oder eine Schokolade auch angreifen.
Julia Zotter: Unsere Hände sind ja meistens kühler.
Julia Zotter: Und erst wenn ich sie in den Mund stecke, dann fängt sie an zum Schmelzen.
Julia Zotter: Das hat mit der Kristallstruktur von der Kakaobutter zu tun,
Julia Zotter: aber die schminzt genau bei Körpertemperatur.
Martin Puntigam: Jetzt haben wir die Kakaobutter ausreichend abgehandelt. Kommen wir zurück zum Kakao selber.
Martin Puntigam: Wie geht es denn da weiter? Wie wird denn dann die fertige Schokolade draus?
Julia Zotter: Wenn wir von der Kakaomasse ausgehen, dann muss ich mich entscheiden,
Julia Zotter: was ich am Ende haben möchte.
Julia Zotter: Also sagen wir mal dunkle Schokolade, 70 Prozent, heißt im Prinzip 70 Prozent
Julia Zotter: Kakaoanteil und 30 Prozent Zucker.
Julia Zotter: Der Zucker kommt einfach als normaler Kristallzucker dazu. Das heißt relativ
Julia Zotter: grob. Und die nächsten Schritte sind eigentlich nur mehr mechanisch.
Julia Zotter: Die Kakaomasse selber, das habe ich vorher noch nicht dazu gesagt,
Julia Zotter: die wird so fein durch eine Kugelmühle. Also die Kakaobohnen werden so fein
Julia Zotter: vermahlen, dass am Ende eben eine flüssige Kakaomasse rauskommt.
Julia Zotter: Die Partikelgröße wäre circa bei 18 Mikrometern.
Julia Zotter: Ist sehr klein. Also man kann sich das vorstellen.
Martin Puntigam: Also Feinstaub kommt da gerade raus.
Julia Zotter: Ja, ummantelt von Kakaobutter. Man kann sich das so vorstellen,
Julia Zotter: alles was unter 25 Mikrometer Partikelgröße hat, wird von der Zunge nicht mehr
Julia Zotter: als rau wahrgenommen, sondern als cremig.
Julia Zotter: Wir haben uns für 18 Mikrometer entschieden. Das ist so ein Balanceakt.
Julia Zotter: Es soll sehr fein und cremig wirken. Aber je feiner ich werde,
Julia Zotter: desto schwieriger ist es für die Maschinen. So Abrieb und so sind dann ein Thema.
Julia Zotter: Und je kleiner die Partikel sind, desto mehr Oberfläche haben sie.
Julia Zotter: Und desto mehr Fett brauche ich, um diese Oberfläche zu bedecken.
Julia Zotter: Und irgendwann wird das ein sehr fettes Produkt.
Julia Zotter: 18 Mikrometer ist so ein guter Zwischenkompromiss.
Julia Zotter: So, jetzt hat mein Zucker natürlich mehr als das. und die nächsten Schritte
Julia Zotter: in der Schokoladeproduktion sind Verwalzen und Vermahlen im Prinzip,
Julia Zotter: sodass auch die Zuckerkristalle oder auch das Milchpulver, das ich dazugebe,
Julia Zotter: auf diese 18 Mikrometer kommen.
Julia Zotter: Dadurch wird diese Masse einfach durch Walzenspalte durchgezogen,
Julia Zotter: die immer feiner werden und am Ende passt nur mehr was durch, was 18 Mikrometer hat.
Julia Zotter: Ganz zum Schluss hat die Schokolade dann ein Aussehen wie ein Pulver,
Julia Zotter: weil die Partikelgröße ja kleiner geworden ist vom Zucker.
Julia Zotter: Dadurch bindet sich immer mehr Fett an die Oberfläche und am Ende ist das nicht
Julia Zotter: mehr flüssig, sondern wird eher so teigig, pulverig. Das ist der Schokoladepulver.
Julia Zotter: Das kommt dann in unsere Gonche. Das ist die letzte Maschine,
Julia Zotter: die die Schokolade weiterverarbeitet und den Geschmack noch bestimmt.
Martin Puntigam: Was ist das für ein Wort?
Julia Zotter: Gonche, das kommt aus dem Spanischen. La Goncha ist so ein Muschel im Prinzip.
Julia Zotter: Und es schaut aus wie ein riesiger, großer Betonmischer mehr oder weniger,
Julia Zotter: also eine Zylinderform, eine Zylinderform, eine Tonne, eine riesengroße mit
Julia Zotter: mächtig viel Power, in der ein Rührwerk drinnen ist.
Julia Zotter: Dieser Schokoteig kommt dann eben in diese Gonja und das ist der letzte Verarbeitungsschritt
Julia Zotter: und der Verfeinerungsschritt für Schokolade.
Julia Zotter: Wir haben bis jetzt, also ab der Röstung, uns nur mit mechanischer Zerkleinerung
Julia Zotter: beschäftigt, um alle Partikel halt klein zu bekommen. In der Goncha ist ein
Julia Zotter: Rührwerk und dieses Rührwerk hat Schaufeln.
Julia Zotter: Diese Schaufeln reiben den Schokoladeteig an die Wand dieser Tonne.
Julia Zotter: Und durch diese Reibung, die eben durch dieses Schmieren entsteht,
Julia Zotter: entsteht sehr viel Hitze, so Reibungsenergie.
Julia Zotter: Da verdampft die letzte Feuchtigkeit, die noch im Zucker, Milchpulver oder im
Julia Zotter: Kakao drinnen war und verdampft auch
Julia Zotter: Säuren mit, die noch im Kakao von der Fermentation übrig geblieben sind.
Martin Puntigam: Mhm.
Julia Zotter: Eine Art Verfeinerung, das heißt, je länger ich das mache, desto fader wird meine Schokolade.
Julia Zotter: Aber wenn ich gar nichts mache, dann ist der Geschmack sehr kantig,
Julia Zotter: weil eben noch viel Säure, viel Arztringenz da ist.
Julia Zotter: Bei Milchschokoladen hat dieser Reibungseffekt noch den Vorteil,
Julia Zotter: dass ich eine weitere Maillareaktion erzeugen kann.
Julia Zotter: Jetzt habe ich nämlich Milchpulver, Unzucker und Feuchtigkeit in diesem Gemisch.
Julia Zotter: Und ich kann so Karamellschokoladen auch machen oder einen karamelligen Ton
Julia Zotter: in eine Milchschokolade herauskitzeln.
Julia Zotter: Je weniger ich das mache, desto milchiger bleibt der Ton.
Julia Zotter: Also auch hier kann man den Geschmack relativ gut bestimmen.
Julia Zotter: Und man muss sich diese Partikel in der Schokolade relativ rau vorstellen.
Julia Zotter: Das sind ja keine Kugeln.
Julia Zotter: Um nach einem schönen Schmelz in der Schokolade zu haben, müssen diese rauen
Julia Zotter: Oberflächen mit Kakaobutter bedeckt sein, damit die Partikel schön aneinander vorbeifließen können.
Julia Zotter: Und das funktioniert nur, indem man diese Partikel aneinander reibt und die
Julia Zotter: Kakaobutter sozusagen in jedes Ritzerl verteilt.
Julia Zotter: Das ist ein zweiter Effekt von der Gonja. und deswegen ist das auch wichtig
Julia Zotter: für den Schmelzeffekt danach.
Julia Zotter: Wenn ich das nicht mache, dann hat die Schokolade, das sieht man natürlich so
Julia Zotter: von außen nicht, aber eine ungleichmäßige Verteilung von Fließeigenschaften
Julia Zotter: in der Masse und das ist dann komisch.
Martin Puntigam: Ist das für dich komisch oder ist das für ein Quarzär komisch?
Julia Zotter: Für mich komisch, aber auch vom Hinschauen, also vom Schmecken her und vom Schmelzgefühl
Julia Zotter: im Mund schmilzt diese Schokolade dann nicht gleich schnell wie eine gut conchierte Schokolade.
Julia Zotter: Also die Conche ist ein Balanceakt zwischen zu lang und dann Geschmacksverlust
Julia Zotter: und zu kurz, zu extremer Geschmack und keine guten Schmelzeigenschaften.
Julia Zotter: Je nachdem, welche Schokolade ich mache, ist der Effekt stärker oder nicht.
Julia Zotter: Und danach habe ich meine flüssige Schokolade, indem ich am Ende noch zusätzlich
Julia Zotter: Kakaobutter zufüge, damit genug Fett da ist, um die Schokolade flüssig zu halten.
Julia Zotter: Wenn ich den Unterschied flüssig-feste Schokolade anschaue, das Einzige,
Julia Zotter: was Schokolade flüssig oder fest macht, ist ja nur die Kakaobutter.
Julia Zotter: Alles andere sind Feststoffe da drinnen, ob das Zucker ist, Milchpulver oder Kakaofeststoffe.
Julia Zotter: Das heißt, die sind eigentlich in so einer Art Dispersionenschwebe.
Julia Zotter: Das heißt, für einen guten Schmelz, für einen guten Glanz von der Schokoladetafel,
Julia Zotter: für all diese Eigenschaften ist die Kakaoputzer verantwortlich.
Martin Puntigam: Jetzt habt ihr ganz viele verschiedene Sorten. Das ist quasi die fertige Schokomasse,
Martin Puntigam: aus der man dann die Schokoladentafeln, was macht man, streicht sie oder schöpft
Martin Puntigam: sie oder was ist denn da der Unterschied?
Martin Puntigam: Wie wird denn die Masse zur Tafel?
Julia Zotter: Die Schokolade wird fest, indem sie auskristallisiert.
Julia Zotter: Das kann man sich wie beim Wasser vorstellen. Auch ein Wasser macht Wasserkristalle,
Julia Zotter: eine Butter macht Butterkristalle und die Kakaobutter hat auch Fettkristalle.
Julia Zotter: Die hat sechs verschiedene Fettkristalle und je nachdem, welcher Kristall vorherrscht,
Julia Zotter: ist die Schmelzeigenschaft unterschiedlich.
Julia Zotter: Wir wollen nur den Beta-5-Kristall haben. Das ist der zweitstabilste Kristall.
Martin Puntigam: Beta 5?
Julia Zotter: Beta 5, ja genau. Beta 1 wäre der instabilste.
Martin Puntigam: Also Beta wäre der griechische Punkt, aber nicht wie der Vorname.
Julia Zotter: Ja, genau. Der heißt so. Beta 1 wäre instabil und hat den niedrigsten Schmelzpunkt.
Julia Zotter: Beta 6 ist sehr stabil, hat den höchsten Schmelzpunkt, wäre auch über unserer
Julia Zotter: Körpertemperatur und entsteht nur nach sehr, sehr langer Zeit.
Julia Zotter: Das heißt, diese flüssige Schokolade
Julia Zotter: müssen wir jetzt durch einen Prozess durchschicken, das heißt temperieren.
Julia Zotter: Mit Temperaturgefällen erzeugen wir die Umgebung für diese Kristalle,
Julia Zotter: dass sie ideal wachsen können.
Julia Zotter: Das heißt, zuerst kühlen wir die Schokolade runter von 45 Grad.
Julia Zotter: Bei 45 Grad gibt es keine Kristalle in der Fettstruktur. Wir kühlen die Schokolade
Julia Zotter: runter, sagen wir mal, auf 24 Grad.
Julia Zotter: Dann entstehen ganz, ganz viele Kristalle da drinnen, in einzelnen Täschchen sozusagen.
Julia Zotter: Und dann erhöhen wir diese Temperatur wieder auf, sagen wir mal, 30 Grad.
Julia Zotter: Dann schmelzen die Kristalle, die einen niedrigeren Schmelzpunkt haben.
Julia Zotter: Und die überlebenden Kristalle sind dann diese Beta-5-Kristalle,
Julia Zotter: die dann ideale Voraussetzungen haben und sich wie ein Schneeball-Effekt ausbreiten können.
Julia Zotter: Und so wird Schokolade auch fest in der Tafel oder fest im Überzug oder auf
Julia Zotter: den Keksen zum Beispiel, wenn man das zu Weihnachten macht.
Julia Zotter: Wenn man nicht richtig temperiert, dann sieht man das sehr schnell.
Julia Zotter: Die Schokolade wird nicht schnell fest, also bleibt dann irgendwie so komisch
Julia Zotter: weich und sie zieht Schlieren. Das heißt, sie hat so graue Linien da drauf.
Julia Zotter: Das ist einfach nur ein Effekt davon, dass die Kakaobutter nicht richtig temperiert ist.
Julia Zotter: Richtige Temperierung hat einen samtigen Glanz. Wenn man Schokoladetafeln bricht,
Julia Zotter: dann sollte das einen richtigen Knack machen.
Julia Zotter: Und sie schmilzt eben im Mund genau bei Körpertemperatur und wirkt auch nicht bröselig.
Martin Puntigam: Es gibt sechs verschiedene Kristalle. Ihr wollt die Nummer fünf haben.
Martin Puntigam: Es gibt aber auch Umwandlungen in der Schokolade.
Martin Puntigam: Das sieht man manchmal, wenn sie so weißlich wird, wo man dann das Gefühl hat,
Martin Puntigam: die Schokolade ist alt, die kann man eigentlich nicht mehr essen.
Martin Puntigam: Aber das ist eigentlich nur eine Kristallumwandlung, oder?
Julia Zotter: Genau, das ist einfach, das weiße ist die Kakaobutter, was man sehen kann.
Julia Zotter: Der Kristall erzeugt im Prinzip so ganz, ganz kleine Spitzchen auf der Oberfläche.
Julia Zotter: Und weil sich das Licht dadurch anders bricht, schaut das weiß aus.
Julia Zotter: Man schmeckt den Unterschied schon im Mund, weil die Schmelzeigenschaften anders sind.
Julia Zotter: Also diese Art von Schokolade schmeckt dann vielleicht ein bisschen trockener,
Julia Zotter: weil sie einfach nicht so schnell schminzt. Aber ansonsten ist es überhaupt kein Problem.
Julia Zotter: Es ist einfach nicht die ideale Textur. Und wenn man jetzt Schokolade nicht
Julia Zotter: richtig lagert, dann entsteht das natürlich.
Martin Puntigam: Zu Hause lagern ja die meisten Menschen Schokolade nur sehr kurz.
Martin Puntigam: Insofern kann man sie kaum falsch lagern, weil sie ja dann weg ist,
Martin Puntigam: nämlich in einem selber gelagert und umgewandelt in ein anderes Stoffwechselprodukt.
Martin Puntigam: Aber ihr müsst Schokolade, die ihr in großen Mengen herstellt,
Martin Puntigam: lagern. Was ist die Lagertemperatur?
Martin Puntigam: Für alle Schokoladen gleich oder gibt es unterschiedliche Lagertemperaturen
Martin Puntigam: für unterschiedliche Sorten?
Julia Zotter: Im Prinzip geht man von ca. 18 bis 24 Grad aus, also nicht zu kalt.
Julia Zotter: Worüber sich Schokolade gar nicht freut, egal ob mit Füllung,
Julia Zotter: das kann ein Nougat sein oder ein Marzipan oder was auch immer,
Julia Zotter: es sind starke Temperaturschwankungen, weil gerade das bringt ja die Kristalle
Julia Zotter: auch wieder zum Schmelzen und zum Festwerden, wo ich es nicht mehr kontrollieren
Julia Zotter: kann, und Feuchtigkeit.
Julia Zotter: Deswegen soll man Schokolade auch nicht im Kühlschrank lagern,
Julia Zotter: weil Kühlschrankluft ist kalt, da habe ich relativ viel Kondenswasser auch auftreten.
Julia Zotter: Der Zucker in der Schokolade, der liebt Feuchtigkeit, der ist so viel.
Julia Zotter: Das heißt, der zieht sich die Feuchtigkeit aus der Kühlschrankluft an.
Julia Zotter: Und wenn jetzt Zucker feucht wird, dann kristallisiert er aber auch wieder aus.
Julia Zotter: Und da entstehen dann so lustige kleine Punktzollen auf der Oberseite der Schokolade.
Julia Zotter: Das ist der auskristallisierte Zucker, ist nicht gut für den Geschmack,
Julia Zotter: ist wieder schwerer im Schmelz und je mehr Feuchtigkeit diese Schokolade anzieht,
Julia Zotter: desto leichter kann sie auch schimmlig werden.
Julia Zotter: Weil wenn ich punktuell jetzt ganz viel Feuchtigkeit habe, auch in der Füllung
Julia Zotter: zum Beispiel, wo Früchte drinnen sind, wenn da zu viel Feuchtigkeit entsteht
Julia Zotter: und freies Wasser damit, dann habe ich die idealen Bedingungen für Mikroorganismen,
Julia Zotter: Schimmel zum Beispiel oder Gären.
Martin Puntigam: Aber Gorgonzola-Schokolade würde jetzt hier anders herstellen.
Martin Puntigam: Wenn jetzt die Schokoladenmasse fertig habt und zum Beispiel,
Martin Puntigam: was ihr aktuell gerade macht, eine Schokolade herstellt, die Hirn mit Ei heißt.
Martin Puntigam: Was ist denn da noch notwendig, damit es die Hirn mit Ei-Schokolade wird,
Martin Puntigam: die sie geschmacklich, nicht nur vom Namen her, von anderen Schokoladen unterscheidet?
Martin Puntigam: Was kommt denn da dazu noch und was sind denn da die Schritte?
Martin Puntigam: Weil in Wirklichkeit ist die Schokolade fertig, die kommt dann in Formen und kristallisiert aus.
Martin Puntigam: Und dann wäre sie ja eigentlich schon verzehr- oder verpackungsfertig,
Martin Puntigam: aber dann hat sie noch keinen Sortennamen.
Julia Zotter: Ja, also bei Hirn mit Ei war die erste Herausforderung überhaupt einmal,
Julia Zotter: wie kriegen wir das Hirn in die Schokolade.
Julia Zotter: Wir haben unsere eigenen Schweine im Essbandiergarten. Das sind auch sehr gescheite
Julia Zotter: Schweine, deren Hirngröße ist ideal.
Julia Zotter: Und wer schon einmal Hirn mit Ei probiert hat, das ist sehr cremig.
Julia Zotter: Das heißt, das Hirn können wir karamellisieren, damit es ein bisschen Geschmack
Julia Zotter: hat. Hirn hat nicht viel Geschmack.
Julia Zotter: Also Zombies leben ein sehr langweiliges Leben, glaube ich.
Julia Zotter: Die kann man dann mixen und für die Halbbarmachung haben wir es in einem Eierlikör.
Julia Zotter: Der Eierlikör ist mit Birnenschnaps gemacht. Also nicht mit Rum,
Julia Zotter: wie man es normal machen würde, damit wir Hirn in der Birne haben.
Julia Zotter: Also wir lieben schon auch unsere Treppenwitze in der Schokolade.
Julia Zotter: Das ist dann eine Eierlikör-Ganache und darunter haben wir Nougat mit gehackten Nüssen als Brain Food.
Julia Zotter: Drauf getan. Und das ist dann die Schokoladetafel, die Herstellung selber.
Julia Zotter: Da muss man ein bisschen herumprobieren, dass das auch haltbar wird und dass
Julia Zotter: das auch hält von der Weichheit und so weiter.
Julia Zotter: Der nächste Schritt ist dann, diese Füllungen werden schichtenweise aufgetragen.
Julia Zotter: Also jetzt die Eierlikör Ganache und der Nougat, das sind zwei verschiedene
Julia Zotter: Schichten, die werden auf großen Tischen aufgetragen.
Julia Zotter: Wir haben im Prinzip dann eine große Schokoladetafel, die schneiden wir in kleine
Julia Zotter: Schokoladetafeln und die werden dann zusätzlich mit Schokolade überzogen.
Julia Zotter: So entsteht dann unsere handgeschöpfte Schokolade und auch der Name handgeschöpft
Julia Zotter: kommt eher aus der Papierindustrie,
Julia Zotter: also schichtenweise Aufbau, handgeschöpftes Papier und hat nichts damit zu tun,
Julia Zotter: dass wir mit einem Schöpfer irgendwo hin Schokolade reingießen,
Julia Zotter: weil das kann eine Maschine besser und schneller.
Julia Zotter: Kein Kunde hat einen Mehrwert von einem Schöpfer Schokolade.
Julia Zotter: Das ist der große Unterschied. Und danach Hirn mit Ei als Name.
Julia Zotter: Da haben wir uns da Tradition, da haben wir Glück gehabt sozusagen,
Julia Zotter: haben uns nichts Arges einfallen lassen müssen.
Julia Zotter: Und das Design macht dann der beste Freund von meinem Vater,
Julia Zotter: der Andreas, der Künstler, arbeitet
Julia Zotter: mit uns, er ist schon eigentlich ein Familienmitglied, seit Anfang an.
Julia Zotter: Er hat als Künstler bei uns in der Konditorei angefangen zu arbeiten,
Julia Zotter: als Mädel für alles im Prinzip, neben seiner Kunst einfach noch einmal einen Brotjob zu haben. Dann,
Julia Zotter: ist dort einfach unsere erste Schokolade entstanden, die wir selbst designt
Julia Zotter: haben, die wahnsinnig schier war.
Julia Zotter: Ich habe sie nie gesehen, weil da war ich noch zu klein, aber die war einfach schier.
Julia Zotter: Und er hat das natürlich gesehen und gleich einmal reklamiert und gesagt,
Julia Zotter: ich zeichne euch was viel Besseres, lasst es mich.
Julia Zotter: Und seither zeichnet er alle unsere Designs und im Fall von der Hirn mit Ei
Julia Zotter: kostet er die Schokolade, überlegt sich natürlich, was hat er für Gefühle dabei,
Julia Zotter: wie stellt er sich Hirn mit Ei vor und dann zeichnet er das.
Julia Zotter: Und dann gibt es, in dem Fall hat es, glaube ich, fünf verschiedene Designs
Julia Zotter: gegeben. Und für eines muss man sich dann entscheiden.
Martin Puntigam: Jetzt kenne ich sehr wenige Menschen in meiner Umgebung, die gern Hirn mit Ei
Martin Puntigam: essen oder Hirn paniert.
Martin Puntigam: Überhaupt ist in einer Reihenküche relativ unbeliebt bei vielen Menschen.
Martin Puntigam: Wenn ihr Hirn mit Ei-Schokolade anbietet, dann essen das die Menschen selber
Martin Puntigam: gern oder sie kaufen es ein, um jemandem zu schenken, weil sie es lustig finden.
Julia Zotter: Ich glaube, Zweiteres. Weil der definitive Tipp bei dieser Schokolade,
Julia Zotter: wenn man Spaß haben will mit seinen Freunden und seiner Familie oder auch mit
Julia Zotter: seinen Feinden, macht seine Blindverkostung.
Julia Zotter: Wenn die Teilnehmer dieser Blindverkostung alles essen dürfen,
Julia Zotter: einfach die Schokolade aufschneiden und jeden probieren lassen und dann einmal
Julia Zotter: die Reaktionen abwarten.
Julia Zotter: Weil wer liebt nicht Eierlikörschokolade?
Julia Zotter: Und Nougat mit gehackten Nüssen ist jetzt auch nicht unbedingt etwas,
Julia Zotter: was die Leute einfach so von Tief schieben würden.
Julia Zotter: Die Kombination hat das Potenzial für 95% der Leute zur Lieblingsschokolade zu werden.
Julia Zotter: Und darum geht es uns ja auch. Also das soll ja gut schmecken.
Julia Zotter: So, und dann lasst es mal eure Leute probieren. Fragt es mal,
Julia Zotter: wie es ihnen geschmeckt hat.
Julia Zotter: Und ich garantiere euch, die allermeisten Leute werden sagen,
Julia Zotter: eine meiner neun Lieblingsschokoladen.
Julia Zotter: Wenn man dann erwähnt, dass es Hirn mit Ei war,
Julia Zotter: trauen sich vielleicht 50 Prozent nicht mehr hingreifen. Und dann haben wir
Julia Zotter: schon was gelernt über uns selbst und über unsere Gesellschaft.
Julia Zotter: Sobald sich der Kopf einschaltet, sind diese Vorurteile da, obwohl dieselben
Julia Zotter: Personen davor gesagt haben, sie lieben diese Schokolade und das könnte die
Julia Zotter: neue Lieblingsschokolade sein.
Julia Zotter: Und wir hoffen, wir haben nicht so viel Hirn.
Julia Zotter: Also natürlich, wir haben unsere eigenen Schweine, aber die haben auch nur endlich
Julia Zotter: viel Hirn. Diese Schokolade braucht die Welt eigentlich nicht.
Julia Zotter: Aber die Schokolade soll uns selber auch ein bisschen die Möglichkeit geben,
Julia Zotter: etwas über uns selbst zu lernen.
Martin Puntigam: Letzte Frage noch, die klassische Frage, die wirst du vermutlich schon oft beantwortet
Martin Puntigam: haben, aber es interessiert mich trotzdem die Antwort, wenn man mit Schokolade
Martin Puntigam: aufwächst, das beruflich macht.
Martin Puntigam: Ich kenne Köche, die zu Hause überhaupt keine Lust haben zu kochen,
Martin Puntigam: weil sie halt im Beruf kochen, in der Küche, im Lokal kochen und dann zu Hause,
Martin Puntigam: auch wenn sie sehr gut kochen könnten, nichts kochen, weil sie keine Lust mehr
Martin Puntigam: haben, weil sie es satt haben.
Martin Puntigam: Im wahrsten Sinn des Wortes, isst du noch Schokolade gern oder nur beruflich?
Julia Zotter: Also ich,
Julia Zotter: Die Zuhörer können das jetzt nicht sehen, aber wir hatten einmal zwei ganze
Julia Zotter: Tafeln hier am Tisch liegen, die Big Rip und die Big Crunch und die sind jeweils,
Julia Zotter: naja, knapp über die Hälfte noch da und das warst nicht nur du allein.
Julia Zotter: Ich glaube, wenn man was gern macht, ob man jetzt kocht oder was anderes macht,
Julia Zotter: verliert man auch nie den Gusto darauf.
Julia Zotter: Ich esse jeden Tag Schokolade, aber das ist ein Berufsrisiko.
Martin Puntigam: Jeden Tag?
Julia Zotter: Ja, also mein Schokokonsum ist eine Tafel plus am Tag, aber wir haben so viele
Julia Zotter: verschiedene Sorten, dass ich je nach Laune und Stimmung und Wetter andere Schokoladen bevorzuge.
Julia Zotter: Hätten wir jetzt nur fünf verschiedene Schokoladen, würde ich auch nicht jeden
Julia Zotter: Tag Schokolade essen, weil einfach der Geschmack dann immer gleich bleibt.
Julia Zotter: Wir haben aber mit allen saisonalen Produkten gerechnet an die 700 verschiedene Produkte.
Julia Zotter: Also ich könnte jeden Tag eine andere Schokolade essen, sonntags zwei.
Julia Zotter: Und hätte dann ein Jahr und was, fünf Monate genug oder so.
Julia Zotter: Also da macht es die Vielfalt aus.
Martin Puntigam: Und wenn man so viel Schokolade isst wie du, sagt man tatsächlich,
Martin Puntigam: heute habe ich mal Lust auf Krammelschmalz, Bratelfetten oder heute Butterschmalz
Martin Puntigam: oder wie immer die Schokoladen heißen. Das ist tatsächlich, und dann freust
Martin Puntigam: du dich schon auf den Geschmack, weil du alle 700 Geschmäcker parat hast?
Julia Zotter: Die meisten habe ich parat. Also wir haben auch intern immer wieder Blindverkostungen.
Julia Zotter: Es gibt auch so eine nette kleine Kiste, wo Abschnitte drinnen liegen,
Julia Zotter: wo natürlich nicht angeschrieben ist, was das ist.
Julia Zotter: Und ich liebe das, dort einfach reinzugreifen und mir ein Stück Schoko zu nehmen
Julia Zotter: und mich dann selbst zu challengen und zu schauen, ob ich weiß, was das ist.
Julia Zotter: Also ja, man hat definitiv Vorstellungen. Und wir haben so viele Kisten mit
Julia Zotter: offener Schokolade herumstehen bei uns.
Julia Zotter: Es ist jetzt nicht schwer. Man hat keinen weiten Weg.
Martin Puntigam: Und es ist schwer vorbeizukommen.
Julia Zotter: Es ist schwer vorbeizukommen.
Martin Puntigam: Bevor wir zum beliebtesten Teil des Podcasts kommen, den Ankündigungen unserer
Martin Puntigam: Live-Termine und Verkaufsprodukte noch kurz die Auflösung, warum Regersburg,
Martin Puntigam: ein Ort in der Oststeiermark,
Martin Puntigam: Kung-Fu-Hauptstadt werden könnte, ist, weil du tatsächlich ganz gern Kung-Fu betreibst.
Julia Zotter: Das habe ich noch aus meiner China-Zeit. Mein Gastoper war ein Kung-Fu-Meister.
Julia Zotter: Und der hat mich einfach so, ohne irgendwie darüber nachzudenken,
Julia Zotter: locker in eine Ecke legen können. Und das hat mich immer fasziniert.
Julia Zotter: Und ich habe gedacht, das möchte ich auch unbedingt können.
Julia Zotter: Ich habe das Glück, dass es bei uns in der Gegend einen Club gibt,
Julia Zotter: wo man ein bisschen was lernen kann.
Julia Zotter: Und mich fasziniert diese Kombination aus Balance, Kraft und Körperkontrolle.
Julia Zotter: Und ja, das taugt mir. Außerdem esse ich so viel Schokolade.
Julia Zotter: Irgendwas muss ich nebenher machen. dass ich noch mehr Schokolade essen kann.
Martin Puntigam: Das heißt, du hast da ganz gute Chancen. Es ist wahrscheinlich heute noch so
Martin Puntigam: und in meiner Kindheit war es erst recht so, dass Großeltern,
Martin Puntigam: zumal wenn beide noch am Leben waren,
Martin Puntigam: Spezialnamen gehabt haben, oft nach der ersten Nascherei, die sie mitgebracht
Martin Puntigam: haben oder nach der geografischen Lage ihres Wohnhauses.
Martin Puntigam: Aber du hast dann ganz gute Chancen, solltest du einmal Enkelkinder haben,
Martin Puntigam: dass du entweder die Schoko-Oma wirst oder die Kung-Fu-Oma.
Julia Zotter: Voll cool, oder? Ja.
Martin Puntigam: Und nach diesem Ausflug in die Welt des Kampfsports kommen wir in die Welt des
Martin Puntigam: Bühnensports, unter anderem zu den weltweit verehrten Parteienverkehren der
Martin Puntigam: Science Busters von uns als Gruppe und als Solisten.
Martin Puntigam: Die Saison ist bereits in vollem Gange.
Martin Puntigam: Premieren und Erscheinungstermine liegen bereits hinter uns,
Martin Puntigam: zum Beispiel des neuen Science Busters Buchs aus Die Wissenschaft vom Ende.
Martin Puntigam: Erschienen bei Hansa. Das Hörbuch ist erschienen im Hörpferlag gelesen,
Martin Puntigam: eben wie anfangs erwähnt, von Ralf Kaspers.
Martin Puntigam: Die wunderbaren Illustrationen stammen wie immer vom Büro Alba.
Martin Puntigam: Unsere neue Show Weltuntergang für Fortgeschrittene ist ebenfalls auf der Welt
Martin Puntigam: und erfreut sich bester Gesundheit.
Martin Puntigam: Premiere war Mitte Oktober im Startsaal und seither geht es um die Welt.
Martin Puntigam: Martin Modor, Florian Freistädter und ich spielen einen ganzen Abend rund um
Martin Puntigam: den Weltuntergang für Fortgeschrittene, wie man es eben wirklich zusammenbringt und wird zeigen,
Martin Puntigam: dass man mit Hilfe der Astronomie und nicht wie fälschlich behauptet,
Martin Puntigam: mit Hilfe der Astrologie.
Martin Puntigam: Menschen, die Zukunft tatsächlich voraussagen kann.
Martin Puntigam: Am Ende der Show gibt es die vielbesprochene Zotterschokolade zum Schnabulieren,
Martin Puntigam: Big Rip und Big Crunch, zum Kosten am Büchertisch und zum Erschwingen und mit nach Hause nehmen,
Martin Puntigam: wenn man heimlich zu Hause vom Ende des Universums kosten möchte oder auch wenn
Martin Puntigam: man anderen das Ende des Kosmos schmackhaft machen möchte.
Martin Puntigam: Nächste Termine unserer Live-Show werden sein. 29. Oktober im Posthof Linz. 30.
Martin Puntigam: Oktober in der Listhalle in Graz. 6. November im Orpheum Wien.
Martin Puntigam: 7. November Musikklub Lehmbach.
Martin Puntigam: 15. November wieder im Stadtsaal Wien. 20. November Bühne im Hof in St. Pölten.
Martin Puntigam: 23. November Kulisse Wien. 27.
Martin Puntigam: November AG Kultur Salzburg. und 5. und 12.
Martin Puntigam: Im Rahmen des Kabarett- und Comedy-Festivals in Krems. Und viele weitere Termine
Martin Puntigam: stehen auch noch auf unserer Website sciencebusters.at.
Martin Puntigam: Ende des Jahres gibt es Bauernsilvester und Silvester, Bauernsilvester in Graz,
Martin Puntigam: Linz und Wien, bevor am 31.
Martin Puntigam: Dezember das Jahr endgültig herausgekehrt wird mit zwei Silvesterschoß im Schauspielhaus Wien.
Martin Puntigam: Im Frühjahr 2026 machen wir uns wieder auf die Walz und gastieren in Deutschland. Am 23.
Martin Puntigam: März in den Wühlmäusen Berlin, am 26.
Martin Puntigam: Im Filmtheater Schauburg Dresden, Am 27.03. im Kupfersaal Leipzig und am 28.03.
Martin Puntigam: In der Puffbohne Erfurt.
Martin Puntigam: Am 21.11. diesen Jahres, also November 2025, spielen Florian Freistädter und
Martin Puntigam: ich einen Spezialabend zum Jahr der Quantenphysik im Zirkus des Wissens in Linz.
Martin Puntigam: Und vier Tage später kommt der Weltuntergang das erste Mal über die Landesgrenzen,
Martin Puntigam: nämlich stehen Florian Freistetter und ich im Rahmen der Münchner Bücherschau am 25.
Martin Puntigam: November im Haus der Kunst im Terrassensaal auf der Bühne. Science Masters for Kids.
Martin Puntigam: Unsere Show gibt es nach wie vor digital in der ORF Kids App.
Martin Puntigam: Jede Folge circa 10 Minuten, aber auch leibhaftig und analog mit Martin Moder
Martin Puntigam: und mir zu sehen. Das nächste Mal am 29.
Martin Puntigam: Oktober im Posthof Linz, am 30. Oktober in der Listhalle in Graz, 23.
Martin Puntigam: November in der Kulisse Wien und dazwischen und danach nämlich am 15.
Martin Puntigam: November und am 30. Dezember im Stadtsaal Wien.
Martin Puntigam: Mein Soloprogramm Glückskatze gibt es auch noch zu sehen dieses Jahr und Anfang
Martin Puntigam: nächsten Jahres im Jänner gleich wieder, jeweils im Kabarett Niedermeier im November 13.
Martin Puntigam: Und 14. November und nach Jahreswechsel noch bevor die Heiligen Drei Könige
Martin Puntigam: ihren Klebesägen an den Türstock picken können, gastiere ich am 4. und 5.
Martin Puntigam: Jänner wieder mit der Glückskatze im Kabarett Niedermeier Wien.
Martin Puntigam: Das nächste Solo ist auch schon in Vorbereitung, denn Heiligsprechungen dauern eine Zeit lang.
Martin Puntigam: Es wird heißen, der Heilige Puntigam hat am 10.
Martin Puntigam: November in Graz Uraufführung im Theatercafé und wird dann die ganze Woche dort
Martin Puntigam: vorgespielt und kommt am 19.
Martin Puntigam: November zur Wien-Premiere ins Kabarett Niedermeier und wird am 20. und 21.
Martin Puntigam: November 2026 wiederholt. Und dann natürlich, wie es meine Art ist,
Martin Puntigam: weitere fünf bis sechs Jahre lang.
Martin Puntigam: Florian Freisteter geht mit seinem Soloprogramm Sternengeschichten live ebenfalls auf Tour.
Martin Puntigam: Das nächste Mal im Dezember in Essen, Düsseldorf, Dortmund und Berlin.
Martin Puntigam: Und im kommenden Jahr ist er dann auch in den nördlichen und östlichen Teilen
Martin Puntigam: Deutschlands zu sehen und auch die Österreich-Premiere steht auf dem Speiseplan, nämlich am 29.
Martin Puntigam: Jänner in der Kulisse Wien, um
Martin Puntigam: danach in Salzburg, Linz, Wörgl und Oberwaltersdorf wiederholt zu werden.
Martin Puntigam: Am 3. Dezember bereits, also noch dieses Jahr, erzählt Florian Freistetter in
Martin Puntigam: Schwandorf eine Geschichte des Universums in 100 Sternen und tags darauf am 4.
Martin Puntigam: Dezember erklärt er in Freistadt in Oberösterreich, wie viel Astronomie in einem Bier steckt.
Martin Puntigam: Danke vielmals an die TU Wien und die Uni Grasse, die Produktion des Podcasts zu unterstützen.
Martin Puntigam: Danke, Julia Zotter, für die süßen Auskünfte. Danke fürs Streamen,
Martin Puntigam: Downloaden, Bewerten, Abonnieren, Empfehlen, Fermentieren, Zermahlen,
Martin Puntigam: Conchieren, Beta 5 kristallisieren und was man sonst noch alles mit einem Podcast anstellen kann.
Martin Puntigam: Bis zum nächsten Mal. Tschüss und habe die Ehre.